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die sauberen Gäste ein Gedränge; der eine derselben rannte auf einen Bauern los und benützte dann diese Gelegenheit, um dem letzteren sein mit mehreren hundert Mark Papiergeld versehenes Schreibbuch aus der Brusttasche heraus zu praktizieren und sich möglichst schnell aus dem Staub zu machen. Der Bestohlene bemerkte zum Glück sofort seinen Verlust und der Sohn des letzteren konnte den Dieb einholen und festhalten. Nachdem der Fremde die Brieftasche wieder herausgegeben hatte, wurde er von einem Landjäger verhaftet, der ihn hinter Schloß und Riegel führte. Dem Kompagnon des Verhafteten gelang es, sich ungesehen zu entfernen.
Fr e u d e n st a d t, 15. Juni. Der Ausschuß des hiestg.cn Turnvereins hat die Abhaltung des diesjährigen schwäbischen Kreisturnfestes (Württemberg und Hohen- zollern) auf 30. Juli bis 2. August festgesetzt. Dieser Zeitpunkt wurde von dem Ausschuß des 11. deutschen Turnkreises genehmigt.
In der Deckenfabrik in Nagold kam ein Schlosser dem Riemen einer Transmission zu nahe, wurde von derselben erfaßt und mehrmals herumgeschlagen. Die Verletzungen sind bis jetzt nicht lebensgefährlich. — Daselbst wurde einem unvorsichtigerweise auf einen Heuwagen gesetztes Kind beim Umstürzen desselben ein Arm gebrochen. — In Schönbronn hat ein geisteskranker Bauer seine Mutter mit der Axt erschlagen. — In Haiter- bach kam ein Mädchen beim Kaffeekochen dem Herdfeuer zu nahe, stand bald in Hellen Flammen und wurde so übel zugerichtet, daß man für sein Leben fürchtet. — Vor der Station Schwaikheim wurde ein unerlaubter Weise den Bahnkörper überschreitender Mann von der Maschine erfaßt und buchstäblich fast der Länge nach durchschnitten. — Im städtischen Wasserwerk Rottweil wurde der Maschinist vom Schwungrad des Gasmotors erfaßt und sofort getötet.
Neuenbürg. (Kirschenmarkt.) Bei wenig Angebot 18—20 Pf. pr. Pfund.
O e st e r r e i ch.
In der ungarischen Provinzialstadt Paks setzten am 18. d. 250 Wallfahrer mittelst Ueberfahrplätten über die Donau. Ein Sturmwind stürzte das Fahrzeug um, die meisten Insassen ertranken. Bisher wurden 100 Leichen herausgezogen. — Nach einem Telegramm der „Franks. Z." wurden bis Montag abend in Paks 205 Leichen aus der Donau gefischt. 95 Personen werden vermißt, die Katastrophe ist daher weit größer, als die ersten Berichte meldeten.
Ausland.
Die Veranstaltungen in London zur Feier des Jubiläums sind das Großartigste und Glänzendste, was die englische Hauptstadt seit Menschengedenken gesehen hat. Von Piccadilly bei Westminster sind mit rotem Tuch bekleidete Festmaste in der Entfernung von 10 Mtr. errichtet; sie tragen die königliche Krone und sind mit Blumen-Guirlanden unter sich verbunden. Alle Balkone, sind rot weiß und blau ausgeschlagen , vor den Palästen wie denen der Herzöge von Devonshire, Wellington,
vor den Zirkeln rc. sind ungeheure Estraden gebaut, welche bis zu 1000 Personen fassen und prachtvoll geschmückt sind. Zur Beleuchtung sind enorme Summen aufgewendet worden. Die 6000 Fenster des Grand Hotel werden mit Elektrizität beleuchtet, die englische Bank hat 10000 Gasflammen, die Börse 25 000 farbige Oellämpchen verwendet. — Bei dem Galadiner in Buckingham Palace wurde der Jubiläumskuchen aufgetragen; er hat 9^/r Fuß im Umfang, ist zehn Fuß hoch und wiegt ohne die Zieraten 5 Zentner.
Zu den Jubiläumsfesttagen inLondon ist der Restaurationsfirma Spiers u. Pond die Bewirtung der Kinder für das am 22. im Hyde-Park stattfindende Kinderfest übertragen worden. 60 000 Wecken, 30 000 Fleischpasteten, 30 000 Kuchen, 30 000 Apfelsinen und 9000 Gallonen Limonade und Jngwerbier werden zur Labung der Kleinen verwandt werden.
Miszellen.
Zm Urwald.
Brasilianische Erzählung von B. Riedel-Ahrens.
(Nachdruck verboten.)
(Fortsetzung.)
Für den Arzt hatten diese wenigen Minuten hingereicht, zu dem Onkel Serenas ein unbegrenztes Vertrauen zu fassen. Aus seinen ruhigen, groß angelegten Zügen sprach die edle Festigkeit einer sturmerprobten Energie, und in den Augen, aus denen hin und wiever ein Funke schöner Begeisterung leuchtete, lag der wahre, im Kampfe mit dem Leben erworbene Friede einer echten Mannesseele.
„Senhor", begann Alvaro, als er nach kurzer Zwiesprache auf den eigentlichen Grund seines Kommens übergehen wollte, „ich hatte das Glück, Ihre Nichte Donna Serena, von einem anhaltenden Fieber zu befreien; lassen Sie mich ganz offen und rückhaltlos zu Ihnen sprechen, wie die Umstände und mein Vertrauen zu Ihnen es mir eingeben; ich hoffe die Worte eines ehrlichen Mannes in gesicherter Lebensstellung werden Sie nicht beleidigen. In der ersten Stunde, da ich Serena Martinas gesehen, war mein Los entschieden; ihre Schönheit und Lieblichkeit, ihr ganz bezauberndes Wesen brachte auf mich einen so nachhaltigen Eindruck hervor, daß ich mir sagte: diese oder keine auf der Welt! Und, sie teilt meine Neigung," fügte er leiser und zögernd hinzu.
Senhor Ramiro, welcher den Worten seines Gastes aufmerksam gelauscht, war sehr ernst geworden; gesenkten Hauptes saß er regungslos einige Minuten in seinen Lehnstuhl zurückgelehnt, ohne zu antworten; dann richtete er sich auf und sah Alvaro festen Blickes an.
„Sie wissen, daß meine Nichte verlobt ist? fragte er.
„Ja; und das ist der Punkt, weshalb ich zu Ihnen komme, Senhor", sagte Alvaro in wachsender Bewegung, „Serena trug mir auf, Ihnen alles zu offenbaren. Von Anfang an hat sie gegen Vizente Barroso eine entschiedene Abneigung empfunden , aber was vermochte die Arme gegen den Vater, der sie für jenen Mann bestimmte? Sie kennen die Sitten unsres
Landes, welchen den Eltern gestattet, über die Hand der Tochter unbedingt zu verfügen; nicht wahr, auch Sie finden, das solche Eigenmächtigkeit dem humanen Geist der Gegenwart nicht mehr entspricht."
Senhor Ramiro schüttelte den Kopf. „Meine Nichte Serena sendet sie in solcher Mission zu mir? Ich bin in der Thal erstaunt! Junger Mann, der Feuergeist der Jugend möchte wohl auch an den durch das Alter heilig gewordenen Sitten rütteln, ich weiß nicht, ob das eine Wohl- that für uns sein würde. Die unaufhaltsam vorwärts dringende Zivilisation der fremden Nationen wird bald genug da» ihrige thun, ob zu unserm Besten, wer weiß?"
„Senhor Ramiro," entgegnete Alvaro mit inniger, zu Herzen dringender Stimme, „nehmen wir einen Augenblick an, Sie hätten eine Tochter, für die Sie einen nach Ihrer Meinung passenden Gatten gewählt; gesetzt nun, dieses arme Kind trüge im Herzen die Liebe zu einem anderen, so rein und heilig, so stark und gewaltig, daß von ihm sie nichts zu trennen vermöchte als der Tod. Sie würde deshalb zu Ihnen kommen und auf den Knien flehen um Befreiung von der furchtbaren Fessel, was würden Sie ihr antworten?"
(Fortsetzung folgt.)
Logogryph.
Ich wohne mit D im schattigen Wald, Mit L leb' ich im feuchten Element,
Ich bin mit S eine Dichtergestalt,
Ein Tierlein ist mit W mein Produzent.
k. IV.
Nach Berlin. (Post 46.) Der ungenannte gen. Leser wolle seine Adresse gef. Mitteilen, worauf Gewünschtes umgehend folgen kann.
Die Red. d. Enzthälers.
Einladung M Atmwruml
auf den
Hnzthäter
für das dritte Quartal 1 887.
Die geehrten Abonnenten sind freund- lichst gebeten, ihre Bestellungen zeitig zu machen, hier bei der Redaktion, auswärts bei den Nächstliegenden Postämtern, um Unterbrechungen möglichst zu vermeiden.
Die Versendung des Enzthälers geschieht gemäß des in Württemberg in Wirksamkeit getretenen Gesetzes über das Postwesen, wie nach auswärts so auch im Oberamtsbezirk durch die K. Postanstalten. Die geehrten Leser wollen deshalb ihre Bestellungen immer unmittelbar bei ihren Postämtern machen, wo solche täglich angenommen, auch durch die Postboten besorgt werden.
Der Preis des Blattes ist in Neuenbürg vierteljährlich 1 ^ 10 ^Z, monatlich 40 durch die Post im Oberamtsverkehr vierteljährlich 1 ^ 25 monatlich 45 auswärts vierteljährl. 1 ^ 45 monatlich 50 wie bisher ohne weitere Kosten.
Bekanntmachungen ver verschiedensten Art ist durch den Enzthäler unbestritten der beste Erfolg im Bezirk gesichert. -
Arilchm «. Derlsg rkr InMslM.
Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Me eh in Neuenbürg.