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Kwnik.

Deutschland.

Mehrere italienische Kabinetscouriere besorgten, so lange König Humbert in Berlin verweilt, den Kabinetsdienst zwischen Rom und Berlin. Jeden Tag traf ein Courier mit den dringendsten Sachen, die sofortiger Erledigung harrten, hier ein, und der König pflegte eine Stunde täglich diesen Arbeiten zu widmen. Er erledigte dieselben stets in Gegenwart Crispis, der ihm die Dekrete behufs Unter- sertigung vorlegt.

Ein römischer Hofphotograph weilt in Berlin, welchen König Humbert beauf­tragt hat, die via triumpdalis in allen ihren Teilen und Einzelheiten zu photo­graphieren. Die Berufung hierher er­folgte auf direkte Anordnung des Haus- ministers Visone. Wie verlautet, handelt es sich um ein Geschenk, welches der König seiner Gemahlin zu machen gedenkt.

Berlin, 25. Mai. Der Kaiser, der König und der Kronprinz von Italien besuchten heute vorm, die Ausstellung für Unfallverhütung. Die Majestäten sprachen dem Präsidenten und dem Vorstand wieder­holt große Anerkennung aus.

* Die Berliner Königswoche ist zu Ende und verrauscht sind die glänzen­den Festlichkeiten, welche sich an den Be­such König Humberts und des Kronprinzen Viktor Emanuel von Italien am deutschen Kaiserhof knüpften, aber die Berliner Fest­lage werden in den Beziehungen Deutsch­lands und Italiens zu einander noch lange nachklingen. Denn der Gegenbesuch des italienischen Monarchen in der Residenz des deutschen Kaisers hat aufs neue das beide Reiche und ihre Völker umschlingende starke Band inniger und treuer Freundschaft aller Welt vor Augen geführt und ist die feste Allianz ihrer Staaten wiederum feierlichst bekräftigt worden. Ob während des italienischen Königsbesuches in Berlin noch spezielle politische oder militärische Ab­machungen geschlossen worden sind, wie man aus manchen Anzeichen herausdeuten will, muß vorerst dahingestellt bleiben.

Berlin, 25. Mai. Aus dem Zivil- kabinet des Königs von Italien gieng dem Oberbürgermeister v. Forckenbeck ein Schreiben zu, in welchem der König bitten läßt, der Bevölkerung Berlins für den glänzenden und äußerst herzlichen Empfang zu danken, ebenso den beiden Bürgermeistern für die getroffenen Anordnungen. Der König werde Berlin in angenehmster Er­innerung behalten, er versichere, daß sein Freundschaftsgefühl für die Hauptstadt von Rom und ganz Italien geteilt werde. Der König ließ dem Oberbürgermeister für wohlthätige Zwecke 20000 Francs über­wachen. (F. I.)

* Mit einem hoch bedeutungs­vollen Beschlüsse, der endgiltigen Genehmigung des Alters- und Jnvaliditätsversicherungsgesetzes hat der Reichstag am Freitag seine diesmalige Thätigkeit beendigt. Die An­nahme der Vorlage erfolgte, nachdem ihr noch eine ziemlich überflüssige Debatte über eine von der Reichspartci einge­machte Resolution, betr. über das Unter- stützungswohnsitz - Gesetz, vorausgegangen ivar, in namentlicher Abstimmung mit

185 gegen 165 Stimmen; die Mehrheit setzte sich aus den Konservativen, den Freikonservativen, den Nationalliberalen, sowie 13 Zentrumsabgeordneten zusammen. Gegen das Gesetz stimmten neben den in dieser Frage mit der Opposition gehenden Mitgliedern der drei zuerst genannten Parteien der größte Teil des Zentrums, ferner die Freisinnigen, Polen, Welfen, Sozialdemokraten und Elsässer. Durch eine vom Staatssekretär v. Bötticher ver­lesene kaiserliche Botschaft, nach deren Ver­lesung Herr v. Bötticher dem Reichstage den speziellen Dank des Kaisers für das Zustandekommen der Alters- und Inva­lidenversicherung aussprach, erfolgte der Schluß der Session.

Oberpräsident v. Bennigsen, der sich in Hannover einer Operation unter­zogen hatte, war, trotzdem seine Aerzte davon abgeraten hatten, im Reichstage erschienen, um an der Abstimmung über das Alters- und Invaliditäts-Gesetz teil­zunehmen. Nach der Abstimmung hat sich Herr v. Bennigsen sofort wieder nach Hannover zurückbegeben.

Nach einer Genfer Depesche desStan­dard" ist die Wohlgemuth-Affaire zwischen Deutschland und der Schweiz beigelegt. Die Schweiz habe von Deutschland das Zugeständnis erhalten, daß Herr Wohl- gemuth einen anderen Posten erhält. Da­gegen habe der schweizerische Bundesrat versprochen, die Kantonsregierungen dahin zu beeinflussen, daß sie der sozialistischen Agitation schärfer auf die Finger sehen.

Der Abgeordnete Dr. Hammacher hat von Dortmund aus seinen Berliner Freunden in einem Telegramm die dortige Situation als schwierig geschildet. Es seien am Dienstag bei der Anfahrt der Bergleute offenbar seitens einzelner Zechen­verwaltungen Mißgriffe begangen worden. Jetzt hätten die Arbeiterführer, mit denen er in der verflossenen Nacht konferierte, teilweise neue Forderungen aufgestellt, da sie sich an die Berliner Abmachung nicht mehr gebunden erachteten. Die Zechen­verwaltungen dagegen sollen nunmehr aus­nahmslos bereit sein, die Essener Be­schlüsse als bindend anzuerkennen.

Essen, 24. Mai. Heute arbeiteten 74 991 Bergleute.

Ein Extrablatt derStraßb. Post" er­fährt, daß die Reise SeinerMajestät des Kaisers und Königs nach dem Reichs lande für jetzt aufgegeben ist.

Pforzheim, 25. Mai. Gestern nachmittag stach ein Goldarbeiterlehrling einem Kollegen einen sogenannten Schaber, ein dolchartiges Messer, derart in den Unterleib, daß der Verletzte sofort ins städtische Krankenhaus verbracht werden mußte. Es ist dies wieder eine jener ruchlosen Handlungen, die hier unter den jugendlichen Arbeitern leider so oft Vor­kommen, trotz den meistens sehr schweren Strafen, die jeweils über die Burschen ausgesprochen werden. (Pf. B.)

Württemberg.

35. Sitzung der Kammer der Abge­ordneten. Freitag 24. Mai, vorm. 9'/, Uhr. Nachtr. Zum Teil wiederholt. Auf der T.O. steht zunächst die außerordentl. Exigenz von 470000 ^ zu Erweiterung

der Kureinrichtungen in Wildbad. Am Ministertisch: Staatsmin. vr. v. Renner, Staatmin. v. Schmid, Geh. Hofrat vr. v. Renz, Medizinalrat vr. Burkart, Bau­rat Berner. Unter dem Einlauf be­findet sich eine Eingabe von Wildbad, betreffs Genehmigung der Exigenz. In der Abstimmung wird der Antrag der Kommission auf volle Bewilligung der Summe mit 44 gegen 36 St. angenommen. (Mit Ja stimmen: Stälin, v. Stetten, v. Wolfs, v. Schad, Abel, W. v. König, v. Gcmmingen, Ebner, R. v. König, Deutler, Probst, Hans v. Ow, Haigold, v. Secken­dorfs. Georgii, Weber, Lang, Merz. Hof­acker, Lechler, Luz, v. Mittnacht, Pr. Schmid, Rieß, Rümeli'n, Bühler, Egg­mann, Haug. Zipperlen, Vogler, Schoffer, v. Schmid, Uhl, Rapp, Ehninger, (Tutt­lingen), v. Bockshammer, Haffner, Bant­leon, Leibbrand, Schnaidt. Untersee, Schall, Wendler, Haußmann. Mit Nein stimmen: Landauer, Härle, Baur, v. Herman, v. Gültlingen, Becher, v. Wöllwarth, v. Bautz, Ehninger (Kirchheim), Rathgeb, Pr. Ege, Wittich, Spieß, Distel. Egger, Weishaar, Bueble, Holzherr, Winter, Auer. Schürer, Rath, Ege, Gabler, Sayer, Betz, Nußbaumer, Wagner, Aldinger, Meyder, Sachs, Braitinger, Göz, Hartranft, Klaus, Nast). Abwesend: Frhr. Edmund v. Ow. Frhr. v. Ellrichshausen. Dekan Kollmann. Gock. Maurer. Leemann. Stockmayer. Brodbek. Bleyer. Gröber.

In der Kammer der Abgeordneten stand am 25. Mai Staatsbeitrag zu Er­richtung eines Kurhauses in Herre kr­all» auf der T.O. Ber.Erst. Leibbrand begründet den Komm.-Antrag auf Annahme, indem er auf die fortwährend wachsende Bedeutung von Herrenalb hinweist. Becher spricht gegen, v. Luz, Hartranft, St.M. von Renner für Verwilligung; folgt Ehninger, dann St.M. v. Schmid und Leibbrand. Die außerordentl. Exi­genz von 15000 wird schließ­lich mit 42 gegen 33 Stimmen angenommen. Ja: Frhr. Edmund v. Ow. v. Wolfs. Frhr. v. Stetten. Abel. Landauer. Frhr. Wilh. König. Ebner. Frhr. Rich. König. Frhr. v. Ellrichs­hausen. Frhr. v. Herman. Dentler. Probst. Prälat v. Georgii. v. Weber. Prälat v. Lang. Ratgeb. Prälat v. Merz. v. Hofacker, v. Luz. Prälat v. Schmid. Wittich. Domkapitular v. Rieß. Spieß. Kanzler v. Rümelin. Distel. Eggmann. Haug. Zipperlen. Vogler. Bueble. Schürer. Schoffer. v. Schmid. Uhl. Sayer. Betz. Haffner. Bantleon. Leemann. Leibbrand. Sachs. Hartranft. Nein: Frhr. v. Bautz. Stälin. v. Schad. Härle. Baur. Frhr. v. Gültlingen. Becher. Frhr. Hans v. Ow. Haigold. Frhr. v. Seckendorf. Ehninger von Kirchheim. Prälat v. Ege. Dekan Kollmann. Bühler. Egger. Weishaar. Holzherr. Winter. Auer. Rath. Ege. Ehninger von Tutt­lingen. Gabler, v. Bockshammer. Wag­ner. Schnaidt. Aldinger. Meyder. Stock­mayer. Untersee. Braitinger. Göz. Klaus. Haußmann. Abwesend: Frhr. v. Gemm- ingen. Egelhaaf. Frhr. v. Wöllwarth. Prälat v. Lechler. Frhr. v. Mittnacht. Gock. Rapp. Nußbaumer. Maurer, v. Schall. Nast. Brodbek. Wendler. Bleyer. Gröber.