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sie legte unbefangen ihren Arm in den meinen. Während sich die Paare ordneten, suhlte ich einen leisen, aber sehr ansdrucksvollen Druck ihres Armes, den ich ebenso behutsam, aber auch ebenso ausdrucksvoll erwiederte.
„Ich habe Ihr Gedicht gelesen," sagte sie zu mir, „es ist reizend, ich habe jedes Wort verstanden, und man fühlt, wenn mans liest, daß es aufrichtig gemeint."
„Das ist cs," versetzte ich. „Wenn Sic wüßten, mein Fräulein . . ."
„Ach, bitte," unterbrach mich Hortense, „sagen Sie nichts, was nicht alle Welt hören könnte. Unser vis-ä-vis, der Lieutenant de Brouillac hat Augen wie ein Luchs und Ohren wie eine Katze. Und er hat Grund, aufzupassen. Ich spreche mit Ihnen noch davon. Waren sic gestern in der Oper? Ich habe mich vergeblich nach Ihnen umgesehen."
Ich dachte an die qualvollen Stunden, die ich mit der unerquicklichen Arbeit, Liebe auf Triebe zu räumen, gestern verbracht hatte, und lächelte bitter: „Nein, mein Fräulein, ich war leider nicht in der Oper, ich war zu Hause und beschäftigte mich viel mit Ihnen."
„Das ist sehr liebenswürdig von Ihnen, aber ich wiederhole meine Bitte: kein verfängliches Wort. Wie finden Sie Tamberlick als Othello?"
„Er hat ein brillantes Brust-eis," versetzte ich.
„Ja, es ist von wunderbarem Schmelz."
„Fräulein Hortense," sagte ich nach einer großen Pause, „wir wollen lieber vernünftig schweigen, als unvernünftig sprechen. Wenn Sie glauben, daß ich mit Ihnen über die Leistungen von Tamberlick in diesem Augenblick sprechen könnte, so irren Sie sich. Sie wissen, welche Frage mir die Lippen verbrennt, Sie wissen-"
„Gut denn, wir wollen schweigen."
Ich sah sie groß an; sie wandte den Kopf etwas beiseite und spielte mit dem Fächer. Entweder besaß dieses kleine Wesen eine Selbstbeherrschung, die ans Unglaubliche ging, oder sie war eine ausgemachte Kokette.
Wir tanzten vorschriftsmäßig unsere Tour und wechselten fast kein Wort. Bei der letzten Tour drückte sie mir gelegentlich so die Hand, daß sich der Ring in meinem Finger tief eingrub. Ich mußte mich beherrschen, um nicht laut aufzuschreien. Dabei sah sie mich mit einem Blick an, der geradezu unheimlich war, fast verzweifelt. Und sie sprach sehr scharf, aber ohne die Zähne von einander zu bringen, das eine Wort: „karter!" Reisen Sie ab!
Der Tanz war aus. Ich führte sie auf ihren Platz zurück. Ich hatte den Tod im Herzen. Ich sagte kein Wort. Ich verbeugte mich maschinenmäßig und wollte mich entfernen; da rief sie mich noch einmal zurück und sagte zu mir: „Ich schreibe Ihnen, denn ich liebe Sie; aber reisen Sie ab! Wohin soll ich meinen Brief richten?"
„koste restante Köln," antwortete ich. „Leben Sie wohl, Hortense."
(Fortsetzung folgt.,
An der Jasse.
Eine Schmuggler-Geschichte.
In der neuesten Zeit hat das Schmuggler- unweseu auf der Grenze zwischen der Schweiz und Italien außerordentlich zugenommen und dadurch mehrfach von sich reden gemacht. Aber auch zwischen deu schweizerischen und französischen Grenzdistrikten wird der Schleichhandel herüber und hinüber schon seit Jahren eifrig betrieben, wie überall dort, wo hohe Zölle auf der einen oder der andern Seite dies verbrecherische Treiben, welches das Volk nirgendwo als ungesetzlich und entehrend ansehen will, lohnend erscheinen lassen.
Wie groß gerade in den zuletzt erwähnten Gegenden die Erbitterung zwischen den Paschern und Grenzern ist, und welche düstere Dramen sich dort zuweilen in stiller Nacht zwischen den Bergen abspielen, das möge dem Leser die nachstehende Episode kundthun, welche die „Berl. Gec.-Ztg." einem Berichte von H. Müller-Darier aus dem schweizerischen Jura nacherzählt.
Es war im vorigen Herbst, und das prasselnde Feuer auf dem Herd ch der Sennhütte von La Tranbelane erschien uns in einer Meereshöhe von 1300 Metern durchaus nicht überflüssig. Der Sturm sauste um das Gebäude und schüttelte draußen die alten Tannen. Um mich herum saßen die Hirten auf mächtigen Holzblöcken und rauchten schweigsam ihre Pfeifen, als uns ein heftiger Schlag gegen die Thüre auffahren ließ. Der Senne, unser Gastgeber, stand auf und öffnete, worauf ein waadtländischer Gensdarm, bis auf die Haut durchnäßt und völlig erschöpft, eintrat. Auf dem Fuße folgte ihm ein schwarzer Pudel. Der Gensdarm legte seinen Mantel ab, stellte seinen Karabiner in einen Winkel und erzählte, daß er, von dem Unwetter überrascht, sich in dem Tannenwalde verirrt gehabt habe.
Man machte ihm Platz am Feuer, er nahm einen tüchtigen Schluck Rum aus seiner Feldflasche und steckte sich dann seine Pfeife an. Das Licht der Herdflamme zeigte mir dabei ein seltsames Gesicht; die Nase war ganz platt gequetscht, die Zähne fehlten, und doch wurden die Züge dadurch nicht abstoßend, da unverkennbare Bravheit und Gutmütigkeit aus den Augen sprach.
Ein allgemeines Gespräch entspann sich, das sich auch bald auf die schwierigen und oft peinlichen Aufgaben der Grenzwächter und die mitunter höchst tragischen Geschicke der Schmuggler lenkte, worüber jeder Anwesende etwas zu erzählen wußte. Als die Reihe an den Gensdarm kam, der sich mittlerweile erholt hatte, sagte er, hauptsächlich zu mir gewendet:
„Ich will Euch die traurigste Geschichte aus meinem Leben erzählen. Vor zehn Jahren war ich, Ihr dürft mir's glauben, ein strammer ansehnlicher Bursche. Ich war auf dem Zollposten von La Cure (die letzte Grenzstation im Kanton Waadt bei dem Fort des Rousscs) detachiert und verlebte dort einen schlimmen Winter; denn die verdammten Pascher machten mir sehr viel zu schaffen, ohne daß es mir je geglückt wäre, einen ordentlichen Fang zu machen.
(Fortsetzung folgt.)
(Ein verbrannter Personenzug.) Heber ' ein am 5. d. M. auf der über den White- Rivcr führenden Holly-Brücke (Bcr. S> Vermont) anscheinend durch Brand statt, gehabtes Eisenbahnunglück werden folgende ' Einzelheiten gemeldet: Man fand ver- kohlte Ueberreste von Menschen in de» ^ Metallklumpen und glühender Asche. Die Hilfe kam verspätet, denn die nächsten Häuser sind zehn Kilometer entfernt, st daß viele, welche nach Abwerfung hinder- i: licher Kleidung durch die Wagenfenster nackt entkamen, in der bitteren Kälte ° starben. Unverkennbare Ueberreste t>o»
40 Leichen sind gesammelt. Die Zahl der - Toten wird auf sechzig geschätzt, abgerechnet diejenigen, welche, durch die Eis- ; decke hindurchbrechend, im Fluß ertränke», j
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(Ein elffacher Mörder.) Aus Brün» s wird geschrieben: „Der gewesene Hausbesitzer und Gastwirt F. Tichy in Leitomischl wurde samt Gattin und Sohn unter der Beschuldigung verhaftet, in den letzte» - fünfundzwanzig Jahren elf Morde vollbracht zu haben. Unter Anderen sollen ei» reicher Viehhändler und ein junger Baron, : welcher kurz vorher einen Treffer gemacht hatte, von dem Verhafteten ermordet worden sein. Die Leiche des Barons wurde ( später im Felde aufgefunden. Zur Entdeckung führte der Umstand, daß jüngst eine wohlhabende Dame, welche in Tichy's Gasthof logierte, plötzlich verschwand, worauf ein Dienstmädchen Alles verriet.
Jetzt ist ein Ueberblick über die gesamte überseeische Auswanderum, ( aus dem deutschen Reiche im Jahre 1888 und ein Vergleich mit den Vorjahren möglich. Es sind im Ganzen im Jahre 1886 über deutsche Häfen und Antwerpen ausgewandert 76 687 Personen, gegen 103 642 im Jahre 1885, 143 586 in, Jahre 1884, 166 119 im Jahre 1883, 193 869 im Jahre 1882 und 210 547 m Jahre 1881. Das letzt genannte Jahr hatte die höchste Ziffer seit 1872 aufgewiesen. Hat sonach die Zahl der Auswanderer auch wieder im vorigen Jahre eine erhebliche Abnahme gegen das Vorjahr erfahren, so ist doch zu beachten, daß die letzten Monate des Jahres im Vergleich , mit denselben Monaten der beiden Vorjahre sich ungünstiger gestaltet haben. Was ; insbesondere den Dezembermonat betrifft, ! so belief sich die Zahl der Auswanderer . in diesem Monat 1886 auf 2754, während derselbe Monat 1885 nur 2177 und 1881 2325 aufwies. Es wird nun abzuwarten ! sein, ob auch der Januar 1887 eine erhöhte Ziffer zeigen und somit eine aber- , malige Zunahme der Auswanderung sich bemerklich machen wird.
Schuster, bleib bei deinem Leisten, Kümmre dich um deine Schuh.
Kommt der Schneider, lehrt dich schustern, Kehrst du ihm den Rücken zu.
Reimspruch von Rob. Reinick.
Wenn verblüh» die Rosen auch, Dornen bleiben doch am Strauch.
Auflösung des Silbenrätsels in Nr. 23.
Der Cölner Carneval.
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