590
Bäumen fallen und den Wind sein lustig Spiel mit ihnen treiben.
Weihnachten war herangekommen, aber der Winter hatte sein Reich noch nicht angetreten, noch herrschte der Herbst in unumschränkter Macht und gerade heute, am Heiligabend, ließ er noch einmal all' seine Sturmeslieder durch den Wald brausen. Die Lindenbäume vor Helenens Villa neigten und beugten sich im Sturm, das letzte welke Blatt fiel zitternd zur Erde. Ein kleines Mädchen saß auf der Thürschwelle, sie war ärmlich gekleidet, ein rotes Tuch war fest um den Kopf gebunden, nur einige blonde Löckchen drängten sich darunter hervor.
„O wenn es nur erst Abend wäre," flüsterte sie und schaute hinauf zu den jagenden Wolken.
„Und warum soll es Abend werden, arme Kleine?" fragte da eine rauhe Männerstimme.
Die Kleine schreckte zusammen, als plötzlich wie aus der Erde gewachsen, die hünenhafte Gestalt eines Mannes vor ihr stand.
„Weil ich dann hinein darf zu dem lieben Fräulein," erwiderte sie schüchtern. „Sie putzt jetzt den Baum für uns arme Kinder an, in einer Stunde dürfen wir alle kommen. Ich habe keinen Vater und keine Mutter mehr und sitze hier lieber und warte und schaue den Wolken zu, als daß ich zu Hause bleibe bei meiner alten Muhme, die nichts vom heiligen Christ wissen will. O wenn es nur erst Abend wäre! Sieh', jetzt hat sie ein Licht angesteckt, jetzt legt sie ein weißes Tuch über die lange Tafel."
(Schluß folgt.)
Die Kahe.
Aus den zoologischen Preisarbeiten des gelehrten Mitarbeiters der Berl. Fl.Bltr. Dr. Tiftel.
(Schluß.)
Wir kommen nun zu einigen der bekanntesten Abarten unserer gewöhnlichen Hauskatze und erwähnen hier zunächst: die Geldkatze, das Weidenkätzchen und Inst, not least — den Kater.
Was in erster Linie die Geldkatze (kelis inonstioa) anbetrisst, so ist dieselbe gegenwärtig bedauerlicherweise sehr im Aussterben begriffen. Sie wird hauptsächlich nur noch von reichen Viehhändlern, Bauern rc. gehalten und gepflegt, die sich ihrer als angenehmer Gesellschafterin auf weiten Reisen nach Rußland, in die Rehberge bei Berlin und sonst wohin bedienen. Die Geldkatze war vor ca. 50 Jahren ein allgemein beliebter Genosse des Menschen; wie dies jedoch so häufig im Leben vorkommt, ist sie durch vernachlässigte Pflege, unordentliche Behandlung immer mehr auf den Hund gekommen und zum Skelett zusammengeschrumpft, so daß die Zeit nicht mehr fern erscheint, in welcher sie, wie die Dronte, die Ehrbarkeit, das Talglicht rc. zu den ausgestorbenen Tieren zu rechnen sein wird.
Anders ist es mit dem Weidenkätzchen (kelis salieMa). Dies liebliche Tierchen gedeiht im gesamten cultivierten Europa und wird besonders im Frühling zur Paarungszeit häufig auf niederen Gebüschen am Ufer von Bächen und Seen
bemerkt. Es ist leicht einzufangen, und arme Kinder machen sich ein Vergnügen daraus, in die Gebüsche einzudringen und die Weidenkätzchen von denselben herunterzuholen, worauf die Kätzchen in großen Städten ans den Markt gebracht und unter dem unerklärlichen Namen „Palmen" an Liebhaber verkauft werden.
Bon weit größerer Bedeutung für unser gesamtes Kulturleben ist jedoch nun der Kater, auch Jammerkatze (laiuontatio koliuin) oder euphemistisch „Katarrh" genannt.
Der Kater gehört zu der größten Spezies des gesamten Katzengeschlechtes und ist dem gebildeten Menschen allmählich fast ebenso unentbehrlich geworden, wie z. B. das Hoff'sche Malzextrakt, der Haarduft und die Wahlversammlungen. Ja. viele Menschen haben es sich sogar zur Gewohnheit gemacht, ihren Kater täglich einige Stunden spazieren zu führen, und häufig begegnet man auf öffentlichen Promenaden jüngeren Studenten, die nicht ohne einen gewissen Stolz einen haushohen Kater mit sich Herumschleppen.
Die Anhänglichkeit des Katers an den Menschen ist zwar zu allgemein bekannt, als daß derselben an dieser Stelle noch besondererErwähnung zu geschehen brauchte, doch soll zum Schluß noch eine kurze Geschichte erzählt werden, welche von der Treue des Katers einen überaus schlagenden Beweis liefert:
Ein junger Bruder Studio besaß einen herrlichen, sehr anhänglichen Kater, den er schon seit mehren Jahren mit der größten Sorgfalt gepflegt hatte. Eines Morgens, als er erwachte, war der Kater fort! Der Student war selbstverständlich untröstlich und lief den ganzen Vormittag in einer entsetzlichen Aufregung umher, überall ver- gehlich nach seinem Kater suchend. Plötzlich, es war schon gegen Mittag, blieb er unwillkürlich vor einem Wirtshause stehen, dessen Besitzer, wie ihm bekannt war, einen wunderschönen Affen zu verkaufen hatte. Was that nun der untröstliche Studiosus? Er gieng zu dem Wirte hinein und bat denselben, ob er ihm nicht seinen Affen ablassen wolle, natürlich auf Pump! Der Wirt bezeigte erst durchaus keine Neigung zu dem unsicheren Geschäft, aber gegen Abend hatte der Student ihn dennoch breit geschlagen und schleppte den wunderschönen Affen mit sich aufs Zimmer, wo er ihm einen Platz neben sich in seinem Zimmer einräumte.
Und was geschah am andern Morgen, als der Student erwachte? da balgte sich der Kater, der von seinem kurzen Ausfluge in der Nacht zurückgekehrt war, mit dem Affen in der haarsträubendsten Weise herum, und das Ende vom Liede war natürlich, daß der Kater Sieger blieb und den Affen verjagte. Die Freude des jungen Studiosen kann man sich vorstellen.
sLuftdichte Korkstöpsel.j Zum Luftdichtmachen der Korkstöpsel eignet sich ganz vorzugsweise Parafin, welches als vollkommen geruch- und geschmackloser Stoff gegen andere chemische Agentien völlig indifferent ist. Es ist in Wasser und Weingeist unlöslich, daher dem Wachs und anderen Fettstoffen weit überlegen. Zum
Zweck der Luftdichtmachung lege man die Korke in Paraffin, das sehr stark erwärmt ist. Da die Korke auf dem Paraffin schwimmen, so inüssen sie mittelst eines Durchschlags, Siebes oder durchlöcherten Deckels unter den Flüssigkeitsspiegel getaucht werden. In fünf Minuten ist die ganze Arbeit beendet; es können dann die Korke herausgenommen und ausgekühlt werden. Die so präparierten Korkstöpsel zeichnen sich vor den gewöhnlichen Korken sehr vorteilhaft aus. Dieselben lassen sich wie Wachs schneiden und bohren, haben eine vollkommene glatte Oberfläche, können in den Hals der Flasche leicht eingetrieben und leicht aus demselben entfernt werden. Da solche Korke an den Wänden des Gefäßes fest anliegen, eignen sie sich besonders zum Verschluß von Gläsern, in denen sich eingemachte Früchte, Konserven rc. befinden.
(Gegen Rheumatismus.) Oel von Wintergrün, mit einer gleichen Quantität (echtes) Olivenöl vermischt, äußerlich auf die entzündeten Gelenke angewendet, welche an akutem Rheumatismus leiden, stillt sofort die Schmerzen. Jedenfalls ist der Einführung dieses Oeles in das Krankenzimmer nichts in den Weg zu legen, und wäre es auch blos deshalb, weil es der Luft einen angenehmen Geruch verleiht.
(Wunde Stellen der Haut.) Bei Abschürfungen der.Haut wie sie öfters an den Knöcheln, Schienbeinen, Fingerspitzen rc. Vorkommen, aus denen zuweilen böse Wunden werden, und welche besonders bei Kindern oft eine Plage sind, lege man von dem Häutchen, das sich in der inneren Schale der Eier befindet, ein passendes Stächen mit der Eiweisseite auf. Dies trägt sehr viel zur raschen Heilung bei.
(Erklärung.) Nachdem ich mich mit Fräulein Karolina gegen den Willen ihrer Stiefmutter, welche sich bisher nie um sie gekümmert und sie stets ohne Aufsicht gelassen hat, verlobt habe, werde ich für angemessene Ausstattung der Braut selbst sorgen. Der Hochzeitstag wird später bekannt gegeben. Michel Deutsch.
(Kladd.)
Silbenrätsel.
Was einst der Erde die Apostel waren, Was in der Weisheit Schriften dich entzückt, Und was des Pöbels ungeweihte Schaaren Nur mit dem Auge sehn, doch geistig nie erblickt,
Was, Allen fast bekannt, von Bielen unverstanden,
Der Menschheit Wert ist, durch Natur und Kunst vorhanden,
Wird in dem ersten Silbchen ausgedrückt, Zwei andre stehn — ein heiliges Exempel Für manches Weltkind — täglich in dem Tempel;
Die Götter liebten sie, und immer noch erneut,
Sind sie der Andacht Heiligtum geweiht. Das Ganze wird kein Sterblicher je werden;
Die Erde schafft's in ihrem dunklen Reich, Nur einmal war's ein Weib auf Erden, Tod gab's ihr und Unsterblichkeit zugleich.
Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Meeh in Neuenbürg.