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auch ins gebührende Gedächtnis die Stra- patzen und Leiden der deutschen Armee; wie mancher, der mit ausgezogen, ist nicht mehr zurückgekehrt, wie viele schmerzliche Opfer haben sie noch später unter den Zurückgekehrten im Gefolge gehabt, wie mancher ist als Verstümmelter aus Feindesland zurückgekehrt. Redner giebt, als einer der selbst mit dabeigewesen, mitfühlenden Ausdruck in einem Wunsch und Hoch auf unfern Invaliden Andräs. — Zum würdigen Schlüsse alles dessen zieht Hr. Ferd. Schmidt eine treffende Paralelle der militärischen Geschichte vor und nach 1870. Vorher habe man sich des Heeresdienstes möglichst durch Loskauf u. dgl. zu entziehen gesucht; jetzt seit Einführung der allgemeinen Wehrpflicht und der neuen Heeres - Organisation sei es eine große Ehre, im Dienst des Vaterlandes dem Heere anzugehören. in dem Manneswürde, Ordnungsliebe und nationaler Sinn erzogen werde. Die Veteranen werden daher immer geachtet bleiben, die Helden von 1870 niemals vergessen sein. Das vom Redner den Veteranen gebrachte Hoch findet allseitig Zustimmung. — Vorträge des Liederkranzes und der Turnersänger wechselten in gewählter Textfolge mit dem allgemeinen Sang und trugen zur Verschönerung des Abends bei. Hr. Schramm hatte in dankbarer Weise auch die Klavierbegleitung übernommen. Das Instrument ward von Hrn. A. Essig freundlich zur Verfügung gestellt. — Die ganze Feier war eine des Tages würdige, sie hat die nationalen Gefühle sichtlich gehoben und gestärkt.
Der Tag von Sedan ist dem deutschen Volke der Schlußstein des glorreichen Kriegs von 1870, eine Genugthuung für erlittene Demütigungen. Die Erfolge dieses Tages danken wir unserer Einigkeit, sie hat uns eine Machtfülle gebracht, die uns befähigt, die Sondergelüste an unfern Grenzen niederzuhalten. Der Tag von Sedan soll uns mahnen, die nationale Einheit als unser höchstes Gut zu bewahren und das große Ganze über die Parteien zu stellen, dann wird er auch ein Bersöhnungstag sein.
Seid einig, einig, einig!
Stuttgart, 28. Aug. Wochenmarkt. Kartoffeln: 200 Zentner. Preis 3 bis 3 50 Pf. Pr. Ztr. — Fil ver
traut: 4000 St. Preis 15—25 per 100 St. — Mo st ob st: 600 Ztr. Preis 2 20 Pf. bis 2 ^ 80 Pf. pr. Ztr.
Schweiz.
Winterlandschaft im Sommer. Rigi-Kaltbad, 2. Sept. Hier ist seit gestern starker Schneefall bei 2" R., der Schnee liegt bereits fast Ur Fuß hoch, so daß wir eine complete Winterlandschaft haben, die bis zur Station Romiti reicht.
St. Gallen, 2. -Lept. Aus dem Unterrheinthal, dem Sitter- und Thurthal, sowie aus der Umgebung St. Gallens werden Ueberschwemmungen gemeldet.
Ausland.
Wie die „Temps" mitteilt, hat der Gemeinderat von Nizza beschlossen, daß der Square Gambelia den nächsten Winter Sr. Majestät dem König von Württemberg zur Verfügung gestellt werde.
Mi-Zille >1.
Keichtum und Käme.
Original-Novelle von Mary Dobson.
(Nachdruck verboten.)
(Fortsetzung.)
„Meine Erziehung muß doch endlich vollendet sein, Mama!" rief mit komischen Ernst die jüngste Baronesse. „Ich wenigstens fühle kein Bedürfnis mehr nach englischen und französischen Gouvernanten."
„Nach meiner Ansicht kannst Du ihrer auch füglich entbehren", erwiderte, sie lächelnd betrachtend, ihr Vetter, „und soweit ich die Sache zu beurteilen verstehe, finde ich Dich vollkommen reif zur Präsentation bei Hofe.
„Und eben so hübsch wie feingebildet!" lachte Wanda fast kindisch mutwillig. „Als Hofmann mußt Du jedenfalls kompetentes Urteil haben!"
„Du bist nicht allein so hübsch wie feingebildet, sondern auch so reizend originell, daß Du unfehlbar bei unseren höchsten Herrschaften das größte Glück machen würdest!"
„Spare Deine Ueberredungskunst, Bruno, denn ich glaube kaum, daß Du mich je darnach streben sehen wirst."
„Wanda scherzt", sagte mit einem verweisenden Blick auf diese die Baronin.
Die Unterhaltung wurde noch länger auf diese Weise fortgesetzt; Helene langweilte sich aufs höchste und glaubte vielleicht nicht ohne Grund, daß sie von den Betreffenden absichtlich angeregt worden. Sie freute sich daher, als das Mahl beendet, der Kaffee eingenommen war, und sie sich wieder nach ihrem Zimmer begeben konnte, wohin ihr bald Wanda folgte, und Beide sich zu einem Spaziergang, den sie schon am Morgen besprochen, anschickten.
Als Helene und Wanda gegangen, wandte sich die Freiherrin an ihren Neffen mit der Frage:
„Nun, Bruno, was sagst Du zu meiner Schwiegertochter? Jst's nicht traurig, daß der Name Grcifenberg für immer seinen alten Klang verloren?"
„Deine Schwiegertochter, liebe Tante, finde ich eben so schön, wie sie ja reich sein soll, allein ich beklage für Arnold diese Verbindung, da seine Frau sich nie in den Gesellschaftskreisen heimisch fühlen wird, in die er gehört. Leider aber sieht sich heutzutage der Adel so oft gezwungen, reiche bürgerliche Heiraten einzugehen, daß eine einzelne kaum noch in Betracht kommt. — Ich aber könnte jedoch eine solche Verbindung nicht schließen, schon meiner Stellung wegen nicht, auch will ich eine Frau mit altem Namen, auch wenn sie kein Vermögen besitzt!"
„Das ist wie ein Eberstorff gesprochen!" rief leuchtenden Auges die Baronin, wobei ihr nicht entging, daß der Graf einen ausdrucksvollen Blick auf ihre älteste Tochter heftete und diese sich verschämt errötend abwandte, während er fortfuhr:
„Aber liebe Tante, Ihr dürft es doch als ein Glück betrachten, daß Arnold durch diese Verbindung in den Siand gesetzt worden ist, seinen Verpflichtungen Euch gegenüber gerecht zu werden!"
„Lieber Graf", bat Freiin, ihre schlanke weiße Hand auf seinen Arm legend, „sprich nicht mit Mama oder in ihrer Gegenwart von diesen Geschäfts-Angelegenheiten. Es regen sich stets ihre Nerven auf eine gefährliche Weise auf-"
„Ich danke Dir für diesen Wink, Theodora", antwortete der Graf, ihre Hand fassend, und fügte, sich an die Freiin wendend, hinzu: „Wie ist's liebe Tante? pflegst Du Nachmittagsruhe zu halten? Sonst möchte ich Theodora bitten, mich ihr Talent bewundern zu lassen, da es zu einem Spaziergang noch zu heiß ist!"
„Nein, Bruno, ich schlafe nicht, musiziert deshalb ohne Sorgen, und laß auch uns Deine Fertigkeit bewundern, durch die Du Dir schon so viele Anerkennung erworben!"
„Mit dem größten Vergnügen", erwiderte der Graf, legte die Hand seiner Cousine in seinen Arm und führte sie zum Instrument, welches im nächsten Zimmer stand, dessen Thüren nach dem Garten hinaus weit geöffnet waren. Die Baronin indeß lehnte zufrieden lächelnd in ihrem Schaukelstuhl, denn sie glaubte sich der Gewißheit hingeben zu können, ihre älteste Tochter noch als Gräfin Eberls- torff zu sehen. Die heiße Luft wie die einförmige Beweguug ihres Sessels wirkte einschläfernd aus ihre Nerven und nach einer kurzen Weile war sie wirklich in süßen Schlummer gesunken.
(Fortsetzung folgt.)
(Mißverständnis.) Sächsischer Grenzbeamter: „Ach, Se wärn verzeih'n, mei kutestes Herrchen, Han Se vielleicht en' Baß?" — Reisender: „Thut mir leid. Ich bin Tenorist."
(Zweifellos.) Fremder (im Gespräch mit einem Weingärtner vor einer Weinkultur): „Sagen Sie 'mal, mein Lieber, was gibt es Heuer für Wein?" Bauer: ,,J' mein' alleweil — an' Achtund- achtz'ger. _ (Fl. Bl.)
(Gute Auskunft.) „Erlauben Sie, wo trinkt man hier gegenwärtig das beste Bier?" — „Hm, da thut einem die Wahl und der Bauch weh!"
Gemeinnütziges.
fDas Reifen der Bohnen zu beschleunigen.) Nach einem kalten und nassen Sommer, sowie in feuchten und nebeligen Gegenden reifen die Bohnen zum Samen oft sehr schwer. Dieses zu erleichtern, reißt man die Stöcke, wenn die Schoten gehörig groß und mit Bohnen gefüllt sind, aus der Erde, läßt sie jedoch, an den Stäben befestigt, in ihrer bisherigen Stellung, die Wurzeln auf der Erde aufgestellt, und setzt sie so der Luft und dem Sonnenscheine aus. Nach acht Tagen fallen gewöhnlich die Blätter ab und die Bohnen reifen danach schnell. Nicht allein erhält man auf diesem Wege mit Gewißheit reifen Samen, sondern die Bohnen eignen sich auch um 3—4 Wochen früher zum Gemüse und sollen sogar delikater werden. Auch kann man das Terrain früher zur Umarbeitung und Bepflanzung benutzen.
Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Meeh in Neuenbürlg.