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Ausland.
Stockholm, 26. Juli. Der König und der Kronprinz begaben sich mit dem deutschen Gesandten und den zum Ehrendienst Kommandierten heute früh (stii Uhr an Bord der Jacht „Drott", um dem deutschen Geschwader entgegen zu fahren. Morgens 8'/r Uhr wurde das deutsche Geschwader bei Gälmon sichtbar. Die „Hohenzollern" gab Königssalut. Der König und der Kronprinz begaben sich an Bord der „Hohenzollern", woselbst der Kaiser Wilhelm den König und den Kronprinz mit herzlichster Umarmung und Kuß begrüßte. „Drott" und „Baden" wechselten Salut. Die beiderseitigen Musikkapellen spielten die preußische und schwedische Nationalhymne. Nach halbstündigem Aufenthalte kehrten der König und der Kronprinz an Bord der „Drott" zurück und fuhren nach Stockholm, um den Kaiser zu empfangen. Alle Villen an den Ufern sind festlich geflaggt. (F- J-)
MisMen.
Keichtum und Käme.
Original-Novelle von Mary Dobson.
(Nachdruck verboten.)
(Fortsetzung.)
Jetzt hielt der Zug. Auf dem Bahu- hof der kleinen Stadt waren nur wenige Personen anwesend und daher entdeckte auch der Freiherr gleich seinen Diener, der ebenfalls seinen Herrn gesehen und an das Coupo trat. Jenem die Besorgung des Gepäcks übergebend, stieg er aus und reichte der ihm folgenden Helene den Arm, um sie an den Wagen zu geleiten. Beim Besteigen desselben glitt sie aus, so daß er genötigt war, seinen Arm um sie zu legen, um sie vor einem unsanften Fall zu bewahren. Er that dies mit einer Ritterlichkeit, mit der er jeder andern Dame den Dienst geleistet, ordnete ihren Sitz für die noch stundenlange Fahrt und nahm als endlich das Gepäck besorgt und der Diener den Bock bestiegen, an ihrer Seite Platz, die vier mutigen Pferde zogen an, fort gings in die dämmernde Sommernacht hinaus über das holperige Stein- plaster hinweg, bis nach kurzer Zeit sie diese im Rücken hatten und auf einer gut erhaltenen Landstraße weiter fuhren. Da Helene sich in die Wagenecke zurückgelehnt, so glaubte der Baron, daß, müde und angegriffen von der Reise, sie eingeschlafen sei, daß sie ihr Taschentuch hervorzog und ihr abgewandtes Gesicht in dasselbe barg. Die vorher gewaltsam zurückgedrängten Thränen brachen jetzt umso heftiger hervor. Der Gedanke an die neue Heimat, der die vier Pferde sie immer näher brachten, an den Empfang, der ihrer dort wartete, an die ganze fremde Familie, der sie angehören sollte, alle diese Vorstellungen hatten sie überwältigt und ihr die nächste Zukunft in einem so traurigen Lichte gezeigt. Dem Freiherrn waren die Thränen, die zugleich ihn tief rührten, ein bitterer Vorwurf, denn er mußte sich sagen, daß es in seiner Macht gelegen, ihrem Verhältnis zu einander eine andere Wendung zu geben, und jetzt, wo er Helene Kranzlcr endlich kennen gelernt,
bereute er tief, dies nicht früher gethan zu haben. Auch war ihm schon der Gedanke gekommen, daß nicht sic gleich ihrem Vater die Verbindung gewünscht, ihre Thränen sagten ihm dies gleichfalls, doch wollte er die Bestätigung aus ihrem eigenen Munde hören; und ihr sich zuwendend, sagte er in teilnehmenden Ton:
„Gnädige Frau, Ihre Thränen sind mir eine schwere Anklage und ihnen nach muß ich glauben, daß es Jbnen große Ueberwindung kostet, mir nach Greifenberg zu folgen. Ich bin von jeher der Meinung gewesen, daß wenigstens Sie mit den Plänen unserer Väter übereingestimmt —"
„Ich?" fragte Helene ihre Thränen trocknend. „Ich? Aus welchem Grunde hätte es mir einfallen sollen, die Gattin eines Mannes zu werden, den ich nie gesehen, und in eine Familie zu treten, von der ich mir sagen konnte, daß wenigstens sie mir nicht freundlich entgegenkommen würde. Nein, Herr Baron, ich erfülle nur den bestimmt ausgesprochenen Willen meines Vaters, der meine Wünsche und die Vorstellungen meiner Mutter nicht berücksichtigen wollte, denn noch vor der Trauung hätte ich Ihnen bereitwillig Ihre Freiheit zurückgegebeu, da ich mir sagen mußte, daß auch Sie Ihrem Herzen nach diese Verbindung nicht begehren."
Jedes dieser Worte siel schwer aus das Herz des jungen Mannes, dessen Wangen sich gerötet hatten.
Es trat eine kurze Pause ein, dann erwiderte er mit unverkennbarer Bewegung:
„So sind Sic des Geldes wegen geopfert und ich, ich habe das Opfer angenommen. Wie klein und verächtlich muß ich in Ihren Augen dastehen, zumal ich nicht einmal versucht, Ihnen die Liebe Ihrer Eltern und das Glück, das Ihnen die um meinetwegen verlassene Heimat gewährte, zu ersetzen!"
Hier erfolgte ein längeres Schweigen, denn Helene hatte keine Antwort auf die Selbstanklage des Barons, die ihr diesen jedoch in anderem Lichte erscheinen ließ, und über seine Worte nachsinnend, lehnte sie sich wieder in die Wagenecke zurück.
Arnold von Greifenberg aber, den ebenfalls das Gehörte beschäftigte, und der sich dadurch seiner Gattin gegenüber noch mehr verpflichtet fühlte, dachte darüber nach, wie er ihr die Stellung sichern konnte, die ihr in seiner Familie und seinem Hause zukam. So erreichten sie auf halbem Wege das Wirtshaus, wo schon frische Pferde warteten und vorgespannt wurden. Der Freiherr stieg aus und brachte Helene einige Erfrischungen in den Wagen, setzte sich dann wieder zu ihr und fort gings nochmals — nach Greisenberg zu. Von Müdigkeit überwältigt, schloß sie die Augen und schlief sogar ein, und erwachte nicht eher, als bis die Pferdehufe lauter als bisher auf die Steine der letzten Strecke des Weges vor Greifenberg anschlugen und rasselnd der Wagen hin fuhr. Durch das ihr gegenüberliegende Fenster blickend, sah sie in einiger Entfernung den Gutshof und im Hintergrund desselben das stattliche Herrenhaus, an dem sämtliche Vorhänge und Fensterläden geschlossen waren. Die Sonne war kaum aufgegangen und tiefe
Ruhe herrschte noch ringsum, als endlich das Neuvermählte Paar an der Eingangsthür hielt.
Hier war nur die Kammerjungfer an- ^ wesend, die für die junge Frau angenommen worden, und außer ihr der Diener, der den Wagen begleitet hatte. Der Baron half seiner Gemahlin aus dem Wagen und führte sie ins Haus, wobei er sich umwendete und heimlich eine Frage an ^ das folgende Mädchen richtete, welches, ^ Ersterer vernehmbar, antwortete: ^
„Die gnädigen Herrschaften schlafen, i und haben auch nicht befohlen, geweckt zu ! werden." !
Als sie die Treppe erstiegen und ^ Helenens Wohnzimmer erreicht, sagte ihr Gemahl, ihr die Hand reichend:
„Die Gemächer wird niemand ohne > Ihre besondere Erlaubnis betreten, gnädige ! Frau, und ich heiße Sie darin, wie in Greifenberg willkommen! Beweisen Sie ! mir, ich ersuche Sie dringend darum, das ! mir zugesagte Vertrauen und betrachten > Sie mich wenigstens als Ihren Freund, ! auf dessen Schutz Sie jetzt das erste An- ! recht haben; und nun versuchen Sie, nach > der angestrengten Reise zu ruhen, später ! werde ich mich nach Ihrem Ergehen er- ! kundigen. Ihre Dienerin hält sich in Ihrer i Nähe auf und ist jedem Ihrer Befehle j gewärtig." !
(Fortsetzung folgt.) ^
(Eine seltsame Wette.) Ein junger, j etwas leichtsinniger Krösus gieng dieser ' Tage die sonderbare Wette ein, einen ! Tausend-Markschein nicht blos undeclarirt, f sondern in offenem Couvert als Drucksache von Berlin an einen Freund in Köln schicken zu wollen. Die wertvolle, mit einer Dreipsennig-Marke frankierte Sendung ist richtig in die Hände des Adressaten, der von der Wette benachrichtigt war, ge- ! langt. Zu einer Nachahmung dieser Ver- ! sendungsart möchten wir jedoch nicht raten! ,
(Abschreckungsmittel.) „I bitt' um ein Almosen, und wir werden Jhna mit unserer Musik verschonen." — „Im Gegenteil. spielen S' nur. Das wird die Kleinen unterhalten." — „Ja wissen S' offen gestanden, wir können gar net spielen." — „So! Zu was haben S' denn nachher ^ die Instrument?" — „Um d'Leut abz'- ; schrecken."
(Liebeserklärung des Juristen.) „Mein Fräulein, seit langer Zeit bemerke ich, daß mein Herz entwendet worden sei. Mein erster Verdacht, der auf Sie fiel, hat sich bestätigt. Ich werde nun nicht länger säumen, Sie standesamtlich zu belangen.
Conjugale Conjugation.
Sie knie'n am Altäre, und ängstlich spickst Zum Bräut'gam das Bräulchen: „Ich trau mich nicht —"
Da blickt so finster sein männlich Gesicht, Argwöhnisch ruft er: „Ich trau' Dir nicht!"
Herr Pfarrer lächelt: „Ihr leistet Verzicht? Wohlan — daun trau' ich Euch beide nicht!"
Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Me eh in Neuenbürg.