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Deutschland.

Als Zeitpunkt der Einberufung des Reichstags ist, wie man in unterrichte­ten parlamentarischen Kreisen annimmt, Anfang November in Aussicht genommen.

Berlin, 19. Aug. Während der Sonnenfinsternis war der Himmel be­wölkt, der Sonnenkörper selbst nicht sicht­bar. Beobachtet wurde nur an den be­treffenden Stellen des Horizonts eine in­tensive Färbung der Wolken, welche mit dem Steigen der Sonne zunahm, dann allmählich verschwand, worauf eine plötz­liche allgemeine Verfinsterung eintrat. Nach einigen Minuten erfolgte wieder die Wolkenfärbung und es trat Tageshelle ein. Nach den Beobachtungspunkten waren Hunderttausende (?) per Bahn, Wagen und zu Fuß herausgeströmt. (St.-A.)

Frankfurt, 13. Aug. Um Wünschen des schweizerischen Handelsstandes ent­gegenzukommen, hat sich die schweizerische Postverwaltung mit der deutschen Zoll­behörde dahin verständigt, daß Postsend­ungen aus der Schweiz nach Deutschland wenn der Absender den Zoll zu frankieren wünscht, schon in Basel verzollt werden können, sofern dies vom Aufgeber aus­drücklich verlangt wird. Es tritt dadurch für den Adressaten der Vorteil ein, daß ihm die Sendung ins Domizil gebracht wird, während er sich im andern Falle auf das Steuerbureau zur Zollabfertigung begeben und dort seine Sendung in Em­pfang nehmen muß. Für die Vorver­zollung in Basel bezieht die schweizerische Postverwaltung eine feste Gebühr von 50 Cts. für die Sendung. Mehrere Stücke mit einer Begleitadresse werden als eine Sendung betrachtet. Diese Vorverzollung ist nur für Postsendungen anwendbar, welche über Basel geleitet werden und für welche der Zoll vom Absender entrichtet wird. Die bezüglichen Frankozettel wie auch die Zolldeklarationen und die Be­gleitadresse müssen außer der Bezeichnung Franko Zoll" auch die deutliche, in die Augen springende BemerkungIn Bafel zu verzollen", tragen. (F. I.)

Baden-Baden, 17. August. Eine großartige Schwindelei im Betrag von über 100 000 vkL wurde zum Nachteil eines alten und angesehenen hiesigen Bank­hauses verübt. Ein angeblicherOber- Ingenieur" einer Dampfpflugfabrik, der in die ersten Kreise der hiesigen Bürgerschaft sich einzudrängen verstanden hatte, hat mit großer Umsicht und Geduld vermittelst gefälschter Kreditbriefe und Checks den Streich zu Stande gebracht. DerOber­ingenieur", der seit l'/s Jahren hier mit seiner Frau auf großem Fuß, aber ohne Aufsehen zu erregen, lebte, ist verschwunden, seine Frau und sein Sohn (Polytechniker in Zürich) dagegen in sicherem Gewahrsam, weil der Beihilfe und Hehlerei dringend verdächtig. Der Fall erregt hier großes Aergernis.

Württemberg.

Stuttgart, 18. August. Von zu­verlässiger Seite wird uns mitgeteilt, daß am Montag eine definitive Abmachung einiger nicht unbedeutender Mühleninhaber stattfand, welche sich zum Ziel gesetzt

haben, in Stuttgart eine Brotfabrik zu errichten und auf eigene Rechnung zu betreiben. Ein zu diesem Zweck gut­gelegenes größeres Anwesen ist angeboten und soll vom Konsortium der Kauf des­selben genehmigt sein.

Wie man hört, hat der Stuttgarter Liederkranz" die vollständige Kapelle von Ed. Strauß aus Wien unter dessen per­sönlicher Leitung für ca. sechs Concerte gewonnen, und werden dieselben Aus­gangs September zur Zeit des Volks­festes im Festsaal der Liederhalle abge­halten werden.

Die Städte Eßlingen und Heil­bronn veröffentlichen im Staatsanzeiger Nr. 193 die planmäßigen Verlosungen von ihren Stadtobligationen, welche sodann mit dem 31. bezw. 1. Dezbr. 1887 außer Verzinsung laufen. Auch der Kapi- talisten-Verein macht wiederholt be­kannt, daß noch verschiedene verloste Pfand­briefe außer Verzinsung stehen.

Heilbronn, 18. August. Gestern abend wurde in der Frankfurter Straße ein herrenloses Pferd aufgegriffen, das jedoch bald wieder loskam und dem Stall des Gasthauses zur Eisenbahn zulief. Hier stellte es sich heraus, daß es Eigentum des Hotelbesitzers ist und kurz vorher von einem Pferdedieb entführt worden war. Ein zweites im Stall befindliches Pferd hatte der Gauner, welcher bald nachher verhaftet wurde, bereits losgebunden.

Geislingen, 18. Aug. Vorgestern verunglückte ein 45 jähriger Bürger aus Deggingen dadurch, daß er, bei einer scharfen Biegung des Feldwegs von dem mit Klee beladenen, in rascher Bewegung befindlichen Wagen geschleudert, mit dem Genick auf einen Markstein auffiel. Nach einigen Stunden starb er, ohne zum Be­wußtsein gekommen zu sein.

Von der Wassernot, die der trockene Sommer da und dort auf der Alb ver­ursacht, berichtet man derSchw. Kr." aus Hülben, OA. Urach, ein Beispiel: Nicht nur sind alle Brunnen leer, sondern auch die beiden großen Hülen, die als Viehtränke dienen, sind vollständig aus­getrocknet, was, so lange sich die ältesten Leute erinnern können, nicht dagewesen ist. Die 1200 Einwohner sind nun ge­zwungen, ihren ganzen Wasserbedarf im Thale unten, Stunde weit, die ärmeren kübel- die reicheren faßweise zu holen, und zwar ist der Weg so steil, daß mit 2 Pferden nur 3 dl geführt werden können."

Waldsee, 18. Aug. In Gaisbeuren wurde vergangene Nacht der Bierkeller des dortigen Bierbrauers erbrochen und Fleisch daraus entwendet. Der Dieb ließ außerdem noch 5 Faß Lagerbier auslaufen, so daß das Bier mehr als fußhoch im Keller stand. Ein Handwerksbursche wurde unter verdächtigen Umständen in der Nähe aufgefunden und verhaftet.

Grund ach, 19. Aug. Uebermorgen Sonntag den 21. d. findet hier das Fest derFahnenweihe des hies. Sänger­bundes" statt. Den eingelaufenen An­meldungen nach, haben wir zahlreiche Gäste zu erwarten. Möge die Witterung uns günstig sein!

Wildbad. Die Zahl der Kurgäste hat 5000 überschritten. Bei einigermaßen

günstiger Witterung ist noch fortdauernder !

Besuch unserer Heilquellen mit Sicherheit zu hoffen. Gegenwärtig weilt auch Se. i Exz. Hr. Staatsminister Dr. v. Renner !

als Kurgast hier. >

Neuenbürg. Die Beobachtung der !

Sonnenfinsternis war auch ander- l

wärts durch die Witterung gestört. Die ' Sonnenfinsternis blieb für die Augen des Beobachters eine Finsternis, als ob sie der wißbegierigen Menschheit den Gefallen nicht thun wollte, aus der Finsternis her­vorzutreten. Von Stuttgart hatten sich trotz Regens und bewölkten Himmels einige Extrazügler nach Degerloch zum Aussichts­turm aufgemacht, nach der interessanten Naturerscheinung auszuschauen vergeb­lich , sie trafen Regen und sogar feine Schneeflocken. Nur soviel war wahrzu- ! nehmen, daß kurz nach 5 Uhr (um 4.58 !

sollte die Sonne aufgehen) gegen Südost ! und Süden der Himmel sich erhellte, während die übrigen Teile des Himmels Ost, Nord, West sich verdunkelten, Stuttgart sich in Nebel hüllte und das Schneege­stöber heftiger wurde. Die Hoffnung, daß ! die Sonne doch noch durchbrechen könnte, erfüllte sich nicht und so wanderte die gefoppte Gesellschaft fröstelnd nach Hause zurück. (Im übrigen s. a. Berlin)

Schweiz.

Bern, 17. Aug. Die Sammlungen i für die unglücklichen Zuger werden in der ganzen Schweiz eifrig fortgesetzt und ergeben sehr erfreuliche Resultate. In Zug selbst hat sich eine Fachkommission an die Arbeit gemacht, durch Bohrungen den Grund, auf welchem die westlichen Teile der Stadt stehen, zu untersuchen.

Die Ergebnisse derselben sollen durchwegs sehr beunruhigend sein. Etwa 3 Meter über dem Wasserspiegel trifft man fast ^ überall viel Grundwasser und eine viele ! Meter tiefe breiige Masse, die Seekreide, k deren Rutschung Veranlassung zum Ein- ! stürz vom 7. Juli gab. Eines der ge- fährdetsten Häuser in der Vorstadt wird abgetragen. Andere werden dasselbe Schick­sal noch zu teilen haben.

Ausland.

Unwetter in Frankreich. Am 13. !

August verwüstete eine furchtbare, zwei ; Stunden anhaltende Windhose mit Hagel die Gemeinden von Homps und La Re­dorte (Aude) und vernichtete die ganze Ernte dieser Gegend. In Homps war der Schaden nur ein sachlicher; Häuser I stürzten zusammen, Dächer wurden weg­gerissen, die Weinberge vernichtet und die ! Bäume entwurzelt. In La Redorte aber gieng es noch furchtbarer zu. Dort wur­den viele Bewohner unter den Trümmern begraben. Bis jetzt wurden 15 Verwundete aus denselben hervorgeholt. Die Wind­hose war so heftig, daß sie in La Redorte die Wasser der Aude in die Höhe trieb und die Fahrzeuge auf die Ufer warf. , Ein mit 10 000 Kg. beladener Kohlen­wagen wurde 50 Meter weit von der Bahn fortgeschleudert. Die Windhose grenz von Süd-Ost nach Nord-Ost. Der ver­wüstete Strich ist 157 Mtr. breit und 4 Km. lang.