Die Lebensversicherungsbank für Deutschland in Gotha hat sich bekanntlich entschlossen, von nun an das Kriegsrisiko für ihre Versicherten ohne jede Gegenleistung zu übernehmen, soweit dieselben auf Grund der allgemeinen Wehrpflicht zum Kriegsdienste herangezogen werden. Nur von Berufs-Kombattanten soll auch ferner eine sehr mäßig bemessene jährliche Kriegs-Zuschlagprämie erhoben werden. Diese dankenswerte Neuerung, zu welcher allerdings nur eine auf so sicheren Grundlagen ruhende Anstalt wie die Gothaer ohne Gefahr für ihren eigenen Bestand schreiten kann, entspricht nicht allein un höchsten Maße der ausgleichenden Gerechtigkeit, sondern trägt auch eine ganz außerordentliche wirtschaftliche und moralische Bedeutung in sich. Man bedenke doch einmal, daß von den 70 000 Teilhabern der Bank bei der jetzigen Ausdehnung der Wehrpflicht, wenn der Landsturm aufgeboten würde, vielleicht nahezu die Halste zum Kriegsdienst herangezogen werden könnte. Weitaus die Mehrzahl dieser Versicherungen aber würden außer Kraft treten, wenn das Kriegsrisiko von der Anstalt entweder gar nicht oder nur gegen verhältnismäßig hohe Kriegsprämien übernommen werden sollte. Welche Einbuße an Bürgschaften für die Wohlfahrt der ihrer Ernährer beraubten Familien, oder welcher schwer erschwingliche Aufwand an sofort zu entrichtenden Kriegsprämien! Welche Beruhigung anderseits auf Grund der revidierten Verfassung der Gothaer Bank für so viele Tausende von Familienvätern, die in den Krieg ziehen müssen, daß sie den Ihrigen den Notpfennig der Lebensversicherung für alle Fälle gesichert wissen! Es ist gar nicht zu bezweifeln, daß dies erhebende Gefühl auch der Hingebung für das Vaterland zu gute kommen wird.
Kwmk.
Deutschland.
Vom Kronprinzen.
San Remo, 29. Febr. Abends 11 Uhr 25 Min. Amtlich. Der Kronprinz verbrachte heute (Mittwoch) einen guten Tag. Er begab sich für kurze Zeit auf den Balkon, wo er des schlechten Wetters wegen nur kurz verblieb, und war im klebrigen lange mit Schreiben und Lesen beschäftigt. (S. M.)
Berlin, 1. März. Der Professor der pathologischen Anatomie, Waldeyer, ist nach San Remo abgereist. (Wie vorgestern berichtet, haben die Aerzte in San Remo die Begutachtung des Auswurss des Kronprinzen durch Professor Waldeyer vorgeschlagen.) (St.-Anz.)
Die privaten Nachrichten lauten sehr traurig.
Während die amtlichen Bulletins aus San Remo über das Befinden des Kronprinzen verhältnismäßig günstig lauten, sprechen sich private Berichte ernster aus. Dieser anscheinend so auffällige Gegensatz erklärt sich aber, wenn man berücksichtigt, daß die ärztlichen, für die Oeffentlichkeit bestimmten Berichte in ihrer knappen Form über die Erwähnung äußerlicher Erscheinungen nicht hinausgehen, indessen man in allen wesentlichen Fragen,
um die sich Fürchten und Hoffen bewegt, I auf die Privatberichterstattung angewiesen bleibt. Bon dieser stammen denn auch die mehr oder minder besorgniserregenden Nachrichten der letzten Tage her.
Ueber das Befinden des Kaisers bringt der „B. C." folgende ergreifende Mitteilung:
Der Kaiser ist von den Trauer- und Krankheitsfällen in seinem Hause schwer bedrückt, und wenn der Zwang der Repräsentation vorüber, giebt er sich den Ausbrüchen dieser schmerzlichen Stimmung auch stärker hin. Dieser Tage wurde Generalarzt Dr. Lauer Nachts an das Bett des Kaisers gerufen. Der Kaiser saß, so erzählt man weiter, aufrecht in seinem Bette, Thränen in den Augen. Er klagte, das Schicksal seines Sohnes lasse ihn nicht schlafen, er möchte doch schleunigst nach San Remo reisen. Dem Zureden des Leibarztes gelang es, den Kaiser von diesem Vorhaben abzubringen.
Karlsruhe, 29. Febr. Soeben fand die feierliche Beisetzung der Leiche des Prinzen Lndwig Wilhelm statt. Ungeheuer war die Menschenmenge, welche sich schon vom frühen Morgen an in der Karl- Friedrichstraße, der einzigen Straße, die der Zug zu passieren hatte aufstellte. Die Schloßkirche in der die Leiche bisher sich befand und wo der erste Trauerakt stattfand, konnte kaum die entsandten offiziellen Vertreter fassen.
Der Grobherzog und die Frau Großherzogin wohnten dem feierlichen Akt tieferschüttert bei und Ihr König!. Tochter, Kronprinzessin Viktoria von Schweden. Die Frau Großherzogin konnte sich von dem Sarge ihr geliebten Sohnes nicht trennen, es bedurfte der liebevollen Unterstützung Sr. K- H. des Großherzogs, der mit wahrer männlicher Seele den rötlichen Schmerz ertrug, um die tiefgebeugte hohe Gattin aus der Kirche zu geleiten Die hohe Frau begab sich mit der Frau Kronprinzessin Viktoria im Wagen nach der Stadtkirche.
Alsbald nach Beendigung dieser ersten Feier setzte sich der Trauerzug in Bewegung nach dem ausgegebenen Programm. Bon den Höfen sind fürstliche und andere Abgesandte erschienen.
Unmittelbar hinter dem Leichenwagen folgte Se. K. Hoh. der Großherzog in großer Generals-Uniform, zu seiner Rechten Prinz Wilhelm von Preußen in der Uniform der preußischen Garde-Husaren, zur Linken Prinz Wilhelm von Baden. Wie sah der sonst so leutselig blickende hohe Herr so gramdurchfurcht aus. Bleich und ernst schritt Prinz Wilhelm von Preußen an seiner Seite.
An den Feierlichkeiten der Beisetzung nahmen u. a. nachstehende fürstliche Personen teil: I. Großh. Hoh. die Fürstin von Leiuingen, Prinzessin Marie von Baden, Se. K. H. Prinz Wilhelm von Preußen, Se. K. H. Prinz Wilhelm von Württemberg, Se. K. H. der Erbgroßherzog von Hessen, Se. K. H. der Erbgroßherzog von Sachsen-Weimar, Seine Dnrchl. Landgraf Alexis von Hessen, Se. H. Erbprinz von Hohenzollern, Se. H. Prinz Hermann von Weimar, Se. Hoh. Prinz Friedrich von Sachsen-Meiningen,
Se. H. Prinz Ernst vonSachsen-Meiningen, Se. H.Prinz Ferdinand von Hohenzollern re.
Hinter den Höchsten Herrschaften schlossen sich an die weiteren fürstlichen Persönlichkeiten, die Mitglieder des Großherzoglichen Hauses, die anwesenden fürstlichen Herrn.
An der Stadtkirche angelangt, machte der Zug Halt, die ebenfalls um den Wagen gehenden 16 Unteroffiziere hoben den Sarg heraus und verbrachten ihn unter dem Geleite der Allerhöchsten und Höchsten Herrschaften in das Innere. Nach Absingen eines Chorals hielt Herr Prälat Dr. Doll die tiefergreifende Trauerrede. Kein Auge blieb thränenleer. Die Damen vom Hofe waren ebenfalls unterdessen eingetroffen. Als Prälat Dr. Doll geendet, senkte sich unter von Artillerie abgegebenen Geschützsalven der Sarg mittelst Versenkvorrichtung in die Gruft, wo er gegenüber dem Sarge des Markgrafen Max Aufstellung findet. Die Höchsten Herrschaften waren auch hierhin zur Einsegnung gefolgt. Der Segensspruch in der Kirche schloß die Feier.
(Nach dem F. I. und Pf. B-j
Karlsruhe, 29. Februar. Prinz Wilhelm reist heute nacht um lUr Uhr nach San Remo ab.
Karlsruhe. Eine neue großartige Unternehmung wird in nicht allzuferner Zeit in unserer Stadt in's Leben treten, wozu die nötigen Vorbereitungen bereits in vollem Gange sind. Aus dem zum Hause Kaiserstraße Nr. 136, zwischen Wald- und Karlsstraße gehörigen Areal beabsichtigt ein unternehmungslustiger Geschäftsmann eine Badeanstalt mit Schwimmbassin und Einzelkabinetten in großartigem Style zu errichten. Die umfassenden Arbeiten hierzu sind bereits begonnen.
Pfo rzh eim. (GemeinnützigerVerein.) Sonntag, 4. März, abends 8 Uhr, im Postsaale Vortrag des Herrn Professor Stahlcnbeck aus Berlin über „Die evangelische Kirche und ihre männliche Jugend." Jedermann hat Zutritt.
Pforzheim. (Protestanten-Verein.) Vortrag des Hrn. Stadtvikar Lepp über „Lebens- und Weltanschauung im Buche Hiob," Montag 5. März, Abends 8 Uhr im Saale der „Post."
Pforzheim. Brotpreise der Bäckergenossenschaft vom 1. März 1888. ! Schwarzbrot 1. Sorte: lange Form 2 Kilo 50 Pf., lange Form 1 Kilo 25 Pf, runde Form 2 Kilo 48 Pf., runde Form 1 Kilo 24 Pf., 1 Weißbrot 17 Pf.. 1 Tafelbrot 20 Psg.
Die deutschen Briefsäcke für die Vereinigten Staaten von Amerika, welche dem am Sonntag abend von Southampton nach Newyork weitergehenden Schnelldampfer des Norddeutschen Lloyd in Southampton zugeführt werden, mußten mit Rücksicht auf die an Sonntagen in England eintretende Beschränkung des Postbeförderungsdienstes bisher schon am Samstag in London eintreffen, um noch an demselben Tage von da Weiterbeförderung nach Southampton zu finden. Die britische Postverwaltung hat neuerdings in entgegenkommender Weise Maßnahmen dahin getroffen, daß die deutsche Post für Amerika fortan am Sonntag von London nach Southampton weitergesandt werden kann.