388
wurde wieder geräuschlos geschlossen und der junge Mann befand sich abgesperrt von der übrigen Welt auf den: Grund und Boden seines Todfeindes.
Die mit dem Namen „Matuschka" angeredete Person führte den Offizier an der Front des Hauses entlang zu einer Seitenthür, zog, hier angekommen, eine Blendlaterne unter der Schürze hervor und flüsterte: „Vorsichtig!" worauf sie eine schmale Treppe Hinanstieg.
Der Lieutenant folgte geräuschlos.
In wenigen Sekunden standen sie vor einer halboffenen Thür in der Beletage. Amsler schlüpfte hinein, die Thür wurde hinter ihm sofort geschlossen.
Der Lieutenant sah sich in einem feenhaft ausgestattcten Boudoir; Alles, was Glanz und Luxus zu bieten vermögen, war hier geschmackvoll aufgestellt; es war ein herrliches Gemach, ganz dazu geschaffen, zwei innig Liebenden ein trauliches Asyl zu bieten.
Und doch waren die gegenwärtigen Inhaber nichts weniger als glücklich.
In einem Fauteuil saß eine junge Dame, die sich bei dem Eintritt Amslers mit großer Lebhaftigkeit erhob, ihm entgegeneilte und an seine Brust sank.
Die Comtesse Clara Roslawska mochte das Alter von neunzehn Jahren erreicht haben; der erste Blick auf ihre ätherische Gestalt verrieth dem Beobachter die echte Polin aus hohem Stande. Sie war nicht groß, aber die zierliche Umrisse ihrer Figur, ihr schlanker Wuchs und die graziöse Haltung ihres 'Körpers ließen sie weit größer erscheinen als sie wirklich war; — das Köpfchen von dunkelbraunen, dicken Locken umwallt, zeigte ein Gesicht, dessen elastisch schöne Züge auch den kältesten Mann zu bezaubern im Stande waren; ein weh- müthiger Ernst lagerte fast immer auf ihrer hohen blendend Weißen Stirn, das schwarze Auge blickte prüfend um sich und der kleine überaus lieblich geformte Mund war mit seltener Unterbrechung geschlossen, ein unverkennbarer Zug stillen Leids spielte gewöhnlich um denselben.
Doch jetzt ruhte der Ausdruck höchster Freude und Wonne auf ihrem Antlitz und verklärte es; ihre kleinen alabasterweißen Händchen umklammerten den jungen Offizier, sie war in dieser Stellung unvergleichlich schön.
Und als nun ihre Lippen sich bewegten und die Worte „Mein Karl, wie habe ich diese Stunde herbeigesehnt!" so silberhell und wohllautend aus ihrem Munde ertönten, da mußte auch wohl Amsler überzeugt sein, daß eins der herrlichsten Wesen sich an seine Brust schmiegte — er beugte ein Knie und entgegnete: „Du bist mein höchstes Kleinod auf der Welt, wie hätte ich Deinem Rufe nicht folgen sollen!"
„Tausend Dank, mein Geliebter!" flüsterte Clara, indem sie sich bemühte, den Offizier emporzuziehen.
Die zärtlichsten Namen und Versicherungen wurden nun zwischen den Liebenden gewechselt, die Comtesse führte ihren Verehrer zu dem Fauteuil und bald saßen sie im traulichsten Zwiegespräch nebeneinander, alles Leid der Erde vergessend.
Und doch konnte der kleinste Berrath sie schon in der nächsten Minute für die Ewigkeit trennen.
(Fortsetzung folgt.)
Französische Erinnerungen aus dem
Jahre 1870.
(Fortsetzung).
Als ich mich verabschiedete, sagte diese Persönlichkeit: „Besuchen Sie mich in zwei oder drei Tagen wieder, ich möchte mich mit Ihnen über eine Frage unterhalten." Um nicht unvorbereitet zu sein, fragte ich: „lieber welche Frage?" Er erwiederte: „Die Grenzfrage; die Saar, die Maas, der Rhein, die Mosel, ich gestehe Ihnen, daß Alles dies in meinem Kopfe etwas confus ist." Ich kehrte nach Hause zurück; man sagte mir: „Wie traurig Sie aus- schen!" Erinnert man sich heute noch der Raserei, von welcher die Bevölkerung ergriffen war? Man glaubte sich des Sieges so gewiß, daß die systematischen Gegner des Kaiserreiches — die Unersöhnlichen — den Frieden forderten. Erinnert man sich des Borüberziehens der Menge auf dem Boulevard und der Rufe: „Nach Berlin!" Die solidesten Köpfe waren vom Schwindel ergriffen. An dem Mittwoch, welcher der Kriegserklärung voranging, verlangte man in der großen Oper die Marseillaise; das Orchester schickte sich an, dieselbe zu spielen, als man den „Deutschen Rhein" forderte. Die Musiker schienen zu zögern und der Regisseur trat an die Rampe vor mit der Erklärung, daß man die Poesie von Muffet nicht zu singen vermöchte, weil man nicht Zeit gehabt habe, dieselbe zu lernen. Emilie de Girardin erhob sich hierauf in seiner Loge und rief: „Es dauert also länger, zu lernen als zu erobern.." „II ost äone plus lonZ L appreiuiro gu'L pronäro." Der ganze Saal klatschte Beifall. Zwei Tage darauf sang ein Schauspieler in der Uniform eines Capitäns der mobilen Nationalgarde den „Min allsinanä" und erhielt eine Ovation. So viele Illusionen, um dahin zu gelangen, was wir erdulden mußten! Die verwünschten Stunden! Wie dieselben in der Erinnerung schwer lasten! Ich erinnere mich, daß ich zwei Tage, nachdem ich an den Mauern von Paris die Depesche angeschlagen sah: „Mac Ma- hon hat eine Schlacht verloren", zwei Freunden begegnete, einem Rathe am Rechnungshöfe und einem Direktor in einem Ministerium.
(Schluß folgt.)
Entstehung des Tabakmonopols in Frankreich. An einem Novemberabend des Jahres 1810 fand ein Hofball in den Tuilerien statt, bei dem sich eine Dame durch ihre Anmuth und ihre Diamanten auszeichnete. Der Kaiser und der Hof waren von dem Luxus geblendet und fragten nach dem Namen der schönen Tänzerin. Man antwortete dem Kaiser, es sei die Gattin eines durch den Tabakhandel reich gewordenen Kaufmanns. „Dieses Geschäft trägt also viel ein?" fragte Napoleon — und die Folge davon war, daß am 29. Dezember und am 11. Januar 1811 Dekrete erschienen, welche die Fabrikation und den Verkauf des Tabaks ausschließlich dem Staate zuwiesen.
Schlaue Wette. Mehrere Herren sahen eine Dame in einem Gasthof, wo sie logirten, absteigen und einer von ihnen wettete, er würde sie in kürzester Frist freien, gewinnen und heirathen. Innerhalb einer Stunde hatte er seine Wette gewonnen und steckte den ziemlich hohen Betrag derselben ein. Erst als das glückliche Paar abgereist war, stellte es sich heraus, daß sie vorher Mann und Fran gewesen waren und dasselbe Spiel in mehreren Gasthöfen wiederholt hatten.
Kirschenkuchen. 24 Deka Zucker, 7 Eier rühre flaumig ab, menge 11 Deka unabgezogene und 11 Deka abezogene Mandeln , etwas gestoßenen Zimmt und Gewürznelken, 22 Deka geriebenes Schwarzbrot oder Semmelbröseln, 56 Deka Süßoder Sauerkirschen hiezu; diese Masse kommt in eine mit Butter bestrichene und ausgebröselte Form, backe sie und bringe sie trocken auf den Tisch. (Did.)
Arithmetisches Räthsel. Drei Studenten, Kneipviel, Paukfest und Stram- bach sitzen grad im Wirthshaus und spielen im Scat ihr Bier aus. Paukfest hat zu zahlen zwei Drittel der Seidel, die Kneipviel getrunken hat. Kneipviel ein Drittel deren, die Paukfest und Strambach zusammen getrunken haben. Strambach hat so viel verloren, als Kneipviel zu zahlen hat; Kneipviel halb so viel gewonnen, als Strambach getrunken hat.
Wie viel hat Jeder getrunken und wie viel hat Jeder zu zahlen, wenn bekannt ist, daß im Ganzen weniger als vierzig Seidel getrunken find?
Einladung W Abonnement
auf den
Knzthäter
für das dritte Quartal 1883.
Die geehrten Abonnenten sind freund- lichst gebeten, ihre Bestellungen zeitig zu machen, hier bei der Redaktion, auswärts bei den Nächstliegenden Postämtern, um Unterbrechungen möglichst zu vermeiden.
Die Versendung des Enzthälers geschieht gemäß des in Württemberg in Wirksamkeit getretenen Gesetzes über das Postwesen, wie nach auswärts so auch im Oberamtsbezirk durch die K. Postanstalten. Die geehrten Leser wollen deßhalb ihre Bestellungen immer unmittelbar bei ihren Postämtern machen, wo solche täglich angenommen, auch durch die Postboten besorgt werden.
Der Preis des Blattes ist in Neuenbürg vierteljährlich 1 „(L 10 monatlich 40 L, durch die Post im Oberamtsverkehr vierteljährlich 1 c4L 25 monatlich 45 auswärts vierteljährl. 1 ^ 45 monatlich 50 L, wie bisher ohne weitere Kosten.
Bekanntmachungen der verschiedensten Art ist durch den Enzthäler unbestritten der beste Erfolg im Bezirk gesichert. —
Einrückungspreis die Zeile oder deren Raum 10 bei Redaktionsauskunft Zuschlag 20
. Hecklstion H ^rrlsg der AnrlWer.
Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Meeh in Neuenbürg.