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Kronik.

Deutschland.

Aürst Mismarcks Aücklritt.

Neuenbürg, 19. März. Nach­dem bereits am gestrigen Dienstag vor­mittag die geradezu verblüffende Draht­nachricht eingelaufen war:In unter­richteten Kreisen wird behauptet, der Kaiser habe die Demission des Reichskanzlers Fürsten Bismarck angenommen, dagegen diejenige Herbert Bismarcks abgelehnt" bestätigte sich im Laufe des nachmittags nur die von der Kölner Zeitung zuerst gebrachte Nachricht: Fürst Bismarck habe in dem am Montag stattgefundenen Ministerrat die Erklärung abgegeben, daß er seine sämtlichen Aemter niederzulegen und in den Ruhestand zu treten beab­sichtige. Der Entschluß schien unwider­ruflich und die Entscheidung des Kaisers darüber dürfte im Laufe des Tages er­folgen. Letztere ist bis zur Stunde nicht bekannt, was aus folgenden Zeitungs­telegrammen hervorgeht:

Berlin, Dienstag 18. März mit­tags. Die kaiserliche Entscheidung des gestrigen Entlassungsgesuches des Fürsten Bismarck als Reichskanzler und preußischer Ministerpräsident wird unmittelbarer­wartet. Staatsminister Graf Herbert Bismarck würde im Amte bleiben."

Berlin. 18. März. Gestern be­rieten die Minister ohne den Fürsten und den Grafen Bismarck bis abends 10 Uhr über eine Art und Weise, den Fürsten Bismarck bei den Geschäften, wenigstens bei der Leitung der auswärtigen Politik zu erhalten. Man bezweifelt das Gelingen des Versuchs. Dem Gerüchte, der Kaiser habe die Entlassung des Fürsten Bismarck bereits angenommen, steht die Behauptung entgegen. die entscheidende Unterredung zwischen Kaiser und Kanzler findet heute Nachmittag statt."

Als Nachfolger Bismarcks wird General von Caprivi, ziemlich überein­stimmend genannt, ferner wird als solcher bezeichnet: Oberbürgermeister Miguel in Frankfurt a. M.

Berlin 18. März. Als Reichs­kanzler an des Fürsten Bismarck Stelle soll Staatssekretär von Bötticher in Aussicht genommen sein. Auch Caprivi wird genannt.

Berlin, 17. März. Seit Gründ­ung des deutschen Reiches ist, wenn man von den Schreckensmonaten des Jahres >888 absieht, die politische Welt niemals von solcher Spannung und Erregung be­herrscht gewesen, wie am heutigen Tage. Das Vorhandensein einer Kanzlerkrisis war ja seit längerer Zeit Niemandem mehr ein Geheimnis und auch über deren schließ- lichen Ausgang bestand größere Gewißheit als die Zurückhaltung des überwiegenden Teils der ernsthaften Presse anzuzeigen schien, lieber die nächste Zukunft herrschte jedoch Unklarheit und große Bewegung bemächtigte sich der Gemüter, als heute Vormittag sich das Gerücht von einer unmittelbar bevorstehenden Entscheidung verbreitete. In welchem Sinne dieselbe erfolgen werde, wußte mit Bestimmtheit Niemand zu sagen. Im Wandelgauge des Abgeordnetenhauses wurde die Vermutung, daß der Rücktritt des Kanzlers unmittelbar zu erwarten sei, vielfach und lebhaft be­kämpft ; erst die durch den offiziösen Tele­graphen verbreitete Meldung derKölner Zeitung" brachte, wie man wohl annehmen muß, Gewißheit. Es ist unmöglich, den Eindruck zu schildern, welchen die Nachricht hervorbrachte, daß Fürst Bismarck seine mit unvergleichlicher Größe durchmcssene staatsmännische Laufbahn beschließen wolle. Ja, man darf sagen, daß bis zur Stunde die Köpfe und Herzen den Gedanken nicht zu fassen wissen, so oft er auch in letzter Zeit als eine Möglichkeit, als eine natür­liche Notwendigkeit kritisiert worden ist. Selbst die politischen Gegner des ge­waltigen Schmiedes des deutschen Einheits­staates übcrkommt tiefer Ernst, ein Ge­fühl der Beklommenheit, in der richtigen Empfindung, daß mit dem Entschlüsse des Fürsten Bismarck eine große Epoche mit klar zu Tage liegenden herrlichen Erfolgen einer neuen, manches dunkle Rätsel bergen­den Zeit den Platz räumt. (F-J-)

Berlin, 17. März. Die Kanzler­krisis wird jetzt immer ernster und un­mittelbarer. Bismarck will und wird gehen und wir stehen unmittelbar vor einer der wichtigsten Entscheidungen der letzten beiden Jahrzehnte. Aus dem bis­herigen Verlauf der Angelegenheit geht hervor, daß der Kaiser nichts unversucht gelassen hat, den Mitbegründer des deut­schen Reiches von diesem folgenschweren und verantwortungsvollen Schritte zurück­zuhalten, seinen ältesten Berater noch zum Bleiben zu vermögen. Denn es ist für jeden Einsichtigen durchaus falsch, man möchte sagen gefälscht, wenn diese Krisis so dargestellt wird, als müsse Fürst Bismarck gehen, suche aber noch zu bleiben, so lange wie möglich, ebenso wie es nicht richtig ist, daß der Rücktritt lediglich durch die Sozialpolitik des Kaisers veranlaßt werde. Das Urielsche Wort:Er mußte gehen, weil er nicht bleiben konnte", paßt

ja schließlich in gewisser Weise auf jeden aus langer Stellung Scheidenden. Hier ist es aber nicht die Politik des Kaisers in der Arbeiterfrage, welche diesesnicht mehr können" zur Folge hat, sondern die ganze neue, wesentlich anders geartete Zeit mit ihren neuen Bedürfnissen und Forderungen und ihren in eine weite ferne Zukunft hineinreichenden Plänen und Arbeiten, der natürliche Gegensatz zwischen dem die große Vergangenheit verkörpern­den greisen Staatsmanne und dem jugend­lich starken und kühnen Träger der Zu­kunft: das sind die Gründe, warumEr" nicht bleiben konnte, auf den wir als auf den fast alleinigen Träger der Politik Preußens und des deutschen Reiches lange Jahrzehnte zu blicken gewohnt waren. Natürlich beschäftigt man sich der nun fast vollendeten Thatsache des Rücktritts gegen­über in allen politischen Kreisen lebhaft mit der Person des Nachfolgers und man weist dabei hier und da auf den Umstand hin, daß seit einigen Monaten die Person des Grasen Herbert Bismarck, des vorher täglich Genannten, auffallend in den Hintergrund getreten sei. Der Nachfolger aber ist längst da, der Reichskanzler selbst hat ihn schon vor Jahren einmal be­zeichnet, als er von dem damaligen Prinzen Wilhelm sagte, derselbe werde einmal sein eigener Kanzler sein. Die Zeit ist jetzt gekommen, vom Fürsten Bismarck längst vorausgesehen und freiwillig mit herauf- gesührt, und Bismarck selbst ist es, der diesem Nachfolger freiwillig den Platz räumt. Wer auch Bismarcks Nachfolger wird, die Stellung Bismarcks nimmt keiner ein; der zukünftige Reichskanzler wird sich mit der um vieles bescheideneren Stellung eines Ministerpräsidenten im Reiche und in Preußen zu begnüge» haben.

Berlin, 18. Mürz. Fast sämtliche kommandierende Generäle sind aus Anlaß der bevorstehenden Hoffestlichkeiten hier cingctroffen. Unter ihnen ist besonders der Kommandierende des X. Armeekorps, Ge­neral v. Caprivi, der frühere Chef der Admiralität, hervorzuheben, von dem man in parlamentarischen Kreisen annimmt, daß er wohl als Erster vom Kaiser berufen werden dürfte, der Nachfolger des Reichs­kanzlers zu werden, sobald das Entlassungs- Gesuch vom Kaiser genehmigt sein sollte. Bis zur Abendstunde ist diese Entlassung aber noch nicht vollzogen.

Berlin, 18. März. Bei der Be­ratung des Kultusetats gab Windthorst als zweiter Redner die Erklärung ab: Mit Rücksicht auf die Lage des Landes und die jetzige Ungewißheit verzichte ich bei dem TitelMinistergehalt" auf das Wort und behalte mir vor, bei den einzelnen Etats und der dritten Lesung zu sprechen.

Berlin, 17. März. Eine gestern von 18 000 Bergarbeitern in Budweiler gehaltene Versammlung beschloß, dem Kaiser den Dank auszudrücken und eine Eingabe an den preuß. Landtag zu richten, worin um die Einführung Östündiger Schicht, unparteiischer Schiedsgerichte und auskömmlichen Lohns gebeten wird. Ferner verwahrte sich die Versammlung gegen den Borwurf der Abhängigkeit von der Sozialdemokratie.