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In Tübingen haben weitere Besprechungen über Eisenbahnwünsche stattgefunden, deren Folge war, daß statt einer Lokalbahn zwischen Tübingen und Herrenberg vielmehr eine Bahn Tübingen—Herrenberg—Wildberg oder Tübingen—Herrenberg—Calw ins Auge gefaßt werden soll.
Ausland.
Pest, 24. Juni. Im Verkehr mit den Deligationsmitgliedern hat Kaiser Franz Joseph mit großem Nachdruck den Ausspruch gethan: es dürfe nicht dahin kommen, daß es Beamte gäbe, welche der deutschen Sprache nicht mächtig seien.
Paris, 25. Juni. In Sachen Sansibar wird die Unruhe hier von Tag zu Tag größer, zumal die Regierung bisher noch keine erschöpfende Auskunft hat geben können. Unaufhörlich wird darüber geklagt, daß das Uebereinkommen von 1862 durch England verletzt worden sei und fast einmütig erhebt die französische Presse in Stadt und Land gegen England den Vorwurf des Wortbruches. Man ersieht daraus, wie tief Frankreich durch das deutsch-englische Abkommen getroffen worden ist, und wie sehr man die Niederlage, die Zurückdrängung empfindet, welche Frankreich durch die Verständigung zwischen Deutschland und England erlitten hat. Die allgemeine Stimmung ist sehr verbittert, und auf das „treulose Albion" ist wohl noch nie so geschimpft worden wie jetzt. Alle Parteien schimpfen gleichmäßig. Cassagnac schimpft in seiner „Autorilö" England einen „ageut provo- eakeur", England behandle Frankreich, „einst die Herrin der Welt", wie eine „guaMite nvAliZoable". Und wie in der Presse, so ist der Ton der Privatgespräche. Ueberall flammt Helle Wut auf, sobald nur von England die Rede ist. Die Stimmung gegen England ist thatsächlich so, als ob morgen ein französisch-englischer Krieg losbrechen sollte.
Die von der deutschen Regierung in zuvorkommender Weise herbeigeführten Milderungen des Paßzwanges haben in Paris im Publikum den allerbesten Eindruck gemacht. Der Verkehr nach Deutschland, Italien und der Schweiz wird sich im Umsehen heben, da eigentlich alles wie vor Einführung des Paßzwanges ist. Wie man sagt, wird die französische Ostbahn demnächst ihre Eilzüge wieder einrichten, da der Fremdenstrom nicht mehr über Delle, sondern über Straßburg gehen wird.
Paris, 25. Juni. In Saint-Jean, bei Brest brach gestern die vom Schiffe nach dem Landungsplatz führende Brücke unter dem Gewicht der Reisenden zusammen; gegen 50 fielen ins Meer. Die Zahl der Verunglückten ist noch nicht ermittelt. Heute vormittag wurden sieben Leichen aufgefunden; die Taucher setzten ihre Bemühungen fort.
Kop enhagen, 27. Juni. Der König fuhr auf dem „Danebrog" dem deutschen Kaisergeschwader entgegen. Der Kaiser kommt Samstag nachmittag hier au. Die schwedischen Städten Malmoe, Landskrona und Halmstadt schicken zur Begrüßung Dampfer ab.
Im englischen Parlamente sind während der letzten Tage seitens der Regierungsvertreter eine ganze Reihe von Erklärungen über das deutsch-englische Abkommen abgegeben worden. Von denselben ist namentlich eine im Oberhause seitens des Premiers Lord Salisbury über den Ausdruck „Protektorat über das Sultanat Zanzibar" abgegebene Erklärung bemerkenswert. Salisbury erläutert den Begriff dieses Protektorats dahin, daß letzteres das dem Sultan von Zanzibar gehörige oder unter seiner Oberhoheit stehende Gebiet umfasse und zu dem betreffenden Gebiete gehörten die Inseln Zanzibar, Mafia u. s. w.), sowie ein „bedeutender Teil" des Festlandes. — Vermutlich wollen nun die Engländer zu dem bischen Zanzibar in aller Geschwindigkeit noch ein paar tausend Quadratmeilen auf dem afrikanischen Festland hinzuannektieren.
Miüft-llen.
Der Schwanenritier.
Roman von E. von Martine;.
(Nachdruck verboten.)
(Fortsetzung.)
Die Schwanenruine besaß einen ganz besonderen Reiz für Elsbeth. Der malerisch geformte Berg, auf dem diese stand, war gegen den See ein steil abfallender Felsen, rechts und links aber dicht mit Tannen und alten Buchen bewachsen. Ein kleiner Bach drängte sich durch die Waldung über die Felsenblöcke hindurch, sprudelte über die moosüberzogenen grotesken Wurzeln der Bäume, fiel weißschäumend wieder hinab über die seinen Weg hemmenden Steine eine Menge kleiner Wasserfälle bildend, verlor sich bald wieder in dem Geklüft, um wieder unten lustig hervorzubrechen und im ruhigeren Lauf sich in den See zu ergießen. Elsbeth verfolgte den reizenden Bach, der sie bis hinauf zur Ruine führte. Sie überstieg das Geröll der verfallenen Mauer und kam in den einstigen Hof, in dem jetzt Farnkräuter. Brombeer- und Himbeerstauden wucherten. Sie trat aus dem Schwanenthor und setzte sich in dessen Nähe auf einen Felsenblock, wo sie einen prachtvollen Blick über den see hatte, der in feierlich ernster Abend- stimmung dalag. Die Sonne, die kurz vorher noch mit aller Majestät am Himmel glänzte, warf jetzt ein wahres Feuermeer über die Wasserfläche hin. Lange saß sie in Andacht über solche Naturpracht versunken, unwillkürlich faltete sie die Hände wie zum Gebet zusammen, da erschreckte sie das Rollen eines Steines, sie wandte den Kopf und sah unter dem Schwanenthor die hohe Gestalt eines Mannes, dessen Blicke mit dem Ausdruck der höchsten Ueberraschung auf ihr hafteten. Einige Sekunden sahen beider Augen ineinander, dann trat er vor und reichte ihr seine Hände hin. Sie erhob sich, ihn noch immer ansehend.
„Helfen Sie meinem Gedächtnis," waren seine ersten Worte, „ich kenne Sie. Ich habe Sie schon einige Minuten aus dem Thor da verwundert angestaunt, als sehe ich die holde Erscheinung einer besseren, idealeren Welt. Und als ich in Ihre Augen blickte, wußte ich, daß ich Sie nicht zum
ersten Male sehe, nur weiß ich nicht, wo es war."
„Wo es war, weiß ich auch nicht," erwiderte sie, „da ich aber dieselbe Empfindung habe, müssen wir uns wohl schon einmal früher begegnet sein. Vielleicht war es in einem andern Stern. Man sagt ja die Sterne seien Welten, ich denke, daß auch Menschen in denselben leben und daß wir all die Sterne durchwandern müssen, um immer besser und edler zu werden, bis wir uns dem Urlicht der Gottheit , der Sonne nähern können. Ein seltener Gedanke, nicht wahr?"
Sie standen beide noch immer Hand in Hand unter dem Thor. Ec sah auf sie nieder und sprach: „Es mag so sein wie Sie sagen, und weil wir uns auf dieser Erde hier in der wunderbaren Ruine wieder trafen, wollen wir zusammen uns an der herrlichen Welt vor uns ergötzen und zuerst dieses Meisterwerk betrachten.
Beide setzten sich unter das Thor.
„Im Ernste, mein Fräulein," fuhr er fort, „verzeihen Sie mir, daß ich meine Frage wiederhole; ich kenne Sie. Aber ich weiß nicht wo und wann mir dieses Glück zu Teil geworden ist."
Sie schüttelte verneinend den Kopf. „Wenn Sie es wirklich glauben, so irren Sie. Sehen Sie dort am andern Ufer des Sees bin ich geboren, dort verlebte ich meine Kindheit. Dort kamen wir also nicht zusammen."
„Nein," erwiderte er, ich bin zum erstenmal an diesem See; noch vor acht Tagen hatte ich keine Ahnung, daß ich hierher kommen würde."
„Später kam ich nach Belgien in eine Erziehungsanstalt, in der ich bis vor zwei Jahren blieb. Dort habe ich Sie sicherlich auch nicht gesehen, denn es hatten nur die Väter oder Brüder der Zöglinge die Erlaubnis das Institut zu besuchen und die letzten Jahre verbrachte ich auf dem Gute meines Onkels, das in großer Einsamkeit liegt; nein, in Reitstein sah ich Sie gewiß nicht, denn jeder Fremde, der kam, war ein Erreignis."
„Und doch und doch, — ich kenne Sie, aber mein Gedächtnis läßt mich grausam im Stich."
„Es wird so sein, wie ich sagte," lächelte sie, „wir haben uns in einer andern Welt schon jgetroffen, vielleicht in mehreren."
„Wie aber mein Fräulein, kamen Sie so weit von dem Hause Ihres Vaters hierher? Es beginnt zu dunkeln, vom andern Ufer fangen die Lichter zu blinken an, fahren Sie so spät noch über den See?"
„Nein," sprach sie leise, während eine leichte Nöte ihre Wangen umhauchte, „ich wohne gleich in der Nähe. Sie können, wenn wir die Mauer umgehen, das Dach meines Hauses sehen. Es ist auch Zeit, daß ich heimkehre. Der Mond glänzt schon am Himmel." (Fortsetzung folgt.)
Wir ersuchen unsere Abonennten sogleich bei der Post die Bestellung auf den Enzthäler zu erneuern, damit am 1. Juli keine Verzögerung in der Zustellung eintritt.
Für die Redaktion verantwortlich: Chrn. Me eh; Druck und Verlag von Jak. Meeh in Neuenbürg.