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Reuenbürg.
WcrhL-Werfclmrntung.
Keute Mittwoch abends 7 Hlhr im Gasthof zum „Bären."
Besprechung des Programms der nationalen Parteien.
Das Wahlkomite für v. Gültlingen.
W Hl^bXd.
Merde-Werkauf.
Ein Paar entbehrlich gewordene Zugpferde, für deren Güte garantiert wird verkaufen die Bauunternehmer
Kolli u. Schill.
JorrnuLare
zu
Kassenberichten
(neue Auflage)
empfiehlt den Gemeindepflegern
Jak. Meeh.
Hingesendetes zur Aeichstagsivaht.
Es wird zu Wahlagitationszwecken unter den Arbeitern geflissentlich die Meinung verbreitet, daß der größere Teil derselben von den Wohlthaten des Jn- validitäts- und Altersversicherungs-Gesetzes ausgeschlossen sei, weil er das 70. Lebensjahr nicht erreichen werde.
Dies ist total falsch.
Allerdings ist die Gewährung der Altersrente von der Zurücklegung des 70. Lebensjahr abhängig, aber dabei ist zu bedenken, daß diese Renten nur für Erwerbsfähige bestimmt ist, also für Personen, welche trotz des höheren Alters noch arbeitsfähig sind. Ist ein Arbeiter erwerbsunfähig, d. h. verdient er nur noch etwa '/z seines bisherigen Arbeitsverdienstes, so bekommt er Invalidenrente und diese kann er schon nach 5 Beitragsjahren, also im 21 Lebensjahre erhalten.
Die Uebergangsbestimmungen sind in höchst liberaler Weise getroffen, eine Anzahl Arbeiter —. etwa 70 000 — kommt sofort bei Inkrafttreten des Gesetzes in den Genuß der Altersrente, ohne auch nur einen Pfennig bezahlt zu haben. Die Altersrente steigt bis zum Betrag von 191 -,/L, die Invalidenrente bis zu 476 vfL
Der jährliche Reichszuschuß erhöht sich bis zu 88'/« Millionen Mark. Ist das ein „Linsengericht" oder ein „Bettelgeld" , wie von den Volksaufwieglern behauptet wird?
Jeder nur halbwegs zufriedene Arbeiter wird doch sagen müssen, daß hier geschehen ist, was geschehen konnte.
Der nächste Reichstag wird sich mit der Einführung des bürgerlichen Gesetzbuches, welches für ganz Deutschland ein einheitliches Recht schaffen soll zu befassen haben.
Bei uns Wüttembergern handelt es sich dabei um die hochwichtige Frage, ob uns unsere bewährten Einrichtungen der freiwilligen Gerichtsbarkeit (Notariatswesen, Kaufs- Pfand- und Güterbuchswesen) bleiben oder ob diese Geschäfte, wie teilweise in andern Staaten mit weniger entwickelter Gemeindeverfassung, an die Gerichte übergehen sollen.
Der Württembergischen Regierung in Uebereinstimmung mit den Abgeordneten ist es gelungen, in dem Entwurf eine Bestimmung durchzusetzen, wonach es auch künftig möglich ist, die bisherigen billigen und beliebten Einrichtungen beizubehalten.
Nun kommt die Kammer der württembergischen Rechtsanwälte in Stuttgart und spricht sich einstimmig für die Uebertragung des Teilungs- und Vormundschafts- Wesens, des Pfand- unb Güterbuchs-Wesens auf das Gericht aus.
Auf der einen Seite Regierung und Volk, auf der andern die Advokaten! Wo bleiben denn die Führer der Volkspartei, die sich sonst immer als Verteidiger der Bolksrechte brüsten?
Wissen sie denn nicht, daß die Prozesse in Erbschaftsangelegenheiten sich bedeutend vermehren, wenn die Teilungsgefchäfte durch Beamte gefertigt werden müssen, welche mit den Familien- und sonstigen Verhältnissen der Leute nicht mehr so genau vertraut sind, wie die Notare und Waisenrichter?
Der einflußreichste demokratische Payer erklärt in seiner Reutlinger Wahlrede ausdrücklich, daß es ihn freue, wenn einmal Hand an dieses veraltete Institut gelegt werde. Also, wenn es ihnen gerade paßt, können die Herren auch Volksrechte aufgeben.
Wähler, wenn Ihr nicht wegen eines jeden Pfandscheins, Kaufs u. s. w. zum Gericht laufen und hohe Gebühren und Auslagen haben wollt, auch nicht dafür seid, daß neue Registratur-Gebäude zum Aufbewahren des riesigen Aktenmaterials gebaut werden müssen, so gebet Eure Stimme nur einem Mann, der für die Beibehaltung unserer vorzüglichen Einrichtungen der freiwilligen Gerichtsbarkeit mannhaft eintritt und das ist der
Landgerichtsmt Freiherr v. Gültlingen.
An die Wähler des Arbeiterstandes.
Wie ist an allen Orten Der Wahlkampf doch entbrannt,
Im Süden, wie im Norden,
Im ganzen deutschen Land;
Entscheiden soll sich's morgen Wer für des Volkes Wohl,
Des Vaterlandes, sorgen Im künft'gen Reichstag soll.
Erwägt drum Kameraden,
Vom Proletarier-Stand, *)
Ernst, welchen Kandidaten S'Bertraun Ihr zugewandt.
Glaubt nicht dem Volksverhetzer Und was er Euch verspricht,
Schon oft hat solch ein Schwätzer Groß Unheil angericht.
Sie sind es, die begeifern Das Christentum, mit Hohn,
Zu stürzen sich beeifern,
Brutal Altar und Thron;
Die höhnen stets und schelten,
Auf die mit Stolz wir seh'u,
Die uns're greisen Helden Und großen Männer schmäh'n.
Soll denn durch sie verloren,
Das Reich uns wieder gehn,
Das junge, das geboren Ward, unter tausend Weh'n.
Der Söhne denkt, der Brüder,
Der Helden namenlos,
Die dort gebettet liegen In fremder Erde Schoß.
Und weiter laßt Euch mahnen,
An Deutschlands tiefste Schmach,
Als es zur Zeit der Ahnen Totmatt im Staube lag;
Wie war an allen Orten Groß Elend doch zu schauen,
Als raubend Frankreichs Horden Durchzogen uns're Gauen.
Zerklüftet und zerrüttet,
War unser Vaterland,
Doch wieder neu gekittet,
Es aus dem Schutt erstand.
Wie aus der Asch' verjünget Der Phönix geht hervor,
So wieder neu beschwinget Stieg Deutschlands Aar empor.
Die wir'uns des geeinten Des neuen Reiches freu'n,
Und rühmen können heute Ein deutscher Mann zu sein:
Wir wollen treu bewahren,
Was einst mit Opfermut,
Dort Deutschlands Heldenschaaren Erkämpft, mit ihrem Blut.
Nun, deutscher Wähler, merke,
Beim Hader der Partei'»
Kann nicht des Reiches Stärke Des Volkes Wohl gedeih'n.
Auch gilt es nicht zu scherzen,
Tief ernst ist diese Wahl,
Wem Deutschlands Wohl am Herzen, Der wähle national.
_ Hi« Arbeiter.
*) Arbeiterstand.
-j- Obernhausen. 16. Febr. Gestern abend trafen einige Herrn vom Frhr. v. Gültling'scheu Wahlkomite von Neuenbürg aus hier ein. um vor einer Versammlung im Gasthaus zur Sonne zu sprechen. Die Anschauungen und Bestrebungen der nationalen Partei und diejenigen der demokratischen Partei wurden eingehend und sachlich besprochen, besonders aber in scharfe Vergleichung zu einander gestellt. Die Versammlung, welche den Ausführungen mit gespannter Aufmerksamkeit folgte, kam dabei in lebhafte patriotische Stimmung und gab derselben nach den Ansprachen durch den Gesang einiger Vaterlandslieder schönen Ausdruck.