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Kronik.

Deutschland.

Berlin. 25. März. Prinz Karl von Schweden und Norwegen ist gestern abend hier eingetroffen und im Gebäude der hiesigen schwedischen Gesandschaft ab- gestiegen.

Berlin, 26. März. v. Varn- bülers Tod erregt im Reichstag, wo der Verstorbene von früher allgemein bekannt und beliebt war, große Teilnahme.

Berlin. 24. März. Die Frage der Ersetzung des Sozialistengesetzes durch gemeinrechtliche Bestimmungen unterliegt zur Zeit der Beratung des Bundesrates. Es heißt, daß an Stelle des Sozialisten- gesetzes die W 130 und 131 des Straf­gesetzbuches und § 23,3 des Preßgesetzes eine entsprechende Verschärfung erhalten solle». Die in Frage kommenden Para­graphen des Strafgesetzes betreffen die Vergehen wider die öffentliche Ordnung.

Der Großherzog und die Groß­herzogin von Baden werden heute Montag nachmittag mit ihrem Gefolge Berlin verlassen und sich auf einige Wochen direkt nach Schweden begeben.

Köln, 25. März. In der Nacht von Samstag ans Sonntag wurde der Maschinenschuppen der Bergisch-Märkischen Eisenbahn in Deutz vom Feuer ergriffen und nebst den anliegenden Werkstätten zer­stört. Die Deutzer freiwillige Feuerwehr und die Kölner Berufswehr vermochten nicht durchzugreisen, da der Wasserturm einstürzte nnd infolge dessen das Wasser mangelte. Mehrere Feuerwehrleute wur­den verletzt, einer darunter schwer.

Metz, 25. März. Bei der gestrigen Gemeinderatswahl in Ars erhielten 5 Alt­deutsche die meisten Stimmen.

Karlsruhe, 26. März. Dem Stadt­rat ist mitgeteilt worden, daß seitens einiger Gemeinden die Anlage einer Straben- dampfbahn Karlsruh e-Grünwetters- bach - Langensteinbach -Herrenalb ange­strebt werde. Vertreter der betr. badischen und württembergischen Gemeinden waren in voriger Woche in Langensteinbach ver­sammelt und haben beschlossen, den hiesigen Stadtrat zu ersuchen, daß derselbe das Bauterrain hinsichtlich der Ausführbarkeit des Planes durch einen Techniker unter­suchen lassen möge. Von Seiten der be­teiligten Gemeinden würde das nötige Ge­lände unentgeltlich abgetreten werden.

(S. M.)

Württemberg.

S r u t t g a r t, 24. März. Die neuesten Nachrichten aus Nizza lassen erkennen, daß der König von seiner jüngsten katarrh­alischen Erkrankung sich wieder völlig er­holt hat und sein Befinden befriedigend ist. Um die Osteszeit gedenkt das Königs­paar in die hiesige Residenz, wo die Vor­bereitungen zum Regierungsjubiläum be­reits in vollem Gange sind, zurückzukehren Von hier aus sind Besuche in Bebenhausen und Friedrichshafen geplant.

Stuttgart, 26. März. Aus Berlin erhalten wir die Trauerkunde von dem Hinscheiden des württemb. Staatsministers Frhrn. v. Barnbüler. Er war in der vollen Rüstigkeit, welche auch sein hohes

Alter auszeichnete, dorthin gereist, wo seine Tochter, die Witwe des früheren württ. Gesandten, Frhrn. v. Spitzemberg, wohnt. Er wurde in Berlin plötzlich vou schwerer Krankheit ergriffen, der er nach kurzem Krankenlager heute den 26. März, vor­mittags 11 Uhr, erlag. Barnbüler hat als Abgeordneter zur württ. Kammer, zum Zollparlament und Reichstag, als württ. leitender Minister in der ereignisvollen Zeit von 1864 bis 1870, als Politiker, Volkswirt und Staatsmann bedeutend in die Geschicke seiner engeren Heimat wie Deutschlands eingegriffen.

Stuttgart, 26. März. Betreffs der diesjährigen Rekruten-Einstellung und Re­servenentlassung wird uns Nachstehendes mitgeteilt: Die Einstellung der Rekruten zum Dienst mit der Waffe erfolgt bei der Kavallerie am 1. Oktober, bei allen andern Truppenteilen des Kgl. Armeekorps am 5. November. Die als Oekonomiehand- werker und als Krankenwärter ausge­hobenen Rekruten werden am 1. Oktober, die Trainsoldaten für den Frühjahrs­termin am I. Mai k. I. eingestellt. Die Entlassung der Reserve bezw. der nach 2jähriger Dienstzeit zur Disposition der Truppenteile zu beurlaubenden Mann­schaften findet bei denjenigen Truppen­teilen, welche an den Herbstübungen teil­nehmen , am 2. Tage nach dem Wieder­eintreffen in den Garnisonen statt. Die Entlassung der ausgedienten Leute des Fuß-Art.-Bat. Nr. 13 findet an demselben Tage wie bei der Infanterie der Garnison Ulm statt, für alle übrigen Truppenteile ist der 30. September der späteste Ent- laffungstag. Die zu halbjähriger aktiver Dienstzeit im Mai bezw. November d. I. zur Einstellung gelangenden Trainsoldaten werden am 31. Oktober d. I. bezw. am 30. April 1890, die Oekonomiehandwerker am 28., die Militäranwärter, Militärbäcker und die Mannschaften der Bezirkskomman­dos am 30. Sept. entlassen. (S. M.)

Der Neckar ist wieder im Steigen begriffen, hat aber die Höhe von Freitag nachmittag (stark 2 m am Pegel in Cann­statt) noch nicht erreicht. Alle Zeichen deuten darauf hin, daß wir für dieses Frühjahr einen Anprall der Wasser aus den Höhen des Schwarzwaldes und der Alb nicht zu befürchten haben werden.

(S. M.i

Rottweil, 25. März. Heute mittag starb infolge der am 1l. ds. Mts. er­littenen Verbrennung der 4. der verun­glückten Pulverarbeiter, Leopold Winzen- ried von Neusra.

Backnang, 25. März. Ein junger Mensch, der in einer hiesigen Lederfabrik angestellt ist, band in seiner Freistunde eine Schnur an den Riemen einer Trans­mission, um zu sehen, wie diese hin und hergezogen wurde. Plötzlich wurden seine Finger ergriffen, zwei derselben vollständig herausgeriffen, der Oberarm 3mal ge­brochen and bis zur Wurzel beinahe ganz ausgerissen, ehe die Maschine gestellt werden konnte. Er liegt nun im Kranken­haus und der Arm wird wohl abgenommen werden müssen, falls hiezu überhaupt die Kräfte des Kranken ausreichen. (S. M.)

Vom Hohenlohes chen, 23. März. Es hat den Anschein, als ob die Heils­

armee ihre Bekehrungsversuche auch in unsere Gegend verpflanzen wollte. Heute läuft als Vortrab die Post der Heilsarmee in Crailsheim alle Häuser ab und bietet Traktate über angebliche große Bekehr­ungen in Großaspach pr. Stück zu lO Pfg. aus. Wir begehren diese Eindringlinge gar nicht. (W. L.-Ztg.)

Alten steig, 23. März. Gestern Abend fand eine Versammlung des hiesige,, Gewerbevereins in der Traube statt, bei welcher Stadtpfarrcr Hetterich einen zwei­stündigen Vortrag über die Bedeutung von Personennamen hielt. Der Redner erkärte in ansprechender und mit Humor gewürzter Rede den Ursprung und die Ableitung vieler Familien- und Vornamen und erntete hiefür den Dank der zahlreich anwesenden Zuhörerschaft.

Liebenzell, 23. März. Gesten, am Geburtstag unseres unvergeßlichen Kaisers Wilhelm gab der Kirchenchor Liebenzell in dem freundlichst zur Ve> fügung gestellten geräumigen Rathaussaalr eine Abendunterhaltung durch Aufführung der TondichtungDornröschen" von Karl Reinecke. Die überaus feinsinnigen, aber wegen ihren ungewöhnlichen Harmonien­folgen nicht leichten Chöre, über welche der ganze Glanz der Märchenwelt ans­gegossen ist, kamen zu guter Geltung, nicht minder die innigen, schwungvolle» Arien und Duette, obwohl sie an die Stimmmittel der Vortragenden und ihr musikalisches Können ziemlich bedeutende Anforderungen machen. (S. M.)

Neuenbürg, 27. März. Gestern fand hier ein städtischer Holzverkauf statt. Es handelte sich um einen außerordent­lichen Holzhieb von zusammen 688 St. Tannen-Stammholz auf der Mißebene, welcher im Wege des schriftlichen Aufstreichs zum Ausbot kam. Es kamen zus. 16 Offerte von im Bezirk seßhaften Holz- Händlern und solchen von Pforzheim, Brötzingen und Langenalb ein. Lose waren es 22 mit zusammen 1784 Festmeter, für welche ein Durchschnittserlös von 112,4 des Revierpreises erzielt wurde. Das höchste Gebot war 12l °/o. Ein recht günstiger Abschluß für die Stadtkasse.

Ausland.

Paris, 24. März. Die Hoffnung, daß man die Akten über den Exdeputierten Antoine schließen und diesen Mann der Vergessenheit übergeben könne, hat sich nicht erfüllt, da sich wahrhaftig Leute ge­funden haben, die ihn als politischen Stoß­vogel benutzen wollen Die nächste Wirk­ung der Thätigkeit dieses unvergleichlichen Mannes ist die, daß wir zu den bereits vorhandenen politischen Parteien noch eine dazu bekommen haben. DenDörou- ledisten" treten jetzt dieAntoinisten" gegenüber. Da nun, wie sattsam bekannt, Antoine ein wunderlicher Heiliger ist, ff werden es auch dieAntoinisten", die Brü­der vom Orden dieses Heiligen Antonin» an Wunderlichkeit nicht fehlen lassen, und den auswärtigen Besuchern der Weltaus­stellung wird es somit an angenehmer spaßhafter Unterhaltung nicht fehlen.

Mit einer Neil«,«.

Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Meeh in Neuenbürg.