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militärische Unterzeichnungen oder ähnliche Ausgaben handeln, die des Kaisers Kräfte unnötig beanspruchen würden. Auch Fürst Bismarck ist infolge der letzten Aufreg­ungen leidend, und es hatte gestern so­gar geheißen, er werde dem Kaiser viel­leicht nicht bis Leipzig entgegenreisen können. Das hat sich nicht besiätgt. Der Kanzler ist in Begleitung seines Arztes nach Leipzig gefahren, wurde von dem Kaiser herzlich begrüßt, muß sich aber jetzt möglichst ruhig verhalten. Was von etwaigen Personenveränderungcn in höheren Beamtenposten prophezeit wird, beruht nur auf Vermutungen. Man be­stätigt Bismarcks Aeußerung dem Sinne nach im Bundesrat, so lange er auf seinem Posten sei, werde die deutsche Politik keine Aenderung erfahren, und er glaube keinen Grund zu haben, eine solche vor­herzusehen. Damit hat sich der Kanzler natürlich nicht für jeden einzelnen Minister im Innern für alle Fälle gleichsam ver­pflichten wollen. Man erwartet übrigens keine Veränderungen, wenn überhaupt solche, vor der für kommenden Freitag vorgesehenen Bestattungsfeier. Sollte in­dessen in der nächsten Zeit oder einmal später eine Aenderung eintreten, so würde dieselbe schwerlich im Sinne der äußersten Rechten oder der vorgeschrittenen Linken, sondern wahrscheinlich in einer gemäßigten liberalen Richtung erfolgen. Nach außen würde alles selbstverständlich unverändert bleiben. (S. M.)

Pros, von Bergmann soll einem hochstehenden Herrn auf die Frage nach dem Zustand Kaiser Friedrichs die Ant­wort gegeben haben:Er hat eine gute Natur. Ich hoffe, er wird seiner schweren Aufgabe gewachsen sein."

Württemberg.

Bei den Beisetzungsfeierlichkeiten in Berlin waren die bürgerlichen Kollegien Stuttgarts durch zwei Mitglieder vertreten, nämlich durch Gemeinderat Dr. Götz in Vertretung des Obervürgermeisters und Bürgerausschußobmann Stälin. Dieselben überbrachten als Widmung der Stadt Stuttgart einen prachtvollen Lorbeer­kranz, welcher in den deutschen und städti­schen Farben die Inschrift trägt:Kaiser Wilhelm die Stadt Stuttgart in dank­barer Verehrung."

Bekanntmachung des Ministerium des Innern, betreffend die Zusammensetzung der Schiedsgerichte in Unfallversicherungs­sachen. Es wird hiermit bekannt gemacht, daß das Schiedsgericht für die staatliche Unfallversicherung der bei Regie-, Tiefbau- und ähnlichen Bauarbeiten des Staats be­schäftigten Personen zusammgesetzt ist, wie folgt: Vorsitzender: Regierungsrat Nestle im Ministerum des Innern, Stellvertreter desselben: Regierungsrat Dr. Platz bei der K. Zentralstelle für Gewerbe und Handel. Beisitzer: a. Beamte: 1) Straßen- und Wasserbauinspektor Baurat Güntter in Stuttgart, dessen Stellvertreter: Bau­rat R h e i n h a r d t in Stuttgart und Bau­inspektor Leibbrand in Reutlingen; 2) Straßenbauinspektor Sch aal in Heil- bronn, dessen Stellvertreter: Straßenbau­inspektor Gnlde in Ludwigsburg und Bauinspektor Raible in Stuttgart, d. Arbeiter: 1) Michael Leger in Regglis-

weiler, Oberamts Laupheim, dessen Stell­vertreter: Gebhardt Missen Hardt in Betznau, Gemeinde Hemmighvfen, Ober­amts Tettnang, und Fridolin Herrmann in Jllerrieden, Oberamts Laupheim; 2) Johann Georg Wiechin Wittlingen, Ober­amts Urach, dessen Stellvertreter: Adam Reichenecker in Sirchingen, Oberamts Urach, und Anton Gropper in Moos­hausen, Oberamts Leutkirch. Stuttgart, den 10. März 1888. Schmid.

Tuttlingen, 12. März. Einem hiesigen Schuhmacher wurde neulich zu 6 lebenden Knaben noch ein siebter ge­schenkt. Unser Landesvater, König Karl, nahm die Patenstelle huldvollst an und ließ dem mit Knaben gesegneten Vater ein namhaftes Geschenk übermitteln.

In Oberschwaben kursieren falsche Fünfmarkstücke mit der Jahreszahl 1876 und dem Münzzeichen 0. Vorsicht an- empfohlcn.

Neuenbürg, 16. März. Der heutige Tag der Beisetzung der sterb­lichen Hülle Seiner Majestät des verewigten KaisersWilhelm wurde durch eine die leidvolle Anteilnahme der Einwohnerschaft kundgebende Trauerfeier nach dem von den bürgerlichen Kollegien und dem Komite ausgegebenen Programm begangen. Den schon angebrachten Trauer­flaggen reihten sich heute weitere nebst umflorten Fahnen an. In den Schulen fanden Gedächtnisfeiern statt. Von 11 Uhr ab und zum Beginn der Beisetzung um 12 Uhr Trauergeläute, dazwischen Geschütz­salven, erinnernd an so manche Schlachten- gcwitter in denen der Verewigte gestanden. Nach 4 Uhr begann die Sammlung in und beim Rathause zum festlichen Zug in die Stadtkirche zum gemeinsamen Trauer­gottesdienste. Voran die HH. Bezirks­beamten, die bürgerlichen Kollegien, Char­gierte der Feuerwehr, weitere Teilnehmer aus der Einwohnerschaft, die Seusenfabrik mit ihren Arbeitern. Den Zug eröffuete der Kriegerverein die ehemaligen Kampf­genossen des Kaisers nebst dem Militär­verein in strammem Aufmarsch. Die Kirche vermochte die sämtlich in Trauer gekleideten Andächtigen kaum zu fassen. Die Büste des Kaisers auf einem Postament zwischen Altar und Taufstein mit Lorbeer- und Palmgezweig umgeben, lenkt die wehmut­vollen Blicke aller auf sich. Die Feier eröffnet ein der Melodie : Wie sie so sanft ruh'n, als Text unterlegter Hymnus:Des Herrn Gesalbter ruht in der Väter Gruft: des Reiches Vater, der dieses Namens wert rc." ausgeführt vom Liederkranz unter Leitung des Hrn. Schramm. Hier­auf Gemeindcgesang: Abschied eines christ­lichen Fürsten Nr. 596. Herr Dekan Cranz hielt die Festpredigt. An der Hand des Textes aus Maleachi II, 5:Denn mein Bund war mit ihm zum Leben und Frieden und ich gab ihm die Furcht, daß er mich fürchtete und meinen Namen scheuete" gab sie in ergreifenden Worten ein Bild aus dem Lebensgang des Kaisers und seinen großen Erfolgen als Sieger und als Friedensfürst; sein gottbegnadigtes Leben ist eine Mahnung und Vorbild für das deutsche Volk: als Helden im.Streit wie in der Gottesfurcht. Das Andenken des Hochbegnadigten Knechtes Gottes werde

im Segen bleiben. Die warme Gedächtnis­rede schloß mit der Bitte zum Allmächtigen, wie über Kaiser Wilhelm so über seinen Sohn und Nachfolger Friedrich sche Gnadenhand zu halten.

Ein feierlicher Ernst lag über der ganzen Feier, wo nicht absolut nötig, rechte das alltägliche geschäftige Treiben und machte stillen Betrachtungen Platz. Möge» anderwärts diese Feiern sich reicher ge- ! staltet haben, in Vaterlandsliebe, in Treue zu Kaiser und Reich steht die hiesige nicht zurück.

Neuenbürg, 16. März. Aus einem Garten an der alten Pforzheimer Straße wurde heute ein Strauß Primeln und Vergißmeinnicht entnommen.

Neuenbürg, 17. März. Scheu wurde gestern am Schloßberg ein Mai­käfer eingefangen. Da Ein Vorlauter noch keinen Frühling bringt, warten wir ihn ab.

Ausland.

Der Grundton in den Leitartikeln der französischen Blätter ist ein mehr oder weniger ausgesprochener Haß gegen den verewigten Kaiser, dem man den Krieg von i 1870 nicht vergeben kann. Dabei wird ! überall davon ausgegangen, daß Frank- - reich damals in eine Falle gelockt worden ! sei, so zwar, daß es in der Thal nicht der . angreifcnde, sondern der angegriffene Teil war. Auch daß der Krieg in einer un­menschlichen Weise geführt worden sei, wird wieder behauptet, und leider werden i diese zwei Lügen in den Schulen der Jugend eingeprägt. Eine Besserung dieser systematischen Verlogenheit ist nicht zu hoffen, der Haß sitzt viel zu tief, , um irgend eine objektive Betrachtung auf- ^ kommen zu lassen. Viel begegnet man auch der Phrase, daß Kaiser Wilhelm das europäische Gleichgewicht gestört habe; natürlich ein Hauplverbrechen, weil dieses Gleichgewicht in französischen Augen darin , besteht, daß alle anderen nach der Pfeife ! Frankreichs tanzen sollten.

Paris, 14. März. Der erste Ein- . druck, den hier gestern die kaiserlichen l Aktenstücke hervorgerufen hatten, hat nicht ! lange angehalten; die zahllosen Hetzblätter beeilen sich, ihren Lesern bemerklich zu ! machen, daß die friedlichen Versicherungen . des Kaisers Friedrich für Frankreich ganz s bedeutungslos seien, da er nicht gleich­zeitig seine Geneigtheit ausgedrückt habe, Frankreich die ihm geraubten Provinzen zurückzugeben.

* Der französisch-italienische Zollkrieg dürfte demnächst beigelegt wer­den. Italien hat Frankreich neue Gegen­vorschläge bezüglich des Handelsvertrages gemacht und besteht nach einer Meldung derAgence Havas" auf beiden Seiten der aufrichtige Wunsch nach einer Ver­ständigung.

Miülkllen.

(Schnepfenstrich.) Oculi nun kommen s sie! Laetare das sind die wahre! - Judica nun sind sie da! Der lang anhaltende Winter hat aber dafür gesorgt, daß sie weder auf Sonntag (Oculi) ge­kommen sind, noch, daß sie auf Sonntag (Laetare) die wahren waren und ob pe zum nächsten Sonntag (Judica) da sei» werden, bleibt abzuwarten.

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Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Me eh in Neuenbürg.