Mannheim. 12. Juni. Die 16. Jahresversammlung der süddeutschen Konferenz für innere Mission fand am 10. und 11. Juni in Mannheim statt.
Zum vierten Deutschen Sängerbundsfest in Wien haben sich bereits 13 000 Festgäste gemeldet. Die erste Nummer der „Festzeitung" ist erschienen. Die Festhalle im Prater geht ihrer Vollendung entgegen.
Eine teilweise Sonnenfinsternis steht am 17. Juni bevor. Sie beginnt nördlich vom Aequator an der Sierra Leona-Küste, morgens 8 Uhr. In Deutschland wird die „Finsternis" erst etwa um 9 Uhr sichtbar. Man wird sie in aller Gemütlichkeit betrachten können, denn sie dauert mehrere Stunden.
Den Manen Kaiser Friedrichs.
(15. Juni 18SO).
Die Erinnerung an die kurze Regierung des Kaisers Friedrich stirbt nimmer. Nur 99 Tage war chm ein ein unvergeßliches Regiment be- scheert, das in die schönste Jahreszeit fiel, in die Monate des Frühlings und in den Frühsommer Vergeblich war das Flehen eines großen und treuen Volkes gewesen und Schmerz und Trauer ohne Gleichen erscholl, als der Dulder aus dem deutschen Kaiserthron vollendet hatte. Ein tückisches Leiden, das unter falscher ärztlicher Behandlung sich zuwert entwickelt hatte, um eine Operation noch zuzulassen, hatte die edle Siegfriedgestalt der großen Zeit der deutschen Kriege und Siege gebrochen und demoberstender Paladine des Kaisers Wilhelm, dem schwerleidenden Sohn war es nicht einmal beschicken, dem grersen Vater die Augen znzudrücken. Unerfüllt blieb das Sehnen des Heldengreises, nur einmal noch, „seinen Fritz" umarmen zu können.
Bei dem neuen schweren Schlage, der das Reich traf, fühlte das deutsche Volk erst, wie sehr ihm gerade dieser Kaiser an's Herz gewachsen war. Erhaben und zugleich tragisch klang das Wort des Kaisers Friedrich: „Lerne leiden ohne zu klagen;" in das Land hinaus, aber hier war der edelste Trostspruch des großen Märtyrers machtlos. Er tritt heute vor unser geistiges Auge in seiner hohen, noch nicht gebeugten Gestalt, mit seinem männlichen Antlitz, umrahmt vom blonden Vollbart, mit seinem treuen Auge und seinem freundlichen Blick, mit dem sympathischen Klang der Stimme und seiner Leutseligkeit, mit seinem Hohenzollern-Humor und seinem schlagfertigen Witz, der ihm überall die Herzen gewann. Seinen Soldaten war dieser Feldmarschall ein väterlicher Freund, ein Führer, von dem der Sieg untrennbar war, seinem Volke ein Berater und Helfer, den ernsten Männern eine Leuchte, welche uns einen Ausblick eröffnete aus ein neues politisches Erblühen der Nation zu Wohlstand und Glück, verbunden mit Toleranz und Freiheit. Der deutschen Frauenwelt war dieser Kaiser das Ideal eines Familienvaters, der deutschen Jugend, besonders der akademischen, ein Mahner und Freund, der politischen Welt ein Bürge,daß ihm und seinen Nachfolgern gelingen würde, das Königtum mit dem echten konstitutionellen und parlamentarischen Geiste zu verbinden.
So ihm einst ein langes, glückliches Regiment beschicken, bis die Leidenszeit in San Remo begann, aber selbst da wollte man nicht dem Gedanken an die Möglichkeit eines Verlustes Raum geben; Sympatien, Liebe und Treue bemühten sich das Leben des erkorenen Lieblings des Volkes zu erhalten und nie hat ein bekümmertes Volk nm die Errettung desselben inniger gebetet, als das deutche. Das tragische Geschick des duldenden Kaisers zwang fremde Völker, ja selbst die Feinde des Reiches zu innigem Mitgefühl. Da klang endlich die Trauerkunde in's Land, daß das deutsche Volk seinen Liebling verloren habe; am 15. Juni 1888 publizierte das Staatsmimsterium, daß der königliche Dulder vollendet habe und zum zweiten Male in so kurzer Zeit ein verwaistes Volk den allzufrühen Hintritt eines vielgeliebten Herrschers beklage. Am selben Tage erschien der kaiserliche Armee- und Marinebefehl Kaiser Wilhelms II. und drei
Tage später der Aufruf „An mein Volk", in welchem der Nachfolger der beiden großen Kaiser Kunde giebt von dem Bewußtsein der Gegenseitigkeit der Liebe, welche ihn mit seinem Volke verbindet, und Gott um Kraft und Weisheit bittet, seines Amtes zum Heile des Vaterlandes zu walten.
Württemberg.
Der Kommission zur Vorberatung des von dem Abg. Rintelen eingebrachten Antrages, das gerichtliche Zustellungswesen betreffend, gehören drei Württemberger an: Gröber, Frhr. v. Gültlingen und Haußmann. Vorsitzender ist v. Cuny (nationalliberal).
Die Bolkspartei sammelt zur Zeit im Lande Unterschriften zu Eingaben für eine 2jährige Dienstzeit im Heere. Der N. Alb-B. schreibt hierüber: Gestern ist die erste Sendung von Petitionen nach Berlin abgegangen, zusammen 10 650 aus 98 Orten.
Stuttgart. Die Saatfelder haben gegenüber manch früheren Jahren Heuer den großen Vorteil voraus, daß man bei aller Ueppigkeit und Höhe der Halme auch nicht einen Acker antrifft, auf dem sich die Frucht gelegt hätte. Möchte es möglichst lange, wenigstens bis die Aehren abgeblüht haben, so bleiben.
Aus Eßlingen wird geschrieben: Der evang. Schullehrer-Verein Württembergs wird voraussichtlich am 7. und 8. August seine Plenarversammlung in unserer Stadt abhalten. Mit derselben verbindet der Verein eine Doppelfeier: das Jubiläum seines 50 jährigen Bestehens und den 100. Geburtstag des am 29. Oktober 1790 geborenen Pädagogen und Schriftstellers Diesterweg, mit dessen fortschrittlichen Bestrebungen der genannte Verein sich in Uebereinstimmung befindet.
A a l en , 8. Juni. Ein Fuchs brach in den Hühnerstall eines hiesigen Wirtes ein; 12 Hühner würgte er ab, schleppte sie fort, einen Teil vergrub er in den benachbarten Garten.
In Holzgerlingen, OA. Böblingen, ist bei einem Streit, den zwei Knaben von 9—10 Jahren mit Steinwürfen ausfochten, der eine so unglücklich an den Kopf getroffen worden, daß er hinterher gestorben ist.
Fr e u d e n st a d t, 10. Juni. Der württemb. Brauertag fand hier in gelungener Weise statt. Am Abend des 8. d. Mts. war eine festliche Begrüßungsfeier. Am 9. fanden die Beratungen im Schwarzwaldhotel statt, abends war Festbankett und Ball in der schön geschmückten Turnhalle. Zirka 300 Personen waren anwesend. Heute wurde bei herrlichstem Wetter in 40 Wagen eine Fahrt auf den Kniebis und nach Rippoldsau gemacht.
In Herrenberg brannte am Mittwoch eine große Scheuer im untern Teil der Stadt ab und das Feuer dehnte sich auf eine nebenliegende Scheuer und ei» Wohnhaus aus. Die Gefahr war groß, nach 2 Stunden aber war die hiesige freiwillige Feuerwehr ohne fremde Hilfe Herr des Feuers. Die weibliche Bevölkerung war für Beischaffung des Wassers überaus thütig.
Ausland.
Marseille, 11. Juni. An Bord des Packetbootes „TauruS", das abends nach dem Senegalgebiet abgehen sollte, brach ein Brand aus, der aber rasch gelöscht wurde, so daß ein schweres Unglück verhütet wurde, denn auf dem „Taurus" lagerten 53 000 Kilo Pulver und eine Menge gefüllter Geschosse.
MisMen.
Daß Bayern nicht nur das bier-, sondern auch das vereinsreichste Land ist, dürfte nicht allgemein bekannt sein. Im ganzen deutschen Reiche hat Fürth in Bayern die verhältnismäßig stärkste Vereinsziffer aufzuweisen, nämlich bei 35 000 Einwohnern nicht weniger als 315 Vereine. Es kommt dort also auf 112 Einwohner jedesmal ein Verein. Das Verhältnis der Einwohner zu den Vereinen in Erlangen ist wie 130, in Nürnberg wie 150, in Landshut und Bayreuth wie 170, in Regensburg wie 200, in München, Augsburg, Würzburg wie 250, in Ingolstadt wie 300 zu 1, wobei die studentischen Verbindungen nicht einmal in Betracht gezogen sind.
(Die Hauptsache.) Ella: „Wie hat Ihnen im Theater der „Sohn der Wildnis" gefallen?" — Jenny: „Sehr gut; schade, daß der Darsteller schon verheiratet ist." — Ella: „Nun vielleicht hat die Wildnis noch mehr Söhne."
(Steigerungsgrade.) Lehrer: Wie viel Steigerungsgrade giebt es?" — Schüler (Sohn eines Hausbesitzers): „Vier! Neujahr, Ostern, Johannis, Michaelis. Papa steigert aber nur zu Johanni u. Michaelis."
Gedankensplitter.
Dem Schein des Glücks fällt wirkliches zum Opfer.
Seine Feinde lernt man im Glück kennen, seine Freunde im Unglück.
Die Menschen verzeihen eher, daß man sie belügt, als daß man ihnen die Wahrheit sagt. _
Die beste Gabe des Geschicks
Ist: Schmied zu sein des eig'nen Glücks.
Arithmogriph.
1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. Ein Badeort.
7. 9. 5. 5. 2. Ein Himmelskörper. 3. 1. 2. 4. 5. Ein Fluß.
6. 3. 2. 4. 11. Ein Vogel.
9. 10. 8. 2. 5. Ein Ehrenzeichen. 9. 1. 3. Ein Körperteil.
1. 9. 7. 2. Ein Kleidungsstück.
Unsere Leser machen wir darauf aufmerksam, daß in der nächsten Nr. unseres Blattes wieder eine größere Erzählung unter dem Titel „Der Schwanenritter", ein Gesellschaftsroman von
C. v. Martine; (Gräfin Im 6,_) beginnen
wird. Der Roman ist durchaus lebenswahr und in allen feinen interessanten Zügen von der künstlerischen Noblesse der beliebten Erzählerin getragen. — Wir haben, gleich einigen größeren Zeitungen, das Abdrucksrecht erworben und hoffen damit unseren freundl. Leserinnen einen willkommenen angenehmen Unterhaltungsstoff zu bieten. Die Red.
Für die Redaktion verantwortlich: Chrn. Meeh; Druck und Verlag von Jak. Meeh in Neuenbürg.