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Friedensassociation in Stuttgart hat sich konstituiert, durch Kooptation ergänzt und Dr. Li pp zu seinem Schriftführer bestellt. Am 13. Nov. soll im Saale des Bürgermuseums eine öffentliche Versamm­lung stattfinden.

Stuttgart, 29. Oktbr. Die evan­gelische Diakonissenanstalt hatte gestern einen festlichen Tag zu begehen. Wieder waren es 3 ihrer Schwestern, die ihr 25 jähriges Dienstjubiläum feiern durften. Daran reihte sich die Aufnahme einer An­zahl von Jungfrauen zu ihrer Probezeit in der Anstalt.

Stuttgart, 30. Okt. Gestern abend fand im Museum eine einfache Feier statt zur Erinnerung an die vor zweihundert Jahren geschehene Aufhebung des Edikts von Nantes durch Ludwig XIV. von Frankreich, sowie an das Potsdamer Edikt, womit der Vorkämpfer des Protestantismus, Friedrich Wilhelm der Große Kurfürst, am 29. Oktober 1685 den Vertriebenen ein Asyl gewährte; sowie endlich zum Andenken an die ebenfalls vor 200 Jahren erfolgte Gründung der reformierten Gemeinde in Stuttgart.

Stuttgart, 30. Okt. Freunde der Kunstschreinerei und Fachleute möchten wir auf eine nur ganz vorübergehend ausge­stellte Erscheinung im Kunstgewerbeverein aufmerksam machen. Es sind Proben von Täfelungen und Thüreinfassungen mit Thürflügel, bestimmt für ein neu einzu­richtendes Zimmer im Kloster Bebenhausen. Der Entwurf ist vom Münsterbaumeister Beyer in Ulm, die Ausführung vom Schreinermeister Geßinger in Stuttgart, das Beschläge von Schlosser Künzle und Strobel in Ulm. Die Arbeit ist um so bemerkenswerter, als der größere Teil noch roh, d. h. ungebeizt, ohne künstliche Färb­ung ausgestellt ist. Es wurde zur Füllung einheimisches Tannenholz, zum Rahmen­werk Eichenholz, zur Füllung Birnbaum und zur verzierenden Einlage (Intarsia) der Rahmen amerikanisch Nußbaum ver­wendet. (S. M.)

(Die beiden Kommandeure der Würtb. freiwilligen Sanitätskolonnen.) Stabsarzt Dr. Nachtigal und Landwehrlieutenant a. D. Hermann wurden am Dienstag Nachmittag 5 Uhr von I. M. der deutschen Kaiserin in Baden - Baden empfangen. Dieselbe nahm die Stammrolle in huld­vollster Weise entgegen, sprach Höchst Ihre Freude über das Zustandekommen der­selben aus, wobei sich die hohe Frau in eingehendster Weise über die Württemb. Sanitätsverhältnisse erkundigte und die Herren ermunterte, weiter zu wirken für das rote Kreuz. Nach der Audienz, welche

Stunde währte, wurden die beiden Herren zur kaiserlichen Tafel gezogen. Nach Beendigung ließ die Kaiserin die Deputation nochmals zu sich bescheiden, zugleich sie beauftragend, in allen Kreisen Ihre und Ihres Gemahls Freude über den herrlichen Verlauf der Stuttgarter Kaisertage auszusprechen.

Untertürkheim, 28. Okt. Gestern mittag zwischen 11 und 12 Uhr kam, wie der N.-B. berichtet, mit Güterzug Nr. 607 ein brennender Gepäckwagen auf hiesiger Station an. Zum Glück befanden sich in demselben nur ein Tischchen und die

Reisetasche des Zugmeisters, welche ver­brannten. Am Wagen selbst haben die Wandungen und das Dach stark gelitten. Derselbe wurde sofort ausrangiert, so daß ein größerer Schaden vermieden wnrde. Der Brand soll durch Explosion der darin befindlichen Erdöllampe enstanden sein.

Blaubeuren, 28. Okt. Vor mehreren Tagen kam. von einem Laichinger Händler bezogen, ein mit 144 Ztr. Obst beladener Wagen der ungarischen Westbahn hier an. Das Obst wurde ausgeladen, gefaßt und ohne daß die Käufer die Aepfel versuchten nach Laichingen gebracht und gemostet. Dort fiel es auf, daß Kinder, denen man von diesem Obst schenkte, nach dem Probe­biß die Köpfe schüttelten und die Aepfel wegwarfen und der Most hatte einen so widerwärtigen Beigeschmack und Geruch, daß er als ungenießbar von allen Seiten dem Käufer heimgeschlagen wurde. Proben des Getränkes, zur Untersuchung hier und nach Ulm gebracht, zeigten Beimischung von Karbolsäure, die sich ohne Zweifel beim Verladen in dem nicht gereinigten Wagen befand. Der Besteller des Obstes hat nun gegen die Bahnverwaltung Klage angestrengt. (S. M.)

Von der Tauber, 27. Okt. In Markelsheim wird derNeue" in den so­genanntenHeckewirtschaften" zu 14 Pfg. pro '/-Liter ausgeschenkt, ein Preis, welcher Veranlassung zur starken Frequentierung desNeuen" giebt. Daß derselbe guter Qualität ist, beweisen die vielenhitzigen Köpfe", die zu Skandalen Anlaß geben.

Calw, 28. Okt. Der heutige Vieh­markt war infolge des schlechten Wetters wenig befahren. Es waren zugeführt 467 St. Rindvieh und 15 Pferde. Eine größere Anzahl badischer Händler kauften sowohl fette wie auch starke Arbeitsochsen, wodurch der Handel ziemlich belebt und zu annehmbaren Preisen abgesetzt wurde. Jungvieh und ältere, nicht trächtige Kühe gingen im Preis zurück. Auf dem Schweine­markt waren Läufer sehr gesucht, aber wenig zugeführt, an Saugferkeln war dagegen kein Mangel. (C. W.)

Stuttgart, 29. Okt. (Kartoffel- Obst- u. Krautmarkt.) Leonhardsplatz: 400 Säcke Kartoffeln u 1 viL 70 ^ bis 2 Per Ztr. Marktplatz: 4000 Stück Filderkraut ü 10 bis 15 ^ Per 100 Stück.

Neuenbürg, 31. Oktober. Kraut­markt: bisher wenig, heute erste größere Zufuhr. Preise 6 M. 5,50 und 5 M per 100.. _

Aas MnfaLverstcherungsgesetz vom 6. Juli 1884.

(Aus dem Gewerbeblatt.)

(Fortsetzung.)

Gegenstand der Versicherung ist der Ersatz des Schadens, welcher durch Körperverletzung oder Tödtung entsteht, wenn dieselben unmittelbar als Folge eines bei dem Betriebe sich ereignenden Unfalls sich darstellen. Der Unfall muß sich bei dem Betriebe" ereignet haben. Gleich- giltig ist, ob der Unfall durch Zufall, durch Verschulden (selbst grobes Ver­schulden) des Verletzten, des Unternehmers oder eines Dritten eingetreten ist. Nur wenn der Verletzte den Betriebsunfall

vorsätzlich herbeigeführt hat, fällt der Entschädigungsanspruch weg. Wie man sieht, hat hier das Unfallversicherungs­gesetz gegenüber dem Haftpflichtgesetz von 1871 einen entschiedenen Fortschritt ge­macht, da es die Entschädigung für Betriebsunfälle als einen Teil der Be­triebskosten auffassend die Schuldfrage bei Seite läßt und jedem verunglückten Arbeiter bezw. seinen Hinterbliebenen die gesetzliche Rente sichert.

Umfang der Entschädigung. Der Scha­denersatz besteht:

V. bei einer körperlichen Verletzung

1) in Erstattung der Kosten des Heil­verfahrens, jedoch erst vom Beginn der 14. Woche nach Eintritt des Un- falls an,

2) in Gewährung einer Rente (näheres s. ß. 5 des Ges.) für die Dauer der Erwerbsunfähigkeit, aber ebenfalls erst von dem ebengenannten Zeitpunkt an;

L. im Falle der Tödtung ist außerdem noch zu leisten:

1) als Ersatz der Beerdigungskosten das 20fache des für den Arbeitstag ermittelten Verdienstes, mindestens je­doch 30 ^6,

2) eine vom Todestag an laufende Rente für die Hinterbliebenen des Ge- tödteten (näheres hierüber s. 8. 6 des Ges.).

Durch die auf 13 Wochen festgesetzte Karenzzeit wird nun allerdings ein hoher Bruchteil der sämtlichen Unfälle auf die Krankenkassen abgewälzt. Man hat diesen Bruchteil zu 92 Proz. berechnet; ja es wird manche Betriebe geben, wo auch dieser hohe Prozentsatz noch zu niedrig, wo die Unfälle fast ohne Ausnahme leichterer Natur sind, und also den Kranken­kassen zufallen, zu welchen die Arbeiter beitragspflichtig sind. Vom Anfang der 5. Woche nach Eintritt des Unfalls an bis zum Ablauf der 13. Woche jedoch ist das Krankengeld, das auf Grund des Krankenversicherungsgesetzes gewährt wird, auf mindestens */» des bei der Berechnung zu Grunde gelegten Arbeitslohns zu be­messen. Hiebei hat der betreffende Be­triebsunternehmer der beteiligten Kranken­kasse die Differenz zwischen diesen */, und dem gesetzlich oder statutengemäß zu ge­währenden niedrigeren Krankengeld zu er­statten.

(Schluß folgt.)

Ausland.

Paris, 29. Okt. Heute Mittag gegen 12 Uhr feuerte ein Individuum auf der Concordiabrücke auf den Wagen Freycinet's, als der Minister aus dem Ministerrat im Ministerium des Aeußeren zurückkehrte, einen Pistolenschuß ab, der indessen Nie­manden verletzte. Der Thäter wurde ver­haftet. (F. I.)

Paris, 30. Okt. Der Thäter gegen Freycinet ist ein Korse Namens Mattei, der schon 8 Tage lang beim Minister Audienz verlangte. Er scheint geisteskrank.

(S. M.)

Scherzrevus.

Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Meeh in Neuenbürg.