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bei Bauten, sowie auf die Anbringung, Abnahme, Verlegung und Reparatur von Blitzableitern erstreckt, in diesem Betriebe beschäftigt werden.

Endlich sind durch Gesetz vom 28. Mai 1885 in die Unfallversicherungspflicht nachträglich einbezogen worden: der gesamte Betrieb der Post-, Telegraphen- und Eisenbahnverwaltungen, sämtliche Betriebe der Marine- und Heeresverwaltungen, der Baggerei-, der gewerbsmäßige Fuhrwerks-, Binnenschiffahrts-, Flößerei-, Prahm-*) und Fährbetrieb, der Gewerbebetrieb des Schiffziehens, der gewerbsmäßige Spe- ditions-, Speicher- und Kellereibetrieb, der Gewerbebetrieb der Güter-Packer-, -Lader, Schaffer, Bracker, Wäger, Messer, Schauer und Stauer.*)

Vorerst von der Versicherung noch ausgeschlossen sind insbesondere alle land- und forstwirtschaftlichen Arbeiter sowie ein bedeutender Bruchteil der Handwerks­gehilfen.

Bekanntlich hat jeder Unternehmer eines versichcrungspslichtigen Betriebes denselben bei der unteren Verwaltungsbe­hörde (d. h. dem K. Oberamt) anzumelden. Man hört aber, wie schon bemerkt, häufig die Wahrnehmung äußern, daß manche Betriebsunternehmer, deren Betriebe ganz unzweifelhaft versicherungspflichtig sind, mit ihrer Anmeldung heute noch im Rück­stand sich befinden und mit einer unbegreif­lichen Sorglosigkeit bis jetzt einfach alles auf die Unfallversicherung Bezügliche ignoriert, sich von aller Beteiligung fern­gehalten und alle Zuschriften in den Papierkorb geworfen haben. Diese Stel­lungnahme gegenüber einer gesetzlichen Pflicht, deren sich schlechterdings Niemand, den sie angeht, entziehen kann, wird sie gar nichts helfen. Jeder an sich versicherungs­pflichtige Unternehmer wird kraft des Gesetzes Mitglied derjenigen Berufsgenossenschaft, zu welcher er nach Maßgabe der Abgrenzung der letzteren und nach Maßgabe des von ihm betriebenen Industriezweigs gehört. Die Versicherungspflicht besteht auch, wenn sich der Pflichtige seither in der Verborgen­heit gehalten hat und in Folge davon sein Betrieb nicht in das Genossenschafts­kataster ausgenommen worden ist, sobald nur die objektiven, von dem Gesetz gestellten Voraussetzungen vorliegen. Wenn ein solches Wegbleiben entdeckt wird, was spätestens bei Eintritt eines Unfalls, der zu Enschädigungen führt, geschehen muß, so tritt nachträgliche Ueberweisung in die Berufsgenossenschaft ein; die Versicherung wird auf den Beginn der Versicherungspflicht zurückdatiert und daraus folgt die Ver­pflichtung zur Nachzahlung desjenigen Betrags, welcher in den bereits verflossenen Jahren hätte gezahlt werden müssen. Dazu kommen als weitere mißliebige Folgen die Strafen, welche sowohl der mit der An­meldung als auch der mit der rechtzeitigen Anzeige eines vorgekommenen Unfalls Säumige zu gewärtigen hat <H. 104 des

*) Anmerkung.Schauer" sind diejenigen, welche die Entladung der Schiffe,Stauer" diejenigen, welche die kunstgemäße Beladung der Schiffe gewerbsmäßig besorgen.Prahm" ist ein flaches Fahrzeug zur Beförderung großer Lasten.Bracker" sind diejenigen, welche ge­werbsmäßig mit der Aussonderung von Waren sich beschäftigen-

Gesetzes.) Es ist klar, daß unter diesen Umständen jedem Beteiligten dringend zu raten ist, mit der Anmeldung, selbst wenn über seine Wichtigkeit gestritten werden kann, nicht länger zu zögerm. Seine Aufnahme in das Genossenschaftskataster erfolgt nach vorgäugiger Prüfung seiner Zugehörigkeit zur Genossenschaft. Gegen dieselbe steht ihm dann immer noch die Beschwerde an das Reichsversicherungsamt zu. (Näheres s. §. 37 des Ges.)

(Schluß folgt.)

Miszellen.

Kin Rückblick

auf die spanische Inquisition.

Von Dr. Alfred Steffens.

(Fortsetzung.)

Donna Juana war die Gemahlin eines Granden von Spanien, Herrn eines Markt­fleckens, ebenfalls aus einem hochangesehe­nen Adelsgeschlecht entsprossen. Die Hoff­nungen dieser noch jungen Familie waren noch freudig belebt durch die Erwartung eines Erben; die Inquisition aber nahm hierauf keine Rücksicht, sie mordete am liebsten Mutter und Kind zugleich. So ward denn Juana, wie andere Schlacht­opfer, in dunkler Nacht aus dem Kreise der Ihrigen gerissen und in eine der Grabeshölen der Inquisition versenkt. Unter Jammer nnd Qualen ward sie Mutter eines Kindes, welches man ihr mit kanni­balischer Grausamkeit nach acht Tagen raubte. Sie verlor den letzten süßen Trost ihrer Einsamkeit. Wer vermöchte die herz­zerreißende Lage dieser von der Welt ab­geschiedenen durch keinen Liebesblick er­heiterten kranken und durch die Erwartung einer noch schrecklicher!! Zukunft und vor Allem durch die Ungewißheit über das Schicksal des neugeborenen Kindes gefolter­ten Unglücklichen in entsprechenden Farben zu schildern?! Eine kleine Hilfe mochte es ihr gewähren, daß man durch die Ueber- füllung der Gefängnisse gezwungen war, ein junges Mädchen mit in ihren Kerker zu verlegen, welches ebenfalls wegen Teilnhame an ketzerischen Versammlungen verhaftet worden war. Doch nur kurze Zeit währte dieser karge Trost. Bald brachen Folterknechte in die Zelle und schleppten jenes junge, blühende iLeben, das kaum dem Kindesalter entronnen war, auf die Schlachtbank der Folter. Mit verstümmelten und verrenkten Gliedern kehrte das unglückliche Kind in den Kerker zurück, ihre Tag und Nacht ertönenden Schmerzensrufe mahnten die unglückliche Juana in jedem Augenblick an das Schicksal, das sie selbst zu erleiden haben würde.

Welch ein Bild des Entsetzens und Grausens zeigt sich hier unfern Augen! Ein eben noch in Lebensfülle und Jugend­frische prangendes Wesen ist in wenigen Wochen durch die Inquisition in einen siechen, dem Tode schon halb verfallenen Krüppel verwandelt und sieht in dem Tode auf dem Scheiterhaufen eine erlösende Wohlthat.

Bald nahte auch für Donna Juana die Stunde der Marter, obgleich sie er­wiesenermaßen durch die Folgen der Entbindung noch krank war. In den

Waruungsverhörcn konnte sie nichts ge­stehen, weil sie nichts zu gestehen hatte. Sie erlitt die Tortur der Burro in so entsetzlichem Grade, daß die Schnüre ihre jugendlich zarten, von der Krankheit noch geschwächten Glieder an acht Stellen bis auf die Knochen zerrissen. Aus acht tiefen, fast unheilbaren Wunden rann länger als eine Stunde ihr Blut. Die durch das gewalt­same Einflüßen von Wasser verursachte Folter zersprengte ihr mehrere innere Ge- füsse, so daß nach Beendigung der Marter ein Blutstrom ihrem Munde entfloß. Das Geschick gönnte ihr mitleidslos nicht einmal einen schnellen Tod. Noch acht Tage laug rang ihre jugendliche Lebenskraft mit dem Tode unter den entsetzlichsten Qualen, bis die von Stunde zu Stunde sich steigernden Schmerzen der eiternden Wunden, der Gifthauch der Kerkerluft, die gestörte Funktion der inneren Organe und die Seelenangst um ihr Kind und ihre ganze Familie, von der auch jetzt noch Niemand zugelassen ward, um die namenlos Elende zu trösten, ihre Erlösung durch den Tod herbeiführten. Nach ihrem Tode ward das Endurteil über die Gemordete gefällt; es lautete auf Freisprechung wegen völlig erwiesener Unschuld.

Ich habe gerade diesen Prozeß der Juana y Boharques gewählt, weil in ihm alle Greuel der inquisitorischen Praxis zu Tage treten. Worin bestand der rechtliche Anklagegrund, der die Unglückliche zu einem langsamen Martertode führte? In einem durch die Folter erpreßten Bekennt­nis ihrer Schwester Maria, welches dahin lautete, daß Johanna Boharques in einem mit ihrer Schwester über die lutherische Lehre geführten Gespräch geschwiegen habe. Es lag also weder eine Thathandlung noch auch nur ein verdächtiges Wort in der Anklage vor, nur die Möglichkeit einer ketzerischen Gesinnung. Nehmen wir diesen Fall als maßgebend au, so war es unleug­bar der Inquisition erlaubt, ohne Angabe einer verdächtigen That, ja ohne Angabe auch nur eines verdächtigen Wortes, Per­sonen jedes Alters und Geschlechts, jedes Ranges und Standes blos und ganz allein auf vorausgesetzte verdächtige Gesinnung hin auf ihren Marterbänken einem grauen­haften Tode zu weihen.

(Schluß folgt.)

Charade. (2 silbig.)

Führst Du die Arbeit mit der Ersten aus, So wird Dir niemals eine Last daraus; Was ohne sie mit Mühe man erreicht, Mit ihrer Hilfe wird es immmer leicht.

Die zweite thront, ein seltenes Genie,

Als König in dem Reich der Harmonie, An Gütern arm, doch reich an hoher Pracht, Die aller Herzen sich zu eigen macht.

Wenn beide Silben man zusammenflicht, So hat man freilich noch das Ganze nicht, Es wird jedoch durch eines Zeichens Kraft Zu einer Stadt in unserer Nachbarschaft.

R.

Frankfurter Course vom 26. Oktober 1885.

Geldsorten. ^

SO-Frankensiücke.16 .1317

Englische Souvereigns .... 20 .2630

Ruß. Imperiales. 16.6872

Dukaten. 9. 5963

Dollars in Gold.4.1619

Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Meeh in Neuenbürg.