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gelegt werden solle. Sie ist nur wie durch ein Wunder der größten Todesgefahr entgangen. — In Folge der Unruhe, welche die jüngsten Gewalthaten erzeugt haben, ist seitens der Regierung beschlossen worden, die hauptsächliche Polizeimacht wesentlich zu verstärken. Am Samstag wurde der Befehl erthcilt weitere 1000 Konstabler anzustellen.
In einigen Zeitungen wird indeß daraus hingewiesen, daß Lady Dixie im Rufe großer Exccntricität stehe, daß sie durch Drohbriefe sehr erregt war, daß sic eine sehr lebhafte Pbantasie besitze und daß bettelnde Landstreicher beiderlei Geschlechts in der Nähe Windsors keine Seltenheit seien. Die Stelle, wo das Attentat stattfand, weist nicht die geringste Spur eines stattgehabten Ringens nach.
London, 21. Mürz. Einer Meldung der Saint-James Gazette zufolge empfing der Abgeordnete für Helston, Aubyn, einen anonymen Brief, augenscheinlich von weiblicher Hand, worin er gewarnt wird, sich zur Zeit der Wiedereröffnung des Unterhauses nach Ostern dort einzufinden, da eine Bande irländischer Mörder entschlossen sei, das Parlamentsgebäude in die Luft zu sprengen. (F. I,)
Petersburg, 20. März. Der Gouverneur von Moskau erhielt einen Brief, welcher besagt, weil der Kaiser keine Cvn- stutition gewährt, solle die Krönung verhindert werden, selbst wenn der ganze j Kreml sammt allen Güsten in die Luft gesprengt werden müßte. In Petersburg! ist ein Dynamitdepot entdeckt und sind vierzig Personen verhaftet worden. (Klingt etwas stark.)
Miszellen.
Lucia.
(Novelle aus dem gleichnamigen Roman von H. Emilius.)
(Schluß.)-'
„„Bist Du endlich zufrieden, Mama?"" fragte er seine Frau, um der allgenieinen Rührung Einhalt zu thun. „„So viel hättest Du nicht von mir erwartet, nicht wahr? Ich hätte vielleicht noch viel mehr gethau, wenn Adelina und meine Kleine nicht als Krankenwärterinnen vom Himmel gefallen wären — ich konnte es nicht länger so aushalten"" — und nun erzählte er seiner Frau, wie er mit ihnen zusammengetroffen war, wobei er ausdrücklich hervorhob, daß Lucia ihn zuerst erkannt, das heißt, daß sie auf den ersten Blick die Aehnlichkeit zwischen Vater und Großvater entdeckt hatte. Darauf kam er später noch oft zurück, und es war, als hätte das Kind sich schon dadurch ein Recht auf seine Liebe erworben. Diese großväterliche Liebe wurde eine Art Anbetung, eine Billigung alles dessen, was die Kleine that und sprach, und hätten die Eltern und die Großmutter nicht im Stillen dagegen gearbeitet, so hätte der Großvater, der einst so strenge Vater, das verzogenste Kind aus ihr gemacht.
Adelina fand in Frau Balder eine Mutter, an die sie sich mit aller Hingebung, deren sie fähig war, anschloß, als wollte sie dieselbe, so viel an ihr lag, für das lange Leid entschädigen; und eine
reiche Entschädigung war es in der That für die Mutter, drei liebende Wesen um sich zu sehen — für eins, um das sie jahrelangen Kummer gehabt.
Als wäre ein alter Zauber, der auf ihm lag, gehoben, schien das düstere Patrizierhaus durch diese Veränderung ein anderes Aussehen gewonnen zu haben. Eine stille Freude war in seine Räume eingekehrt, die sonst nur lebendige Schatten eiuzuschließen schienen, und die Rathsherren und Senatoren in altmodischer Kleidung und Perrücken, deren Bilder die Mauern der weiten Hausflur schmückten, sahen nun tagtäglich auf ein Kind hinunter, das lustig aus einem vom Großpapa geschenkten Schaukelpferde ritt oder eine Puppe spazieren führte, die ihm bis an's Näschcn reichte. Großpapa spielte selbst stundenlang mit ihm, was in den gepuderten Perrücken ein sonderbares Schütteln, in den Haarzöpfen ein entrüstetes Zucken und in den starren Augen ein gegenseitiges Blinzeln bewirkte. „Unser Geschlecht geht unter: eine Wälsche fitzt im Haus und mit der Kinderzucht ist's vorüber, o weh, o weh!" flüsterten sich die Herren zu, und vor Weh und Leid standen ihnen die Perrücken zu Berge. Der alte Balder bemerkte aber nicht, wie wunderlich sic sich in dieser neuen Frisur ausnahmcn, noch welche zornige Blicke ihm seine Ahnherrnf die Junker Haus, Konrad, Kaspar, Felix u. s. f. zuwarfen, welche ihn nicht einmal in seiner Bräutigamszeit so glücklich gesehen hatten. Andere Male erfüllten süße Melodien die unteren Gemächer, die seit Jahren so stille dagelegen hatten, denn der alte Herr hatte, um Adelina Freude zu machen und sich selbst einen Genuß zu verschaffen, einen schönen Flügel in's Haus kommen lassen. Er haßte sonst die Klaviertrommelei, wie er das Klavierspiel nannte, und war auch im Allgemeinen kein großer Musikfreund; aber Adelinen's Stimme hatte ihn das für den Augenblick vergessen lassen und! eine Umwandlung bewirkt, über die seine Frau lächelte. Wenn sie auch ihr Traucr- gewand nicht abgelegt hatte, so war doch über ihre Züge ein Ausdruck des Friedens und der Freude ausgebreitet, der ebenfalls eine Umwandlung kundthat. Den Sohn, der ihr entrissen worden war, hatte sie mit Zuversicht wicderzufinden gehofft; ihr Gebet um August's Rückkehr war erhört worden; ihren Mann sah sie von einem schweren Alp befreit — wie hätte sie da anders als dankbar und zufrieden sein können?
Bis in die Küche drang der belebende Einfluß des großen Familienereignisses. Die alten Dienstboten, die, als Traurigkeit und Mißbehagen sich bei der Herrschaft eingeschlichen hatten, in Uebereinstimmung mit dieser so still geworden waren, daß man an ihrem Dasein hätte zweifeln können, wurden nun wieder gesprächiger, mittheilsamer, und zuweilen vernahm man — was in den letzten Jahren unerhört gewesen wäre — auch aus ihren Regionen ein leises Kichern oder ein lautes Lacheu. Der Hausknecht pfiff im Hofe vor sich hin, und Philax, der Haushund, der einst August gehört hatte, schien jünger geworden zu sein, seitdem ein Kinderhänd
chen ihn manchmal streichelte und sein ehemaliger Herr alte Spiele mit ihm wiederholte.
Zur Warnung. Von einem Wiener Geschäftsmann«: (Uhreufabrikant und Exporteur) sind in jüngster Zeit in öffentlichen Blättern mit der Einleitung! „Bitte! Lesen Sie!" „Echte, vorzüglich regulirte Pracht-Talmigold-Taschenuhren, mit fünfjähriger Garantie, auf die Sekunde regu- lirt nebst einer Goldfacon-Talmi-Uhrkette und einem feinen Sammt-Etui" zum Preise von 9 Mark ausgeboten worden. Die 9 ^ sollen den „bloßen Werth des Arbeitslohns" bilden. Das Musterlager der Centralstelle zu Stuttgart hatte eine solche Uhr sich verschafft. Die Kosten waren einschließlich Porto 10 vlL 20 Nach dem übereinstimmenden Urtheile Sachverständiger besteht die Uhr aus einem ganz alten, vollständig unbrauchbar gewordenen Werke, auf welches mit zwei Wachstropfen ein Zifferblatt aufgeklebt fist. Das Werk selbst ist ohne irgend eine Verbindung in das Gehäuse gelegt und fällt aus demselben heraus, sobald der Glasdeckel geöffnet wird. Die Uhr hat als solche gar keinen Werth. Ebenso ist das „Pracht- Talmigold-Gehüuse" nebst der „Goldfacon- Talmi-Uhrkette" von der geringste» Qualität; das „feine Sammt-Etuis" ist durch ein wcrthloscsPappdeckelschächtclcheu reprü- sentirt, so daß die ganze mit so vielem Pomp angeborene Uhr nebst Kette nur als ein Kinderspielzeug betrachtet, aber auch als solches höchstens zu 2 öO angeschlagen werden kann.
Entweder — oder. Ein Ausländer, der in Frankreich reiste, wurde schwer krank. Einer seiner Freunde ließ einen Arzt rufen; dieser zögerte mit seinem ärztlichen Rathe, da er fürchtete, daß er denselben nicht bezahlt bekommen dürfte. Da zog der Freund ein Huudert-Francsbillet aus der Tasche und sagte: „Tödten oder heilen Sie ihn und dieses Billet gehört Ihnen." Der Kranke starb, wurde begraben und da der Arzt nach längerem Warten sein Geld noch immer nicht erhielt, so erinnerte er den Ueberlebenden an sein Versprechen. „Haben Sie ihn geheilt?" fragte ihn dieser. „Nein." „Haben Sie ihn getödtet?" „Keineswegs." „Dann bin ich Ihnen nichts schuldig! Guten Morgen, mein Herr!"
Chlorvformirung der Bienen. In England hat man, wie die Fundgrube meldet, mit Erfolg versucht, die Bienen in ihren Körben mit Chloroform zu betäuben, wenn man ihnen den Honig abnehmen will. Ein solcher Korb wird zur Abhaltung des Lichtes und der Luft mit einem Tuch behängen und das Chloroform eingctröpselt. Sobald man bemerkt, daß sich die Bienen ruhig verhalten, kann man sic ohne alle Gefahr leicht in einen anderen Korb übersiedeln, welcher etwas luftig gestellt werden muß. In diesem erwachen sic am nächsten Morgen und umschwärmen munter ihre neue Wohnung.
Golvkurk der Staatskafscnvcrwaltung
vom 23. März 1883. 20-Frankenstücke . . . 16 16
Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Meeh in Neuenbürg.