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welcher von seinem Karren herab wunder­bare Arkana gegen jedes mögliche Gebreste anpries. In dem Gedränge, das nun ent­stand, wurden Hildegards Angreifer zu­rückgeschoben, und außerdem wurde deren Aufmerksamkeit für einen Augenblick von ihrem Opfer ab und auf den Quacksalber gelenkt; dies benutzend zog Afra mit rascher Besonnenheit das halb betäubte Mädchen in den dunklen Thorweg eines Hauses, welches, wie sie wußte, einen Durchgang nach einer andern Straße hatte. Die wütende Menge war dadurch von Hilde­gards Spur abgelenkt und es gelang den Frauen, glücklich die Herberge zu erreichen, wo sie abgestiegen waren. Ohne Säumen befahlen sie ihre Pferde zu satteln, und zum großen Leidwesen des Wirtes, der von dem Vorgesallenen nichts wußte, und für seine vornehmen Gäste schon ein gutes Mahl hatte Herrichten lassen, verließen sie sogleich die Stadt, deren Boden wirklich unter ihren Füßen brannte. Als sie das Stadtthvr hinter sich hatte, brach Hilde­gard in einen Strom von Thrünen aus.

O mein Gott!" schluchzte sie, wie entsetzlich waren die zornigen Gesichter, die geballten Fäuste und die drohenden Verwünschungen dieser Menschen, denen ich doch wahrlich nichts zuleide gethan! Ich hatte doch keine Schuld daran, daß der Knabe auf meinem Arme in Krämpfe fiel, ich hätte ja gern mein Herzblut ge­geben, wenn ich dabei dem armen, kleinen Wesen, das meines Vaters Züge trug, Erleichterung hätte schaffen können."

Eine schlimme Begegnung," sagte die Muhme, die so zitterte, daß sie sich kaum im Sattel halten konnte,wir müssen Gott danken, daß wir in Sicherheit sind, es fehlte nicht viel und sie warfen dich in den Rhein. Siehst du nun endlich ein, Hilde, wie recht ich hatte, als ich dich warnte, nicht in die Fußtapfen der verrufenen Falkeneckerin zu treten? jetzt nennen sie dich schon eine Hexe! Nie mehr darfst du bei Mondschein Kräuter sammeln, nie mehr Heiltränke brauen nach den Vorschriften des Zauber­buches, wenn du nicht auf dem Holzstoß enden willst." Hildegard schauerte zu­sammen.O. Muhme, sprich nicht so schreckliche Worte! Ich habe ja niemals Zauberei getrieben und den Menschen "nur Gutes erwiesen; wie können sie mich zum Dank nur so verläumden und anfeinden?"

Du hast den bösen Schein nicht ge­mieden, Hilde. Es ist schon manche um geringeres als Hexe auf dem Holzstoß verbrannt worden, also hüte dich! hüte dich!"

Hildegard antwortete nichts, und schweigend rillen die Frauen nach dem Lindenhof zurück, wo sie den Abend des Festtages, den sie so heiter begonnen, in recht trüber Stimmung verbrachten. Hilde­gard zog sich früh in ihr Gemach zurück, aber sie suchte nicht ihr Lager, sondern öffnete das Fenster, das nach dem Walde hinaus ging, und blickte sinnend hinaus in die mondhelle Sommernacht.

Die Luft war still, nur zuweilen ließ ein Windhauch die Baumwipfel leise rauschen, der Mond malte Helle Kreise auf den grünen Moosboden, und ließ die schlanken Stämme der Birken, die am Waldrand standen, silbern erglänzen. Jetzt

begann eine Nachtigall ihr sehnsuchtsvoll klagendes Lied, eine zweite antwortete, aber die schluchzenden Töne, denen Hilde­gard mit Entzücken lauschte, wurden jäh unterbrochen durch das mißtönende Ge­schrei eines Käuzchens, das auf einer nahen Eiche nistete, und sie schrack zusammen, als der unheilkündende Ruf des licht­scheuen Vogels ihr Ohr traf. Sie ge­dachte der Stunde, in der sic einst auch so wachend in die mondhelle Sommer­nacht hinaus geschaut, das Herz so von Glück und froher Hoffnung geschwellt, daß sie gemeint, die Fülle dieser Selig­keit gar nicht tragen zu können, und wie sie dann im nächsten Augenblick all ihr Glück zerstört, ihr Vertrauen getäuscht,

ihre Liebe verraten gesehen. Und

das bittere, tödliche Weh, da sie damals empfunden, durchzuckte von neuem ihr

Herz. Dann tauchte aber wiederum

von all' dem alten Zauber umflossen das Bild des noch immer so heiß geliebten Mannes vor ihr auf: war sie nicht viel­leicht doch zu hart gegen ihn gewesen, Hütte sie nicht vergeben, und an seiner aufrichtigen Reue, seinem ehrlichen Willen, ihr ein treuer Gatte zu werden, sich ge­nügen lassen sollen? Es war das erste Mal, daß sie diese Frage sich vorlegte, und wie ihr Stolz sie auch noch so ent­schieden verneinen wollte, eine leise Stimme in ihrem Innern mahnte immer:Die wahre Liebe verzeiht alles, sie ist nach­sichtig und duldsam."

(Fortsetzung folgt.)

Keitverfahren der Tiere.

(Nachdruck verboten.)

Eine Kundgebung des tierischen In­stinktes, jenes geheimnisvollen Triebes, der mit unfehlbarer Sicherheit den lebenden Geschöpfen stets das Rechte und Zweck­mäßige lehrt, ist auch die Art, wie die­selben sich im leidenden Zustande behandeln, und zwar wohl auch die wunderbarste von allen. Wenn der Vogel zur rechten Zeit seinem Wandertriebe folgt, zur rechten Zeit sein Nest baut und die richtigen Stoffe dazu verwendet, wenn das Raubtier mit allen ihm gegebenen Waffen und Mitteln sich der Beute bemächtigt, der Hund meilen­weit die Spur des Herrn verfolgt, so sind das Aeußernngcn des Instinktes, die sich auf die gewöhnlichen, notwendigen Vor­kommnisse des tierischen Lebens beziehen das Heilverfahren dagegen findet bei n n - gewöhnlichen Fällen Anwendung und ist jedem einzelnen genau angepaßt.

Es giebt kaum eine Form des Kuriercns, die das leidende Tier nicht, je nach der Art seines Zustandes, für sich benutzt. Am häufigsten begegnen wir der örtlichen Behandlung. Hunde, Katzen und andere Tiere ihrer Gattung heilen Wundschäden durch Belecken der kranken Stelle; wenn diese mit der Zunge nicht erreichbar ist, be­fördern sie den heilenden Speichel auf andre Weise dahin. So beobachtete man, wie ein Dachshund, der sein Auge ver­letzt hatte, die Oberfläche der Pfote wieder­holt beleckte und das kranke Auge damit bestrich. Große Tiere entledigen sich ihrer Parasiten durch Wälzen im Schlamm oder Lehm. Bei Verwundungen so schlimmer Art, daß das betreffende Gliev nur noch

lose hängt und ein Anheilen unmöglich ist, sieht man Vierfüßler jeder Gattung die Amputation durch Abbeißen vollenden. Auch eine gegenseitige Hilfsleistung wird nicht selten beobachtet. Der Naturforscher Latraille schnitt einer Ameise die Fühl­hörner ab und sah, wie sogleich die Kameraden herbeiliefen und den ver­wundeten Teil mit einer durchsichtigen Flüssigkeit, die sie aus ihrem Munde strömen ließen, benetzten.

Blutungen wissen verschiedene Affen­arten sehr geschickt zu stillen, indem sie die Hand fest auf die Wunde halten oder dieselbe mit Gras oder Blättern verstopfen,

Eine große Rolle im Heilverfahren der Tiere spielt das Wasser; der selige Prießnitz und seine Nachfolger können nicht mehr von diesem kühlen Element gehalten haben, als unsre tierischen Mitgeschöpfe. Bei jedem fieberhaften Zustande wenden sie es innerlich und äußerlich an. Einen Jagdhund, den eine Natter in die Schanze gebissen hatte, sah man den Kopf wieder­holt in fließendes Wasser tauchen und er genas wirklich. Ein anderer, der von einem Wagen überfahren worden, legt sich in einen seichten Bach und blieb darin bis zu völliger Genesung drei Wochen lang liegen, obgleich die Jahreszeit rauh war. Er verließ das permanente Wasserbad auch nicht einmal, um Nahrung zu sich zu nehmen, man mußte ihm diese bringen. Auch bei Fällen von rheumatischem Fieber, das bei Tieren nicht selten vorkommt, applizieren diese fortgesetzt kaltes Wasser und man kann gewiß sein, daß bei all diesen Kuren mehr zu Grunde liegt als das bloße instinktive Bedürfnis nach Kühlung und Erfrischung.

(Schluß folgt.)

(Angeführt.) Die Schwester lachend: Was ist mit dir, Hans, was fehlt dir?" Der kleine Hans:Ach, was ich ge­trunken habe, ach Gott, ach Gott?" Die Schwester:War es das, was Mama hier auf den Tisch gestellt hatte?"Ja, ja; sie ließ es da in einer Tasse stehen und sagte mir, ich möchte es ja nicht an­rühren, cs wäre etwas zur Mehlspeise, und als sie hinausging, nahm ich einen großen schluck davon, und denke dir, es ist Ricinusöl!" Schwester:Ja, ich weiß schon. Mama meinte, du müßtest welches nehmen, und sie fände es schwer, dich dazu zu bringen; da sagte ich ihr, wie sie es anstellen müßte."

(Sehr verdächtiges Falschhören.) Souffleur:Herr Ritter, ein Pilger, der fürbaß zieht, läßt Euch grüßen." Schau­spieler:Herr Ritter, ein Pilger, der ein Bierfaß zieht, läßt Euch grüßen."

Geographisches Buchstaben-Rätsel.

Uairckan, Oonstaät, OoZZ, Lellalke, Voräen Aus den einzelnen 31 Buchstaben der obigen Ortschaften soll die Bezeichnung für den 2. September 1887 durch Umstellung derselben gebildet werden.

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können täglich bei allen Postämtern ge­macht werden.

Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Me eh in Neuenbürg.