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„Du darfst."
„Nun denn, so bestelle einen weisen, klugen, verständigen und strengen Mann zum Aufseher über deine Diener; Einen, der Güte mit unerschütterlicher Festigkeit vereint; Einen, der großmüthig im Belohnen, aber auch schnell im Bestrafen ist, und dessen furchterregender Blick allein schon hinreicht, Gehorsam zn erzwingen.
„Wo, o Fremdling, sollte ich wohl solch einen Schatz finden?" frug der Weise.
„Blick her!" rief der Sattler mit staunenswerther Kühnheit, „solch ein Mann steht vor dir!"
Der Greis lachte herzlich bei diesen Worten; denn Rodawan's Aussehen war im Unglück so schüchtern und demüthig geworden, daß selbst eine Turteltaube sich nicht vor ihm erschreckt haben würde.
Der Alte versetzte: „Du bist ein wunderlicher Kauz. Setze dich und erzähle mir deine Geschichte."
Radawan that, wie ihm geheißen ward, und nachdem sein Wirth ihn aufmerksam angehört hatte, sagte er: „Es ist gut. Ich will dich zum Aufseher über meine Diener machen, aber ich bitte dich", fügte er lächelnd hinzu, „suche die Furchtbarkeit deines Anblicks zu müßigen, denn meine Diener sind an eine milde Behandlung gewöhnt, und die Strenge, der Stolz und Majestät deines Blickes könnte sie allzusehr entsetzen."
Radawan war entzückt über den Erfolg dieser Begegnung und versprach, seine angeborene Wildheit so wenig als möglich merken zu lassen. Es gelang ihm auch so gut, daß die anfangs über diese Anstellung sehr aufgebrachten Diener bald entdeckten, daß sie ein noch leichteres Leben als vorher führten; denn der ehrwürdige Abu Kassim, der sich gänzlich auf die Wachsamkeit seines Aufsehers verließ oder zu verlassen den Anschein gab, schloß sich jetzt ganze Wochen lang in sein Gemach ein, um ungestört zu denken.
Ein Jahr verstrich. Theils durch Geschenke, theils durch seinen Gehalt und theils auch durch mancherlei kleine Spekulationen sah sich Radawan -im Besitz von sechshundert Goldstücken. Jetzt gedachte er seines runden niedlichen Weibchens, seines rothwangigen kleinen Jungen, und sehnte sich zurückzukehren, sei es auf Gefahr seines Lebens. Eines Tags eröffnete er denn seinem Herrn seinen Wunsch und dieser sagte:
„Mein Sohn, ich habe eine große Neigung zu dir gefaßt, obwohl ich deine Wildheit nicht von solcher Wirkung finde, als ich erwartete. Gerne würde ich dich bei mir behalten, allein deine Gründe zur Heimkehr sind überwiegend und ich glaube nicht, daß du jetzt viel zu befürchten haben wirst."
So beschloß denn Radawan, nach Kairo zurückzukehren; aber zuvor wollte er seine Neugier in Betreff seines Herrn befriedigen; denn es war ihm nie gelungen, ausfindig zu machen, wer er sei, noch woher er seinen Reichthum habe. Mit einer Zuversicht, die aus seiner Einfalt erwuchs, bekannte er ihm, was er zu wissen wünschte. Abu Kassim war nicht beleidigt, sondern antwortete: — „Dir meine Geschichte erzählen , würde zu lang sein. Ich will
Dir aber meine Beschäftigung sagen, — ich bin ein Weisheitshündler."
„Findet die Weisheit guten Absatz?" frng Radawan etwas verblüfft.
„Nicht sehr, und darum bin ich auch gcnöthigt, sie theuer zu verkaufen. Ich verlange hundert Goldstücke für jede Regel.
(Fortsetzung folgt.)
Bier-Extrazug. Ein mit Fahnen und Gnirlandeu reich geschmückter Bier- Extrazug erregte dieser Tage auf der preußischen Staatsbahn Aufsehen; ans 16 Bier-Transportwagcn bestehend mit 110,000 Liter Inhalt, wurde dieser stattliche und seltene Zug von der Brauerei H. Henninger, Erlangen, zum großen Kriegerfest nach Hamburg dirigirt; die Firma hat sich durch die Errichtung des Burg-Bräu-Ausschank in den großen Lokalitäten des Herrn Georg Esselborn, Leipzigerstr. 59, auch in Berlin viele Freunde erworben.
Die Entzückten. Der Pariser Figaro hat folgendes Gespräch zweier Modedamen belauscht: „Morgen hat die Gräfin ihren Jour. Werden Sie hingehen? — „Ja, Madame," — „Ich auch, Madame." — „Ich bin entzückt darüber."
— „Ich bin entzückt über Ihr Entzücken."
— „Ich bin entzückt darüber, daß Sie über wein Entzücken entzückt sind."
Epidemie. Ein Schulinspektor kommt im Winter während der Schulzeit in ein Dorf und trifft eine große Anzahl der schulpflichtigen Jugend, welche sich auf dem Eise des Dvrfteiches belustigt. „Warum seid ihr denn nicht in der Schule, Kinder?" fragt der würdige Herr. Wie aus einem Munde schallt ihm die Antwort entgegen: „Mer derfen nich', mer ha'n die Masern."
Luftreinigung im Krankenzimmer. Neben gehöriger Lüftung gibt es nach dem Neuest. Erf. u. Erfahrg. kein besseres Mittel, die Luft in den Krankenzimmern zu reinigen, als das rothe Salz, das man in den Apotheken unter dem Namen „übermangansaures Kali" erhält. Ein Thcelöffel voll wird in Uz Liter gelöst und die Mischung in flachen Gefäßen (Teller») ausgestellt, auf den Fußboden und in die Ecken gesprengt, oder vermittelst einer sogenannten Mundspritze im Zimmer vertheilt. Wasser, leicht ge- röthet von dieser Lösung kann zum Waschen der Hände, zum Baden und zum Abwaschen der Möbel, des Fußbodens rc. mit Vortheil benützt werden. In allen Krankheiten, wo viel ausgespuckt wird, sollte man nicht, wie gewöhnlich, Sacktücher, sondern ein Becken mit etwas, durch Zu- fatz des obigen Salzes stark geröthetem Wasser dazu verwenden. Dasselbe muß aber täglich mehrmals erneuert werden. Diese Lösung wird auch zum Reinigen und Geruchlosmachen von Geschwüren, zum Ausspülen des Mundes und zum Gurgeln bei übelriechendem Athem, Geschwüren im Mund und Hals, (Diphthe- ritis) wo sie zugleich reinigend und heilend wirkt, benützt. Dieser Stoff ist ein so gutes und leicht anzuwendendes Desin- fizirungsmittel, daß er in keinem Hause
fehlen sollte. Fleisch, das durch längeres Aufbewahren einen üblen Geruch angenommen hat, kann durch Waschen in Wasser, das mit diesem nützlichen Salz ge- röthet ist, wieder gernch- und geschmacklos gemacht werden. Ein Körnchen davon, in ein Glas Trinkwasser gethan, schlägt die darin enthaltenen organischen Unreinigkeiten nieder und macht es gesund und wohlschmeckend.
Denkt an die Hunde bei der jetzigen Jahreszeit und sorgt dafür, daß ihnen mehrmals täglich reines frisches Wasstr zukommt. Die treuen Begleiter und Wächter des Hauses verdienen eS wohl, daß ihnen neben dem erforderlichen Futter Gelegenheit geboten wird in kühlem Wasser ihren Durst zu löschen und im Schatten sich legen zu könne».
An heißen Tagen ist cs oft zum Erbarmen, zu sehen, wie Pferde und Rindvieh von Stechfliegen aller Art gepeinigt werden. Alljährlich sind in den Blättern Mittel verschiedener Art gegen diese Plage wiederholt zu lese», worunter manches erprobte ist und nur wenige Pfennige Kosten verursacht. Allein wie wenig wird davon Gebrauch gemacht, obgleich es doch in erster Linie im eigenen Interesse des Besitzers läge, sein ihm Verdienst bringendes schutzloses Arbeitsvieh zu schonen. Wenn irgendwo, gilt hier der Spruch: „Der Gerechte erbarmt sich des Viehes."
Abhaltung der Fliegen von Gegenständen, welche nicht von ihnen beschmutzt werden sollen. Man bestreicht die Hinterseite oder die Gegend, wo sich ° solche Möbel befinden mit etwas reinem Lorbeeröl, oder mit einem Wasser, in welchem einige Tage Lauch eingeweicht worden. Beide Gerüche sind den Fliegen zuwider. — Diese Mittel werden sich auch bei Pferdegeschirren re. leicht anwenden lassen. Auch Abkochungen von Wermuthkraut und Abwaschungen mit Alaunwasser wurden schon empfohlen. — Pferde, Ochsen, Kühe überhaupt die Hausthiere, schützt man vor Insektenstichen durch Bestreichung oder Waschung mit gekochten Wallnußblättern, auch durch Bedeckung mit befischthranten Netzen. Menschen, welche diese Dünste nicht scheuen, können sich natürlich auch so schützen.
Benziuist zur Ungeziefer-Vertilgung, wie zur Ausrottung der Motten, Roaches u. s. w. wirksamer als etwas anderes.
W ä t H f e c.
Das Erst' entkeimt dem Schoße der Natur;
In Fülle schenkt's die liebevolle Mutter,
Wo fände sonst auch manches Thier sein Futter.
Es prangt zur Angenlust auf grüner Flur.
Es kündigen die letzten zwei gepaart
Ein Thierchen an mit Schwingen fein und zart.
Uns Menschen ist's ein unbeliebter Gast,
Natürlich! denn es fällt uns stets zur Last.
Dem Ganzen seid Ihr hold, wenn's lieblich singt,
Ein Thierchen ist's, das gleichfalls Flügel schwingt.
Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Me eh in Neuenbürg.