Gast, da könnt Ihr ja nicht auf meinen Sohn schießen.
Gerührt und erstaunt sah ich die arme Frau an. O die fromme, rührende List des Mntterherzens! Jch(war keines Wortes fähig und hätte ich gesprochen, ich glaube meine Stimme würde bedeutend gezittert haben. Ihr aber war mit Schweigen nicht gedient. — Nicht wahr? wiederholte sie dringend, Ihr könnt jetzt auf meinen Sohn nicht schießen?
Was sollte ich antworten? Ich war verlegen und schwieg wieder. Sic ließ nicht ab und die Hand aus meine Schulter legend und mir bittend in's Auge blickend, wiederholte sie immer wieder und immer dringender: Nicht wahr, Ihr schießet nicht auf meinen Sohn? Ihr versprecht es mir? Euer Wort!
Aber gute Frau, gute Mutter, sagte ich endlich — Ihr stellt Euch das anders vor. Das ist nicht so. Auf Euren Sohn werde ich nicht schießen, Wohl aber, wenn es dazu kommt, auf die hannöversche Armee.
Aber in der hannöverscheu Armee ist ja mein Sohn, rief sie in Todesangst. — Ihr schießet vielleicht gerade auf meinen Sohn. Ihr braucht ja gar nicht zu schießen.
Aber das müssen wir, darum werden wir ja hingeschickt — das ist unsere Pflicht. Die andern werden auch auf uns schießen. Und was wäre da viel damit geholfen, wenn ich allein nicht schießen wollte, wo zehntausend andere schießen?
Es wäre doch Eine Kugel weniger! Ein Tod weniger! rief sie, indem sie die Hände wie zu einem brünstigen Gebete aneinander drückte — vielleicht gerade die Kugel, die meinen Sohn treffen würde.
(Schluß folgt.)
Der Wesen im Wottisgkauöen.
Die Zeit von Weihnachten bis zum heiligen Dreikönigsabend führt im größten Theil Norddeutschlands die Bezeichnung des „Zwölften" (Twölften, Twölwen), nach dem Süden zu, besonders in Thüringen auch die Zwölf Nächte, auch die „Drnttei- jenten" (Dreizehnten) und es knüpft sich verschiedener Aberglaube an dieselben. In den Zwölften muß man Besen binden, denn sie schützen vor Hexerei, auch gedeiht dann das Vieh gut; am vortheil- haftesten ist es, wenn man alle Tage etwas davon bindet, wie es in der Uckermark und in Mecklenburg heißt. Wird im Frühjahr das Vieh zum ersten Male ausgetrieben, so legt man einen solchen Besen auf die Schwelle, daß dasselbe darüber schreiten muß, dann kann ihn: das ganze Jahr über nichts Böses mehr angethan werden. Hat ferner ein Wiesel einmal eine Kuh gezeichnet, so daß das Euter geschwollen ist, so muß man dieselbe dreimal mit einem solchen Besen über's Kreuz streichen und ihn dann stillschweigend unter die Krippe legen, so heilt es sicher. Dies ist der Volksglaube in der Priegnitz. — Im Altenburgischen werden am Abend vom Walpurgistag die alten Besen verbrannt; man nimmt sie, geht hinaus aus einen Berg, steckt sie an und läuft so mit den Bränden durch einander, wobei allerhand Scherz und Neckerei getrieben wird. Einer ähnlichen Sitte begegnen wir zur Weinlese in der Niederlausitz, speziell in
Guben, wo die fröhliche Kinderschaar am Abend mit den aus den Wirthschaften erbettelten abgenutzten Besen ein ergötzliches Feuerwerk aufführt. In der Mark heißt es: Will man Wind machen, so muß man seine alten Besen verbrennen. — Werden in Camern Thiere zum ersten Mal auf die Weide geführt, so streut man vor der Stallthür Sand oder Stroh, so daß die Thiere darauf treten müssen; die gemachte Spur in den Stall zurückgeworfen, bewirkt, daß sic ohne Hülfe Hof und Stall wiederfinden. Axt und Besen, über Kreuz auf die Schwelle der Hvf- pfoste gelegt, bewirken nach dem Volksglauben dasselbe und schützen noch dazu gegen Hexerei.
Handel mit Men sch e n ha aren. In der Bretagne wird ein schwunghafter Handel mit Menschenhaaren betrieben. Dieselben sind auf den Wochenmärkten ein von Frauen und Mädchen ausgebotener stehender Artikel. Oft aber ereignet es sich, daß auf offenem Markte ganze Reihen ungeschorener Frauenzimmer von den Händlern gleich Schaafen geschoren werden. Die Bretagnerinncn oder eigentlich Breto- ninnen binden hierauf ihren Kopf ein und lassen das abgeschnittene Haar wieder wachsen, um es dann auf's Neue zu verkaufen.
Pietätvoller Brauch. Aus San Francisco schreibt man Folgendes:
„In einem Hause, wo ich hier viel verkehre, giebt es unten eine deutsche Schule, in welcher über 100 Kinder unterrichtet werden. Kürzlich starb in der zweiten Klasse ein Mädchen von 11 Jahren und da wurde der Platz, auf welchem das Kind immer gesessen hatte, schön ausgeschmückt. Auf dem Pult der verstorbenen Schülerin lag ein prächtiger Kranz von frischen Weißen Rosen mit 11 Veilchen- bouquetts — die Zahl der Lebensjahre andeuteud — und in der Mitte des Kranzes ein kleines Herz von Vergißmeinnicht. Drei Tage lang setzt sich kein anderes Schulkind auf solch einen Platz, bis eben die Verstorbene beerdigt und die Blumen wieder fvrtgcnommen sind. Es ist dies sicherlich eine recht hübsche, zu herzlichem Mitgefühl anregende Sitte."
Revanche für Szegedin! Von einem „donkboren überschwemmt Gewesenen" ist bei einem der Comitos für die überschwemmten des Rheingebiets folgende poetische Zuschrift nebst einer Zehn- Gulden-Banknote aus Szegedin eingelaufen:
„Wie Jedermann waiß,
Hot überschwemmt die Thais;
Vor Johren gonz Szegedin;
Und da Hot gonz Berlin Und auch Bruder vom Rhain Mit Goben schnell gägriffen ein.
Der Ungarmensch bot donkbor Herz Und Färständniß für ohndrc Schmerz. Er schickt hier zum Bäwaiß Von Szeged on der Thais;
Zehn Guldenzettel ein Für Wassersnoth om Rhain!"
Janos Erdelh
ein donkbor überschwemmt Gewesener.
Seltene Künste. Ein Breslauer Schaubudenbesitzer sucht in den Berliner Zeitungen Jemand, der — Flohwagen bauen kann, und einen jungen Mann, der — mit dem Anspanncn der Flöhe Bescheid weiß. Daß es seine Schwierigkeiten haben mag, solche Leute zu finden, läßt sich denken, denn allzu oft werden sie nicht verlangt werden.
Einfache Antwort. Bei einem öffentlichen Examen wurde ein Mediciner gefragt: „Wenn Jemand durch irgend eine Explosion in die Luft geschleudert wird! was ist dabei zu thun?" — „Ich würde ruhig abwarten, bis er wieder zur Erde käme, und ihn dann untersuchen," war die einfache Antwort.
Sehr tröstli ch. (Anzeige in einem Tagblatt.) „Der Verkauf meiner seligen Frau auf dem Wochenmarkt nimmt seinen ungestörten Fortgang."j
Goldkurs der StaatSkafsenverwaltung
vom 23. Dezember 1882. 20-Frankenstücke . . . 16 14
Frankfurter Coursc vom 22. Dez. 1882.
Geldsorten. ^ ^
2V-Frankenstücke.16 15 19
Englische Souvereigns .... 20 28 33
Ruß. Imperiales. 16 66 71
Dukaten. 9 65 70
Dollars in Gold.4 16 20
Zcituiigsbcfördermlg.
Das mit dem 1. Januar 1872 in Württemberg in Wirksamkeit getretene Gesetz über das Postwesen des deutschen Reichs vom 28. Oktbr. 1871 bestimmt u. A. in 8 1: „Die Beförderung aller Zeitungen politischen Inhaltes, welche öfters als einmal wöchentlich erscheinen, gegen Bezahlung von Orten mit einer Postanstalt nach anderen Orten mit einer Postanstalt des In- oder Auslandes auf andere Weise, als durch die Post, ist verboten. Hinsichtlich der politischen Zeitungen erstreckt dieses Verbot sich nicht aus den zweimaligen Umkreis ihres Ursprnngsortes."
Und Z 2 besagt weiter: „Die Beförderung von Briefen und politischen Zeitungen (8 1) gegen Bezahlung durch expresse Boten oder Fuhren ist gestattet. Doch darf ein solcher Expresser nur von Einem Absender abgeschickt sein, und dem Postzwange unterliegende Gegenstände weder von Anderen mitnehmen, noch für Andere zurückbringen."
Und 8 27 endlich setzt die Strafe bei Post- und Porto-Defraudationen auf den vierfachen Betrag des defraudirten Portos, jedoch niemals unter 3 fest.
Die Redaktionen der Zeitungen politischen Inhaltes sind auf diese gesetzlichen Bestimmungen besonders und mit dem Ersuchen aufmerksam gemacht, durch genaue Einhaltung derselben die Postverwaltung der Unannehmlichkeit des Einschreitens auf Grund des eingangserwähnten Gesetzes zu entheben.
Die geehrten Abonnenten, welche in Folge der durch das Wasser entstandenen Verkehrsstörungen die Donnerstagsnummer etwa nicht erhalten haben sollten, mögen dieselbe gefälligst abverlangen bei der Redaktion.
Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Me eh in Neuenbürg.