werden. Die genannten Verwaltungsbehörden fragen bei dem Reichsversicher- nngsamt an, ob sie auf Grund des ß. 101 des Gesetzes verpflichtet seien, solchen Gesuchen nachzukommen, worauf erwidert wurde, daß das Reichsversicherungsamt bisher nur eine beschränkte Zahl von Betrieben auch dann, wenn in denselben weder Motoren verwendet, noch mindestens 10 Arbeiter regelmäßig beschäftigt werden, auf Grund des §. 1 Abs. 5 als Fabriken, somit als versichcrungspflichtig erklärt habe. DieGenosscnschastsvorständc seien nun zwar berechtigt, die Heranziehung von Betrieben, deren Versicherungspflicht zweifelhaft feie, vorbehältlich der endgiltigen Entscheidung des Reichsversicherungsamts zu beschließen; indessen sei es nicht die Aufgabe der unteren Verwaltungsbehörden, die nach gewissen, von den Vorständen aufgestellten — vielleicht unrichtigen — Gesichtspunkten für versicherungspflichtig gehaltenen Betriebe über die Bestimmungen der ZZ. 35 ll. des Unfallversichcrungsgesetzes hinaus — zu vergl. insbesondere tz. 36 Abs. 3 — von Amtswegen zu ermitteln, sondern diese Emittelungcn würden zu den Aufgaben der Genossenfchaftsorgane zu rechnen sein, Den letzteren stehe es allerdings frei, in einzelnen konkreten Fällen auf Grund des ß. 101 eit. sowohl die Organe anderer Berufsgenossenschasten, als auch die unteren Verwaltungsbehörden um ihre Mitwirkung zu ersuchen.
* Mannheim, 2. Jan. Auf recht tragische Weise beschloß hier ein junger Kaufmann aus Landau das alte Jahr. Derselbe schoß sich auf dem Abort eines hiesigen größeren Restaurants („Hoch- schwender") eine Kugel in den Kopf. Er wurde noch lebend in ein Hospital verbracht, hat aber bis zur Stunde das Bewußtsein nicht wiedererlangt, es wird an seinem Aufkommen gezweifelt. Nor der That verkehrte er in anscheinend bester Stimmung mit seinen Kollegen und sprach auch davon, daß er sich nachher erschießen wolle, indem er den Revolver dabei vorzeigte ; doch wurden diese Reden als Scherz aufgefaßt.
Pforzheim. Der Thierschutz - verein hat auf Dienstag 5. Jan. abends 8 Uhr Generalversammlung im Pfälzer Hof anberaumt.
Württemberg.
Durch unmittelbares Königliches Dekret vom 30. Dezember ist die Ständeversammlung zum Wiederzusammentritt auf Dienstag den 19. Januar einberufen.
Am 1. d. M., abends 9 Uhr 34 Min., wurde der Papierhändler Böhmerle in Stuttgart von Zug 35 auf der Station Obertürkheim überfahren und getötet. Der Unfall ist nach dem Staatsanz. eigenem Verschulden des Getöteten zuzuschrcibeu. Eine Nachricht des S. Merk, spricht von einem Stoß, den er von hinten erhalten haben soll, der ihn auf die-Schienen warf
Vor 100 Jahren, am 2. Jan. 1786, wurde in Stuttgart Hr. Friedrich Jobst, der Gründer der weltberühmten Firma, gegründet 1808 in dem Hause Marktplatz Nr. 5, geboren.
Buchau, 1. Jan. Heute früh um 3 Uhr erstach ein Schäfer vom benachbarten Henauhofe hier in der Wirtschaft
zum Bad den hiesigen Omnibusführer, einen ledigen, 29jährigen Mann, der ihm gar keine Veranlassung gegeben hatte. Der Thäter ist verhaftet. Ein anderer Gast, Hausknecht bei Braucreibesitzer Mennet, erhielt ebenfalls einen Stich unter das Auge und ist sehr erheblich verletzt.
(S. M.)
Langenbrand. Bei der diesjährigen Gemeinderatswahl haben von 85 Wahlberechtigten 70 abgestimmt und wurde gewählt Gemeindepfleger Fischer mit 61 St., Friedrich Metzler mit 45 St. Letzterer ist nun zum zweitenmal gewählt; der nächste Kandidat erhielt 24 Stimmen.
Neuenbürg, 3. Jan. Von Obern- hausen wurde uns heute ein Stengelchen Kirsch enblüte überbracht.
(Eingesendet.j
Motto: Der Freiheitsdrang, der uns kam über Nacht
Wird, furcht' ich, wenig leisten,
Wißt ihr, was mir ihn verdächtig macht?
Die Lumpe ergreift er am meisten.
(Grillparzer (8<(8.)
In Nr. 303 des „Beobachters" vom 30. Dezember erhebt ein ^-Korrespondent ein Klaglied* *) über die letzten Neuenbürger Gemeindewahlen. Der Einsender, der dem Treiben in beiden Lagern vor und während der Wahlen ruhig zugesehen hat, muß sich über die Stirne des Korrespondenten wundern, mit welcher er angesichts der that- sächlichen Verhältnisse die Niederlage der „sogenannten" demokratischen Partei der ungebührlichen Bearbeitung der Sensenschmiede zuschreibt. Das ist dvch nachgerade mehr als abgedroschen —. Die mannhafte Erklärung sämtlicher wahlberechtigten Sensenschmiede (s. Nr. 192 des Enzth.) auf die erbärmlichen Jnvectiven in dem Stuttgarter Sozialistenblatte beweist doch wahrhaftig hinlänglich, daß die Sensenschmiede auf eigenen Füßen stehen, und wer halbwegs mit nüchternem Blicke beobachtet hat, mußte finden, daß die Sensenschmiede mit voller Neberzeugung, daß auf das Rathaus andere als die herrschenden Elemente gehören, an die Wahlurne getreten sind. Die Politik spielte hiebei keine Rolle, wohl aber die Erbitterung über das Gebühren gewisser Agitatoren. In der Regel spiegelt sich in einer Verleumdung der eigene Charakter des Verleumders, und hierauf gestützt, gelüstet es
*) das wir zum Verständnis der Leser hier beifügen:
„2. Neuenbürg Bei den letzten Gc- meindewahlen ist die demokratische Partei den conservativ-reaktionären Elementen gegenüber zurückgedrängt worden. Der Verwalter der hiesigen Sensensabrik benützte seine Leute auch diesmal wieder dazu, die bösen Demokraten niederzustimmen, was nur zu gut gelang, da die eingeschüchterten Sensenfabrikarbeiter nicht wagten, nach ihrer Ueberzeugung zu wählen oder sich ganz der Wahl zu enthalten. Persönlich beleidigende Flugblätter unseres Amtsblättchens zeigten, mit welchen Waffen man die freisinnigen Bestrebungen des Volkes bekämpft, und daß man hiebei um Mittel zum Zweck nicht verlegen ist. Die neugewähltcn Kollegienmitglieder dürfen daher ihren Sieg nicht so laut ausposaunen. So lange Wahlbeeinflussungen, wie sie von Fabrikanten ihren Arbeitern gegenüber noch ausgeübt werden, nicht bestraft werden können, ist die Wahlfreiheit abhängiger Wähler illusorisch, möge daher der Reichstag den diesbezüglichen Antrag in Bälde zum Gesetz erheben."
uns sehr, auf die idyllischen Zustände in Fabriken jenseits des Tunnels zu exemplifizieren, doch wollen wir dies unterlassen, und einige weitere Berichtigungen des Beobachter-Artikels (nach der Wahrheit, nicht nach dem Gesetz) vornehmen.
1. Eine konservativ-reaktionäre Partei in Neuenbürg kennen wir nicht und eine demokratische Partei giebt es hier nicht. Wohl nennen sich einige Personen Demokraten. Von demokratischen Grundsätzen in ihrer privaten u. öffentlichen Thätigkeit ist aber keine Spur zu entdecken. Höchstens die Intoleranz und das historische Vorurteil Württemberg. Volksparteiler. Unser Mottodichter Grillparzer, der nun heut schon herhalten muß, sagt in Bezug auf solche Demokraten:
Nun Hab' ich genug von der Freiheit gehört,
Möcht einmal von ihr was sehen.
2. Die persönlich beleidigenden Flugblätter unseres „Amtsblättchens" erschienen erst, nachdem die „demokratische" Partei den Kampf in dem „Stuttgarter Sozialistenblatt" und in dem „unparteiischen" „Pforzheimer Anzeiger" mit Unwahrheiten eröffnet hatte; statt der Klage im Beobachter hätten wir lieber eine Berichtigung der in den Flugblättern behaupteten, mehr als bedenklichen That- sachen gelesen, — der Vorwurf im Beobachter, daß man hiebei um Mittel zum Zweck nicht verlegen gewesen, wirkt geradezu komisch, wenn man sich erinnert, wie eben die Agitatoren der „demokratischen" Partei den einen Wähler mit dem Versprechen, ihn in's Brot zu setzen, den andern mit der Drohung, ihn außer Brot zu setzen, mürbe zu machen suchten (oder soll dies auch nach dem Gesetz zu berichtigen sein?)
3. Wenn der Beobachter-Korrespondent an den Reichstag appelliert, um Strafgesetze für wahlbeeinflussende Fabrikanten herbeizuführen, so können wir uns damit nur einverstanden erklären; nur fürchten wir, daß die Fabrikanten der „demokratischen" Partei — wenigstens so weit wir solche kennen — die ersten sind, die ein solches Gesetz zu fühlen haben.
4. Wenn wir endlich den Korrespondenten von freisinnigen Bestrebungen des Volkes, die bei den hiesigen Wahlen bekämpft worden seien, faseln hören, so möchten wir mit unserem Freund Grillparzer dem Korrespondenten zurufen:
Von eurer Freiheit habt ihr nichts behalten
Als euer ungewaschenes Maul. Schließlich wären wir der hiesigen „demokratischen" Partei sehr dankbar, wenn sie nicht mit Phrasen, sondern mit Zahlen beweisen würde, welche Ersparnisse im Gemeindehaushalt sie gemacht hat, im Gegensatz zn den Bestrebungen der „konservativ-reaktionären"- Partei.
Auch ein Freisinniger.
Bestellungen aMdrn EnjthSlcr
könWMkäglich allen Kost- ä«WnWernacht werden.
Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Meeh in Neuenbürg.