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Ausland
Die bisherigen Feierlichkeiten zur Eröffnung der Weltausstellung in Paris und zu Ehren des hundertjährigen Jubeltags der französischen Revolution sind vorerst gut verlaufen, so daß sich die Franzosen ganz den Festfreuden hinzugeben scheinen.
Paris, 5. Mai. Als der Präsident Carnot heute mittag 12 Uhr in einem geschlossenen Wagen den Elysoe-Palast verließ, um sich zur Teilnahme an der hundertjährigen Erinnerungsfeier an das Zusammentreten der Generalstaaten nach Versailles zu begeben, wurde von einem dem Palais gegenüber auf dem Trottoir stehenden, anscheinend dem Arbeiterstande angehörigen Menschen ein Revolverschuß aus den Wagen abgefeuert. Es scheint Niemand verletzt worden zu sein, da der Wagen, ohne anzuhalten, seinen Weg fortsetzte. Der Thäter wurde sofort verhaftet und konnte nur mit Mühe vor Mißhandlungen durch die vor dem Palais versammelte Menge, welche Hochrufe auf Carnot ausbrachte, geschützt werden.
(F- I.) ^
Portugal. Der katholische Kongreß in Oporto verlangte einer Lissaboner Meldung der „Magdb. Ztg." zufolge, die Schließung der protestantischen Kirchen in Portugal.
Miszellen.
Km Mühlenleich.
Erzählung von Marc. Boyen- (Fortsetzung.)
Höher und höher stieg das Wasser, jetzt drang es mit unheilvollem Rauschen über die Brüstung der zertrümmerten Fenster und füllte in wenig Augenblicken das Zimmer, daß Marie vom Bette des Vaters auffuhr und die ganze Gefahr ihrer Lage ihr klar wurde. Wir wollen den Vater hinaustragen in meine Kammer", rief Marie.
Die Mutter schwankte dahin, um die Thür zu öffnen, welche die in das obere Stockwerk führende Treppe abschloß, allein es war unmöglich diese zu öffnen. Hatte die Magd in der Hast des Forteilens dieselbe verschlossen, oder leistete das steigende Wasser allein diesen ungewohnten Widerstand, es gelang nicht, den Zugang Ver Treppe und damit zu dem oberen Stockwerk zu gewinnen. „Laß uns versuchen, einen der vor dem Hause stehenden Bäume zum Fenster hinaus zu erreichen", sprach die Mutter endlich, als in dem Zimmer die Bänke und Stühle zu schwimmen ansiengen.
Mit wildem Blick sah das Mädchen zu ihr hin. „Laß mich hier beim Vater, Mutter", sagte sie, „ich trage kein Verlangen nach dem Leben."
„Wenn Du so sprichst. Marie", rief die Müllerin, „duck ich hier vor Deinen Augen ins Wasser, bis ich hin bin; laß uns nicht so gottlose Reden führen", bat sie mit sanfterer Stimme, „wir schulden Gott unser Leben und sollen es nicht gering achten, komm laß uns versuchen, wie wir uns helfen können; Kind, liebes Kind, denk nur, wenn Du hier vor meinen
Augen zu Grunde giengest? soll ich denn alles verlieren, was ich geliebt habe?"
Mühsam gelang es den Frauen auf der überfluteten Fensterbrüstung Platz zum Stehen zu gewinnen; ach die Zweige der Bäumen reichten nicht weit genug zu ihnen hin, um sich ihnen anvertrauen zu können; die einzige Möglichkeit einer Rettung bot sich durch die abgesplitterte Hälfte der vom Blitz getroffenen Ulme, deren Sturz das Fenster zertrümmert hatte. Auf dieser unsicher schwankenden Brücke sollte Marie zuerst versuchen, den noch feststehenden Teil des Stammes zu erreichen und die Mutter wollte ihr folgen.
Noch einen heißen Blick warf Marie in das Zimmer, in welchem sie den Vater inmitten der gurgelnden Fluten zurüälassen sollte, dann wagte sie den ersten Schritt. „Mutter", rief sie jetzt, „ich höre einen Zuruf, wir werden Hilfe bekommen." Unter der Fensterbrüstung löste sich ein Teil der Wand des Hauses, angstvoll schrie das Mädchen auf, sie schritt auf der gefährlichen Bahn entschlossen vorwärts, dann griff sie mit den Händen in das Gewirr der durcheinander liegenden Aeste und wandte sich zurück, um der Mutter behilflich zu sein.
In diesem Augenblick schoß die Spitze eines kleinen Kahnes an der Wand des Hauses zwischen diesem und dem Baum dahin, ein Mann stand aufrecht darin, sein graues Haar flatterte in dem Sturmwind und sein Gesicht war totenbleich. „Christine!" schrie er, als er die Frau erblickte, welche in der Fensterbrüstung lehnte, „o Gott sei Dank, daß ich Dich am Leben finde." Er streckte seinen Arm nach der Müllerin aus, während der Nachen unter den Stößen des anstürmenden Wassers erzitterte.
„Nimm das Kind, Friede!", rief die Frau angstvoll, „erbarm' Dich um das junge Leben dort; sieh der Baum ist wankend, jeden Augenblick kann sie dahin sein."
„Dich will ich zuerst haben Christine", schrie der Oberhofbauer, „steige in den Kahn, jeder Augenblick kann uns alle verderben. „Friede!, erbarm' Dich! laß mich hingehen, was liegt daran, rette Dir deine Braut, Friedel."
„Ich Hab' im Herzen nur einmal eine Braut gehabt", rief der Bauer heiser, „und das bist allezeit Du gewesen." Er bog sich vor und riß die Widerstrebende in den winzigen Kahn, der fast umschlug, als der Körper der Frau hineingezogen wurde. Einen langen Blick warf Friedel auf die bewußtlos nicdergesnnkene Müllerin, dann wandte er seine Augen zu der Ulme, in deren Zweigen Marie sich aufrecht hielt. „Halt aus Mädchen", rief er ihr zu, „ich komme zur rechten Zeit dich holen."
Mit wilder Freude sah das Mädchen dem fortschießenden Kahne nach. Nun stand sie allein und verlassen über der tosenden Wasserfläche, sie wußte es wohl, sie hatte nicht nötig, sich selbst den Tod zu geben, bald würde dieser allbarmherzige Tröster bei ihr sein, um sie in seine schützenden Arme zu nehmen. Sie fühlte immer deutlicher das Senken des zerstörten Stammes, schon umspülte die Flut von neuem ihre Füße, da kam ein von den schäumenden
Wassern fortgerissenes Brett daher geschossen, mit hartem Anprall gegen den Baum treffend und den letzten Zusammenhang desselben lösend, mit einem großen Gewirr von Zweigen und Aesten zusammen stürzte das Mädchen, ohne einen Laut von sich zu geben in die gellen Fluten, welche sie mit rasender Eile snt- rissen. —
(Fortsetzung folgt.)
Gute Kameradschaft bis zum Tode hat der einstige hanöverische Kavallerist Oslob gehalten. In der Schlacht bei Langensalza 1866 erhielt er einen furchtbaren Kopfhieb und war in Gefahr, zu verbluten; neben ihm lag ein preußischer Landwehrmann Fritz Grothe; der nahm sich des Feindes an, verband ihn notdürftig und rettete ihm das dahinrinnende Leben. Das vergaß er seinem Retter, der ein Schlossergeselle in Berlin war, niemals; er half ihm oft aus großer Not und als er kürzlich in Wiesbaden starb, setzte er ihn zu seinem Erben ein. „Nur einen Stein auf mein Grab setze mir und deinen Namen darauf." bat er.
Gemeinnütziges.
^Verwendung der Sägespäne zur Düng- ung.j Die Sägespüne können in verschiedener Form zur Feld- und Wiesendüngung verwendet werden. Häufig werden sie, wie die „Deutsche landw. Presse" anführt, als Streumaterial, namentlich für das Rindvieh benutzt. Als solches eignen sie sich nach Erfahrungen vortrefflich, besonders, wenn sie nicht ausschließlich, sondern neben Stroh zur Anwendung gelangen. Weil die Sägespäne oie Jauche und die im Koth enthaltene Flüssigkeit leicht festhalten, wird nicht nur die Reinhaltung des Viehes sehr erleichtert, sondern es wird auch aus ersterem Grunde ein Dünger erzielt, welcher alle für ein kräftiges Gedeihen der Kulturpflanzen erforderlichen Nährstoffe enthält, was bei Stalldünger, welchem die in besonders reichlicher Menge in der Jauche enthaltenen Pflanzennährstoffe fehlen, nicht der Fall ist. Sägmehldünger zeigt, wie ich noch zu bemerken Gelegenheit hatte, eine etwas langsame aber nachhaltige Wirkung, er ist besonders für humusarme Böden, also für schwere Thon- und Sandböden zu empfehlen. Selbstverständlich muß derselbe wie jeder andere Dünger auf der Düngerstätte sorgfältig behandelt und vor Verlusten geschützt werden. Häufig wird aus Sägespänen Kompost bereitet. Zu diesem Zwecke empfiehlt es sich, dieselben mit Erde und allerlei leicht verwesenden und die Verwesung befördernden Stoffen, namentlich gebrannten Kalk, zu mischen und in nicht zu große Komposthaufen zu bringen, welch häufig mit Jauche begossen und von Zeit zu Zeit umgestochen werden müssen. Das Verbrennen der Sägespäne und die Verwendung der Asche zur Düngung empfiehlt sich deshalb nicht, weil die Sägespäne nM wenig Asche liefern und dieselbe verhältnismäßig arm an wichtigen festen Pflanze»- Nährstoffen ist.
Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Me eh in Neuenbürg.