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Kwnik.
Deutschland.
Unser Kronprinz hat das Glückwunschschreiben der Preußischen Großlogen zu seinem Geburtstage wie folgt beantwortet :
Die Wünsche, welche die drei preußischen Großlogen Mir zu meinem Geburtstage und zu Meiner, baldigen Wiederherstellung ausgesprochen haben, erkenne Ich gern als den Ausdruck der Treue und Ergebenheit an. Mit dem Danke hiefür verbinde Ich den Wunsch, daß die Maurerei ihre wohlthuende Wirksamkeit in immer weitere Kreise tragen möge. Für Mich war sie mir eine Quelle, das mir auferlegte Leid in Ergebenheit gegen den Willen Gottes zu tragen. Zu ihm blicke Ich auch voll Vertrauen empor, und hoffe, daß Ich in nicht allzu ferner Zeit genesen mit den Meinen in die Mitte des geliebten Vaterlandes und in die Residenz zurückkehren kann. Ihnen und allen Aogen sende ich meinen Gruß.
Der stellvertretende Protektor.
Friedrich Wilhelm, Kronprinz.
Im Reigen der parlamentarischen Nachrichten steht diejenige vom Scheitern der K o rn zo ll v o rla g e in der zu ihrer Vorberatung eingesetzten Reichstags- Kom Mission voran. Am Dienstag lehnte dieselbe nach sehr lebhaften und eingehenden Verhandlungen und nachdem Abg. v. Ow (Reichspartei) seinem Antrag, sämtliche landwirtschaftliche Zölle um 33'/- Prozent zu erhöhen, zurückgenommen hatte, alle anderen Anträge auf Erhöhung der Zölle auf Weizen, Roggen und Hafer und ebenso die Regierungsvorlage selbst ab. Da bei diesem Stande der Dinge eine weitere kommissarische Behandlung der Kornzoll-Vorlage zwecklos erscheint, so wird es also dem Plenum überlassen bleiben müssen, entscheidende Beschlüsse herbeizuführen und wie dieselben ausfallen werden, läßt sich vorläufig noch nicht übersehen.
Berlin. Der Verein ehemaliger Kameraden des 2. (pommerschen) Armeekorps beging die Feier der Schlacht bei Champigny am 1. d. M. in der Berliner Ressource. Der Einladung des Vereins waren, wie alljährlich, eingedenk der bei Champigny zwischen Württemberger und Pommern geschlossenen Waffenbrüderschaft die sämtlichen hieher kommandierten Offiziere des pommerschen und kgl. württem- bergischen Armeekorps gefolgt.
München, 6. Dezember. Wie das „Frcmdenbl." mitteilt, hat der württ. Gesandte, Frhr. von Soden, das Geschenk Sr. Maj. des Königs von Württemberg an den Papst, ein prachtvolles, in Gold und Silber ausgeführtes Kruzifix, dessen Spitze ein Rubin von außerordentlicher Größe schmückt, bei der hiesigen Nuntiatur abgegeben.
Der Großherzog und die Großherzogin von Baden sind am Donnerstag in Berlin eingetroffen und im königlichen Palais abgestiegen.
In Frei bürg i. B. haben sich so zahlreiche Familien aus England niedergelassen, daß dieselben bereits die Erbauung einer Kirche anstreben. Die Mittel
werden durch freiwillige Beiträge aufgebracht.
Baden-Baden, 3. Dez. Die Bauwut wird immer größer, alle Jahre entstehen neue Hotels. Bis zur nächsten Saison hat Baden-Baden wieder zwei neue Hotels, zwei neue Luftkurstationen und ein Sanatorium für Nervenkranke, obgleich die diesjährige Saison mit einem Minus von 5000 Gästen gegen 1886 abschloß. Zahlreiche auf Spekulation gebaute Villen harren noch des Käufers.
Mannheim, 6. Dezember. In der Neckar-Vorstadt stürzte heute vormittag eiu zweistöckiger Neubau zusammen. Acht darin beschäftigte Maurer wurden mehr oder minder schwer verletzt und mußten in das Hospital gebracht werden.
Pforzheim. Bei der am 3. d. M. stattgehabten Viehzählung ergaben sich in der Stadt Pforzheim und auf den dazu gehörigen Hofgütern Buckenberg und Haidach 319 Pferde, 550 Stück Rindvieh, 14 Schafe, 332 Schweine, 212 Ziegen, 325 Bienenstöcke (darunter 257 bewegliche und 68 unbewegliche,) 680 Gänse, 424 Enten, 1521 Tauben und 3041 Hühner. (Pf. B.)
Der Bienenzucht-Verein Pforzheim hält Sonntag, den ll.ds. Mts., Mittags 3 Uhr, m der Mürrle'schen Brauerei General-Versammlung.
Pforzheim, 6. Dez. Nächsten Samstag, Sonntag und Montag findet hier die IV. große Ausstellung des „Süddeutschen Kanarienzüchterbundes", und zwar im Gasthof zum Römischen Kaiser statt.
Württemberg.
Zur Bewerbung ausgeschrieben: die Schulstelle Langenbrand, Bezirks Neuenbürg.
Durch Beschluß der K. Regierung für den Schwarzwaldkreis vom 6. Dez d. I. wurde David Kepplcr, Gemeindepfleger von Oberreichenbach, OA. Calw, zum Schultheißen dieser Gemeinde ernannt.
Stuttgart. Die Weinachtsausstellung des württ. Kuustgewerbevereins ist eröffnet worden.
Stuttgart, 6. Dez. Die vereinigte staatsrechtliche und volkswirtschaftliche Kommission der ersten Kammer berät zur Zeit den von der zweiten Kammer bereits erledigten Gesetzentwurf, betreffend das landwirtschaftliche Nachbarrecht, den die Standesherrn wegen der Kürze der Zeit in der letzten Tagung nicht mehr in Behandlung nehmen konnten.— Der Landtag tritt Mitte Januar wieder zusammen.
Stuttgart, 7. Dez. Gestern abends 7 Uhr wurde der resign. Apotheker Esen- wein in der Tübinger Straße von der Pferdebahn überfahren und blieb tot auf dem Platze. Der 75jährige alte Herr war etwas schwerhörig und mag sich über die Richtung des herannahenden Wagens getäuscht haben.
Stuttgart, 9. Dezbr. Gustav Rümelin, der hochverehrte Kanzler unserer Landesuniversität begeht am 9. Dez. die Feier seines Doktorjubiläums.
Cannstatt, 8. Dez. Oberbürgermeister Na st von hier ist mit 3241 St. zum Abgeordneten des Oberamtsbezirks gewählt.
Ulm, 7. Dez. In der Waschküche des Spitals explodierte eine durch Gaskraft getriebene Windmaschine unter heftigem Knall. Die Maschine wurde völlig zerrissen, 3 Waschfrauen, sowie der Heizer schwer verletzt. Die Verwundeten wurden von dem rasch herbeigeeilten Spitalarzt bewußtlos aufgefunden. Dieselben haben schwere Verletzungen an Kopf und Armen erlitten, so daß Lebensgefahr heute noch nicht ausgeschlossen ist.
Letzten Samstag wurden in Nagold die Bauplätze auf dem Brandplatz vom 28. August versteigert. Auf die Stelle von den abgebrannten 26 Gebäuden kommen nur noch 10 zu stehen. Mitten durch den Platz führt jetzt eine breite Straße.
Ausland.
Zwischen Wien und Petersburg beginnt ein schärferer Wind zu wehen, die Rüstungen und Truppenzusammen- ziehungen in Russisch-Polen haben am Wiener Ballhaus-Platz großes Unbehagen verursacht und diese Empfindung giebt das offiziöse Wiener „Fremdenblatt" in nicht mißzuverstehender Weise Ausdruck. Mit Recht meint das Blatt, daß die sich mehrenden Meldungen über die russischen Rüstungen zuder allseitig betonten Friedensliebe und den Hoffnungen, welche an die Berliner Kaiserbegegnung geknüpft worden seien, in einem befremdlichen Gegensätze stünden. - Man darf gespannt darauf sein, welche Antwort von Petersburg aus dem Wiener Regierungsorgane auf dessen ebenso scharfe wie deutliche Sprache werden wird. Jedenfalls wird man sich in Petersburg erinnern müssen, wie Fürst Bismarck in der Audienz beim Czaren den „Casus koeäerm", den Bündnisfall zwischen Deutschland und Oesterreich- Ungarn, so energisch betonte!
Paris, 7. Dez. Ein Kabinet Goblet ist heute das wahrscheinlichste. Kommt es dazu, so mag man sich daran erinnern, daß Goblet im April mit Boulanger für eine partielle Mobilmachung infolge des Falles Tchnäbele gestimmt und daß nur der Widerspruch von Grevy und Flourens diese Maßregel verhindert hat.
Aus Rom, 2. Dez. wird der Frkf. Z. geschrieben: Das württemb. Königspaar wurde, wiewohl es sich einen offiziellen Empfang verbeten hatte, gleichwohl von den Behörden am Bahnhof von Castello bei Florenz bei seiner Ankunft erwartet. Die Villa Quarto, in der ihre Majestäten das Absteigequartier nahmen, liegt unweit von der Station Castello in der Nähe der dem ital. Königshause gehörigen Villa della Petraia.
Rom, 5. Dez. Die Nachrichten über die Zerstörungen, die das Erdbeben in Calabrien angerichtet hat, lauten erschrecklich. Bisignano ist ganz zerstört. Verhältnismäßig geringer ist der Verlust an Menschenleben; bisher wurden 30 Leichen und 60 Verwundete gezählt. Es sind 900 Häuser eingestürzt und 3000 Menschen obdachlos. Längs der Eisenbahnlinie Cosenza- Sibari blieb kein einziges Wächterhausunversehrt. Ein Stationsgebäude ist vollständig zusammengestürzt.
Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Me eh in Neuenbürg.