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Herr Barnen umschlang seine Frau mit seinen Armen und drückte sie mit unbe­schreiblicher Innigkeit an sich; dann aber erhob er sie, zu unser Aller unsäglichem Erstaunen, in seinen Armen, stützte sie in Brusthöhe gegen sich, drehte sich um und trug sie zurück bis zu dem Punkte am Ende der Brücke, wo ich ihn auf eine Art extemporiertem Gerüste erwartete. Hier berührte ich sachte, wie ich es gelernt hatte, seinen Arm, und führte ihn über die freischwebenden Durchzugsbalken zu zu der Stelle, wo die Leiter stand, die auf den Boden des Erdgeschosses hinunter führte. Er setzte seine teure Last wohl­behalten auf der Planke nieder.

Das lange verhaltene Interesse der Zuschauer machte sich nun in einem lauten, stürmischen Freudengeschrei und Jubel Luft. Wie sie jauchzten und schrieen, diese derben, stämmigen Wäldler! Sie weckten die Echo der Berge und die Raubvögel und Raben in ihren Horsten. Ich selbst war ange­steckt von dieser wilden Freude und schrie mit, während mir Thränen der Rührung über die Wange rannen. Als ich mich wieder nach Theresen und ihrem Gatten umsah, waren beide die Leiter hinab und in einen Wagen gestiegen, den der Bade­arzt hatte herbeikommen lassen. Ich eilte hinunter zu ihnen, allein kaum war ich aus den Umfassungsmauern des halb niedergerissenen Hauses heraus, so bebte der Boden unter mir von einem furcht­baren, betäubenden Schlage, ob welchem mein Fuß entsetzt am Boden wurzelte. Die Gibelseite des halb abgetragenen Hauses war eingestürzt, hatte die Brücke zerschmettert und die noch stehende Ecke des brennenden Hauses mit sich zusammen­gerissen. Bevor ich mich von meinem Schreck noch erholen konnte, war der Wagen des Doktors davongefahren und hatte den Blinden und seine holde Frau aus dem Bereiche des Schreckens ent­führt.

Es war beinahe Morgen, als ich die Brandstätte verließ und nach dem Bad­hotel zurückkehrte, um mich zu Bette zu legen. Der furchtbaren Aufregung der Schreckensnacht war eine unbeschreibliche Erschöpfung gefolgt, und Mittag war längst vorüber, als ich aus einem schweren Schlafe erwachte und aufstund. Drunten im Hofe des Badhotels begrüßte mich der Glück­wunsch der übrigen Badegäste und die Nachricht, daß Herr und Frau Barnen im Hause des Doktors ein Unterkommen gefunden und bereits mehrmals herüber­gesandt hätten, um sich nach meinem Be­finden zu erkundigen. Bald darauf kam auch die Dienerin Theresens und berichtete mir die freundlichsten Grüße ihrer Herr­schaft, die sich beide die nicht unbe­deutenden Brandwunden abgerechnet ganz wohl befänden und am andern Morgen meinen Besuch erwarteten.

Den nächsten Tag und noch viele folgende besuchte ich meine Freunde. Nach acht oder zehn Tagen hatten sie sich von den Wirkungen des gehabten Schreckens und der bestandenen Gefahr wieder so ziemlich erholt. Sie ließen einen öffent­lichen Dankgottesdienst halten, und ver­teilten eine namhafte Summe unter die Löschmannschaft. Therese konnte nun

ruhig über die Ereignisse der Schreckens­nacht sprechen, und erzählte mir den Her­gang. Sie war erst von der Hitze und dem Rauch erwacht, die aus dem Wohn­zimmer in ihr Schlafgemach hereindrangen. Die Entstehung des Feuers war nicht zu ermitteln. Nachdem sie erwacht war, hatte sie die übrigen Hausgenossen geweckt und die Dienerin mit der feuerfesten eisernen Kassette und den wertvollsten Gegenständen zu dem Oekonomie-Verwalter hinüberge­sandt, um Lärm zu machen, Hilfe zu heischen und die Wertobjekte in Verwahr­ung zu geben. Hierauf hatte sie ihren Gatten angekleidet und die übrigen Effekten: Kleider, Bücher, Weißzeug u. s. w. in den kleinen gewölbten Weinkeller geborgen, der sich unter dem Hause befand, und dort hatte sie auch ihren Gatten bergen wollen, falls es ihm nicht mehr gelingen sollte, sich aus dem Hause zu retten. Meine Dazwischenkunft hatte sie verwirrt und da sie sich nicht zu erklären vermochte, wie er aus dem Hause entkommen seie, so fürchtete sie, er habe sich im Hause verirrt und war um seinetwillen in der Brandstätte geblieben, um ihn zu suchen, bis beinahe kein Entkommen daraus mehr möglich war.

(Schluß folgt.)

Gin Mcköttck

auf die spanische Inquisition.

Von Dr. Alfred Steffens.

(Fortsetzung.)

Die Ungewißheit, in welcher der An­geklagte bis dahin schwebte, hat einer furchtbaren Klarheit Platz gemacht; an Leib und Seele von Todesschauern durch­bebt, kehrt er in den einsamen Kerker zurück und lauscht mit fieberhafter Beweg­ung auf die Schritte der Henkersknechte, welche seinen Leib namenlosen Qualen überliefern sollen.

Wenn ich nun zu den erschütterndsten Scenen jenes blutgierigen Dramas eines Jnquisitionsprozesses komme, wenn ich etwas darstellen muß, wogegen sich die Feder und das Wort sträubt, Greuelthaten zu berichten habe, welche das Maß des menschlichen zu übersteigen scheinen, so muß ich mich im Voraus gegen den Ver­dacht verwahren, als seien meine Berichte Ausgeburten einer finstern und verwilder­ten Phantasie: leider ist auch das Unglaub­liche aktenmäßig festgestellte, historische Wahrheit.

Die Stunde der Marter hat geschlagen, Henker dringen in den Kerker und schleppen das zitternde Schlachtopfer in die Marter­kammer, wo bereits zwei Inquisitoren, der Bischof der Diöeese und der Gerichtsschreiber, sowie der Kerkermeister seiner harren. Hier erfolgt unter Hinweisung auf die ringsum sichtbaren Folterinstrumente noch ein kurzes Verhör, während vom düstern Scheine der Fackeln beleuchtet die blut­gierigen Höllenphysiognomien der Henkers­knechte im Hintergründe sich zeigen. Viel­leicht würde auch der Unschuldige unter solchen Umständen einen schnellen Tod den langsam den Körper vernichtenden Marterqualen vorziehen; allein der Ge­danke an die Seinigen, an Weib und Kind, hält ihn von diesem Schritt zurück, denn

die Inquisition vernichtet nicht blos den Einzelnen, sie zerstört Glück und Ehre der Familie auf lange Zeiten hin. Durch die Confiskation des Vermögens werden Weib und Kind des Angeklagten nahrungs­los und ohne Schonung aus dem ererbten Besitz hinausgestoßen, der Blöße und dem Hunger preisgegeben. Die Infamie aber, welche den durch die Inquisition Verur­teilten trifft, wirkt vernichtend nicht blos für die nächste Nachkommenschaft, sondern zerstört den Ruf und die Wohlhabenheit auch der kommenden Geschlechter. Die Namen jener Unglücklichen werden auf Tabellen in den Kirchen blosgestellt, und die öffentliche Meinung hilft dazu, die Rache der Inquisition auch auf Unschuldige zu erstrecken, die damals zur Zeit des Vergehens noch gar nicht geboren waren.

Dieser Grund ist es, welcher die Standhaftigkeit auch selbst schwächerer Personen des zartern Geschlechts unter den entsetzlichen Folterqualen bis zu einem fast übermenschlichen Grade gesteigert hat.

Sehen wir uns jedoch näher in jener Marterkammer um. Sie ist ein noch unter den Burgverließcn liegendes Gemach, zu dem man auf schlüpferigen Steintreppen hinabsteigt. Ein verpestender, moderig­feuchter Lufthauch dringt dem Eintretenden entgegen, vermischt mit dem Blutgeruch, der diese Jammerhöhlen charakterisiert. Auf dem Boden hat sich das Blut ge­marterter Schlachtopser mit der aus der Erde dringenden Feuchtigkeit gemischt. Alles atmet hier Blut und Mord.

(Fortsetzung folgt.)

(Der reine Wein.) Ein Weinhändler, Besitzer, eines großen Weinlagers, liegt in den letzten Zügen. Der Arzt verordnet zur Aufrichtung der Kräfte ein Glas reinen alten Weines.Holt den Wein beim Nachbar Löwenwirt!" lispelt der Kranke mit schwacher Stimme, seiner Keller­sünden sich bewußt.

Charade.

1 . 2 .

Aus zwei Teilen sind wir zusammengesetzt Und verstehen uns gut auf das Trennen; Schon viele haben wir schwer verletzt,

Die unsre Natur nicht kennen.

3. 4.

Ich Hab' mit 1 und 2 zu thun,

Wenn sie den Dienst versagen;

Von der Arbeit darf ich selten ruhn, Muß mich oft schrecklich plagen.

1. 2. 3. 4.

Das Ganze pilgert durch das Land.

Zeigt stets vergnügte Miene;

Es reist jedoch, wie allbekannt,

Damit es Geld verdiene.

(R. zv.)

Uostneröindimg

Wilferdingen (Bahnhof) Ellmendingen.

Aus Wilferdingen 8.20 vorm. 6.25 nachm.

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In Ellmendingen 9. 5 7.10

Aus Ellmendingen 7. vorm. 3.50 nachm.

Nöttingen 7.27 4.17

In Wilferdingen 7.45 4.35

Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Meeh in Neuenbürg.