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Von jedem in einem versicherten Be­triebe vorkommenden Unfall, welcher eine Arbeitsunfähigkeit von mehr als 3 Tagen oder den Tod zur Folge hat, hat der Betriebsunternehmer innerhalb 2 Tagen der Ortspolizeibehörde Anzeige zu erstatten. Letztere nimmt sodann, wenn es sich um eine Tötung oder um eine Körperver­letzung mit einer voraussichtlichen Er­werbsunfähigkeit von mehr als 13 Wochen handelt, eine Untersuchung des Unfalles vor. Die Feststellung der Entschädigung erfolgt durch den Genossenschaftsvorstand und ihre Ausbezahlung durch chie Postan­stalten.

Die Mittel hiezu werden von de» Be­triebsunternehmern nach dem Grundsteuer­fuß aufgebracht. Die Anfertigung der Kataster erfolgt durch die Ortsvorsteher und der Einzug der Beiträge durch die Gemeindepfleger.

Einer Anmeldung der versicherten Per­sonen bedarf es nicht, in Folge dessen gestaltet sich das Gesetz gegenüber den andern Unfallversicherungsgesetzen wesent­lich einfacher.

Berufsgenossenschaften werden für jeden der 4 Kreise gebildet. Die Organe der­selben sind der Vorstand und die Ge­nossenschaftsversammlung. Letztere besteht aus Vertretern der Betriebsunternehmer.

Für den Bezirk Neuenbürg siel die Wahl auf Schultheiß Glauner in Gräfenhausen.

Herr Fabrik. Lerch, Höfen-Rothenbach, dankt Herrn Oberamtmann Namens der Versammlung für seine Mühewaltung und den zeitgemäßen wie sachkundigen, mit großem Interesse vernommenen Vortrag.

Ausland.

Lille, 16. April. Die Zahl der ein­geschriebenen Wähler im Norddepartement ist 363 935; die der abgegebenen Stimmen 267 530. Boulanger ist mit 172 528 Stimmen, also mit 2/3 der abgegebenen Stimmen, gewühlt. Der opportunistische Republikaner Foucart erhielt 75 901, der radikale Moreau, Mitglied des Gemeinde­rats in Roubaix, 9647 Stimmen.

Paris, 16. April. Die opportuni­stischen Blätter geben zu, daß die Wahl Boulangers eine Niederlage der Republik ist. In einem Artikel Josef Reinachs in derRopublique franyaise" heißt es: Es wehe ein Wind der Tollheit, indes dürfe man die Hoffnung nicht aufgeben.

DisMen.

Schalten und Licht.

Erzählung von A. Fries.

(Schluß.)

Am nächsten Tage konnte ich auf­stehen. Die Tage des Spätherbstes waren noch schön, ein milder Sonnenschein lag über der Erde. Bald saß ich draußen im Garten und fand eine wundervolle Er­quickung an Luft und Sonnenschein, an dem Leben und Treiben in der Natur! Meine übrigen Sinne waren merkwürdig empfänglich geworden, ich hörte und fühlte wunderbar scharf! Das Flattern der Vögel, das Summen der Insekten, der Geruch des fallenden Laubes, die fernsten

Glockentöne und Orgelklänge, ich vernahm es und fand darin hohe Befriedigung. Es war mir wie einem, der lange, lange in einer Wüste und Einöde gelebt bei schmaler Fastenspeise, und der nun zurück­gekehrt ist in die reiche Fülle und fröh­lichen Ucberfluß!

Die Aerzte meinten, vor dem nächsten Frühlinge die Operation nicht unternehmen zu können und da mein sonstiges Befinden die Entlassung ans dem Lazaret erlaubte, so fragte es sich, was nun denn für den Winter anzufangen sei!

Da auch Lauras Hilfe nicht mehr er­forderlich war, so schlug ich vor, daß sie zu ihren Verwandten im Bergischen zu­rückgehe , ich würde mich dann auch für den Winter dort niederlassrn. Mein väter­liches Vermögen gab mir auf Jahre hin­aus eine unabhängige Stellung.

Sie dachte anders. Ernstlich begehrte sie vor der Entscheidung mein zu werden, sie habe ein heiliges Recht das zu fordern. Ihr Lebenlang werde sie es mir danken, wenn ich einwillige, aber ebenso gewiß würde sie auch an meiner Liebe irre wer­den, wenn ich auf meiner Weigerung verharre!

Wir reisten zusammen fort, und es gelang, in einem Nachbarhause in jener Stadt eine passende Wohnung für mich zu finden.

Lauras Verwandte waren von allem benachrichtigt und benahmen sich gegen mich mit teilnehmender Freundlichkeit. Im übrigen abcr hatten sie keine Auffassung für den edlen, selbstvcrläugenden Sinn des Mädchens, und machten, wie ich wohl bemerken konnte, ihren Einfluß dahin geltend, sie von ihrem Vorhaben abzu­bringen. Daß solches Bemühen vergeblich war, brauche ich wohl kaum hinzuzufügen, das Mädchen ging so ruhig und sicher seinen Weg, als ob's gar nicht anders sein könne.

So geschah es denn nach ihrem Willen, daß wir am Tage vor der Operation Mann und Frau wurden. Ich konnte meine Braut in all ihrer holdseligen Schöne und Lieblichkeit nicht sehen, und doch stand ich im schönsten Licht vor Gottes Altar, als das Wort über uns hingesprochen ward:Der Herr ist mein Hirte! Mir wird nichts mangeln!"

Am nächsten Tage ward die Operation vollzogen Ich hatte gewünscht, daß jener Arzt sie ausführe, der zuerst einen Hoff­nungsstrahl für mich gehabt. Auf meinen Wunsch kam er zu uns. Mein liebes, junges Weib hielt meinen Kopf in ihrem Arm, und ich fühlte das Klopfen ihres treuen Herzens, als der Arzt sein In­strument ansetzte. Es galt eine Haut zu entfernen, die sich gebildet, keine mensch­liche Wissenschaft konnte es entscheide», ob der Sehnerv darunter zerstört sei oder nicht.

Das Werk war gethan. Ich war sehend!

Die Binde ward sofort wieder um­gelegt, aber zweierlei hatte ich dennoch in dem Moment erkannt, trotz der Ver­dunkelung des Zimmers: den Sonnen­strahl, der sich durch den Vorhang stahl, und den Liebesstrahl aus meines Weibes Antlitz, die Bezeugung himmlischer und

irdischer Liebe. Ich war überschwänglich reich! Die Schatten waren gewichen >m dem schönsten Lichte!

* Dom Schwarzwald.

Ich stieg an einein Herbstestag,

Der Nebel auf den Höhen lag,

Vom Thale zu den Bergen aus Als eben ging die Sonne aus.

Ich sah mich um; vom goldnen Strabl Erglänzt die Kirche in dem Thal,

Zum Danke mahnt mich solche Pracht, Zum Dank dem Herrn, der dies gemacht Und als ich weiter stieg empor, Verschwand der Berge Nebelflor,

Der dunkle Tann in stolzer Ruh Einladend grüßend winkt mir zu.

Doch der gen Norden war beschneit,

Er lehrt mich, daß es Winterszeit,

Leb wohl, dacht ich bei mir, für heut Ich komm' hinauf zu bess'rer Zeit.

Ich war am Ziel und kehrt den Blick Vom Traum zur Wirklichkeit zurück, was mir zu thun gebot die Pflicht,

Das wollte ich versäumen nicht.

Hat man sein Tagewerk gethan,

Sieht sich die Welt noch ros'ger an,

Drum wandte ich mit leichtem Sinn Den Schritt zum Thale wieder hin.

Und wieder lag im gold'nen Strahl Der Abendsonne dort im Thal Das Kirchlein und ein silbern Band Zog sich das Flüßchen durch das Land.

Ich hemmte meinen Schritt und stand, wie herrlich ist doch unser Land,

Die Perle aber, dacht ich, ist Der Schwarzwald doch zu jeder Frist.

Ihr Städter draußen, hört mich an, Ihr seht uns zwar voll Mitleid an, weil wir nicht reicher Leute Kind Und weil wir nur vom Lande sin-,

Weil dorten man entbehren muß Theater und Konzertgenuß.

Doch sag ich, ich beneid' euch nicht,

Wem's nicht am offnen Aug' gebricht,

Der schau' sich unsere Szenen an,

Vb so ein Maler malen kann.

Seht doch: wie sie voll Leben sind Der Tannen Gipfel wiegt der wind,

Das Eichhorn hüpft von Ast zu Ast Ein zierlich Reh dort drüben grast.

Sogar ein' Festzug findet man Bei uns im Walde dann und wann,

Zwar nicht mit Fahnen und Musik,

Die Jäger kehren froh zurück,

Ein starker Hirsch zur Beute ward,

Ein Achtzehnender seltner Art;

Sie haben sein Geweih bekränzt,

Des Schützen Auge freudig glänzt,

Lin frischer Bruch schmückt seinen Hut,

Das steht dem Jäger gar so gut.

Da ziehen sie ins Dorf hinein,

Beim letzten Trieb wird's lustig sein.

wer glaubt, im Wald sei's öd und leer Der irrt sich in der That gar sehr.

Da giebt's Konzerte wunderbar,

Da spielt die ganze Vogelschaar,

Begleitet von dem lust'gen CZuell,

Der murmelt leis und plätschert hell,

Den Baß, wie man kein' schöner» findt Bläst durch die Tannen dort der Wind. Wenn dir die Freude hebt die Brust, wenn du dann singst in Heller Lust,

Daß laut es von den Bergen hallt Und 's Echo dir herüberschallt,

Dann wett' ich, stimmst du mit mir ein, Daß es kann nirgends schöner sein.

Drum lade ich euch herzlich ein,

Wenn wieder winkt der Sonnenschein, Wenn Berg und Thal in neuer Pracht Im Lenze uns entgegenlacht:

L> kommt herein, teilt unsre Freud',

Da schwindet alle Traurigkeit,

Ihr werdet mir es eingesteh'n .

wie ist doch unser Schwarzwald schdM

Auflösung des Rätsels in Nr. öS.

Elui Jute.

Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Meeh in Neuenbürg.