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Deutschland.
Unserem greisen Kaiser ist der vierte Urenkel geboren! Die Prinzessin Wilhelm von Preußen wurde am Sonnabend früh 7 Uhr in Potsdam von einem Prinzen glücklich entbunden.
Der Bundesrat hielt am Donnerstag seine übliche Wochenplenarsitzung ab; die ziemlich reichhaltige Tagesordnung bot kein allgemeineres Interesse dar.
Im preußischen Abgeordnetenhause sind den bewegten Sitzungen vom Anfänge voriger Woche wieder ruhigere Tage gefolgt.
Wenn der Opposition gegen das Sep- tennat die nahezu einstimmige Verurteilung ihres Verhaltens durch die ausländische Presse vorgehalten wird, so pflegt sie sich aus ihr Deutschtum zurückzuziehen, indem sie behauptet, das Ausland sei für sie nicht maßgebend. Herr Windthorst hat in dieser Beziehung insofern eine Aus- nähme gemacht, als er sich kürzlich daraus berief, in allen konstitutionellen Großstaaten fände die Feststellung des Militärbudgets sogar in jedem Jahre statt. Wir wissen nicht, wer damit eigentlich über den wirklichen Sachverhalt getäuscht werden sollte. England scheidet bei dem Vergleiche aus, da dort nur geworbene Truppen existieren, also von einer festgefügten Heeresorganisation, die in der allgemeinen Wehrpflicht ihre unverrückbare Grundlage hat, keine Rede sein kann. Außerdem handelt mau selbst in England nicht um die Hceresstärke als solche, höchstens werden einmal 1000 Mann mehr oder weniger im Jahre angeworben und selbst das radikalste Parlament würde es für ein Verbrechen halten, wenn es dringliche militärische Forderungen in kritischen Zeiten nicht anstandslos bewilligte. In Frankreich ist sogar eine Art Aeternat eingeführt, da durch das Cadresgesetz vom 13. März 1875 die Stärke der französischen Armee indirekt genau festgelegt ist, und zwar in einem Umfange der nichts zu wünschen übrig läßt. An diesem Gesetz kann aber auch die jährliche Budgetberatung nichts ändern. Was Oesterreich- Ungarn betrifft, so wird dort die Heeresstärke immer ans 10 Jahre bestimmt, also noch aus 3 Jahre länger, wie die deutsche Reichsregierung verlangt. Es geht hieraus hervor, daß die Beispiele des Herrn Windthorst mit der Sache, um die es sich bei dem Septennat handelt, gar nichts zu thun haben. Im Gegenteil ist die französische und österreich-ungarische Praxis bei Behandlung des Heeres-Etats für die Rechte der Volksvertretung eine viel ungünstigere, wie in Deutschland. Sollte also die Opposition wirklich das Bedürfnis haben, dem Beispiel der auswärtigen Parlamente in dieser Beziehung
zu folgen, das von ihr für ihre Auffassung angerufen worden ist, so müßte sie mit zwingender Notwendigkeit dazu gelangen, der Reichsregierung noch viel größere Zn- ! geständnisse zu machen, als diese selbst ' verlangt.
Der Wahlaufruf der Zentrumspartei ließ bereits erkennen, daß der ne» z„ i wählende Reichstag den Widerstand ! des Herrn Windthorst gegen das Septennat nicht mehr sonderlich zu fürchten brauche. Der Rückzug zu Gunsten der 7 jährigen Prüfung begann gleichzeitig mit dem Erscheinen des Wahlaufrufs in greifbar praktischer Weise. Einige hoch- gestellte Mitglieder des Zentrums in Schlesien sprachen sich für die sieben Jahre aus. Dann ist in Oberbayern die Aufstellung eines, politisch sogar auf liberalem Boden stehenden Zentrumskandidaten, der ' von den Wählern geradezu für die sieben ! Jahre verpflichtet wurde, zu bemerken. Es mehren sich die Zeichen eines vollkommenen > Umschlags im Zentrumslager. Schlesien , und Bayern dürften die Führung behalten. '
Ueber die Friedensbeteuerungen der französischen Minister schreibt die „Allg. Ztg.": „Man hat es nicht vergessen, daß ; es am 30. Juni 1870 der französische Ministerpräsident Olliver war, welcher an amtlicher Stelle erklärte, daß zu keiner Zeit die Anfechterhaltung des Friedens : mehr als gegenwärtig gesichert sei, und daß. wohin man auch blicke, man nirgends eine Frage entdecken könne, die Gefahr : in sich berge — und daß derselbe Olliver ! sechs Tage später, am 6. Juli, zuerst an der nämlichen Stelle das Wort „Krieg" aussprach. Wenn die Leiter der französ. Regierung glauben sollten, mit ihren Reden uns Sand in die Augen streuen zu können, so dürften sie sich getäuscht haben.
Die „Nordd. Allg. Z." schreibt : Ueber k London empfangen wir soeben die tele- fl graphische Nachricht, daß die chinesische , Regierung die erste Anleihe in Reichsmark mit deutschen Bankfirmen abgeschlossen hat. ^ Diese Thatsache ist für den deutschen s Handel bemerkenswert, da dieselbe als das ^ erste positive Resultat langjähriger Bestrebungen zu betrachten, welche darauf abzielten, den unter den günstigsten Verhältnissen begonnenen Beziehungen Chinas zur deutschen Industrie die unerläßliche finanzielle Basis zu verschaffen.
Aus Berlin telegraphiert man der „Köln. Ztg." : Da schon in allernächster Zeit alle Regimenter mit dem neuen Repetiergewehr ausgerüstet sein werden, so sollen jetzt auch die Reserven zn einer Schießübung mit diesen Gewehren eingezogen werden. >
Bei der bevorstehenden Einberufung : einer Anzahl von Reserven handelt cs sich darum, die Mannschaften mit dem Gebrauch des Repetiergewehrs vertraut zu machen.
Berlin. Daß in unseren höchsten politischen Kreisen die Lage fortdauernd sehr ernst aufgefaßt wird, geht aus manchen Vorgängen am kaiserlichen Hofe hervor. Fast täglich läßt sich der Kaiser Vorträge über militärische Angelegenheiten oder Angelegenheiten der auswärtigen Politik halten. Der Reichskanzler selbst hatte am
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