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sehr gering, denn er betrug bloß 139 Doll. Die Behörden haben den Räubern sofort nachsetzen lassen und mehrere Personen, darunter zwei mexikanische Zollbeamten, sind in Haft genommen worden,
Miszellen.
Me Angststunde des Junggesellen.
(Nachdruck verboten.)
Niemand war zu Hause, außer dem Baby, seiner Mutter und mir. Baby war eben eingeschlafen, als die Mutier sich erinnerte, daß sie eine notwendige Besorg- gung für mich im Dorfe auszuführen habe, und so gieng sie fort, indem sie mir freundlich empfahl, die Wiege ein klein wenig anzustoßen, wenn der liebe Engel etwa erwachen sollte. Ganz stolz auf das ungewohnte Amt und durch den friedlichen Anschein der Dinge in Sicherheit eingewiegt. blieb ich zurück.
Mit einem Auge auf meinem Buch, dem andern auf der Wiege saß ich da wie ein treuer Wachthund und horchte gespannt auf irgend einen warnenden Laut, spähte nach der Bewegung, die einem müßigen Fuß Beschäftigung geben sollte. Keine Ahnung der Zukunft dämmerte in mir auf; hätte ich eine solche, ja nur den entferntesten Begriff von der übernommenen Verantwortlichkeit gehabt, ich wäre davor zurückgeschaudert, wie die Katze vor dem Wasser, aber harmlos und ruhig saß ich da, ja ich glaube, ich lauerte mit einem gewissen Interesse, mit einer freudigen Spannung darauf, daß das Kleine ein Auge aufmachen möchte, — nur eins — um mir das Vergnügen zu verschaffen, es wieder zu schließen. Thörichte Sterbliche, die wir sind! Wie wenig wissen wir das Glück der Gegenwart zu schätzen, wie schnell sind wir bereit, durch frevelhafte Wünsche den Zorn der Schicksalsmächte heraufzubeschwören! Bald, nur zn bald sollte ich erfahren, was es heißt, ein Baby zu warten.
Ob Kinder sich im Schlaf der Abwesenheit ihrer Mutter und der guten Gelegenheit, ihre Lungen zu üben, bewußt sind? Ich meinesteils möchte es behaupten; denn wiewohl der meinem Schutze anvertraute Engel, als seine Mutter fortging, so fest schlief, wie ein kleines Wesen seiner Art nur irgend schlafen kann, der Fliegen ungeachtet, die über seine Nase spazierten, zeigte er sofort Symptome des Erwachens, als die Mutter außer Gehörweite war. Zuerst kam ein kurz abgebrochener Atemzug, so etwas wie ein Seufzer, dann ein kichernder Laut, der deutlich zu sagen schien: „Nun paß auf, jetzt giebt's einen Hauptspaß!" — dann wurde ein Auge auf- und wieder zugethan, und endlich schauten beide lebhaft in die Welt, während das Köpfchen sich unruhig auf dem Kissen bewegte.
Ein wenig aufgeregt fühlte ich mich wohl bei diesen Symptomen, aber nicht lange. „Pah!" dachte ich zuversichtlich, „ein Schwingung der Wiege oder zwei werden dich bald wieder zur Raison bringen, mein Bürschchen!" Aber es kam anders. Das Baby, das eben genau wußte, daß seine Mutter fort war, ließ sich nicht auf solche Weise das Recht der freien
Willensäußerung unterdrücken, — und es wollte nicht mehr schlafen. Zu allem Ueberfluß war da noch eine dicke, blaue Brummfliege, die, des ruhigen Aufenthaltes auf dem Zifferblatt der Uhr müde, eine Entdeckungsreise angetreten und die Nase des Kindes, das erste ihr erreichbare Vorgebirge, zum Landungsplatz ausersehen hatte. Ein kräftiges Niesen vertrieb sie, aber nur auf kurze Zeit; es hatte ihre an gefährliche Situationen gewöhnte Nerven lange nicht io beunruhigt wie meine weniger abgehärteten. Jetzt war Baby vollständig wach; erst kam der eine runde Arm herauf, dann der andere; beide fielen durch einen Stoß der Wiege au ihren Platz zurück und ich. hierdurch ermutigt, begann so energisch zu schaukeln, daß der kleine Kopf wie eine Billiard- kugel hin- und herrollte.
(Fortsetzung folgt.)
(Von unsre Leit.) Ein berühmter Arzt in Wien bekam eines Tages ein Telegramm aus Krakau, das ihn aufforderte, so schnell als möglich dorthin zu kommen, der Moses Abrahamson sei sehr krank und bedürfe seiner Hilfe. Moses Abrahamson war als sehr reich bekannt. Der Professor, der eine ungeheure Praxis hatte und sehr beschäftigt war, telegraphierte zurück: „Nur gegen 2000 Fl. Honorar." Eine abermalige Depesche bittet dringend um schleunige Abreise, doch mit dem Zusatze, daß er es doch gewiß auch für weniger thue. „Keinen Kreuzer weniger als 2000 Fl." lautet die Rückantwort aus Wien, piorauf denn endlich die Schlußdepesche von Krakau ihn zur sofortigen Abreise veranlaßt. Es war mitten im Winter und bitter kalt, daß also unserm Professor die weite Reise gerade kein Vergnügen machte, ist denkbar. Wie ärgerte er sich aber erst, als er auf dem Krakauer Bahnhof von einer Schaar langröckiger polnischer Juden mit der Nachricht empfangen wurde, er komme zu spät, Moses Abrahamsohn sei vor wenigen Stunden gestorben. Da an demselben Tage kein Zug mehr nach der Kaiserstadt zurückfuhr, mußte er sich wohl oder übel bequemen, sein Nachtquartier im Hotel zu nehmen. — Inzwischen hatte sich in der Stadt das Gerücht von des Professors Ankunft verbreitet, und Schwerkranke aller Art, Juden und Christen, belagerten seine Thür. Der Anblick dieser Hülfe bedürftigen Menschen rührte sein mitleidiges Herz, bereitwilligst spendet er unentgeltlich den Unglücklichen aus dem reichen Schatz seines Wissens, und — bleibt länger als er vorgehabt. Als er endlich auf den Bahnhof kommt und eben ins Coups steigen will, drängt sich ein polnischer Jude an ihn heran, lächelt verschmitzt und flüstert ihm ins Ohr: „Professorleben, wollt'ich Ihnen doch blos sagen: Der Moses Abrahamsohn ist gar nicht gestorben, ist er doch gewesen unter die Leit', die Sie haben kuriert vor umsonst."
(Ein mageres Jahr.) Wir finden eine auf dem hundertjährigen Kalender fußende Dresdner Witterungsnachricht vom Jahre 1588 und hoffen, daß sie sich nicht etwa jetziges Jahr bewähren möge. Sie besagt:
„Bald nach Pfingsten hat sich eine gewaltige Hitze angefangen, und solche dürre Zeit verursachet, daß viele Brunnen gänzlich versieget, auch man unterhalb der Brücke allhier durch die Elbe waten können. Wegen dieses trockenen Wetters, welches bis an Martini gewähret, und dergleichen seither Anno 1540 nicht geschehen, ist weder Futter für das Vieh noch auch Küchenspeise gewachsen und gediehen, und hat diesen Sommer ein sechsspännig Fuder Heu 40 Gülden und eine Tonne Sauerkraut 4 Thaler gegolten."
(Sonderbares Verlangen.) Postbeamter: „Was wollen Sie mit dem vielen Moos?" — Bauer: „Ich möcht' es mit Postanweisung an meinen Sohn schicken!" — Postbeamter: „Das geht ja nicht! — Bauer: — „Das muß gehen! Mein Sohn versteht doch das auch und der hat mir geschrieben: „Lieber Vater schicke mir bald Moos; womöglich recht viel! Am einfachsten per Postanweisung!"
(R ezep t für Bou la n gerlieder.) Man nehme, schreibt der „Figaro" vor: eine Reihe aufeinander reimender Wörter, wie „l-orraius—Imins, 8olüat8—eow- bats, vsngsr—LouIanZer, ^Isaes—pui pa88, vistoirs—Zloirs, äanAsr-Lon- langsr und fülle die Zeilen nach Belieben aus, nachdem man das Metrum irgend einem Gassenhauer oder einer Operettenmelodie angepaßt hat. krodatum est! Die Wirkung auf Phantasie und Verstand der Massen ist unausbleiblich.
Ein neuer Planet wurde in der Nacht vom 3. zum 4. Mai auf der Sternwarte in Nizza von Charlois entdeckt. Der neue Himmelskörper steht jetzt im Sternbilde der Jungfrau, bewegt sich nach Westnordwest, und gehört zu den lichtschwächsten der bis jetzt bekannten kleinen Planeten. Den neuen Körper mit eingerechnet, kennt man jetzt 277 Planeten, deren Bahnen in dem Ring zwischen den großen Planeten Mars und Jupiter liegen.
(Gut besorgt.) Der Chef eines Berliner Hauses gab am Freitag seinem Lehrling den Auftrag, fünf neue Doppelkronen mit dem Kopfe des Kaisers Friedrich zu besorgen und dieselben an einen befreundeten Gutsbesitzer abzusenden. Befragt, antwortete der Lehrling bei seiner Rückkunft: „Alles richtig besorgt; ich habe das Geld sofort perPost-Anweisu ng abgesandt."
(Stiefel, Halbstiefel und Schuhe haltbar zu machen.) Stiefel, Halbstiefel und Schuhe können haltbar gemacht werden, indem man sie mit Ricinusöl oder Leber- thran einreibt und die Sohle mit warmem Leinöl bestreicht. Feine Lederschuhe werden wieder glänzend und weich gemacht, wenn man sie bisweilen mit dem Weißen vom Ei anfeuchtet oder auch, wenn man sie mit einer weichen Speckschwarte abreibt. Wenn das Leder rot geworden ist, was durch beständige Reibung der Kleider, durch Gehen im Schnee u. s. w. geschieht, sollte man es ein- oder zweimal mit Kupferwasser (Eisenvitriollösung) anstreichen, wodurch das Leder wieder seine gewöhnliche Farbe erlangt.
Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Me eh in Neuenbürg.