Kronik.

Deutschland.

Als Geschenk angesiedelter Deutscher in Texas für den deutschen Kaiser hat Os­wald Ottendorfer, der Herausgeber der Newyorker Staatszeitung, 23 prachtvolle Mustangs (mexikanische Pferde) verschiffen lassen.

Augsburg, 29. März. Die hier weilenden Württemberger, deren Zahl mehr als 1000 betragen dürfte, wollen das 25jährige Regierungs-Jubiläum ihres Landesvaters nicht vorübergehen lassen, ohne auch ihrerseits bei dieser Gelegenheit ihre Anhänglichkeit an ihre Heimat zu bezeugen. Zu diesem Behufe trat ein Komite zusammen. (S M.)

Frankfurt, 30. März. Gestern abend fand ein hiesiger Kaufmann sein Dienstmädchen tot auf dem Bett liegend. Neben dem Bett stand ein Gefäß mit Cyankali, welches mit einem Hammer zer­schlagen und aus welchem ein Teil des Giftes in einem Glas Wasser aufgelöst, von dem Mädchen getrunken war. Die Verstorbene war im Februar in ihrer Heimat gewesen. wo eine Diptheritis- Epidemie herrschte; gleich nach ihrer Rück­kehr erkrankten die drei Kinder ihres Dienst- Herrn an Diphteritis und starben in kurzer Zeit. Das Mädchen hat nun geglaubt, daß es diese Krankheit aus seiner Heimat mit hierher verschleppt habe und sich so an dem Tode der Kinder schuldig gewähnt. Aus einem hinterlassenen Zettel geht auch hervor, daß die Unglückliche freiwillig aus dem Leben scheiden wolle, da ihr der Tod der Kinder zu nahe gegangen sei.

Die Badische Anilin- und Soda­fabrik teilt durch Rundschreiben mit. daß sie vom 31. März d. I. ab ihr Verkaufs­geschäft in Stuttgart nach Ludwigs­hafen a. Rh. verlegt. Zugleich wird darauf aufmerksam gemacht, daß das Stutt­garter Geschäft, in welchem die Darstellung von Piqmentfarben aller Art betrieben wird, an die mit 1. April d. I. ins Leben tretende offene Gesellschaft G. Siegle u. Co. verkauft wurde. Die Firma G. Siegle u. Co. wird sich der Herstellung der in der Stuttgarter Fabrik seither erzeugten Farben, wie Karmin, Zinnober, bunte Farben aller Art für Buch- und Stein­druck, Malerei, Papier-, Buntpapier- und Tapetenfabrikation, Zeugdruck re. widmen.

Württemberg.

Oberregierungsrat Häberlen, Kanz­leidirektor im Ministerium des Innern, ist vom 1. April ab zum Zivilvorsitzenden der kgl. Oberersatzkommission im Bezirk der 52. Jnfanteriebrigade bestellt worden.

Hall, 31. März. Die hiesige Frei­maurerloge zu den 7 Burgen, die im Stillen da und dort namhafte Unterstütz­ungen an Bedürftige verabreicht, hat auch heute wieder den am nächsten Sonntag zu konfirmierenden ärmeren Kindern eine schöne Geldspende zugewendet. Außerdem wurden durch öffentliche Sammlung, so­wie durch die Armenkasse den armen Kon­firmanden bedeutende Unterstützungen zu Teil.

Gmünd, 28. März. DerGrenzer" schreibt : Die Verhaftung von Emailleur

S. hier hat die gefängliche Einziehung seiner Ehefrau nach sich gezogen; es sind bereits beide an die Staatsanwaltschaft nach Ellwangen abgeliefert worden; die­selben stehen im Berdach, von Goldarbeitern in Pforzheim gestohlene Goldschnipfel ge­kauft zu haben. Vom letzten Halbjahr sind 4500 M. nachgewiesen, von deren Erwerb keine Belege vorliegen. Emailleur S., der ein großes Haus machte, gesteht übrigens nicht ein, sondern behauptet, einen Schatz von alten Silbermünzen in seinem erkauften Hause gefunden zu haben. Die vielen Verhaftungen in Pforzheim werden bald mehr Licht auf diese dunkle Geschichte werfen.

Ravensburg, 31. März. Die Holzpreise haben in unserer Gegend eine Höhe erreicht, wie man es hier nicht ge­wohnt ist; sie betragen durchschnittlich ein Fünftel mehr als in den letzten Jahren. Tannenholz wird namentlich von den Papierfabriken in großen Mengen auf­gekauft.

Lieben zell, 29. März. Gestern abenv wurde der letzte Wintervortrag in unserem Bildungsverein von Helfer Dr. Salzmann, der denselben vor mehreren Jahren ins Leben gerufen hatte, gehalten. Neben den regelmäßigen Erörterungs­abenden kamen im Laufe des Winters folgende Themen, die ausschließlich vom Gründer des Vereins besprochen wurden, an die Reihe. Zuerst wurden unter Be­nützung eines von der Zentralstelle für Gewerbe und Handel gütigst zur Ver­fügung gestellten Skioptikons mit pracht­vollen beweglichen Glasbildern die wichtig­sten Vorgänge in unserem Sonnensystem, Kreislauf der Planeten, Finsternisse, Ko­meten u. dgl. behandelt. Dann folgten zwei Vorträge über dasReisen", im ersten wurden die Beförderungsmittel in großen Städten, im andern einige Wandel­bilder aus dem modernen Weltverkehr (Blitzzug. Gotthardtunnel, Klettermaschine u. s. w.) besprochen. Daran schloffen sich zwei Vortrüge über Abraham a Santa Clara und als Gegenstück dazu Züge aus dem Leben und Wirken des I. F. Flattich.

(S. M.,

Neuenbürg, I. April. In vori­ger Woche wurde der Winterkurs der ge­werblichen Fortbildungsschule mit einer Prüfung durch Hrn. Neallehrer Rivin- ius geschloffen. Das Ergebnis soll ein befriedigendes sein. Dies will schon etwas heißen, wenn man die Verschiedenartigkeit der diesen Unterricht genießenden Kapaci- tälen in Betracht zieht.

M'ZM'ii.

Drei

Methoden der Lieöes-Krktärrmg.

Humoreske von A. von Winterfeld.

(Fortsetzung.;

Die Zofe entfernte sich und kam nach wenigen Minuten mit lächelndem Gesicht zurück.Es ist nicht der Graf, gnädige Frau", rapportierte sie,es ist die kühne That, die sich ein wenig Courage getrunken zu haben scheint.Mein Cousin?" Ganz recht; ich habe ihn eintreten lassen." Das hättest Du nicht thun sollen, Auguste; an den beiden Anderen liegt

mir. gar nichts, ich habe mein Augenmerk nur auf ihn allein gerichtet." Das Mädchen dachte einige Augenblicke nach. Aber, er wird Sie doch wahrscheinlich entführen wollen, gnädige Frau", sagte sie dann;was machen wir dann mit ihm?»

Was Du willst; laß mich nichts weiter von dem Gecken hören."Ex muß doch aber sein System probieren, gnädige Frau."Mag er das thu», an wem er will, nur nicht an mir." - Im Antlitz der Zofe glänzte es pßH auf.Erlauben mir die gnädige FM. ihn zu bestrafen ... auf eine unschuldige Art?"Meinetwegen", entgegnete diese ungeduldig,nur schaffe ihn aus dm Hause." Nach wenigen Minute» kam das Mädchen zurück und erzählte, daß ! Herr von Panten sie bestochen habe, damit , sie ihm bei der Entführung der gnädigen > Frau behilflich sein solle. Diese wollte eben nach dem weiteren Verlauf der Sache fragen, als es abermals klingelte. Auguste eilte, zu öffnen und kam mit dem Bescheide zurück, der Herr Graf Dornburg wünsche seine Aufwartung zu machen. Frau von Seeberg holte tief Atem; dann richtete sie sich stolz empor.Laß ihn eintreten, Auguste!" Diese führte den neuen An­kömmling in das Empfangszimmer und einige Minuten später begab sich Frau von Seeberg ebenfalls dorthin.

Welch sonderbare Idee, Herr Graf, für eine Viertelstunde zu entfliehen", em- pfieng sie ihren Gast mit liebenswürdigem Lächeln, indem sie auf dem Kanapee Platz nahm und Jenen durch eine Handbewegung einlud, sich ebenfalls zu setzen. Der Gras blieb aber stehen, drehte verlegen den blanken Cylinder zwischen den feinbehand- schuhten Händen, schlug die Augen zu Boden und schien mit einem schweren Entschlüsse zu kämpfen. Frau von Seeberg betrachtete ihn mit feinem, etwas schaden­frohem Lächeln. Endlich schien Dornburg die innere Furcht niedergekämpft zu haben, denn seine Gestalt richtete sich auf, der Kopf hob sich, das Auge versuchte einen freien, beinahe kühnen Blick und die Lippen bewegten sich wie im stillen Präludieren einer in Aussicht stehenden Rede.

Aber, weshalb setzen Sie sich denn nicht, Herr Graf", fragte in diesem Moment die junge Witwe mit liebenswürdigem Lächeln;Sie sehen ja aus, als wenn Sie eine Erklärung auf dem Herzen ! hätten." Dornburg zuckte zusammen, j gewann aber bald seine Selbstbeherrschung wieder.Die Sache scheint günstig", dachte er;sie schlägt das Thema selber an; wir wollen sofort darauf eingehen." ^

Dann folgte er einer abermaligen ein­ladenden Handbewegung zum Sitzen und ließ sich auf einem Fauteuil nieder, der dicht neben dem Kanapee stand, so daß ec im entscheidenden Moment die Hand der Frau von Seeberg ergreifen konnte. Nach­dem er noch einige Male unschlüssig hin und hergerückt, gab er sich wieder eine» innern Ruck, hob den gesenkten Kopf und , richtete die Augen starr auf den Gegen , stand seiner Liebe.

(Fortsetzung folgt.;

Mt einer Scilage.

Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Me eh in Neuenbürg.