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Familie Ihres Gatten genau kennen zu lernen, um, wenn erforderlich, für meine Person Abänderungen und Einrichtungen zu treffen. Sie empfahl sich durch eine leichte Verneigung und ward von ihrem Gemahl wieder nach ihrem Zimmer geführt, wo er sie verließ.
Nachdem Arnold, von Greifenberg seine Gemahlin verlassen, trat diese ans offene Fenster und blickte gedankenvoll in die ihr unbekannte Gegend hinaus, auf welche die heiße Junisonne ihre Strahlen herabsenkte, und in der weit und breit kein menschliches Wesen zu sehen war.
Nach einer Weile gab sie ihren Gedanken Worte und sagte halblaut:
„Nun also habe ich sie kennen gelernt, deren Familienmitglied ich geworden bin — wider meinen Willen geworden — und die so ungern mir ihren adeligen Namen geben. Gut, daß diese erste Zusammenkunft vorüber ist — es muß alles im Leben einen Anfang haben und daher auch mein Leben als Freiherrin von Greifenberg. Ob ich es bleiben — mich hier ein- gcwöhnen werde? Mein Vater verlangt cs und hat mir anbefohlen, mir die Liebe meines Gatten zu erwerben — meine Mutter hat mich aufgefordert, ein Jahr hier auszuharren — und ich — ich-"
Mit der meistens der Jugend eigenen Lebhaftigkeit und geistigen Elastizität verharrte Helene nicht lange bei diesem Gedanken, auch empfand sie das Bedürfnis sich zu beschäftigen und daher beschloß sie vorerst, ihr Zimmer nach ihrem Geschmack und ihrer Behaglichkeit auszuschmücken. Sie suchte dazu ein großes Schlüsselbund aus ihrer Reisetasche hervor, öffnete ihren Nähtisch, den sie schon in ihr Wohngemach gestellt, und begann diesen einzurichten.
Unterdes hatte sich ihr Gatte mit einem breitrandigen Strvhhut und einem Stock versehen und schritt nach den Feldern hinaus, wo die Leute an der Heuernte waren und er den Inspektor zu treffen gedachte, mit dem er in Geschäftsangelegenheiten zu sprechen hatte. Auch er dachte über die erste stattgehabte Begegnung nach und mußte diese nicht zu seiner Befriedigung ausgefallen sein, denn mehrfach runzelte er die Stirn, stand einmal sogar still, als sei er im Begriff umzukehren und freute er sich wirklich, als er den Inspektor kommen sah, der ihm als Gutsherr wichtige Mitteilungen zu machen hatte.
Auch seine Mutter und Schwester beschäftigten sich mit der eben stattgehabten Begegnung mit der jungen Herrin von Greifenberg und kaum war diese von ihrem Gatten fortgeführt, als erstere sagte:
„Nun, Kinder, wie gefällt Euch denn die neue Schwägerin? Findet ihr sie so schön, wie sie uns geschildert worden ist?"
„Keineswegs, Mama," erwiderte die kaum hübsche Theodora, „denn mein Geschmack sind einmal nicht schwarze Augen uud blonde Haare, und eine so einfache Toilette zu machen — man hätte sie fast für ihre Jungfer halten können."
„Ich finde sie sehr schön," entgegnete dagegen Wanda mit großer Lebhaftigkeit, „und gerade die schwarzen Augen sind es, die mir besonders gefallen. Was ist aber Deine Meinung, Mama?"
„Nun, ich muß sagen, ich finde sie ganz hübsch — allein mir gefällt ihr Benehmen nicht und wird sie wahrscheinlich nie die Ehre anzuerkennen wissen, die ihr durch die Verbindung mit uns zu teil geworden ist."
„Wie Arnold uns gesagt, hat sie diese Verbindung nicht gewünscht, Mama —"
„Unsinn, Kind, warum hat sie denn nicht bei der Trauung ihren Willen zu erkennen gegeben? Ihr Vater hätte sie doch nicht dazu zwingen können!"
Wanda fand kein Interesse mehr an dieser Unterhaltung, sondern begab sich nach ihrem Zimmer, um einige Musikalien zu studieren. —
Kaum war Wanda gegangen, als die Freiherrin, sich zu ihrer ältesten Tochter wendend, sagte:
„Theodora, ich fürchte, diese Helene Kranzler ist uns gefährlicher, als wir es zuvor gedacht und wir müssen möglichst jedes Alleinsein mit ihr und Arnold verhindern, daß vorerst keine Vertraulichkeit zwischen ihnen entsteht. Später, wenn ich erst seine Meinung über sie erfahren, lassen sich noch andere Maßregeln ergreifen."
„Uud wenn wir sie erst kennen gelernt, hat auch sie gewiß eine schwache Seite, die unfern Plänen günstig sein könnte."
„Dieserwegen darf auch Wanda nicht fort und werde ich es schon baldigst einleiten, daß sie mit ihrer Schwägerin, für die sie schon eine Art Passion zu empfinden scheint, vertrauter wird und ihr oft Gesellschaft leistet. — Doch nun genug davon. Stände nicht unser alter Name auf dem Spiel, ich würde mich um Arnolds Frau gewiß nicht kümmern. Da aber dieser durch so viele Generationen sich fleckenlos erhalten, müssen wir auch suchen, diese Mesalliance früh genug zu trennen."
Mehrere Tage waren der jungen Frau gleich dem ersten verflossen. Sie erschien in den unteren Räumen nur zum Mittagessen, beim Thee und beim Abendbrot, und war regelmäßig von ihrem Gatten abgeholt, der sich zugleich nach ihren Wünschen und ihrem Ergehen erkundigte.
Ein eigentliches Gespräch hatte zwischen ihnen noch nicht stattgefunden, denn bei ihren kurzen Zusammenkünften wußte die Freiherrin und Baronesse stets die Unterhaltung darnach zu leiten und Helene derart in Anspruch zu nehmen, daß es Arnold unmöglich war, sich eingehend mit ihr zu unterhalten. Sie war übrigens während ihrer kurzen Anwesenheit auf Greifenberg schon sehr thätig gewesen, denn es lag nicht in ihrem Charakter, sich trübem, nutzlosem Sinnen und krankhaften Träumereien hinzugeben, und hatte mit Emma's Hilfe ihre Zimmer nach ihrem Geschmack eingerichtet.
In jedem derselben waren Andenken aus dem teuren Vaterhause angebracht, ihr Arbeitszimmer war mit diesen ausgestatler, und erst, als sie um sich her Ordnung und Behaglichkeit geschaffen, fing sie an, sich in den Räumen, die sie bewohnen mußte, heimisch zu fühlen und dachte auch daran, ihre früheren Arbeiten und Beschäftigungen vorzunehmen, da allem Anscheine nach die Freiherrin die Leitung des großen
Hauswesens noch behielt. Der drückenden Hitze wegen, die seit ihrer Ankunft zugenommen, hatte sie sich nicht einmal den Garten und die nächste Umgebung des i Herrenhauses angesehen; man hatte sie nicht dazu aufgefordert, und früh am ! Morgen wagte sie's nicht, da es ihr Pein- ^ lich gewesen wäre, den Gutsleuten zu begegnen, von denen sie noch nicht gekannt war. Ihren Eltern hatte sie bereits geschrieben und ihnen ihre glückliche Ankunft auf Greifenberg gemeldet, sich aber jeder weiteren Beschreibung und Bemerkung ent- ' halten und nur hinzugefügt, daß sie den nächsten Brief erst nach einem Monat schicken werden, um eine Schilderung ihrer > Lebensweise hinzufügen zu können. Dieser i Brief war auch schon von der Mutter be- i antwortet worden, welche ihr in herzlichen ! Worten Mut zngesprochen und ihr den ^ wahrscheinlich baldigen Besuch ihres Brn- ; ders in Aussicht gestellt, der nächstens ! kommen werde. Bon dem Grafen Eberts- troff hatte sie berichtet, daß er noch ihr Gast sei, aber in den nächsten Tagen nach , Carlsbad abreisen würde. — !
(Fortsetzung folgt.',
Ein oberschwäbisches Blatt bringt eine ebenso originelle wie neue Art von Kund- i gebung über eine wieder aufgehobene Ver- ! lobung, welche wir mit Weglassung der Namen hier wörtlich folgen lassen: ^
Reutlingen. !
Entladung.
Bringe hiermit zur öffentlichen Bekanntmachung, daß meine Verlobung mit Fräulein ^ F. R., Näht. i
wegen verschiedener Verhältnissen anfge- I
hoben ist. ^ 8t. !
(Gruß aus Norderney.) Grau in Grau — Nirgends ist der Himmel blau. — Husten, Schnupfen, kalte Füße, — Strippenhafte Regengüsse. — Sturmgeheul aus Ost und West, — Merschten- theels nur Hausarrest. — Naß der Weg und naß der Rasen, — Blaugefrorne Menschennasen. — Melancholisch blasse Rosen, — Pelzbesetzte Badehosen. — Warmbier, Grog und Eierpunsch, — Nörzpelz stiller Herzenswunsch. — Kalt das Wasser, kalt die Fische, — Vivat hoch die Sommerfrische!
(Unlogisch.) Portier des Irrenhauses (entrüstet): „Was wollen Sie? — Hier bleiben? — Sie wollen ohne ärztliches Zeugnis so mir nichts dir nichts hier bleiben? Ich glaube, Sie sind verrückt! Machen Sie, daß Sie weiter kommen!"
Gemeinnütziges.
Hartgetrocknete Stiefel werden, um sie wieder weich zu machen, zuerst einige Stunden in Wasser eingeweicht.. Das Leder nimmt überhaupt, wenn es sich nicht in feuchtem Zustande befindet, Fett niemals gut auf. Man weiche also die Stiefel in Wasser ein, trockne sie nach dem Hcrausnehmen oberflächlich ab und reibe sie mit gelinde erwärmtem Thran oder dergleichen tüchtig ein. Bei dieser Behandlung wird das härteste Leder sammetweich.
Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Meeh in Neuenbürg.