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macht es populär und sieht hübsch schneidig aus." Aber der Krug gieng so lange zum Wasser, bis er endlich brach. Die Fran­zosen werden jetzt von der deutschen Politik nicht mehr als vornehmer organisierte und höher begabte Lebewesen behandelt, an deren Gunst etwas gelegen, sondern ein­fach wie Leute, auf deren Wohlwollen oder Uebelwollen es uns durchaus nicht an­kommt. Die anständigen Leute in Frank­reich haben ein feines Verständnis für diese Wandlung in der politischen Tem­peratur, und wenn es nach ihrem Willen gienge, so würden wir aus diesem überaus unbehaglichen Zustande unter dem Gefrier­punkte bald wieder in ein behaglicheres Klima gelangen. Aber leider haben die anständigen und verständigen Leute in Frankreich unter der Ochlokratie, die dort gegenwärtig herrscht, gar nichts zu sagen. Merkwürdiges Verhältnis! Für jeden wirk­lichen Kenner der französischen Verhältnisse steht die Thatsache fest, daß die Mehrzahl der Franzosen friedliebend und anständig ist. Insofern ist Frankreich also gewiß kein wildes Land. Aber anderseits steht auch für jeden wirklichen Kenner der fran­zösischen Verhältnisse die Thatsache fest, daß die anständige und friedliebende Mehr­zahl der Franzosen von der chauvinistischen, aus meistens eigennützigen Motiven zum Kriege und zur Hetze gegen die Fremden, insbesondere die Deutschen schürenden Min­derzahl so gründlich niedergebrüllt wird, daß der Zuhörer aus diesem Wircsal von Tönen fast nur die unharmonischen her­aushört.

(Schluß folgt.)

Württemberg.

Stuttgart, 28. Oktbr. (Bären­kampf.) Trotz eindringlichster Mahnungen zur Vorsicht, begab sich heute früh ein Knecht im Nill'jchen Tiergarten in den Zwinger des Malayen-Bären. Wie schon zum öfteren hatte auch diesmal der Knecht unterlassen, das Tier in das besondere Käfig einzuschließen, vertrauend darauf, daß der Malayen-Bär ein gutmütiges Ge­schöpf sei und mit seinem Wärter auf freundschaftlichem Fuße lebe. Allein kaum hatte der Knecht den Zwinger betreten, so wurde er von dem Bären angegriffen und derart überwältigt, daß der Knecht in den Wasserbehälter zu liegen kam. Wehrlos, wie er in dieser Lage war, er konnte weder fliehen, noch sich erheben, noch sich zur Wehre setzen, blieb ihm nichts übrig, als durchdringende Hilferufe auszustoßen. Der Gartenbesitzer und seine Gehilfen waren augenblicklich zur Stelle; aber nur durch wuchtige Hiebe mit Knütteln und eisernen Stangen gelang es, den Büren, der sich über den Wärter hergemacht, von diesem loszubringen. Als der Knecht von seinem Angreifer befreit war, stellte es sich her­aus, daß er sich nicht zu erheben ver­mochte; eine nähere Untersuchung ergab, daß der Bär ihm die rechte Wade, die rechte Hand durchgebiffen und unter dem rechten Auge eine Schärfung beigebracht hatte. Die Wunden sind schmerzhaft und langwierig zu heilen, aber allem Anscheine nach nicht bedenklich. Der Knecht wurde ins Katharinenhospital verbracht.

(S. M.)

Stuttgart. (Neues im Landes-G- werbemuseum.) Eine Kollektion Werkzeuge für Küfer, und zwar: ein Gargelkamm mit viereckigem Anschlag, ein desgl. mit Anschlag und Halbmond, ein Gargelhobel mit Messingsohle, ein desgl. mit Holz­sohle, ein Gargelreißer, ein Thürenreißer für alle Größen, ein Einschneidhobel zum Verstellen, ein Profilhobel mit Ovalwerk, ein Halshobel (Rundhobel) für Fässer mit 24 em Durchmesser mit Halbmond, zwei Rundhobel für Kübel (mit und ohne Nase), ein Bodenhobel, ein Gußhobel, ein Broh- hobel zum Verstellen, ein Duubenaushobel mit Nase, ein desgl. mit Griff, ein Aus­reibbohrer mit verstellbarem Messer, ein Endhobel, ein Fayonhobel für Faßköpfe, ein Visierstab, ein verstellbarer Spitzzirkel (4 Zirkel), ein Küferrakel, ein Reithacken, ein Knospenhacken, ein Gehrmodel, eine Bodenschraube, ein Diebelstock, montiert, ein Muster von einem Fagonhobel für Faßköpse, ein desgl. von einem Gargel­hobel ; sämtlich von der Werkzeugfabrik von F. A. Lachapelle Söhne in Straß­burg i./E.

Göppingen, 26. Okt. Die Amts­versammlung hat in ihrer heutigen Sitz­ung zu der im nächsten Jahr stattfindenden Feier des Regierungsjubiläums Seiner Majestät des Königs Karl 6000 ^ bewilligt.

Knittlingen, 20. Okt. Während im vorigen Jahre die Tabakskäufer unheim­lich lange aus sich warten ließen, fahren und laufen sie dieses Jahr um die Wette, noch lange ehe der Tabak zum Abhängen reif ist. In einzelnen Gemeinden, wie z. B. in Oelbronn, ist der Tabak voll­ständig verkauft; hier ein großer Teil. Die Preise bewegen sich zwischen 2528 ^ pr. Zentner.

Ausland.

Paris, 27. Okt. Eine Boulangisten- Versammlung im Wagram-Saale wurde gestern durch Antiboulangisten gewaltsam gesprengt. Der Boulangist Lullier, ehe­maliges Kommunemitglied, feuerte Re­volverschüsse ab und wurde darauf schwer mißhandelt. Zahlreiche Teilnehmer der Versammlung wurden verwundet.

(S. M.)

* Zwischen Nordamerika und Eng­land droht ein anscheinend nicht unbe­denklicher Konflikt. Der englische Gesandte in Washington, Mr. Sackville, soll sich in einem privaten Briefe dahin geäußert haben, daß die in Nordamerika wohnenden naturalisierten Engländer für die Wieder­wahl des Präsidenten Cleveland stimmen möchten und die Presse der Vereinigten Staaten ist über diese angebliche Ein­mischung des Gesandten in amerikanische Angelegenheiten ganz außer sich. Die meisten Newyorker Blätter fordern sogar, daß die nordamerikanische Regierung dem englischen Gesandten die Pässe zustelle; auch der Staatssekretär Bayard soll sich tadelnd über das Verhalten des Gesandten ausgesprochen haben. Jedenfalls sieht die Sache nicht ganz harmlos aus, obwohl wiederum behauptet wird, es handle sich nur um einen Wahlkniff der Gegner Clevelands.

* Der erwähnte drohende Konflikt zwischen England und Nordamerika mar­

kiert sich plötzlich schärfer. Präsident Cleve­land beauftragte den amerikanischen Ge­sandten in London, dem Premier Salisbury mitzuteilen, daß das gute Einvernehmen zwischen England und Nordamerika nur durch die anderweitige Besetzung des englischen Gesandtschafts­postens in Washington gefördert werden könne. Ueber die Antwort Englands ver­lautet noch nichts.

MisMen.

(Was kosten die Kriege?) Der engli­sche Statistiker G. M. Mallhals veröffent­licht folgende interessante Zusammenstell, ung: Die napoleonischen Kriege von 1793 bis 1815 kosteten 1 900 000 Menschen­leben und 12 600 Millionen Gulden; der russisch-türkische Krieg im Jahre 1828 120 000 Menschenleben und 200 Will. Gulden; der französisch-algierische Krieg in den Jahren 18301847 110 000 Men­schenleben und 38 Mill. Gulden; die 1848er Revolution 60 000 Menschenleben und 200 Mill. Gulden; der Krimkrieg vom Jahre 18541856 485 000 Menschenleben und 340 Millionen Gulden; der österreichisch- französisch-iralienische Krieg im Jahre 1859 63 000 Menschenleben und 500 Millionen Gulden; der amerikanische Bürgerkrieg vom Jahre 18631865 650 000 Menschen­leben und 7400 Mill. Gulden; der öster­reichisch-preußische Krieg im Jahre 1866 51 000 Menschenleben und 200 Millionen Gulden. Von den letzten Kriegen, nämlich den deutsch-französischen, russisch-türkischen und bulgarisch-serbischen, sind die Daten noch nicht vollständig gesammelt. Der blutigste davon war der russisch-türkische, welcher den sichersten Schätzungen zufolge 300 000 Menschenleben kostete, der teuerste der deutsch-französische, der mehr als 15 Milliarden verschlang.

^ (Kurz und bündig.) Eine schreckliche Strafe wurde nach den Oktobertagen des Jahres 1813 den Leipziger Trödlern, die gestohlene Sachen verkauften, angedroht. Es heißt darüber in der Verordnung des russischen Stadtkommandanten vom 22. Dezember 1813:Es ist erwiesen, daß wenn Diebe für die gestohlenen Sachen keine Abnehmer finden, die Diebstähle viel seltener würden. Unter jenen Abnehmern verstehe ich auch die hier sogenannten Trödler, bei denen schon mancher Dieb seinen Absatz gefunden hat. Sollten alle vorhergegangenen Erinnerungen nochimmer fruchtlos sein, so nehme jeder Trödler, welcher sich im Ankauf gestohlener Sachen betreffen läßt, die Versicherung, oaß selber in seine Trödlerhütte gesteckt und samt seinen Effekten verbrannt werden wird."

(Großartiger Erfolg.) Haben Sie ein gutes Mittel zur Beförderung des Haar­wuchses? Hier dieser Haarbalsam ist unübertreffltch. Was kostet dieses Fläschchen? Fünf Mark. Fünf Mark? Das ist ja enorm, da stehen einem ja die Haare zu Berge. Da können Sie sehen, wie vortrefflich dies Mittel ist. Eben hatten Sie noch kein Haar auf dem Kopf, und jetzt fühlen Sie schon, wie Ihnen die Haare zu Berge stehen.

Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Me eh in Neuenbürg.