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Pforzheim. Die Bäckergenosscnschaft veröffentlicht ihre Brodpreise vom 1. Juni 1884: Schwarzbrod I. Sorte: lange Form 4 Pfd. 52 lange Form 2 Pfd. 26 runde Form 4 Pfd. 50 2 Pfd. 25 H.

Schwarzbrod II. Sorte: 4 Pfd. 40 1 Weißbrod 18 1 Tafelbrvd 25 ^-Z.

Württemberg.

Stuttgart, 30. Mai. Ihre Ma­jestät die Königin hat Sich gestern Nachmittag in Begleitung der Staatsdamc Baronin v. Massenbach und des Ersten Kammerherrn Freiherr« v. Reischach mittelst Extrazngs nach Bruchsal begeben, um mit Ihrer Majestät der Kaiserin von Rust­land znsammenzntreffen. Ihre Majestät brachte daselbst mehrere Stunden mit Ihrer hohen Nichte zu, in Höchstderen Gesellschaft auch I. M. die Königin von Dänemark mit Ihrem Sohn, dem Prinzen Waldemar, I. K. H. die Prinzessin von Wales, I. Kais. Hoh. die Großfürstin Katharina mit Tochter, der Prinzessin Helene und I. Kais. Hoh. die Prinzessin Wilhelm von Baden Sich befanden. Ihre Majestät die Königin kehrte gestern Abend gegen 9'/r Uhr wieder hieher zurück.

(St.-Anz.)

Stuttgart, 2. Juni. Der Ban der neuen Jnfantcriekaserne schreitet rasch voran. Einer Einladung Sr. Maj. des Kais ers folgend, wird sich der General v. Schachtln eh er am 6. d. Mts. nach Berlin begeben, um der Feierlichkeit der Grundsteinlegung des Reichstagsgcbäudes anzuwohnen.

Tübingen, 28. Mai. Das tragische Ende der jugendlichen Gattin eines hoch­geschätzten Offiziers, Premierlieutenants St., wird hier mit allgemeinem lebhaften Bedauern besprochen. Die Unglückliche, Mutter zweier Kinder, war seit längerer Zeit schwermütig; in Gegenwart ihres Gatten schoß sie sich mit einer Pistole, die sie sich zu verschaffen gewußt, eine Kugel durchs Herz. Der Tod erfolgte augenblicklich. (St.-Anz.)

Weinsberg, 5. Juni. Heute Nacht sind 15 Wohn- und Oekonomiegebäude in einem engen Stadtteile abgebrannt. Einige Bewohner retteten nur das nackte Leben. Die Gefahr war groß, bis dann auch die Feuerwehr der umliegenden Orte und von Heilbronn erschienen. Leider sind 2 Feuer­wehrmänner schwer verletzt worden. 18 Familien sind obdachlos; der Gebüude- schadcn ist nahezu 60,000 -M Ein fremder Arbeiter, der in der Nacht betrunken nach Hause gekommen sein soll, ist als der Brandstiftung verdächtig verhaftet.

Höfen, 1. Juni. Gestern ver­sammelten sich in dem Gasthaus zu Ochsen Hierselbst die Gewcrbtreibeuden und In­dustriellen des Enzthals, nm Stellung zu dem Gesetzentwurf der Reichsregierung be­treffend die Abänderung des Reichsstcmpel- gcsetzes zu nehmen. Nach kurzer Beratung erklärten dieselben den Gesetzentwurf in seiner gegenwärtigen Gestalt für unan­nehmbar. Er treffe weniger die Börse als vielmehr den gesamten Handel und sämtliche Umsätze der Industrie und Land­wirtschaft, des Geld- und Effckten-Gcschäfts, er schaffe im wahrsten Sinne des Wortes eine Erwerbssteuer, die auf Handel und Gewerbe nur schädlich iufluiren könne.

Weit mehr indessen als die Höhe der Steuer seien die vcxatorischen Cvntrolbestim- mungen, die Einführung des Rcgister- zwanges für jeden Geschäftsmann zu be­klagen. Die Steuerbehörden haben das Recht, jederzeit in die intimsten Verhältnisse des Einzelnen Einblick zu thun, dadurch werde das Geschäfts-Geheimnis illusorisch, das widerspreche dem Geiste Deutscher Freiheit und Selbständigkeit! Die Strafen seien unverhältnismäßig hohe, geradezu drakonische! Auch der ehrliche Mann könne sich in Steuersachen, wo Unkenntnis des Gesetzes, Irrtum und Fahrlässigkeit nicht in Betracht kommen, nicht immer vor Strafe schützen, deshalb müßten die Strafen im Einklang mit dem Delikt stehen.

Die Versammlung richtet in diesem Sinne eine Adresse an den Herrn Reichs­tagsabgeordneten Commerzienrat Stälin in Calw mit der Bitte, in dem Reichstag gegen den Gesetzentwurf in seiner gegen­wärtigen Gestalt zu stimmen, mit dem Beifügen jedoch, daß man gegen eine mäßige Besteuerung der Börse, sofern sie das eigentliche Spiel- und Differcnzge- schüft zu treffen vermag, nichts ciuzuwendeu habe.

Möchte die Königlich Württemb. Staats­regierung, welche stets ein so großes und wohlverstandenes Interesse für die Pflege von Handel und Gewerbe an den Tag gelegt hat, möchten insbesondere auch die Reichstagsabgeordncten der großen Ver­antwortlichkeit eingedenk sein, welche sic übernehmen, wenn sie über einen Gesetz­entwurf abstimmen, den, wie nie zuvor einen Anderen, die ganze deutsche Ge­schäftswelt einmütig verurteilt.

Wildbad, 31. Mai. Die Kurliste zählt bis heute 567 Kurgäste. Voriges Jahr um diese Zeit 462.

Gräfenhausen, 2. Juni. An der Kamcrz des Grünhofwirt Lutz befinden sich blühende Trauben.

(Eingesendet.) Es dürfte nicht ganz ohne Interesse für das Publikum sein, zu erfahren, welche schwere Folgen eine Ver­wundung durch ungeeignete Behandlung ohne ärztliche Hilfe nach sich ziehen kann. Bor einigen Tagen erlitt nämlich eine Frau in L.an einer Finger­

spitze eine leichte Quetschung, welche sie auf aurateu ihres Mauncs durch eiuen Fachmann verleimen liest, diese Proccdur verursachte jedoch heftige Schmerzen und mußte nach einiger Zeit wieder gelöst werden. Nicht auf die Wunde achtend, arbeitete die Verletzte bei sehr mangel­haftem Verband auf dem Felde, zog sich hiebei eine Erkältung zu, die Schmerzen stellten sich heftiger ein als zuvor und wurde endlich der Wundarzt gerufen, welcher leider nur noch konstatieren konnte, daß der Wundstarrkrampf eingetretcn sei. Die Bedauernswerte liegt nun unter qual­vollen Schmerzen hoffnungslos darnieder, zumal der Krampf sich schon bis in die Mundhöhle und Luftröhre ausgedehnt hat.

Ausland.

In England ist die Pfingststimmung durch Ausschreitungen der Dhnamitbrüdcr recht getrübt worden. In Londen fanden am Freitag Abend auf dem St. James- Square drei Dhuamit-Explosiouen statt. Die Fenster des Armhnavh-Klubs, des

Carlton-Klubs und des dem Deputirten Wym gehörenden Hauses wurden zer­trümmert; Personen hierbei aber nicht verletzt. Eine spätere in Scvtlandhard (Hauptpolizeigebäude) erfolgende Dynamit- Explosion hatte indessen die Verwundung mehrerer Personen zur Folge. Begreif­licherweise haben die Explosionen in weiten Kreisen der englischen Hauptstadt unge­meine Erregung hervorgerufen. Kurz nach den Explosionen wurde an der Nelson­säule eine Tasche mit 17 Dynamitpacketeu aufgefuuden und an die Polizei abgc- licfert. Die polizeilichen Unterstichungen sind im vollsten Gange.

MisMeii.

Dom Strande.

^Schluß.)

Das ist sein verdienter Lohn," er­widerte der Fremde,aber um deinetwillen werde ich deinen Wunsch erfüllen."

Verdienter Lohn!" stöhnte Niels mit röchelnder Stimme,allerdings, aber nicht von deiner Hand, Jens."

Allmächtiger Gott!" rief der Fremde aus,wessen Stimme ist das?"

Das sollst du bald erfahren," sagte Niels.Thu' nur, was deine Schwester sagt."

Meine Schwester du, Margarethe, die ich nur als kleines Kind gekannt!" rief Jens erstaunt, und schloß das Mädchen in seine Arme.

Herbei!" rief er dann seinen Be­gleitern zu.Hebt diesen Verwundeten auf, und tragt ihn in seine Hütte."

Lautlos bewegte sich der Zug nach dem Dorfe hinter den Dünen. Marga­rethe mit dem so unverhofft wiedergc- fundenen Bruder schritten voran, ihnen folgten die Männer, welche Niels trugen, hinterher die Uebrigen mit ihren Waffen.

Das Dorf war verödet, die männlichen Bewohner mit Weib und Kind waren geflohen, aus Furcht, gefangen weggeführt zu werden. Die Schluchten der Dünen boten mehr als ein Unterkommen Denen, die dort Weg und Steg kannten.

Zu Hause angekommcu, wurde Niels auf sein Bett gelegt und den Händen des Schiffsarzts anvcrtraut, der die Wunden untersuchte und die eine freilich gefährlich fand. Die Kugel, in so großer Nähe abgeschosseu, war in die Brust gedrungen und am Rücken wieder hindurchgegangen. Jens ging dem Arzte hülfreich zur Hand, während Margarethe für ein warmes Zimmer und Speise und Trank sorgte. Die übrige Mannschaft nahm von den verlassenen Häusern Besitz, und that sich gütlich bei den reichlich Vorgefundenen Lebensmitteln.

Am andern Morgen hatte der Sturm ausgetobt. Schon mit Tagesanbruch sah Jens nach den Booten; eins hatte die Wut der Elemente zerschellt, die andern beiden lagen noch unversehrt am Landungs­plätze. Weiter hinaus lag die Schooncr- brigg ruhig vor Anker; die unter Befehl des Steuermanns an ihrem Bord zurück­gelassene Mannschaft war beschäftigt, die Segel zum Trocknen auseinander zu rollen.

Als Jens in das väterliche Haus zurückkehrte, war sein erster Gang in die