nicht nur zu den Manövern nach Warschau kommen, sondern auch Kiew und Moskau besuchen, von mehreren deutschen Fürsten begleitet.
Mehr als 500 italienische Touristen werden am 9. Juni von Mailand aus mit Extrazug in Berlin eintreffen und mehrere Tage in der Reichshauptstadt verweilen. Es handelt sich um eine Unternehmung des Bureau Chiari in Mailand, und es ist die erste Gesellschaftsreise, die von Italien nach Berlin erfolgt. Die Touristen werden von Berlin aus Skandinavien und das Nordkap besuchen und über Petersburg, Wien. Triest nach ihrer sonnigen Heimat zurückkehren. Am 20. August soll eine zweite, ähnliche Reise von Mailand ausgehen.
MisMen.
Um Held und Heldeswert.
Roman von M. Widdern.
(Nachdruck verboten.)
(Fortsetzung.)
Sieh mich nicht mit diesen drohenden Blicken an, Guido," setzte sie hinzu. „Ich bin schon so wie so die verkörperte Angst! Seit jenem düsteren Abend, an dem ich Lilli in den Fluten versinken sah, habe ich keine ruhige Stunde mehr. Der Schlaf meidet mich und an seiner Stelle peinigen mich böse — entsetzliche Bilder — Ach, mein Gatte, mein Geliebter — wenn — wenn nun eines Tags doch noch die Leiche der Unseligen gefunden werden sollte? — Wenn es bewiesen würde, daß das Grab, auf welchem wir das prächtige Denkmal gesetzt — sich über den irdischen Resten einer Person erhebt, deren Namen wir selbst nicht einmal kennen!"
Guido zuckte die Achseln: „Wenn — wenn — wenn?" murrte er dann, „der Kuckuck hole Deine viele „Wenns." Aber gesetzt den Fall, daß man wirklich Lillis Leiche findet, so muß sie bereits in einem Zustand sein, der es gar nicht gestattet, sie wieder zu erkennen. Also darüber mache Dir keine Sorgen, Frau! Preise uns vielmehr glücklich, daß sich genau um die Zeit unserer höchsten Angst jenes fremde Weibsbild in den Fluß stürzte und wir auf den guten Einfall kamen, nach dem keinen Städtchen zu fahren, an das ihre Leiche geschwemmt. Da niemand sonst da war, der sich um die Selbstmörderin kümmerte, welche sichtlich auch eine Dame von Stand und dazu eine Blondine war, so konnten wir es getrost wagen, sie für Lillis Leiche anszugeben und als solche beerdigen zu lassen. Und das um so furchtloser, als die Toilette der Toten ziemlich genau zu der Beschreibung paßte, die wir von dem Anzug Lillis gemacht, als wir öffentlich in den Blättern nach ihren letzten Resten forschen ließen. Uebrigens weiß ich jetzt auch, wer die Fremde gewesen."
„Du weißt es?" fragte Katharina atemlos.
Er nickte. „Signora Maria Caronetti — eine unglückliche — gänzlich alleinstehende Person. Keine Seele interessiert sich für sie und keine Seele denkt daran, nach ihrer Leiche zu forschen, da niemand Lust hat, die Begräbniskosten zu tragen, daß sie den Tod gesucht, weiß mau in
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dem Ort. in welchem sie lebte.' Signora hinterliU natürlichHsti Schreiben, worint sie die AbsiW aussWtch, ihrKn Äasein ii? den Fluten^ des T-Aroms M Ende zü machen,', «eil ihr jedes EAstenzmittel fehlte. Damit begnügte man sich vollständig.
Katharina atmete tief auf. „Du nimmst mir einen Stein vom Herzen, Guido," sagte sie dann: „Und doch werde ich mich vollkommen beruhigt erst dann fühlen, wenn wir mit unserem Reichtum auf dem Ozean schwimmen um uns in Australien eine neue Heimat zu schaffen."
Guido zuckte die Achseln, dann sagte er: „Eh ich's vergesse, Herz, ich habe Alfred gestern geschrieben, er möge sich so bald als möglich einschiffen, um uns auf australischem Boden empfangen zu können. — Haha —" lachte er plötzlich höhnisch auf, wenn der alte Senator wüßte, in welche Hände seine Million nun doch noch kommt. Meinst Du nicht auch Schatz, daß er sich in seinem Grab umwenden würde? — Doch still, ich höre Schritte auf dem Flur. Die liebenswürdige Mamsell schickt uns jedenfalls das Abendessen. Schnell die Trauermiene angelegt, Schatz! Vergiß auch nicht, daß wir hier bis zum letzten Augenblick Geschwister sein
Keine irdische Gerechtigkeit vermag den Verbrecher schwerer zu strafen, als die Reue, wenn er nicht eine so gänzlich verrohte Natur ist, daß das Gewissen in ihm bereits erstickt worden ist. Katharina empfand die Wahrheit dieser Behauptung, empfand sie jetzt um so furchtbarer, da sie wieder in dem Hause lebte, in welchem Lilli sie barmherzig ausgenommen. Ueberall verfolgte sie das süße Gesichtchen der jungen Witwe. Und des Nachts, wenn sie sich ruhelos in ihrem Bett umhcrwarf, glaubte sie in jeder dunklen Zimmerecke die Gestalt der Unglücklichen zu sehen, welche ihr Grab in den Fluten gefunden. Was hätte sie darum gegeben, wenn sie um diese Zeit ein lebendes Wesen um sich gehabt? Aber da ihr wahres Verhältnis zu Guido der Welt ein Geheimnis bleiben mußte, durfte sie gerade ihren natürlichen Schützer nicht in ihrer nächsten Nähe behalten, Andererseits aber hätte es befremdet, wenn sie eines der Dienstmädchen mit hinauf in ihre Wohnung genommen haben würde. Und doch war dieses Alleinsein so entsetzlich — so grauenhaft.
Die andauernde Schlaflosigkeit während der Nächte — die Seelenqualen welche Katharina marterten — gaben ihr schnell ein durchaus verändertes Aussehen, während Guido der alte blieb, aber auch die Rolle des trauernden Bräutigams mit einer Natürlichkeit spielte, um die ihn der beste Schauspieler hätte beneiden müssen. Dennoch verging auch ihm die Zeit in kaum erträglicher Langsamkeit, da er keinerlei Beschäftigung hatte und nicht die innere Ruhe besaß, um sich etwa durch Lektüre zu zerstreuen.
Trotz alledem mußte sich aber doch Stunde an Stunde reihen, und der Tag der Testamentseröffnung kam. Was er ihnen bringen würde, wußte das verbrecherische Paar, und doch klopften ihre Herzen zum Zerspringen, als man ihnen
lin aller Feierlichkeit verkündete, daß sie
die Universalerben der Witwe Lilli ^Bormissen seien — und nur die Verpflichtung übernehmen müßten, verschiedene Legate an näher bezeichnet Personen, unter denen sich auch die Diener und Dienerinnen des HausesVormissen befanden, auszubezahlen.
„Und dai?^-^ dann?"
DtSiegsl^Ai'iKdem Patrizierhause warßn^maenommen und die beiden Erben durstell Meder alle die schönen stattlichen Räume betreten, in denen Lilli so glücklich gewesen. Mit zitternden Händen öffnete Guido nun das eiserne Geldspind und die Silberschränke, sperrte er jeden Behälter auf, in dem er Gegenstände von Wert wähnte. Dann aber schwelgten die Elenden im Anschauen der prachtvollen Gold- und Silbergefässe, der köstlichen Juwelen, mit denen der alte Senator sein junges Weib beschenkt, ohne daß Lilli je Freude daran gefunden hätte. sich mit diesen Colliers und Armbändern, diesen Ketten, Ringen, Brochen und Ohrgehängen zu schmücken.
(Fortsetzung folgt.)
In Wien fiel an einem der letzten Mittage verschiedenen Leuten auf der Straße ein junger, schmucker, ganz bartloser Marine-Unteroffizier auf. Die Uniform war ganz vorschriftsmäßig, allein der Gang unsicher und die Haltung nichts weniger denn militärisch. Man machte einen Polizisten auf den jungen Mann aufmerksam. Letzterer wurde zum Kommissariat geführt und entpuppte sich dort als — Mädchen. Antonia Eichinger, so hieß sie, gestand, sich einen Scherz erlaubt zu haben. Sie hat einen Verehrer, der Marine-Unteroffizier ist, nahm dessen Uniform, zog dieselbe an und wollte, wie sie angab, nur ihren Nachbarinnen zeigen, wie schmuck sie sich darin ausnehme. Für diesen Scherz wurde sie aber in Haft behalten und 24 Stunden später zu acht Tagen strengen Arrestes verurteilt.
(Verschnappt.) Herr (zu einem Backfisch): „Ach, Fräulein Thekla, Sie sehen heut' so reizend aus wie ein Maiglöckchen, das der Morgentau geküßt hat!" Backfisch (züchtig und verschämt): „Morgentau — nein, so hieß er nicht!"
Ueber in Berlin gezogenen Wein schreibt man der „N. Z-": Ein mir befreundeter Weinbauer in der Buchenstraße hatte im Herbst vorigen Jahres gekeltert und zog auch mich zum Kosten des gewonnenen „Heurigen" heran. Mutig griff ich zum Glase, das eine angenehm lehmgelbe Flüssigkeit enthielt und nahm einen herzhaften Schluck. Mein erstes Gefühl war, als hörte ich ein Musikstück, das von dreihundert Teufeln auf Pferdeschädeln, Bratpfannen und dergleichen Instrumenten gesiedelt wurde. Dann lief es mir eiskalt über den Rücken. Dann war mir zu Mut, als würde ich von einer furchtbaren Faust gepackt und anhaltend heftig geschüttelt. Hierauf brach ein wohlthätiaer Schweiß aus, und endlich kehrte das frühere Wohlsein wieder. Nur eine kleine Schwäche blieb zurück, die ich durch eine Flasche Risling Auslese kurierte. Das war im vorigen Jahr, welches als kein gutes Weinjahr angesehen werden konnte. „In diesem Jahr aber" sagt mir mein Freund und Weinbauer im Westen, „ist alles gut verlaufen, und wir bekommen einen Wein hier bei uns, der sich vor dem Züllichauer nicht zu schämen braucht."
Für die Redaktion verantwortlich: Chrn. Meeh; Druck und Verlag von Jak. Meeh in Neuenbürg.