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seine Sonntagskleider an. Er öffnete den Kasten, in dem sich sein Arbeitszeug be­fand und entnahm diesem einige Gegen­stände, die er mit äußerster Vorsicht in der Brusttasche seines Rockes verbarg.

Mit ungelenken Fingern und in ge­brochenem Deutsch schrieb er dann einen Zettel, den er auf den Tisch niederlegte. Er teilte seiner Frau mit, daß er in dringender Angelegenheit mit der Eisen­bahn zu seinem Landsmann und Freunde Pandolfo fahren müsse, und erst am nächsten Tage zurückkehren werde.

Wie ein Flüchtling verließ er dann sein Haus, dessen Thür er mit zitternden Händen verschloß.

Eilig wanderte er nach dem kleinen Bahnhofe in der Nähe der Arbeiterkolonie, den er gegen Mittag erreichte. Mit über­legter Absicht unterhielt er sich hier mit dem Bahnhofsbeamten, der ihm persönlich bekannt war und teilte ihm mit, daß er drei Stationen weit fahre und erst am nächsten Tage zurückzukehren gedenke.

Der Lokalzug traf ein. Menico be­stieg ihn zu kurzer Fahrt, denn sein Reise­ziel war nur ungefähr drei Meilen ent­fernt.

Wer aber den Mann bei der Ankunft am Bestimmungsorte beobachtet Hütte, wäre sehr bald zu der Ueberzeugung ge­kommen, daß der angebliche Besuch nur ein Vorwand sei.

Menico durchschritt nämlich den Ort aufs schnellste, ohne irgend jemand aufzu­suchen, dann wendete er sich zurück, um­ging das Dorf und schlug den Rückweg nach seinem Wohnorte wieder ein.

Warum suchte er so einsame Pfade? Warum scheute er selbst Umwege nicht, nur um sich im Walde zu halten und sich vor den Augen jedes Menschen zu ver­bergen?

Fürchtete er, daß man auf seinem Ge­sichte verräterische Anzeichen des entsetz­lichen Racheplans bemerken könnte, den er in den verzweifelten Stunden der vorigen Nacht sich ansgesonnen hatte und dessen Ausführung er um jeden Preis jetzt vornehmen wollte?

Die drei Meilen Weges waren von dem in wilder Aufregung dahin stürmen­den Mann, trotz der Umwege, die er machte, bald zurückgelegt. Ungefähr eine viertel Meile vor seinem Häuschen, in dem seine Frau und Kinder wohnten und welches bisher sein ganzes Glück um­schlossen hatte, machte er im Dickicht halt, denn die Sonne stand noch zu hoch am Horizont, als daß das furchtbare Unter­nehmen bereits Aussicht auf Erfolg und Vollendung hätte haben können.

Wie das verwundete Tier des Waldes sich in das Dunkel des Dickichts zurück­zieht, um in Einsamkeit und Verzweiflung zu sterben, so hatte der bis in das Innerste seines Herzens getroffene Mann die Ab­geschiedenheit aufgesucht, um erst seinen Schmerz austoben zu lassen und dann mit Gewalt in seinem Innern die furcht­barsten Gefühle der Rache aüfs neue zu erregen.

(Fortsetzung folgt.)

Das Wermächlnis.

Eine wahre Begebenheit aus dem Kriegsjahr 1870, mitgeteilt von H. von Darner.

(Fortsetzung.)

Die Dampfschiffe legten bei Serneck an und brachten Galle aus Nah und Fern; fröhliches Geplauder, Helles Lachen schallte durch die Räume des Schlosses und durch die verschlungenen Wege des prachtvollen Parkes. Ein glänzendes Diner und ein sich daran schließender Ball erhöhten die Freude des Festes. Auch im Dorfe war Lust und Fröhlichkeit. Der Graf hatte auf der Geineindewiese frei­gebige Bewirtung gewährt. Würfel- und Schießbuden waren aufgestellt und mit Lustbarkeiten aller Art vertrieb man sich die Zeit. Am Abend aber zog sich Alt und Jung zurück und tanzte um die alte Dorflinde, die im Sommer zur Feier­abendstunde ein Liebingsplatz der Dorfbe­wohner war.

Das junge Brautpaar im Schlosse hatte sich aus dem heißen Gewühl des Ballsaals fortgestohlen und atmete auf der Terrasse die von Rosen- und Linden­blütenduft durchzogene balsamische Luft. Es war eine köstliche, milde Sommer­nacht, so still und feierlich wie die Stimm­ung der beiden Glücklichen, die jetzt eng aneinander geschmiegt sich dem märchen­haften Zauber der sie umgebenden Pracht in stummer Seligkeit Hingaben. Die Nachtigall im Fliederbusch ließ ihr melo­disch-süßes Liebeslied ertönen, Blüten und Blumen entsendeten die köstlichen Wohl­gerüche und Leuchtkäfer gaukelten gleich Irrlichtern durch die dunklen Gänge des Parkes. Unten rauschte leise der Rhein und seine Wogen brachen sich plätschernd an den Steinen des Users. lieber dies feenhafte Bild goß der Mond sein magi­sches Licht und spiegelte sich in den blauen Augen der schönen Braut, die verklärt zu dem Geliebten empor sah. Leidenschaft­lich preßte Egon die zarte Gestalt an sein Herz und vor innerer Erregung bebend flüsterte er ihr zärtlich iu's Ohr:O Aglao, wie ich Dich liebe!"

Ein Windstoß fuhr plötzlich durch den Kamin, so daß die Flammen hell auf­prasselten. Aglae schreckte jäh aus ihren Träumereien empor und sich besinnend sah sie sich der traurigen Wirklichkeit zurück­gegeben. Fest preßte sie die Hände auf ihr laut klopfendes Herz und ihre Lippen hauchten Gebete für den fernen Geliebten, der nach den kurzen Tagen des sonnigsten Glückes sie wieder verlassen mußte, um den Fahnen seines Regiments zu folgen und zu kämpfen für König und Vaterland.

Bisher halte ihn Gott beschützt, erst seit der Schlacht bei Sedan waren die Briefe ausgeblieben, und seitdem lag ahnungs­schwer ein beklemmendes Angstgefühl auf ihrem Herzen, ihr Ruhe und Frieden raubend. Auch jetzt überfiel sie wieder diese unnennbare Vorahnung kommenden Unglückes und verwischte die glücklichen Erinnerungsbilder, die sie für kurze Zeit der Gegenwart enthoben hatten. Die nächtliche Stille und Einsamkeit um sie her erschien ihr auf einmal unerträglich, sie versuchte mit aller Willenskraft sich von dem drückenden Banne frei zu machen, der sie gefangen hielt, doch umsonst.

Plötzlich wurde ihre Aufmerksamkeit durch eine unruhige Bewegung des Leiden­den nach dem Krankenbett gelockt, und ihrer übernommenen Pflichten sich wieder bewußt werdend, beugte sie sich über den Verwundeten und flößte ihm vorsichtig Arznei ein, untersuchte den Verband und wollte sich eben auf ihren Posten zurück­ziehen, als die schwache Stimme des Kranken sie rief.Schwester," bat er diese leise,hören Sie, was ich Ihnen sagen muß, und empfangen Sie das Ver­mächtnis eines Sterbenden."

Er hob mit kaum verständlicher Stimme an:Es war am Tage der Schlacht von Sedan, als wir Franzosen verzweiflungs­voll kämpften, um mit unserm Blut und Leben die Feigheit unserer Führer zu rächen. Mein Regiment und preußische Dragoner waren hart aneinander gekommen, und nachdem die ersten Attaken mißglückt, kämpften wir buchstäblich Mann gegen Mann.

Die Schwadron eines jungen Ritt­meisters, der mit außerordentlichem Mut seine Dragoner zu Kampf und Ausdauer anfeuerte und aus seinem Pferde stets im heftigsten Kampfgewühl zu sehen war, stand meinen Truppen gegenüber. In der Hoffnung, daß mit dem Verlust dieses ge­fährlichen Führers unsere verzweifelte Lage sich günstiger wenden könnte, konzentrierte ich mein Augenmerk auf ihn, und als sein Schimmel in meine Nähe kam, legte ich schnell entschlossen auf ihn an und schoß ihn nieder. Noch sah ich. wie er und sein Pferd sich überschlugen, dann wurde es dunkel vor meinen eigenen Augen und von einer Kugel getroffen brach auch ich zusammen.

(Fortsetzung folgt.1

(Papierne Crescenz.) Ein Restaura­teur in Göttingen hatte zum Universitäts- jabiläum von einer Niersteiner Weinfirma Wein in Kommission genommen. Der Wein führte die Etikette:83er Nier­steiner." Nach dem Feste stellte der Restau­rateur den Rest des Weines der Handlung zur Verfügung. Darauf erfolgte der schriftliche Bescheid, der Wein sei an ein Militärcasino in Wilhelmshafen verkauft. Gleichzeitig wurde der Restaurateur ge­beten, die Absendung zu vermitteln, jedoch vorher von sämtlichen Flaschen die Be­zeichnung83er Niersteiner" zu entfernen und statt derselben die von der Weinhand­lung übersandten Etiketts mit der Auf­schrift:74er Hochheimer" aufzukleben.

sSahnenkuchen.j 165 Gr. zu Schaum gerührte Butter, ein Viertel Liter saure Sahne, wie man solche zum Buttern nimmt, 2 ganze Eier und 125 Gr. Zucker werden untereinander gerührt und nach und nach ein Pfund Mehl und ein halber Theelöffel Salz dazu gegeben. Dann wird dieser Teig dünn angerieben, mit Ei be­strichen , und zur Vermeidung des Auf- blasens im Ofen mit einer Schere oder einem Messer geschnippt. Nachdem der Kuchen im Ofen etwas gestanden hat, wird er wieder herausgenommen, mit Rosenwasser besprengt, mit Zucker und Zimmt bestreut und dann völlig ausge­backen.

Redaltion, Druck und Verlag von Jak. Me eh in Neuenbürg.