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Auswanderer

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Ferienkolonie Salmbach.

Wie eigene Kinder haben sich am 13. d. M. die Kinder der Ferienkolonie des Hilfs­vereins zuPforzheim von ihren Pflege- Eltern im Löwen Wirtshaus zu Salm­bach verabschiedet. Diesen biederen Leuten waren vom 20. v. Mts. an 45 arme, schwächliche und kränkliche Mädchen bis 14. d. Mts. anvertraut. Die liebevolle familiäre Behandlung Seitens sämtlicher Familienangehörigen, die mehr als aus­reichende Kost, die Bequemlichkeiten, die ihnen ihr Herbergsvater an ihrem Spiel­platz in seinem eigenen Walde geschaffen, haben die armen und doch glücklichen Kinder so an die liebe Familie gefesselt, so daß sie das Haupt derselben nurVater" riefen.

Ehre wem Ehre gebührt! Allen Dank müssen die Kinder dieser Familie für die gute Aufnahme und ausgezeichnete Ver­pflegung zollen, alle Anerkennung der Verein, der ihr die lieben Kleinen anver­traute; aber auch allen Dank der sorgsamen Leiterin der vielen Kleinen, Frau H-, die jetzt schon das dritte Jahr für die Ferien- Kolonie das große Opfer brachte, Dank auch der Orts- und Schulbehörde, welche stets den Pfleglingen ihr wachsames Auge schenkten und auch die Liebe der Kinder zum ganzen Ort zu erwecken wußten, Dank endlich der ganzen Einwohnerschaft, welche der Hilfsvereins-Jngend mit Auf­merksamkeit und Liebe entgegengekommen ist. Nach solchen schönen Tagen der Wohlthaten in einem vorher ganz fremden Hause konnte der Abschied kein so leichter werden; das sonst so muntere Völkchen konnte die nur mit Thränen benetzten Händchen ihren sorgsamen Pflegern zum Abschied reichen, sie werden aber wäh­rend ihres ganzen Lebenslaufs mit dank­barem Herzen eingedenk sein des wohl- thätigen Pforzheimer Hilfsvereins, welcher ihnen diese Erholung ermöglicht hat und der guten Familie des kleinen aber herzens­guten Löwenwirts zu Salmbach.

Kronik.

Deutschland.

Die Kaiserentrevue von Ischl wird anscheinend ihre Ergänzung durch die Zu­sammenkunft finden, welche dem Vernehmen nach doch noch zwischen dem Fürsten Bis­marck und dem Grafen Kalnokh stattfinden soll.

Der deutsche Kronprinz kehrt in diesen Tagen aus England zurück, um als General-Inspekteur der vierten Armee- Inspektion in Württemberg und Bayern Truppenbesichtigungen abzuhalten.

Die vorbereitenden Schritte, welche für die Bildung und Abgrenzung der Unfall- Berufs g e n o s s e n s ch a f t e n eingeleitet werden müssen, sind, so schreiben dieBerl. Polit. Nachr.", in vollem Gange. In Folge der Anregung, welche der Zentral­

verband deutscher Industrieller gegeben hat, sind die Mitglieder des Vereins der süd­deutschen Baumwoll-Jndustriellen auf den 18. d. M. nach Stuttgart zu einer Versammlung einberufen, um die Frage zu erörtern, in welchem Umfange für die Baumwoll-Industrie die Unfallsgcnossen- schaft beantragt und ins Leben gerufen werden soll.

Der Oberbürgermeister von Erfurt hat in seiner Eigenschaft als Polizeidirektor folgende Bekanntmachung erlassen:Es wird darüber Klage geführt, daß einige Schankwirte beim Spülen der Biergläser nicht auf die erforderliche Reinlichkeit hal­ten , vielmehr in einem und demselben Wasser eine sehr große Zahl von Gläsern spülen lassen, so daß zuletzt eine Verun­reinigung der Gläser anstatt der Reinigung erzielt wird. Ein solches Verfahren ist eckelerregcnd und deßhalb dem Wohlsein der Beteiligten nicht förderlich. An die Wirte richte ich daher das Ersuchen, eben­so beim Spülen der Gläser wie in jeder anderen Hinsicht auf die größte Reinlich­keit zu halten. Dem Publikum aber stelle ich anheim, Vernachlässigungen dieser Pflicht von Seiten der Wirte der Polizei zur Anzeige zu bringen und aus Wirtschaften in denen solche Unreinlichkciten bemerkt werden, lieber ganz fort zu bleiben."

Straßburg, 13. Aug. Gestern starb in der Langstraße ein Mann ganz rasch an Brechdurchfall. Derselbe war dem Trünke ergeben, trotzdem er schon längere Zeit leidend war. Obwohl er nicht in Frankreich gewesen, auch mit Niemandem, der aus Frankreich gekommen war, Um­gang gehabt hatte, wurden doch von dem Kreisärzte und dem Kantonalarzte sofort der Vorsicht halber alle Maßregeln ange­ordnet, als wenn es sich um wirkliche Cholera gehandelt hätte.

Mosbach, 10. Aug. Die General­versammlung des badischen Vereins für Bienenzucht wird am 1. und 2. September in Adclsheim stattfinden. Die Ausstellung selbst wird am 31. August eröffnet.

Das lOO OOOste Billet wurde am vergangenen Sonntag auf ver Niederwald- Zahnradbahn, welche an diesem Tage allein von 4000 Personen benutzt worden ist, ausgegeben.

Württemberg.

Zur Bewerbung ausgeschrieben: die Schulstelle zu Langenbrand, Bez. Neuenbürg.

Stuttgart, 13. Aug. Heute früh ist das Ulaneuregiment nach dem Manöver­feld, gegen Hemmingen hin, zunächst zum Regimcntsexerzieren abgcrückt.

* Tübingen 13. Aug. Ein gräßliches Unglück ist soeben auf hiesiger Station vor- gekommen. Stationskommandant Schüler von Münsingen wollte noch in den schon im Gang befindlichen um Vs 2 Uhr nach Rottenburg abgehenden Zug einsteigen, verfehlte aber den Tritt und kam so un­

glücklich unter die Räder, daß sein Kopf zu einer unförmlichen Masse zerdrückt wurde, so daß das Gehirn auf den Schienen herumspritzte. Schreiber dieses war un­mittelbarer Augenzeuge des schrecklichen Vorfalles.

Stuttgart, 14. Aug. Kartoffel- und Krautmarkt. Leonhardsplatz: 100 Säcke Kartoffeln ä. 3 »-L bis 4 50 pr. Ztr. Marktplatz: 2000 Stück Filderkraut ä, 20 bis 25 ^ pr. 100 Stück.

Ausland.

Paris, 13. Aug. In der kleinen Ortschaft Omergues sind in zwei Tagen 40 Choleratodesfälle vorgekommcn.

Toulon, 12. Aug. Seit Beginn der Epidemie sind unter 8000 Cholerafällen 800 Todesfälle vvrgekommen.

Marseille. Was für ein Völkchen die prozessionssüchtige Bevölkerung von Aix ist, möge folgende Thatsache beweisen. Um sich zu überzeugen, ob die Aerzte wirklich von den Reichen gedungen sind, um die armen Leute zu vergiften und sie auf diese Weise aus der Welt zu schaffen, wurde kürzlich in einer öffent­lichen Straße eine originelle Probe ge­macht. Ein mit einem Stück frischen Rind­fleisches beladener kleiner Luftballon wurde in die Wolken aufgelassen, wo er längere Zeit bleiben sollte. Falls das Fleisch nach dem Zurückkommen des Ballons verdorben und faul geworden, so sei dies ein Be­weis, daß die Luft-ungesund ist und die Aerzte unschuldig sind; wenn aber das Fleischstück wohlerhalten und genießbar zur Erde niederfalle, so verdienen dieGift­mischer", welche die Luft und die armen Menschen mit ihren Latwergen vergiften wollen, den Hunden vorgeworfen zu wer­den. Selbstverständlich kam das Fleisch stinkend zurück und diese mittelalterliche Probe hat die Aerzte der Stadt Aix vor weiteren Verfolgungen gerettet.

London, 14. Aug. Seit zwanzig Jahren war hier keine so große Hitze im August wie gegenwärtig. Gestern war im Schatten 97 Grad Fahrenheit. Mehrere Personen erlagen dem Sonnenstiche.

MisMen.

Line unglückliche Königin.

Historische Erzählung von R. Hoffmann.

(Nachdruck verboten.)

(Fortsetzung.)

Noch gestern würde Anna diesen Brief ihres Bräutigams mit dem reinsten und stolzesten Jubel ihres Herzens ausgenommen haben, aber heute wälzte sich der Inhalt dieses Briefes wie eine Zentnerlast auf Anna's Brust und sie drohte wie ohn­mächtig umzusinken, denn dieser Brief, machte ihr klar, daß sie sich durch den dem Könige geleisteten Schwur doch einen Treubruch gegen ihren Bräutigam hatte zu Schulden kommen lassen, allerdings einen Treubruch, zu dem sie ohne ihren Willen durch König Heinrich gedrängt worden und wegen dessen Anna's guter Ruf keinen Abbruch erleiden konnte. Aber ihr für alles Gute und Edle eine tiefe Empfindung hegendes Herz fand doch