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Neuenbürg, 10. Febr. Einsender dieses erlaubt sich, auf das in diesen Blättern enthaltene Programm für das Konzert des Kirchcnchors und Liederkranzes am Samstag den 12 . d. M. ganz besonders hinzuweisen. Dasselbe enthält neben den Chören, worunter einige für die gegenwärtige Zeit besonders passende, 2 vierhändige Klaviervorträge, Compos. von Mozart und von Weber, 2 Duette für Sopran und Alt von Mendelssohn und Rubinstein und in 2 Piecen, 4 schöne Lieder, gesungen von Hrn. Merklin aus Pforzheim. Wenn auch aus der Anzeige der Dirigent des Konzerts nicht ersichtlich, so ist doch als solcher Hr. Schullehrer Schramm bekannt, dessen angestrengten energischen Bemühungen es in den letzten Wochen, gelungen ist, das Konzert, so wie es das Programm zeigt, zu Stande zu bringen. An zahlreichen Gesangsfreunden wird es am Samstag nicht fehlen; sie unterstützen und anerkennen zugleich das Bestreben der beiden Vereine, unter ihrem bewährten Dirigenten dem weiteren Publikum von Zeit zu Zeit eine musikalische Unterhaltung zu bieten. —r
Ausland.
Paris. 9. Febr. Die Kammer genehmigte das Einnahmebudget und begann die Beratung der außerordentlichen Ausgaben. Sie genehmigte debattelos die Kredite von 86 Mill. für das Kriegsministerium und die 30 Mill. für die Marine.
MisMeu.
Lin aufgefangener Arief.
Ein Erlebnis aus 1870.
(Fortsetzung.)
Es ist nun über zehn Jahre her, als ich sie wenige Tage vor meiner Abreise aus Paris zum letzten Male sah. Sie wollte immer nicht glauben, daß ich ab- reisen würde, sie lachte mich aus, wenn ich davon sprach, und sagte mir:
„Es gefüllt Ihnen ja viel zu gut bei uns. Glauben Sie denn, daß Sie interessanter werden dadurch, daß Sie sich beständig als einen Gegenstand hinstellen, dessen Verlust uns unmittelbar bevorsteht? Sie bleiben bei uns und zwar dauernd. Ich bitte."
„Fräulein Hortense," erwiederte ich, „es giebt nur eine Möglichkeit, welche mich in meinem festen Beschluß, in mein Vaterland zurückzukehren, wankend machen könnte."
„Und diese Möglichkeit wäre?" fragte sie ohne alle Geziertheit.
„Darauf kann ich Ihnen keine Antwort geben. Ich müßte befürchten Ihnen zu mißfallen, wenn ich diese Möglichkeit mit Ihnen erörterte, und ich wünschte doch lebhaft, bei meinem Abschied doch wenigstens die Genugthuung zu haben, daß Sie auch fernerhin mit ungetrübter Freundlichkeit meiner gedenken."
Hortense richtete ihre großen, blauen Augen auf mich, sah mich eine Weile schweigsam an und sagte dann sehr langsam und mit Beionung eines jeden Wortes:
„Ich glaube, Sie zu verstehen. Am 25. März ist mein Geburtstag, Sie wer
den eingeladen werden, ich reserviere Ihnen die erste Quadrille und dann werde ich Ihnen sagen, ob sie abreisen sollen oder nicht. Was auch geschehen möge, Sie wissen, wie ich von Ihnen denke, und wissen, daß ich Sie nie vergessen werde." Sie reichte mir die Hand, die ich langsam an meine Lippen brachte, ohne daß sie dieselbe zurück- zuziehen versucht hätte.
Ich stand auf, nahm meinen Hut, verbeugte mich zeremoniell und sagte beim Abschied: „Auf Wiedersehen am 25. März."
Als ich mich auf der Straße befand, wandte ich mich noch einmal nach dem Hotel de Nanteuil um und gewahrte, Hortense, die am Fenster stand und mir nachsah. Ich bemerkte auch eine Bewegung mit dem Taschentuch, und es schien mir fast, als ob sie mit demselben ihre Augen trocknete. Ich ging trotz der empfindlichen Märzkälte langsamer als sonst die Rue de Seine entlang — das Hotel des Vicomte liegt in dem Aristokratenviertel, dem Faubonrg Saint Germain — und überlegte mir Alles, was vorgefallen war. Kein Zweifel, ich hatte eine verschämte Liebeserklärung gemacht, ohne es eigentlich zu wollen, und Hortense hatte dieselbe recht liebenswürdig ausgenommen. Dies Bewußtsein genügte, um den bisher verborgenen Funken zu Heller Leidenschaft anzufachcn. In diesem Augenblick liebte ich Hortense so wahr, so aufrichtig, wie man lieben kann — ich war davon wenigstens tief durchdrungen — und die nüchternen Erwägungen des Verstandes vermochten die hell auflodernde Flamme nicht zu ersticken. Zu nüchternen Erwägungen war allerdings vollauf Grund vorhanden. Sie, die reiche Erbin, die Trägerin eines großen Namens, die begehrte Schönheit der edelsten Sprossen Frankreichs, ich, ein deutscher Philolog, der im fünften Stockwerk der Rue Richer eine zwar gemütliche, aber höchst beschränkte Wohnung, nämlich ein Wohnzimmer und ein Schlafzimmer, iune hatte, ohne Namen ohne Vermögen, sechsundzwanzig Jahre alt, mit einer bescheidenen Gegenwart und einer ganz ungewissen Zukunft — die Partien waren nicht gleich verteilt.
Uebcrmorgen also war ihr Geburtstag! Ich bestellte ein sehr elegantes Bouquet und sattelte meinen Pegasus. Die himmlische Freude, welche ich empfand, einem liebenswürdigen, schönen, reizenden Kind wirkliche Teilnahme einzuflößen, und das Ungestüm meiner eigenen Leidenschaft verhinderten nicht, daß ich am 24. abends bis tief in die Nacht hinein schlechte Verse machte und in Ermangelung der Fähigkeit, Reime zu Gedanken zu finden > Gedanken zu Reimen machte. Die stereotype Einladung: „Herr X. L. wird gebeten, den Abend des 25. bei dem Vicomte de Nanteuil zuzubringen. Man wird tanzen," hatte ich pünktlich erhalten. Am 25. zur Besuchsstunde gegen Mittag fuhr ich mit einem Strauß und dem Gedicht, das ich verstohlen in der Tasche geborgen hatte, bei dem Vicomte vor.
(Fortsetzung folgt.)
Bei bösen Menschen und bei bösen Hunden scheu
Das Schweigen mehr als ihr Geschrei.
Hruaß
vom ama Schwova an'n deutsch« Michekl
Wach 'uf Michel!
Wach' ns und lauf was d' laufa lasch'
Hofch äbba net vcrnomma?
Das; nächstens wieder über'n Rhei'
D' Franzosa wellat komm«?
s'isch dößmol net no' so a' G'schwätz Da lasch' de drus verlassa —
Der Bismarck hot's jo selber g'sait Un' der ward do' net g'spassa!
D'rum sag' i' - lauf was d' lausa lasch' Doin Schlofrock häng an' Nagel Sooft kommt a' Wetter über Nacht Mit Donner und mit Hagel!
An ann'ers als vo oba ra'
Dös trifft der Weib un' Kinder,
Dös nemmt der aus'm Viehstall furt Doi Ochsa, Schof und Rinder!
Drom waidle! ziah' dein Kittel a'
Uf'S Rothhaus gang, zum Wähla - Der Kaiser selber bittet d'rom Witt 's Leba deam vergüte?
Jez isch' er bal' voll 90 Johr'
Und möcht' no' dös d'erleba
Daß mer am hilft derzua — em Reich
An' festa Frieda z'gebn!
Was hot's no Bluat kost't dozumol Dui Oihoit z'amma z'knopfa Jez' reißet's ällweil wieder dra'
So arg se kenn't, die Tropfa!
Dia könnet's net vertrag« halt Daß sia nex sollet gelta —
D'rum saget sie zu Aellem „Noi"!
Und wisset nex als z'schelta!
Se möchtet gern am Ruader soi,
Do soll ons Gott bewahr« —
Dia thätci jo dös Fuhrwerk g'rad Da Abhang n'onter fahre!
Na! soweit sein' mer doch no net,
Sell war' a' schö's Rcgiera —
Jo! wenn mar mit der Zongaspitz Alloi an' Krieg könnt' führ«!
No hält' a' mar zwoi Generäl Wia's uf der Welt gab' koine —
A' Mol'ke un' a' Schelladorf Dös wäret g'rad no G'moine! —
Dös Maule, dös Hilst aber nex As brengt da Hella Schada —
Was mar jez' ha'n muaß, isch a' Heer Vo' tüchtiche Soldate! —
Un' dozun braucht mer au' doi Stimm Dia muascht am Kaiser gcba Wann d' witt, daß lascht in guter Ruah Im Frieda weiter leba!
An d' Urna lauf — was d' laufe lasch'
Un wähl' an' Reichsgetreua - Die Rotha un' die Schwarza loß'
So viel se wöllat schreia!
Was dia scho Aelles g'sendigt hend Dös ist jo net z'ermessa —
Un' wann de's fort so wurschta losch't Muasch' au' ihr Suppa'n essa!!
Goldknrs der K. Staatskassenverwaltung vom 8 . Februar 1887. 20 -Frankenstücke . . . . 16 6 4 )
Mit einer Meitage:
Neichstagswahlbriefe für Stadt und Land.
Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Me eh in Neuenbürg.