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keit, Beschäftigung zu erlangen und es ist für mittellose Leute jetzt mehr als je rat­sam, nicht ohne vorherige feste Anstellung nach Amerika zu gehen, da sie sonst leicht in das größte Elend verfallen können.

New - Aork, 7. Mai. Der Dampfer Titania" von Glasgow passierte heute Vormittag Father Point mit 24 Personen von dem DampferState of Florida" an Bord, welcher in Folge des Zusammen­stoßes mit einer Barke auf hoher See untergegangen sein soll. Der Kapitän der Titania" sagt, von 167 Personen, welche sich an Bord desState of Florida" be­fanden, seien nur 44 gerettet, die Barke habe eine Besatzung von 15 Mann ge­habt, wovon nur der Kapitän und zwei Mann gerettet seien. Die Geretteten werden wahrscheinlich in Quebec gelandet.

Die egyptische Asfaire vor den Groß­mächten.

Man weiß, daß die Verhältnisse in Egypten und seinen Nebenländern Dank der meisterhaften Unfähigkeit der englischen Krämerpolitik, die immer die Hände auf den Geldsack hält, so verfahren sind, daß sie nur durch eine Aenderung dieser Politik einigermaßen gebessert werden können. Naturgemäß ist nun die Frage aufgetaucht: Wer soll Egypten in schärfere Vormund­schaft nehmen, England oder die gestimmten Großmächte? In finanzieller Beziehung wäre England wohl geneigt, für Egypten und seine Gläubiger ganz Europa sorgen zu lassen, aber in politischer Beziehung möchte es allein freie Hand über das Nilland behalten, um möglichst später einmal dasselbe seiner Herrschaft einzu­verleiben. Sind nun auch die meisten Großmächte dieser Regelung der egyptischen Frage nicht abhold, da Rußland, Deutsch­land, Oesterreich und Italien am Nil keine Lebensinteressen zu vertheidigen haben, so ist dies doch mit Frankreich, dem großen Nebenbuhler Englands im Orient, nicht der Fall. Frankreich will die Gelegenheit benutzen, um seine alte Stellung in Egypten wieder zu gewinnen und der französische Botschafter in London, Herr Waddington, hat deshalb an die englische Regierung verschiedene kritische Vorfragen über die Zwecke und Ziele der Conferenz der Großmächte, die sich mit der Regelung der egyptischen Frage beschäftigen werde, gestellt.

Miszellen.

Are neue Gouvernante.

Novelle von Emil Mario Vacano. (Schluß.)

Das Städtchen Reitenburg hatte wieder einen schlimmen Herbst, weil es wenig Neuigkeiten zu beschwatzen gab.

Zuerst war wohl der Tod der Gräfin Nesti gekommen, die in der Fremde starb. O, die arme, kleine Gräfin, die charmante Gräfin! Man hoffte dabei mit Recht, Graf Aquilin werde Anlaß geben zu neuen Dämmerungsgesprächen, entweder durch zu große oder durch zu geringe Trauer. Aber Graf Aquilin reiste, um sich zu trösten, in die Fremde.

Alle Stiftsdamen von Reitenburg, der Prinz mit dem Altweibergesichte, der gute Major und der boshafte Rittmeister, die

Gräfin Helorsen und die Baronin von der Eyln war fast empört darüber, denn selbe hatten den Witwer trösten wollen nach ihrer Art! Am meisten der Prinz.

Und Schloß Wafferwald existirte fort und Comtessa Mirza hauste dort mit einer nichtssagenden Gouvernante, und der Graf war im Auslande und es gab gar nichts zu reden über dies alberne Schloß, welches stets die gleiche, ruhige Physiognomie zeigte.

Zuletzt kam noch dazu, daß Graf Aquilin seinen Freunden vermeldete, er habe sich in der Schweiz am See Hermance angekauft. Und die Gouvernante, Comtessa Mirza, die gute alte Verwalterin und der Kutscher verließen das Schloß, welches durch Negotiation einem reichen Börsen- manne zuerkannt wurde, über den es in Reitenburg weiter nichts zu reden gab,

weil man ihn nicht acceptiren konnte.

* *

In der Villa am tiefgrünen See Hermance war indessen frohes Leben. Die Villa selber war ein kleines Schlößchen, von hohen feodalen Bäumen umgeben. Die nächsten reichen Bauernhütten waren gewohnt, mit dem Schlößchen in Verkehr zu leben: man lieferte Butter dahin und empfing dafür Früchte oder Geld.

Man bewirtete die Herrschaft am Borüberwege und durfte dafür Sonntags seine Reverenz machen. Diese Herrschaft lebte nun aber ganz dem Sinne der Um­wohner. Graf Aquilin heiratete in der reichvergoldeten Kirche des Ortes das Fräulein Maria Descloe in zweiter Ehe. Das hübsche, reizende Mädchen aus seiner ersten Ehe war die Kranzjungfrau.

Comtesse Mirza trug da Zum ersten Mal ein langes Kleid aus Mousselin und die Haare in Flechten und dabei ein ganz glückliches Gesicht.

Und wie die Neuverwähltcn aus der Kirche schritten, da strahlte die Sonne durch alle farbigen Kirchenfenster in blau und gelb und rot bis auf die Vortreppe heraus. Und die Sonne umfluthete die Türme und rieselte bis auf den Marktplatz hernieder. Das ganze Städtchen war ver­sammelt in seinen Einwohnern und in seinen Durchreisende», um das Fest mitzu- feieru. Die Braut war wunderschön blond, schlank und so stolz und glücklich schauend. Der Bräutigam war eben so prächtig: groß, schlank, gebietend, und so glücklich schauend. Er neigte sich über seine junge Gattin, wie sie aus der Kirche traten, und flüsterte ihr ein Wort ins Ohr. Sie lächelte gar beschämt und glück­lich. Das Wort hießendlich!"

-k- *

Graf Aquilin und seine Gemahlin leben in der Schweiz. Man weiß von ihnen gar nichts zu erzählen, als daß sie einander auf den Händen tragen nnd daß sie einander Hochhalten wie ein Gut, wel­ches man einst für längst verloren hielt.

Nur Comtesse Mirza giebt zu vielem Gezischel Anlaß. Sie ist heutzutage schon zu einer Braut gereift und man bewirbt sich von allen Seiten um eine so be­scheidene, schöne und herzige Comtesse. Und das Schloß ist darum stets belagert von Gästen.

Die Gräfin weiß die Liebe für ihr kleines Söhnlein, für ihre Stieftochter, für

ihren Gatten und für ihre Gäste ganz gut zu vereinen. Sie hat für Alle ein Lächeln, weil sie glücklich ist in dem Glück ihres Mannes, der sie oftmals flüsternd nennt:unsere Gouvern ante!"

Krack und Marika.

Von Friedrich Triebet.

(Fortsetzung.),

Mit frischem Mute ging es an die Toilette und nach halbstündiger gewissen­hafter Arbeit stand der stattliche junge Mann selbstgefällig lächelnd vor dem Spiegel.

Der wohlgepflegte Schnurrbart, zwei Ordensbändchen im Knopfloch des tadel­losen Fracks sowie die ganze Haltung verrieten auf den ersten Blick den Kavallerie- Offizier.

Indessen war im Berg'schen Hause Alles zum Empfang der Gäste vorbereitet. Weit über den Marktplatz strahlten die hellerleuchteten Räume der ersten Etage. Herr und Frau vom Hause harrten be­reits erwartungsvoll im Empfangssalon.

Wo bleibt Elise?" fragte der Oberst seine Gattin, welche durch die Vorbe­reitungen schon etwas erschöpft sich in einen Sessel niedergelassen.

Ich habe sie gebeten, auf ihrem Zimmer auszuruhen und nicht eher im Salon zu erscheinen, als bis ich sie rufen lasse. Ich habe außerdem meine ganz besonderen Gründe, mit dir noch etwas allein zu' sein und Gelegenheit zu nehmen, über Einiges zu sprechen, was Elise nicht zu hören braucht."

Und das wäre?" sagte der alte Herr gespannt.

Du weißt, lieber Theodor, daß Elise in das Alter kommt"

Wo die Mamas gern ans Heiraten denken, unterbrach sie der Papa.Ich denkender, das hat noch Zeit, liebe,Amelia."

Zeit? Ich bitte dich, Elise ist schon zwanzig Jahr!"

Oho! Vor vierzehn Tagen erst neun­zehn geworden!"

Nun ja! Also hat sie ihr zwanzigstes Lebensjahr angetreten. Das ist ganz das Alter, in welchem ein Mädchen aus unseren Ständen an die Ehe und zwar mit einem älteren Manne denken kann."

Ich weiß, ich weiß. Kenne schon deinen Lieblingsplan, liebe Amolie. Du möchtest Elise gern vier bis fünf Jahre älter machen, nur damit sie einen Mann heiraten kann, der dann immer noch zehn bis zwölf Jahr mehr auf dem Rücken hat. Du denkst an den Baron Kohling, aber ich muß dir offen gestehen, mein Geschmack ist er nicht und ich glaube, auch nicht Elisens. Unter uns gesagt, mir scheint, ihm fehlt es etwas hier!" und damit deutete der alte Herr in bedenklicher Weise auf die Stirn.

Dafür hat Elise einen brillanten Ver­stand", meinte Amölie,das gleicht sich aus. Sie wird für ihn denken."

Bin ich gar nicht der Meinung. Der Mann muß immer klüger sein, als die Frau, der Mann der Kopf, die Frau das Herz! Und dann das Alter! Elise kann getrost noch vier bis fünf Jahr warten, soll ihr Leben genießen. Dann ist aber Kohling ein Mann in den Vierzigern. Das taugt nichts. Ich habe da andere Pläne!" (Fortsetzung folgt.)

Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Me eh in Neuenbürg.

Mt einer Beilage.