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„Wenn selbst eine Strafe, die mein gnädigster Oheim und Fürst verhängt, zur Wohlthat wird, wie köstlich müßte da nicht erst eine von so gütiger Hand empfangene Belohnung erwiesener Dienste sein."
„Hast Du Dich solcher zu rühmen, Emil?"
„Meine Bescheidenheit legt mir zwar Schweigen ans, indeß — wenn mir das Reden befohlen würde —"
„Ei, da wäre ich doch wirklich begierig!"
„Die Entfernung des ausruhrstiftenden Polizeipräsidenten von seinen: Posten . . ."
„Ah — allerdings eine Grvßthat, für welche Dir eine Nativnaldotation gebührte. Nun denn, ich hatte Dir ja schon halb und halb das Geld versprochen, dessen Du benöthigt bist, und Du sollst es haben, bevor noch Deine Koffer gepackt sind,"
13.
Wir haben, während wir uns durch die Wirrsale unserer Geschichte mühsam hindurchwinden, den Urheber derselben ganz aus den Augen verloren. Kehren wir jetzt wieder zu ihm zurück. Wie jede gemüthvolle Erzählung sollte doch auch diese mit einer Heirath schließen, sonst würden meine geneigten Leserinnen sie unbefriedigt aus der Hand legen, und das würde mich tief betrüben. So hören Sie denn, meine Damen, wie die schöne Julie Brand unter die Haube und der junge Referendar Springer unter den Pantoffel kam. Es war dazu, wie Sie gestehen werden, Anfangs nur sehr wenig Hoffnung; denn wenn auch die Gräfin Lilicn- thal gewiß den besten Willen hatte, den hübschen jungen Mann zum Assessor zu machen, so wären doch wohl ihre Bemühungen an dem entschiedenen Widerstande des Ministers gescheitert. Doch cs gibt Glückskinder, denen die goldenen Früchte nur so in den Schooß fallen, sie brauchen diese gar nicht zu pflücken. Und ein Glückskind war auch der Herr von Springer. Er that nicht das Mindeste, um das Ziel seiner Wünsche zu erreichen und gelangte doch dahin, er ging nicht wie Muhamed zum Berge, sondern der Berg kam in zuvorkommendster Weise zu ihm.
(Schluß folgt.)
Gin Königsschkoß auf Abbruch.
(Unberechtigter Nachdruck verboten.)
Kürzlich brachten die Pariser Blätter die einfache Notiz, daß die Abtragung der Tuilerien den Bau-Unternehmern Lapehre und Picard im Licitationswege gegen Erlag von 25,000 Francs übergeben worden sei. Also das Schloß, welches den französischen Herrschern seit den Zeiten Karl XI. bis herab zum dritten Napoleon mit wenigen Unterbrechungen zur offiziellen Residenz gedient hatte, unter dem Hammer des Auktionators — welch' eine Ironie des Schicksals! Freilich, es sind nur noch die Trümmer des ehemals so stolzen Königsschlosses an der Seine, welche den Herren Lapcyrc und Picard auf dem Wege der öffentlichen Versteigerung zugeschlagen wurden, aber an diese Trümmer knüpft sich eine Welt von Erinnerungen. Welche welterschütternde Ereignisse haben sich nicht
I tln: und in den Tuilerien im Lause dreier Jahrhunderte abgespielt! Am Fuße der Tuilerien rollten die Blutwellen der Bartholomäusnacht vorüber, in ihrer Nähe entstanden die ersten Barrikaden, welche Paris erblickte, gelegentlich des Aufstandes der Pariser gegen Heinrich III. (12. Mai 1588) und die Kämpfe der Großen gegen Richelieu, wie der Fronde gegen Mazarin wogten bis an die Mauern der Tuilerien heran. Unter Ludwig XIV., der seinen prunkvollen Hofhalt zu Versailles hielt, zu einen: gewissen Stillleben verurtheilt, schauten die Tuilerien hierauf die üppigen Tage Ludwig XV. und der Pompadour, dann kam die Zeit Ludwig XVI. und endlich mit ihr jener folgenschwere Tag, an welchen: die Bastillenstürmer mit ihren schmutzigen Füßen in ihren rothen Mützen und zerrissenen Jacken in den Prunksälcn der Residenz der französischen Könige ein- herwandcltcn. Und nach zwölf Jahren schauten dieselben Zimmer auf den ersten Kaiser der Franzosen herab und über ein Jahrzehnt lang wurden in ihnen die Geschicke der Welt entschieden.
(Fortsetzung folgt.)
Sonntags-Jagd.
Von B. Rauchenegger.
In großen Städten gibt es für Biele kaum etwas Schöneres, als Sonntag Morgens mit Büchse und Jagdtasche, gefolgt von einem oder mehreren braunen Vierfüßlern — zum Bahnhof zu stolziren. Der verwetterte Hut mit der Fasanenfcder sitzt schief auf dem Haupte des kühnen Jägers, in dessen Munde eine kurze Porzellanpfeife baumelt; in dem Rucksacke oder der Jagdtasche klappert die Munition, bestehend aus ein paar Flaschen Medoc, an welche sich eine stolze Salami anlehnt und so eilt der gewaltige Nimrod weitausholend der Station zu. Er fühlt mit Wohlbehagen, daß die Leute ordentlich Respekt vor ihm haben; der Blick der Vorübergehenden haftet mit sichtlicher Ehrfurcht au der ungewohnten Erscheinung und gar manches zarte Frauenbild schenkt dem kräftigen Sohne des Waldes und der Haide ein süßes Lächeln, das allein mehr werth ist, als ein Hase im Ranzen. Solchem Ansehen zu Liebe und auch deshalb, um am Stammtische eine nicht unbedeutende Rolle zu spielen, stürzt sich der friedlichste Jüngling gerne in Unkosten, welche die Adjustirung und das als Jagdbeute zu erwerbende Stück Wildpret bereiten. Es gibt zwar Leute, welche derartige Waidgesellen mit dem ominösen Titel Sonntagsjäger beehren, allein daraus spricht blos der pure Neid und jeder vernünftige Mensch sieht ein, daß ein junger Manu, der unter der Woche alle Hände voll zu thun hat, um Häringe zu verkaufen oder Tuch abzumessen, im Bureau zu fitzen oder sich sonst im Dienste der Menschheit abzuplagen, dem edlen Waid- Werk eben keinen andern Tag widmen kann, als gerade den Sonntag. Ja es gibt wirklich boshafte Menschen!
Als der wohlbestallte und beleibte Buchhalter Vierling mit seinem langjährigen und langen Freunde, dem Friseur Brenner, an einem prächtigen Herbst
morgen wohlausgerüstet; gefolgt von einem krummläufigen, fetten Dackel den Weg zum Bahnhof dahinstolzirtc, begegnete denselben einer ihrer Zechgenossen, der dicke Bäcker von der Kreuzstraße und rief den Jägern die Mahnworte zu: „Fein Obacht geben, daß kein Unglück geschieht!" Die beiden Nimrode würdigten diese Bosheit keiner Erwiderung und stolzirtcn ihrem Ziele zu. Wir sehen sie bald darauf im Eisenbahnwagen mit den ersten Vorbereitungen zum Jagdzug beschäftigt; die Salami wurde enthauptet, die eine Flasche Medoc „verkostet" und auf diese Weise gelang es den Beiden, mit volle:: Kräften die nächste Eisenbahnstation zu erreichen. Bon dort aus sollten sie einige Stunden Weges zurücklegen, um zu einer größeren Jagdgesellschaft zu stoßen, in deren Mitte sic sich Ruhm und Beute zu holen versprachen. Rüstig schritte:- die Freunde fürbaß, so rüstig, daß der wohlgenährte Dackel, welcher seine Schlupfübungcn nur unterm grünen Kachelofen daheim vorzunehmen Pflegte, kaum zu folgen vermochte und seinem Mißmuthe durch Kopf- oder Schweifhängen beredten Ausdruck verlieh. Allein die Vorsehung hatte die bequeme Hundeseele einmal in die Haut eines Jägerköters gesteckt und deßwegen konnte derselbe seinem Berufe nicht entgehen. Nach Verlauf von etwa anderthalb Stunden zweigte von der Hauptstraße ein Fußpfad ab, der so verführerisch lockte, daß Brenner sogleich erklärte, man müsse diese Gelegenheit benützen, um den langen Weg abzuschneiden, sicher führe der Waldweg in der Hälfte der Zeit nach ihrem Bestimmungsort ; ja er war zuletzt fest über- ztugt, daß wenigstens eine Stunde erspart werde.
(Fortsetzung folgt.)
Auflösung des Palindroms in Nr. 19.
Roma — Amor.
Zur Auflösung des Palindroms!
(Eingesendet.)
1.
Roma war das Haupt der Welt,
Amor ist der Gott der Liebe,
Amor stets den Sieg behält,
Ob selbst Roma (oder: der Papst selbst) ihn vertriebe.
2 .
Der Roma stolze Macht herrscht über Länder, Meere,
Sie zeigt in eitler Pracht — als ob sie ewig währe —
Der Welt, was Kriegskunst sei,
Was Tapferkeit und Muth,
Was Bürgerstolz vom Joche frei Viel Schönes sinnt und thut.
Doch Amor lebet heute noch,
Herrscht edler, stärker, größer Fein sanft ist ja sein mächtig Joch Kennst Du ihn als Erlöser?
Frankfurter Coursc vom 2. Febr. 1883.
Geldsortcn. ^
20-Frankcnstücke.16 23
Englische Souvereigns .... 20 35 40
Ruß. Imperiales.16 71 76
Dukaten. 9 56 61
Dollars in Gold.4 16 20
Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Me eh in Neuenbürg.