670

Kronik.

Deutschland.

Der Kaiserpalast in Straßburg soll nunmehr kräftig in Angriff genommen werden. Der von dem Architekten des bedeutsamen Bauwerks, Bau-Inspektor- Eggert, ausgearbeitete Entwurf soll die Genehmigung des Kaisers gefunden haben.

Worms, 15. Okt. (Lutherfeier.) Der Großherzog und Familie haben ihr Kommen zu unserer Lutherfeier zugesagt. — Auch die Direktion der Pfälzischen Bahnen hat sich bereit erklärt, aus Anlaß der Luther­feier am 30. und 31. Oktober die Giltig­keit der am 30. d. nach Worms gelösten Retourbillete auf die Dauer von 3 Tagen zu verlängern.

Einbeck (Provinz Hannover) 12. Okt. Am vorigen Sonntag murde in dem be­nachbarten Dorf Stvckhcim der neugewühlte Pastor Harms in sein Amt eingeführt. Während einer Festvereinigung, die im Anschluß an die Feier stattfand, erschütterte plötzlich eine Detonation das Pfarrhaus, und alsbald stand dasselbe in Flammen und brannte vollständig nieder. Es war eine Pulvermine angelegt und mittelst einer Zündschnur zur Explosion gebracht wor­den. Das sämmtliche Mobiliar des Pastors verbrannte, und da die Umschreibung der Versicherung wegen des vor einigen Tagen erfolgten Umzuges noch nicht bewirkt war, so ist der Schaden für die Pfarrersfamilie ein beträchtlicher. Man vermuthet einen Racheakt, bringt aber auch die Angelegen­heit mit der Pfarrwahl in Verbindung, welche das Dorf in zwei sich befehdende Parteien gespalten hatte. Aber mit dem einen Bubenstück war es noch nicht genug; der Pastor zieht in ein anderes Haus, und am Dienstag brennt dasselbe voll­ständig nieder. Dieser Brand kostete ein Menschenleben, indem ein Maurer von einer einstürzenden Wand erschlagen wnrde. — Zum dritten Male brannte es dann am Donnerstag in dem Dorfe, und zwar fielen diesmal die Scheune und Stallungen des Lehrers zum Opfer. Einige Verhaftungen sind vorgenommen.

Die Erbauung des Pforzheim er Aussichtsthurms auf der Büchenbronn- Engelsbrander Höhe schreitet rasch vor­wärts und dürfte in etwa 3 Wochen vollendet sein. Man gelangt am besten zur Baustelle von Neuenbürg aus über Engelsbrand, von Birkenfeld aus über Büchenbronn.

Württemberg.

Die in Wildbad erledigte Postassi- stentenstelle ist dem Postpraktikanten I. Kl. Sommer bei der Eisenbahnpostinspektion gnädigst übertragen.

Cannstatt, 16. Okt. Der Herbst wurde diesen Morgen durch Läuten und Schießen wie jedes Jahr üblich eingeleitet. Der Wein scheint in Betreff der Quantität etwas zurückzuschlagen, während die Quali­tät besser, als man erwartete, auszufallen scheint.

Alpirsbach, 15. Okt. Die Ansicht Derer, welche das mit der einstigen Er­öffnung der Kinzigbahn eintretende Auf­hören der Flößerei auf der Kinzig vorhersagten, scheint noch vor diesem Zeit­

punkte Recht zu behalten. Die Zahl der Flöße, welche die hiesige Stadt passiren, nimmt von Jahr zu Jahr ab und zwar in immer steigender Weise. Gingen im Jahre 1881 noch 59 Flöße ab, so waren es im vorigen Jahre noch 45 und in diesem Jahre bis jetzt 17 Flöße, die verschifft wurden, so daß Heuer die Zahl von 20 Flößen kaum erreicht werden dürfte. Gegenüber einer Anzahl von 70—80 Flößen vor 10 Jahren gewiß ein bedeutender Unterschied. Es wäre jedoch ein falscher Schluß, von dieser Abnahme der Flößerei auch auf eine Abnahme der Holzabfuhr aus unserer Gegend schließen zn wollen. Letztere ist so ziemlich die gleiche geblieben. Dagegen wird jetzt das meiste Langholz per Axe thalabwärts geführt. Dies hat seinen Grund darin, daß die Sägwerks­besitzer und Holzhändler die beschlagenen Hölzer, wie sie durch die Flößerei auf den Markt kommen, nicht in gleicher Weise begehren, wie die runden, die ihnen den elfteren Gegenüber manche Vortheile bieten. Andererseits wird aber auch in hiesiger Gegend mehr gesägtes Holz in den Handel gebracht. Immerhin dürfte das aus un­serer nächsten Umgebung stammende thal­abwärts geführte Langholz die Summe von 10,000 Festmetern erreichen. Mit Eröffnung der Kinzigbahn wird wohl all dieses Holz, dessen Quantum sich übrigens noch durch Zufuhren vom flachen Lande vermehren dürfte, auf hiesiger Station zur Verladung kommen. (S. M.)

Von der Nagold, 9. Okt. Die Kirchspielsgemeinden Altensteig Stadt und Dorf, Simmersfeld mit Filialen u. a. hatten seit alten Zeiten verschiedene Gerechtsame in den im Bezirk gelegenen 10,962 Morgen großen Kirchspielswaldungen zu genießen. Durch einen Vertrag vom Jahr 1830 begaben sich die betreffenden Gemeinden ihrer Vorzugsrechte in diesen Wäldern mit Ausschluß des Weiderechts. Noch in den 60er Jahren wurde das Recht der Vieh­weide in den betr. Wäldern namentlich auf badischem Gebiet ausgeübt, jedoch durch die Ausdehnung forstwirthschaftlicher Kul­turen mehr und mehr beschränkt. Die Sache bildete seit Jahren einen Streit­gegenstand. Vor Kurzem ist nun eine Vereinbarung zwischen der K. Forstver­waltung und den Gemeinden dahin zu Stande gekommen, daß den betreffenden Gemeinden eine Ablösungssumme von 6500 ^ gereicht wird. (Schw. B.)

Altensteig. Sonntag 21. Oktober findet Nachmitags 3 Uhr ein Kirchen- Concert hier statt.

Wildbad. Der Militärverein macht nächsten Sonntag einen Herbstausslug nach Schwann, Gräfin- und Obernhausen.

Nach der „Württemb. Corresp." sollen im Ganzen 22,600 ^ für die streikenden Schreiner eingegangen sein, welche Summe bis auf 2000 verwendet ist.

Stuttgart, 18. Oktbr. Kartoffel- Obst-u. Krautmarkt. Leonhardsplatz: 300 Säcke Kartoffeln ä 2 50 ^ bis 2

80 ^ pr. Ztr. Wilhelmsplatz-. 3000 Säcke Mostobst ä 5 ^ bis 5 ^ 30 ^ pr. Ztr. — Marktplatz: 2000 Stück Filder- kraut L 10 bis 14 ^ pr. 100 Stück.

Neuenbürg, 18. Okt. Kartoffel­markt. Rothe Hardtkartoffeln 2 10 ^

p. Ctr.

O e st e r r e i ch.

Wien, 12. Okt. König Georg von Griechenland wird hier mit großer Auf­merksamkeit behandelt. Der Kaiser er­nannte ihn zum Inhaber des 99. In­fanterieregiments. Ob König Georgios darauf hin einen Besuch in Paris beab­sichtigt, ist diesseits nicht bekannt.

Schweiz.

In Genf wird am 9., 10. u. II.Nov. eine großartige Lu th erfei er stattfinden, an welcher alle Protestanten ohne Unter­schied der Nationalitäten und dogmatischen Scheidungen Theil nehmen können. Dem Centralkomite, bestehend aus den Mit­gliedern der deutsch-lutherischen Kirche, haben sich die hervorragendsten Vertreter des Genfer Protestantismus, von der Nationalkirche sowohl, als auch von der „Freien Kirche", angeschlossen und ein großes Aktionskomite gebildet, das die Ausführung des Jubiläums leitet.

Auslan d.

Italien. Die Weinernte ist außer­gewöhnlich reich ausgefallen. Der Ertrag wird nach einer Mittheilung der „Daily News" auf 29 Millionen Hektoliter ge­schätzt.

Rom, 15. Okt. Die Behauptung liberaler Blätter, daß Kardinal Hohenlohe vor seiner Abreise mehrere Besprechungen mit dem Konvertiten Ex-Domherrn Cam- pello, Eigenthümer einer altkatholischen Zeitschrift, gehabt, wird nicht dementirt. Die hiesigen klerikalen Blätter beobachten über die Haltung Hohenlohe's tiefes Still­schweigen.

Miszellen.

Vivat segne ns! Im Jnseraten- theile der Magdeburger Zeitung liest man folgende Annonce des größten Leinen­geschäftes Magdeburgs: „Die Leinen- Handlung von Peter Georg Palis, In­haber: Carl Rahmdohr, Kaiserstraße 97, am Alten Ulrichsthor sieht sich zu der Erklärung veranlaßt, daß sie ferner fran­zösische Artikel, Nouveautes cke karis, nicht mehr führen wird. Die noch vorhandenen Bestände werden zu zurückgesetzten Preisen verkauft."

Wohlgemeinter Rath. Ein her­vorragendes Mitglied des Münchener Hof- Theaters hatte sich im vergangen-n Sommer nach einem böhmischen Badeort begeben, um von einem allgemeinen Unbehagen, dessen Ursachen sein Hausarzt nicht er­gründen konnte, zu genesen. Der Bade­arzt, der kaum den Namen des Künstlers kannte, sah alsbald ein, daß er einen Hypochonder vor sich habe, und ertheilte nach einem oberflächlichen Verhör den Rath: „Sie sollten sich zerstreuen, gehen sie doch häufig in's Theater..„Davon verspreche ich mir nicht viel", erwiederte der Patient ruhig, „ich verbringe seit 17 Jahren fast jeden Abend im Theater. Ich bin nämlich Schauspieler"... „So, so!" sagte der Arzt betroffen.

Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Meeh in Neuenbürg.