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Fünf Minuten später trat Konrad in das Gemach der Muhme, wo Hildegard ihn schon erwartete.
„Was wünschest du von mir, liebe Hilde?" fragte er mit ernster Freundlichkeit.
„Nichts weiter, als daß Ihr mein Wort zurückgeben sollt," sagte sie tonlos.
Er starrte sie an, als könne er den Sinn ihrer Rede nicht fassen. „Was soll das, Hilde," stammelte er, „ich verstehe dich nicht."
„Ihr werdet mich sofort verstehn, wenn ich Euch sage, daß ich in dieser Nacht im Garten war, als Ihr dort mit — mit meiner Stiefmutter zusammengetroffen seid."
Er fuhr zurück, als habe ihn eine Natter gebissen, und jeder Blutstropfen wich aus seinem Gesicht. Mühsam nach Fassung ringend, sagte er endlich: „Wenn du uns belauscht hast, Hilde, so weißt du auch, daß ich gewillt bin, dir ein treuer Gatte zu werden."
Ein dunkler Blick traf ihn aus ihren Augen. „Und Ihr meint, Hildegard Weise würde heute eines Mannes Ehefrau werden, aus dessen Munde sie gestern gehört, daß er eine andre liebt? Nein, Konrad Overstolz, so demütig ist mein Sinn nicht, daß ich mit den Brosamen vorlieb nähme, die von dem Tisch meiner Stiefmutter fallen. Zwischen mir und Euch ist das Tafeltuch entzwei geschnitten, und nie, niemals werde ich mit Euch den Ehering wechseln. Aber ich will nicht Schande bringen über die, welche meines Vaters Namen trägt, und ich will auch nicht, daß die neu hergestellte Eintracht zwischen den Overstolzen und den Weisen wieder zerstört wird durch den Bruch unsres Verlöbnisses, denn ich weiß, wie nötig es in dieser schweren Zeit für das Heil der Stadt ist, daß Frieden und Einigkeit herrscht unter den Geschlechtern. Deshalb sollt Ihr jetzt Hand in Hand mit mir vor unsre beiden Väter treten und ihnen sagen, wir hätten uns noch in der letzten Stunde darüber verständigt, daß wir nicht Mann und Weib werden könnten, weil die Abneigung, die wir von Anfang an gegenseitig empfunden, die wir aber aus kindlichem Gehorsam zu überwinden gestrebt, allmählich so stark geworden sei, daß uns graute vor dem Gedanken, uns lebenslang aneinander zu ketten. Es wird einen harten Kampf kosten, bis wir unfern Willen durchsetzen, das weiß ich wohl, und ich verlange von Euch, als Sühne Eurer Schuld, daß Ihr in diesem Kampf fest und unentwegt zu mir steht, denn nur wenn Ihr Euch eben so entschieden, wie ich, unsrer Verbindung widersetzt, wird es möglich sein, unser Verlöbnis in Frieden zu lösen. Und nun genug der Worte, kommt jetzt mit mir!" Damit wandte sie sich zur Thüre, aber er legte die Hand auf ihren Arm und zwang sie, stehen zu bleiben. „Nein, Hilde, das darf, das kann nicht sein. Bedenkt, es ist heute unser Hochzeitstag, die Gäste sind versammelt, drüben in der Kirche wartet der Priester schon auf uns, nimmermehr werden unsere Väter darein willigen, daß wir unser Verlöbnis lösen. Versucht es mit mir," fuhr er bittend fort, „es soll Euch bei Gott nicht gereuen! Vergeht, was Ihr gestern
gesehen und gehört, ich war meiner Sinne nicht mächtig. Ich nannte Maria einst meine Braut, ich — habe sie so sehr geliebt, deß- halb erlag ich der Versuchung, als sie mich zum nächtlichen Stelldichein beschied, um, wie sie mir sagen ließ, sich vor mir zu rechtfertigen, und kam," —
„Ja, Ihr kamt," fiel Hildegard bitter ein, „um in verschwiegener Nacht mit meines Vaters Weib zu kosen, und mit meinen eigenen Ohren mußte ich hören, wie heiß Ihr die Falsche immer noch liebt."
Konrad, der bis dahin sein Haupt vor ihr wie schuldbewußt gesengt gehalten, richtete sich jetzt zu seiner vollen Höhe auf und sagte stolz: „Ich that Unrecht, gewiß, und fern sei es von mir, das leugnen oder beschönigen zu wollen, aber ich denke, daß ich in dieser Nacht nichts gethan und gesagt habe, das mich Eurer Ächtung unwert gemacht, und daß ich Euch frei ins Auge sehen kann."
„Meine Achtung," sagte Hildegard, „soll Euch bleiben, dafern Ihr gelobt nie mehr den Pfad von meines Vaters Weib kreuzen zu wollen. Aber zwischen mir und Euch ist alles aus, ich spränge lieber in den Rhein, wo er am tiefsten ist, als daß ich mit Euch vor den Altar treten würde. Und nun zögert nicht länger, begleitet mich zu Eurem und meinem Vater, beiden unfern Entschluß mitzuteilen, aber vergeht nicht, daß Ihr den Preis meines Schweigens über das, was in dieser Nacht geschah, damit zahlen müßt, daß Ihr fest und entschlossen zu mir steht in dem Sturm, der sich jetzt wieder mich erheben wird."
(For tsetzung f olgt.)
Schuh gegen Stechfliegen.
(Von M. Sp. Frhr. v. Sternburg-Lützschena.)
(Schluß.)
VI. In Mecklenburg ist vielfach zum Schutze der Pferde gegen Insekten auf Waldwiesen das Verfahren in Gebrauch, mit einer Mischung, bestehend aus Hirschhornöl, ungereinigter Karbolsäure und Petroleum, zu gleichen Teilen, das Haar der Pferde oder Ochsen an den ausgesetzten Stellen anzufeuchten, wodurch die Fliegen und Bremsen die Tiere ängstlich meiden.
VII. Zum Schutze namentlich des weidenden oder arbeitenden Rindviehes, welches von Bremsen, großen und kleinen Mücken so sehr heimgesucht zu werden pflegt, daß es oft durch das Abwehren derselben ebenso ermüdet wird, als durch die Arbeit selbst, ja sogar sich nicht einmal vor dieser Plage satt fressen kann, ist noch folgende Salbe von sehr gutem Erfolg: Man nehme Aloe, Koloquinten, Ochsengalle, Raute und Weihrauch, von jedem gleich viel, lasse dasselbe in etwas Oel kochen und seihe es dann zuletzt durch. Zum Gebrauch werden den Ochsen und Kühen mit dieser Salbe das Innere der Ohren, die Umgebung der Augen und die sonst den Fliegen besonders zugänglichen Körperstellen bestrichen.
VIII. Schließlich erwähne ich hier noch den Gebrauch des Naphthalins als Schutzmittel. Man nimmt dazu Naphthalin in Spiritus gelöst und setzt dieser Lösung so viel Wasser zu, daß das Naphthalin zu 5 Prozent in der Waschlösung enthalten ist. Für Zugtiere, welche viel auf Wald
wiesen und in feuchten, mit Buschwerk ! durchwachsenen Gründen arbeiten müssen, wo sich das Fliegengeschmeiß namentlich gern aufhält, ist ein Auflegen eines eng- j maschigen Fliegennetzes und von Ohren- ! kappen sehr zweckmäßig. i
IX. Zum Schutze offener Wunden, an welche das Fliegenzeug gern seine Eier legt und sich setzt, bestreiche man diese am ^ besten mit Terpentinöl, Karbolsalbe oder ; stinkendem Tieröl. Das Aussehen von Chlorkalk an mehreren Stellen im Stall hält den Zudrang von Fliegen von außen her wirksam ab.
Zur Linderung der heftig schmerzenden Ttichwunden, welche sich stark ent- !
zündet haben und eine bedeutende Ge- '
schwulst aufweisen, bestreiche und überträufele man diese mit einem säurebindenden Mittel, von denen folgende sich hierzu bewährt haben: a. brauner Tabakssaft (sog. Schmirgel) aus Pfeife oder Zigarrenspitze, welcher das Produkt der trockenen Destillation des Tabaks beim Rauchen vorstellt und durch seinen auf die Gift- süure des Stiches neutralisierend wirkenden Gehalt an kohlensaurem Ammoniak Linderung verschafft; oder b. Salmiakgeist, !
welcher ebenfalls durch seinen Ammoniakgehalt auf die, den Schmerz dieses Stiches bewirkende, sogen. Ameisensäure bindend wirkt; die Hauptsache bei heftigen Entzündungszuständen, welche Gefahr zu -
bringen drohen, ist sofortiges Kühlen.
(Hess. Tierschutzverein.)
Berlin. Desinfektions-Versuche mit Kalk und Kalkpräparaten sind kürzlich in eingehendster Weise in unserem hiesigen hygienischen Institut vorgenommen worden und haben sehr vorteilhafte Resultate gegenüber dem bisher zu Desinfektionszwecken s fast ausschließlich verwendeten Karbol er- > geben. So gelang es mit wässerigen (
Kalklösungen Typhus- u. Cholera-Bazillen in kurzer Zeit dauernd zu vernichten; ebenso bewährte sich die Anwendung von ; Kalkmilch und Aetzkalk zur Desinfektion übelriechender Massen, wo diese Mittel auch unter erschwerenden Umständen ihre Wirkung nicht versagten. Kalk erwies sich von energischster Wirkung bei Desinfek- s tionen, wenn er als pulverisierter reiner Aetzkalk oder als aus diesem bereitete 20- !
prozentige Kalkmilch angewendet wurde.
Die Kosten für Kalk stellen sich erheblich billiger als für Karbol und außerdem hat jenes Mittel vor diesem den Vorzug, daß ihm der scharfe, durchdringende und für leicht reizbare Personen sehr unangenehm empfundene Geruch, wie ec dem Karbol eigen ist, abgeht.
(Hohes Alter von Pferden zu erkennen.) ! Wenn das Pferd neun Jahre hinter sich ( hat, dann bekommt es eine Runzel in das rechte Augenlid, und zwar in der j oberen Ecke des unteren Lides, und in « jedem weiteren Jahre bildet sich eine neue solche wohlentwickelte Runzel. Wenn ein Pferd beispielsweise drei solche Runzeln hat, so ist es zwölf, wenn vier, so ist es ^ dreizehn Jahre alt. Man braucht die ! Anzahl dieser Runzeln nur zur Ziffer - neun zu addiren, und man hat sicher das « Alter des Pferdes. !
Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Meeh in Neuenbürg.