Calmer WoilieiiilM

Samstag Keilage za Nr. 119. 6. Oktober 1900.

ere rllet^ er. «»chdrus »«re»»«».

Iack's Brautwerbung.

Seeroma» von Clark Russell.

(Fortsetzung.)

Freilich, damit kommt man am besten aus/ gab ich zu,und wenn man alle widerwärtigen Menschen schroff von sich stoßen wollte, würde man oft mit den edelsten keinen Umgang finden. Das führt dann ganz natürlich zu Falschheit. Der alte Hawk« ist doch gewiß kein Mensch, den man gerade aufsuchen würde, aber um der herrlichen Tochter willen muß man auch zu ihm freundlich sein und ihn in den Kauf nehmen wir er ist.*

Das meine ich auch,* hob mein Onkel wieder an,und jetzt besonders sei gescheit. Du hast gehört, daß der Morecombe schon mit Floren« zusammen auSgeritten ist, da heißt es für dich, das Wetterauge offen halten. Nimm dich in acht, daß es keine Sternjagd wird, denn das hübsche kleine Fahrzeug wird von dem Kerl, welcher ihm schon an der Seite ist, geentert werden, ehe du eS Überholen kannst.*

Bitte, lege meiner Bewunderung für das Mädchen keine allzugroße Be­deutung bei,* antwortete ich etwas verstimmt, denn diese Neckerei war gar nicht nach meinem Geschmack.Wenn Morecombe eS entert, so wird eS geschehen, weil es sich entern läßt, und wenn ich eS nicht überhole, so wird eS sein, weil mir meine Spieren lieber sind, als der Fang des gejagten Fahrzeugs.*

Aber thut mir dir einzige Liebe und sprecht nicht griechisch!* rief jetzt Sophie, von Amalie sekundiert.Wenn wir bei euch sind, wollen wir auch wissen, was ihr sprecht. Solchen Unsinn aber von: sternjagen, entern und überholen, können wir nicht verstehen.*

Ist auch gar nicht nötig, junge Mädchen brauchen nicht alles zu verstehen,* erwiderte ich auf den scherzhaften Ton eingehend und nickte dabei vergnügt meiner Tante zu, die soeben am Fenster erschien und uns zum Frühstück rief.

6. Kapitel.

Zn Mr. Alfons» eingelade«.

Tage vergingen, ohne daß Miß Florence sich wieder blicken ließ. Sobald ich eS unbemerkt thun konnte, schlich ich mich davon und kreuzte auf allen Wege» und Stegen, auf denen die Möglichkeit vorlag, ihr einmal zu begegnen, oder sie doch wenigstens aus der Ferne zu sehen. Ich lauerte aber immer umsonst.

Da, eines Tages, als ich von einem Spazierritt zurückkehrte, und in das Wohnzimmer trat, in welchem Cousine Sophie an einer Stickerei saß, überraschte mich dieselbe mit der Nachricht, daß Miß Florence dagewesen sei.

Ich hätte mir alle Haare einzeln ausraufen möge», trotzdem gewann ich «S aber über mich, ganz gelassen zu fragen, ob sie nicht gesagt hätte, warum sie sich so lang« nicht sehen ließ.

Ohne von ihre« Arbeit aufzublicken, antwortete Sophie ziemlich leise:Nein, davon erwähnte sie nichts, sie lud uns nur zu Donnerstag zum Diner.*

Eil das ist ja schön,* erwiderte ich freudig.Ist es «in« größere Ge­sellschaft? teilte sie darüber etwas mit?*

Nein, gar nichts, sie ging gleich wieder.*

Na, von irgend etwas werdet ihr doch noch gesprochen haben,* fuhr ich ärgerlich auf,sei doch nicht so entsetzlich wortkarg. Mir scheint, du willst mir etwas verheimlichen. Sag's ehrlich, der Morecombe hat ihr einen Antrag ge­macht, was?*

Wenn dar geschehen wäre und sie ihn angenommen hätte, würde sie eS sicherlich gesagt haben.*

Diese Antwort war zwar wieder sehr kurz angebunden, indessen sie be­ruhigte mich doch und ich dachte: meinem Cousinchen muß wohl irgend etwas über die Leber gelaufen sein, sie ist doch sonst nicht so. Einen Augenblick war ich still und überlegte. Wenn ich es geschickt anfing, konnte ich ihr doch vielleicht noch etwas entlocke». Ich endete deshalb die eingetretene Pause:

Weißt du, ich finde eS übrigens von Mr. Hawke sehr höflich mich ein­zuladen. An dem Tage, wo ich ihn kennen lernte, war eS mir, als wenn ich nicht gerade seinen Beifall fände. Ich hatte die Empfindung, wie wenn er mich darauf ansähe, ob ich mir etwa herausnehmen würde, seiner Tochter die Cour zu machen.*

Nach diesen Worten bemerkte ich, daß meine Cousine plötzlich ganz rot und verlegen wurde; sie beugte sich tiefer auf ihre Arbeit und stclt rte:

Um ganz offen zu sein, Jack, Florence hat dich ngentlich nicht mit eingeladen, sie nannte wenigstens deinen Namen nicht.*

Ah so!* rief ich bitter auflachend,das war es also, was dich bedrückte. O, ich Einfaltspinsel ich, wie konnte ich auch denken . . .*

Aber sprich doch nicht gleich so,* unterbrach sie mich beschwichtigend,die

Sache hat nicht das mindeste auf sich, eS ist ohne Zweifel ein reines Versehen. Natürlich gehst du mit.*

Wo denkst du hin!* schrie ich.Was? ich mitgehen? ich soll zu Leuten gehen, die mich nicht haben wollen? Ha! nein, da bin ich mir denn doch zu gut dazu; lieber wollte ich ja, lieber wollte ich mich aufhänge» I*

Gott im Himmel, bist du aber ein Mensch I Gleich so zu toben I Sei doch nicht so furchtbar thöricht. Du hast absolut keinen Grund dazu. Auf jeden Fall gilt die Einladung auch dir und du mußt mitkommen.*

Ich war so außer mir, daß «» mir eine wahre Erleichterung gewesen wäre mich ausschütten zu können, meiner Cousine gegenüber aber bezwang ich mich und stürzte hinaus, um in der Einsamkeit Beruhigung zu suchen. In einer verborgenen Laube des Gartens warf ich mich auf die Bank und steckte mir, mit vor Auf­regung zitternden Händen, eine Zigarre an. In ihrem Dampfe wollte ich das alberne Gefühl zu ersticken suchen, welches mich wie ein Fieber gepackt hatte, seit­dem ich das HauS meines Onkels betreten.

Ach, ich Narr, ich tausendfältiger Narr! Welches Recht hatte ich denn, eine Einladung zu erwarten? Wie sollte sie sich auch herablassen, sich meiner zu erinnern? War sie vielleicht falsch? War alles Gerede über diesen elenden Morecombe und seine Dummheit Spiegelfechterei? Ja, es war so! eS konnte nicht anders sein! Ich knirschte mit den Zähnen, bohrte meine Absätze in den Sand, und fuhr mir mit beiden Händen in die Haare.

Als ich mich so meinem Schmerz hingab, hörte ich auf einmal meine Cou­sine Sophie fröhlich rufen:Jack, Jack, wo steckst du, lieber Jack?*

Ich trat hervor und antwortete düster:Was willst du?*

Da lief sie auf mich zu, ganz strahlend vor Vergnügen, und in der Hand ein kleines Papier schwenkend, welches sie mir gleich darauf dicht vor die Augen hielt. Dasselbe duftete wie Jasmin, und trug ein Wappen in blau und gold, die GanS mit dem empor gereckten Schnabel. Die Handschrift fest und klar, konnte die eines Mannes sein, der Inhalt des Schreibens war aber folgender:

Liebste Sophie!

Al« ich von meinem Besuch bei Euch nach Hause zurückgekebrt war, fiel eS mir schwer auf die Seele, daß ich unterlassen hatte. Deinen Vetter, Mr. Jack Seymour, besonders zu erwähnen. Natürlich ist er mit geladen. Ich kann mein ärgerliches, ganz unbeabsichtigtes Versäumnis nur damit entschuldigen, daß ich bisher, bei einer Einladung an Euch, eine besondere Namensnennung nicht nötig hatte. Leider muß ich Dir noch milteilen, daß es der armen Flora viel schlechter geht.

Deine Dich liebende Floren«.

L. S. Laß', bitte, Deinen Vetter nicht wissen, daß ich ihn vergaß.*

Da hast du eS also, du Brausekopf,* sagte Sophie, als ich von dem Brief aufblickte,alles war so, wie ich mir dachte; nun kannst du dir dm Brief zu ihrer Photographie stecken.*

Ein finsterer Argwohn erwachte in mir. Hatte Sophie an sie geschrieben und sie gebeten mich nachträglich einzuladen? Nein, das war nicht möglich, die Zeit für solche Kriegslist war zu kurz. Der Brief war echt. Trotz dieser tröst­lichen Gewißheit wollte ich aber doch nicht allzu erfreut erscheinen.

Ich sagte deshalb, den Brief gleichmütig zusammenfaltend:Warum sollte ich ihn zu behalten wünschen?*

Nun, dann zerreiße ihn,* entgegnet« sie leichthin.

Nein, daS würde doch gegen den gewöhnlichsten Respekt verstoßen,* er­widert« ich und steckte ihn, wie in der Zerstreutheit, in meine Tasche.

Sie that, al« ob sie daS nicht bemerkte, lächelte gutmütig und schritt dann nach dem Hause.

Als sie aus Sicht war, zog ich den Brief hervor, laS ihn so oft durch, bis ich ihn auswendig wußte und küßte »ach jedesmaligem Lesen die Unterschrift. Bei jedem Satze dachte ich, ob nicht die unscheinbaren Zeilen doch vielleicht ein« tiefere Bedeutung bargen. Ganz besonders fesselt« mich die Nachschrift: ,Laß' deinen Vetter nicht wissen, daß ich ihn vergaß'. In diesen Worten konnte sehr viel liegen, zum wenigsten aber zeigten sie mir, daß ihr Hund doch nicht ihr letzter Gedanke gewesen war. DaS liebe Kind!

Endlich kam der Donnerstag. In meinem ganzen Leben habe ich mich nicht mit mehr Sorgfalt rasiert, friesiert und umgekleidet. Wird man es glauben, daß ich darüber die Damen warten ließ? Ja wirklich, mein Onkel mußte mich erst holen. Er kam an meine Thür, pochte und schrie:He, halloh, Jack, Mensch wie lange takelst du denn an dir? Die Weiber sitzen schon längst im Wagens Wir fahren doch zu keinem Ball, sondern zu einem Diner und da muß man pünktlich sein.*

Ich stürzte heraus, und sprudelte an Entschuldigungen, was mir gerade rinkam, in der Hauptsache mußte aber natürlich meine unrichtig gehende Uhr her­halten. Da spottete er:Ich weiß schon, bei welcher Uhr der Mechanismus nicht mehr in Ordnung ist, die sitzt aber ganz wo anders als in deiner Westentasche, nämlich, hier!* und dabei schlug er sich, daß eS dröhnte, auf die Stelle seines Herzens. (Forts, folgt.)