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Fabrikation darstellend; Geschenk der Firma Heintze L Blanckerz in Berlin.
Eßlingen. 16. Juni. Heute wurde in der Wirtschaft in Serach der erste Weinverkauf des künftigen Neuen 1887er abgeschlossen.
In Brettach, OA. Weinsberg, wurde die ganze Familie des Müllers W. samt Dienstboten durch einen Hirsebrei, der in einer messingenen Pfanne, die Grünspan gezogen hatte, bereitet wurde, vergiftet. Dem schnell herbeigeholten Arzt gelang es, die meisten Kranken wiederherzustellen, so daß sie jetzt das Bett wieder verlassen können, aber ein Kind starb einige Minuten nach dem Genuß des Breies.
Dobel. Das 25 jährige mit Fahnenweihe verbundene Jubiläum unseres Liederkranzes wird sich, nach den Anmeldungen zu schließen, zahlreichen Besuches zu erfreuen haben. Es werden u. A. auch Vereine von Neuenbürg sich an der Feier beteiligen. Für viele, namentlich auch Touristen, die von Zeit zu Zeit „den Dobel" um seiner Fernsicht und landschaftlichen Schönheiten willen gerne besuchen, bietet sich hier günstige Gelegenheit zu gesellschaftlichem Anschluß, der sie befriedigen wird. Bekanntlich ist man auch in den hiesigen Gasthäusern gut aufgehoben.
Bon einem Bewohner auf dem Schwarzlochwerk wird uns heute ein Sträußchen reifer Heidelbeeren übergeben. —Im Uebrigen ist Heuer nur ein ganz geringer Ertrag von diesen Waldbeeren zu erwarten.
Ausland.
In London laufen, wie man dem „Berl. Tagebl." telegraphiert, seit einigen Gerüchte um, die Fenier beabsichtigen anläßlich des Jubiläums der Königin Viktoria Dynamit-Attentate zur Ausführung zu bringen; man behauptet, die Polizei sei einem weitverzweigten Komplott auf der Spur.
In der durch das Erdbeben zerstörten Stadt Wernyj wurden bisher 800 Leichen gefunden, doch wird angenommen, daß die Zahl der Toten noch weit bedeutender sei. Wernyj, das vor 19 Jahren vom General Kolpakowski gegründet wurde, zählte 3000 Häuser und über 30000 Menschen, vorherrschend Russen.
Miszellen.
Im Urwald.
Brasilianische Erzählung von B. Riedel-Ahrens.
(Nachdruck verboten.)
(Fortsetzung.)
„Wo finde ich ihn?" fragte Alvaro gespannt.
„Er wohnt drei gute Meilen von hier, auf dem Weg nach Santa Anna hinunter, im Walde, ganz allein mit einigen Sklaven, es ist ein Menschenfeind, mich hat er aber von Herzen lieb, und ich glaube bestimmt, auch du wirst ihm gefallen!"
Morgen früh werde ich zu ihm reiten; glaubst du, daß er auf deinen Vater Einfluß hat, Serena?"
„Nein, das glaube ich nicht, aber eine innere Stimme sagt mir, es könne nur Gutes bewirken, wenn Onkel Ramiro von unserer Liebe weiß! O, Alvaro, nicht wahr, sie ist doch keine Sünde? Warum klopft
mein Herz so heftig, wenn du bei mir bist, warum steigt das Blut so brennend in die Wangen, wenn du mich küssest? Es muß doch wohl ein Unrecht sein, was ich hinter dem Rücken meines Vaters begehe?"
Nein, mein Liebling, was dich zu mir führt, ist die heilige Stimme der Natur selbst, welcher du nicht zu widerstehen vermagst. Ist nicht die Welt viel schöner geworden, erscheint dir nicht alles in einem neuen Licht, seit wir uns gefunden? Gewiß darum, weil sich damit ein Teil unsres Lebenszweckes erfüllte. Du bist fortan für mich ein Teil meines eigensten Seins, du bist das einzig für mich bestimmte Weib!"
„Ich glaube dir, Alvaro! Diese Liebe muß wohl von oben kommen, warum würde ich sonst so freudig bereit sein, mit dir zu sterben, da wir vereint nicht leben dürfen? Sieh, ich denke Tag und Nacht an dich, dein Bild steht unausgesetzt vor meiner bangen Seele, selbst wenn ich die Hände zum Gebet falte! Möge die heilige Jungfrau mir vergeben, wenn ich schuldig bin!"
„Sei ruhig, Liebling! Du bist ein Engel, über den das Böse keine Macht hat; folge nur der Stimme deines reinen Herzens, so wirst du immer das Rechte wählen! Drum Mut, Geliebte! Laß mich diese schönen Augen, aus denen mich der Himmel anblickt, noch einmal lächeln sehen, ehe wir heute scheiden: werweiß, vielleicht wendet sich das Schicksal morgen zu unsern Gunsten!"
„Wer weiß", wiederholte Serena zaghaft. Onkel Ramiro ist ein eigenartiger Mensch, so ganz anders wie alle übrigen; was er einmal auf sich nimmt, das ruht in guten Händen. Du wirst sehen, Alvaro; gute Nacht!"
„Gute Nacht, Liebling meiner Seele, schlafe sanft! Bete für mich, wie ich es für dich thun werde."
* *
*
Obgleich der junge Arzt nicht viel Vertrauen zu der Einmischung Senhor Ramiros hegte, bestieg er doch früh am folgenden Morgen sein Pferd und schlug die Richtung des Weges nach Santa Anna ein.
Es war ein trüber Tag im Urwald. Der Himmel mit tiefhängenden grauen Wolken bedeckt, die sich in feinem Sprühregen niedersenkten und in großen schweren Tropfen an den regungslosen Blättern der Gebüsche und Baumkronen hängen blieben. Die Natur schien wie verzaubert unter dem Banne eines Thränenschleiers.
Nach etwa zweistündigem scharfen Ritt hatte Alvaro das von Serena Gezeichnete, gänzlich isoliert liegende kleine Haus, inmitten einer Baumpflanzung, erreicht. Als er sein Tier vor der Pforte des niedrigen Zaunes, welcher die Besitzung umgrenzte, anhielt, brach eben ein blasser Sonnenstrahl durch das dichte Gewölk und rief eine strahlende Welt von tausend bunt glitzenden Farben zum Erwachen. Den wunderbarsten Eindruck aber machte die große Baumgruppe unmittelbar vor dem Gebäude selbst. Auf den Aesten, in zierlichen Gewinden von Zweig zu Zweig geleitet, zeigten sich in seltener Pracht die herrlichen Parasitenpflanzen in ihren
schmetterlingsartigen Blütengestalten, leicht und duftig in den Lüften schwebend. Hj« hatten sorgfältige Hände mit sichtbarer Liebe für die zarten Kinder einer reichen Natur gewaltet; unter der Gewißheit dieses wohlthätigen Einflusses schritt Alvars durch die kurze, zu beiden Seiten mit Palmen bestandene Allee, dem Eingänge des Hauses zu.
Mit dem einen Sonnenstrahl, der diese fremdartige und feehafte Welt um ihn her wie zu einem Jubelrufe wachgeküßt M der feuchten Nebeldecke, war auch etwas von dem Alpdruck, der seine Seele belastete, gewichen.
Auf der Thürschwelle trat Alvaro die hohe und ehrfurchtgebietende Gestalt Senhar Ramiros entgegen. Aus seiner Haltung und dem stolz getragenen Haupte, dessen Locken bereits ergraut waren, sprach eine gewisse ruhige Würde, die ihn von seinen Landsleuten vorteilhaft unterschied.
Der junge Arzt verneigte sich tief. „Verzeihung, Senhor, wenn ich es wage, Sie zu belästigen. Ich komme aus dm Hause Senhor Martinas', Ihres Nachbarn und Verwandten."
„Seien Sie herzlich gegrüßt und willkommen, Senhor! Der Gast meines Schwagers ist auch der meine."
Senhor Ramiro ließ die klaren Augen seines wohlwollenden Antlitzes prüfend auf den Zügen des jungen Mannes ruhen. Was er gesehen, schien ihn zu befriedigen, er lächelte freundlich und führte Alvars in das einfach ausgestattete Wohnzimmer, wo durch die von Weinlaub umrankten Fenster die Sonnenstrahlen auf den sauber gedeckten Frühstückstisch fielen.
(Fortsetzung folgt.)
(Geschäftskniff.) „Kellner, warim empfehlen Sie allen Gästen den Kalbsbraten?" — „Ja, wissen S'. wenn der nicht angebracht wird, müssen wir ihn selber zu Mittag essen.
Wenn zum Handel nur zwei kleine Punkte hinzukommen, wird daraus Händel,
Nach fünf Jahren.
O glückliches Alter.
O freudvolle Zeit!
Walburga und Walter Verlobten sich heut! —
Da unter den Bäumen Süß trunkenen Blick's Berweil'n sie in Träumen Des nahenden Glück's.
Er schnitzt in die Fichte — Ein altlieber Scherz —
Im Abendrotlichte Ein zierliches Herz;
Zwei Buchstaben malt er,
Und gräbt's in den Baum: Walburga und Walter,
O himmlischer Traum!
Fünf Jahr' sind verflossen — So bald, ach so bald! —
Da zieh'n sie verdrossen Und stumm durch den Wald. Das Herz da am Stamme Wie schwand es so jäh!
Es blieb nur der Name —
Das zweifache W!
Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Me eh in Neuenbürg.