§6 97. Amts-
«rrd Auzeigsölatt für den Bezirk Kalw. 75. Jahrgang.
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Donnerstag» Sen 16. August 1900.
Vierteljährlicher AbonnementSpreiS in der Stadt Mk. l.lv ins Haus gebracht. Ml. 1. 15 durch die Post bezogen im Bezirk. Außer Bezirk ML. 1. 85.
Sagesneuigkeiten.
sAmtlicheS aus dem Staatsan zeiger.) Seine Majestät der König haben am 19. Juli d. I. allergnädigst geruht, die erledigte evangelische Pfarrei Kirchheim a. N., Dekanats Besigheim, dem Stadtpfarrer Riecke in Neubulach, Dekanats Calw, zu übertragen.
Pfalzgrafenweiler, 9. August. Letzter Tage verunglückte laut »Grenzer" der 16 Jahre alte Jak. Reinhardt auf schreckliche Weise. Er fiel beim Kirschenpflücken vom Baum in einen kurzen Pfahl. Derselbe drang durch die Unterlippe, glitt zwischen dieser und den Zähnen in die Höhe und riß die Nase teilweise vom Kopf loS; außerdem brach er ein Bein und einen Arm und eine Hand wurde aus» gereckt. Der Zustand deS verunglückten Knaben ist bedenklich.
AuS dem Weinsberger Thal, 13. Aug. Der verschollene Bruder aus Amerika. Vor kurzer Zeit bekam ein Bewohner des Weinsberger Thales, in W. bei E., einen Brief aus der Schweiz, er solle dort seinen längst verschollen geglaubten Bruder abholen, welcher in Zürich seiner Barmittel beraubt worden sei und deshalb gänzlich mittellos dastehe. Der Bruder zögerte nicht und trat die Reise mit genügenden Barmitteln versehen, alsbald an, um den vermeintlich Verschollenen rasch in seine Arme zu schließen. Auf dem Rückwege gingen in Ulm bereits die Mittel aus, so daß bei Verwandten eine größere Summe geborgt werden mußte. Daheim glücklich angekommen, teilte der Verschollene seine Erlebnisse aus Amerika mit und die Art, wie er durch Lebensrettung und dadurch ermöglichte glückliche Heirat zu einem großen an eine Million grenzenden Vermögen gekommen sei, was
er durch ein Depositum auf der Bank in Hamburg nachwies. Dies gab nun den Anlaß, alle Tage herrlich und in Freuden zu leben. Nach ca. 8 Tagen dachte man endlich auch daran, das deponierte kolossale Vermögen auf der Hamburger Bank flüssig zu machen, wozu umfassende Maßregeln getroffen und Neukleidungen von Kopf bis Fuß erfolgen mußten. Da aber bekanntlich Reisen Geld kostet, sahen sich die glücklichen Brüder veranlaßt, einen isral. Bürger aus dem benachbarten Orte E. um ein nennenswertes Sümmchen anzugehen, man spricht von über 1000 AIS dies auch gelang, konnte die Reise nun glücklich von statten gehen. Dieselbe wurde dann auch am vergangenen Montag mit großem Pomp angetreten und bis Frankfurt glücklich ausgeführt. Daselbst mußte der Bruder auf eine kurze Zeit abtreten, so daß der verschollen geglaubte Bruder die Aufsicht über das Gepäck übernahm. Bis Ersterer zurückkehrte war aber der Bruder wirklich verschollen, so daß die Reise von dem verdutzt drrwschauenden Hinterbliebenen allein fortgesetzt werden mußte, die auch das Ergebnis hatte, daß die Hamburger Bank natürlich keine Einlage auf den Verschollenen kannte, so daß der Düpierte den Heimweg wenig erbaulich anzutreten hatte und ihm seitdem das Wiedersehen schwer im Magen liegt.
Gmünd, 10. August. Der älteste städtische Beamte unserer Stadt, Ratsschreiber Fei hl, ist in den wohlverdienten Ruhestand getreten. Seit dem Jahr 1845 war Feihl auf dem hiesigen Rathaus thätig. Im Hinblick auf die vielen Verdienste, die er sich als Ratsschreiber und Güterbuchbeamter erworben, haben die bürgerlichen Kollegien beschlossen, ihm einen Ruhegehalt von 3000 auSzusetzen.
Ellwangen, 13. Aug. Ein sonderbarer Zwischenfall ereignete sich heute früh auf der Station Goldshöfe. Bei einem Viehwagen brach nämlich der
Boden durch und eine Kuh kam mit den Füßen auf das Geleise. Mit vieler Mühe mußte das Tier wieder heraufgebracht werden, wodurch der Zug 20 Minuten Verspätung erlitt. Wäre der Zwischenfall während deS Fahrens auf offener Strecke passiert, so wäre ein größeres Unglück unausbleiblich gewesen.
Mengen, 8. August. Der heute abgehaltene Monatsviehmarkt, war mit 425 Stück Rindvieh befahren. Der Handel ging sehr lebhaft, namentlich in schönem, jungem und trächtigem Vieh. Ein Preisauf- oder Abschlag war nicht bemerkbar. — Dem Schweinemarkt wurden 345 Stück zugeführt, welche bei einem lebhaften Handel alle einen raschen Absatz fanden. Ein kleiner Aufschlag war bemerkbar. Für das Paar Milchschweine wurden bezahlt 26—40 — Mittwoch, den 12. Sept. wird
Jahrmarkt, Vieh- und Krämermarkt, Zuchtziegen- und Schweinemarkt abgehalten.
— In Tettnang hat die Ernte des Früh- ff o p f e n S bereits begonnen und auch Hopfenhändler haben sich eingefunden. Bezahlt wurden 85—90 ^ pro Zentner.
Straßburg, 13. Aug. Urber den Exzeß eines Engländers berichtet die »Köln. Ztg." Folgendes: Am vorigen Montag nahm in Basel ein Engländer mit einigen Damen im D Zug nach Straßburg Platz. Der Schaffner hatte viele Mühe, die »Herrschaften" richtig unterzubringen, und endledigte sich dieser Aufgabe mit größter Bereitwilligkeit. Als er unterwegs die Platzkartengebühr erhob, bot der Führer der Gruppe schweizerisches Geld in Zahlung an. Als der Schaffner dieses mit Recht ablehnte, geriet der Engländer so in Zorn, daß er den Beamten ins Gesicht schlug. Die Folgen blieben nicht aus. E» war inzwischen nach Straßburg telegraphische Anzeige von dem Vor-
^ ^ r kk ? t 9 rr. Nachdruck »erboten.
Die Piraten
Seeroman von Clark Rüssel.
(Fortsetzung.)
20. Kapitel.
Das Hroßvoot.
Die Nacht verging ruhig. Der Morgen brachte drs schürst: Wetter, die See war beinahe glatt, und als Boldock an Deck kam, befand sich die Bark etwa einen Pistolenschuß weit hinter dem Heck der Brigg. Auf seinen Anruf ließ Matthews backbraflen und sendete das Boot herüber; der Kommandant und seine Verlobte begaben sich in dasselbe und wurden an Bord der ,Queen' gebracht, die sodann wieder vollbraßte und ihre Fahrt im Kielwasser des .Wellesley' fortsetzte.
Kaum hatte Miß Mansel den Fuß auf das Deck der Bark gesetzt, als sie ihr Antlitz verbarg und in Thränen auSbrach. Die Erinnerung überwältigte sie. Der Kommandant suchte sie zu beruhigen und zu trösten, und sein Gebühren hierbei veranlaßt« Mr. Matthews, erstaunt die Augenbrauen emporzuschrauben und einen vielsagenden Blick auf Stubbins, den Bootsmann, zu werfen. William und Harry aber standen mit weit aufgerissenen Augen von ferne.
»Gott bewahre uns!" sagte der Däne mit stockendem Atem. »Sie war über Bord und ersoffen, und nun ist sie wieder da, lebendig und gesund."
„ES giebt Leute," versetzte William, auf dessen Gesicht sich bald Erstaunen, bald abergläubische Furcht spiegelte, „eS giebt Leute, die nicht ersaufen können. Mein Großvater kannte einen Schotten, der in einem fort über Bord fiel, sobald sei« Schiff im Dock lag. Sie hörten dm Plumps und fischten nach ihm, und wen»
sie ihn nach ein Paar Stunden aus d:m Grunde geholt hatten, dann war sein erstes Wort: Noch einen Schnaps, Mutter!"
Inzwischen hatte die Miß mit der Linken ihre Thränen getrocknet — ihre Rechte hielt Boldock zärtlich in seinen beiden großen Händen — und nun folgte sie diesem und Mr. Matthews in den Salon, um im nächsten Augenblick in ihrer Kammer zu verschwinden. Boldock schaute sich in der Kajüte um, die ihm im Vergleich zu den Räumlichkeiten seiner Brigg wie ein Palast erschien. Nach einer kurzen Untersuchung der Kammern machten sie einen Rundzang über das Schiff; sie stiegen in die Großluke hinunter, besichtigten die Trümmer des VerschlageS, in dem der Goldschatz verstaut gewesen war, und als sie endlich in den Salon zurückkehrten, fanden sie daselbst ein Frühstück serviert, das Werk eines der Matrosen; denn ein rechter Janmaat weiß sich mit allem zu befassen; neben seinm seemännischen Obliegenheiten ist ihm kein Handwerk unbekannt, und muß er Koch und Kellner sein, so thut es ihm auch darin keiner zuvor.
Den Kommandanten aber erwartete noch eine besondere Überraschung: Miß ManselS Kammerthür öffnete sich, und heraus trat diese junge Dame, gekleidet in ihr brsteS, marineblaues Kostüm, das ihr entzückend stand. Boldock konnte bei dem Anblick des schönen, errötend lächelnden Mädchens einen Ausruf der Freude nicht unterdrücken; er führte ihre Hand an seine Lippen und stillte sie dann stolz leuchtenden Blickes dem Obrrsteuermann als seine verlobte Braut vor.
„Hatte mir so etwas gedacht," versetzte Matthews mit trockenem Lächeln. »Ich gratulier« von Herzen."
Dabei verbeugte er sich vor dem Paare, wie ein Matrose, der an der Schiffspumpe steht.
Beim Frühstück drehte sich die Unterhaltung naturgemäß um den Seeraub und um die Aussichten auf Wiedererlangung des Goldes.