Jsmailia, 13 Sept. 9 Uhr Abends: Die' indischen Truppen besetzten nach einem sorcirten Marsch heute Nachmittags um 4'/i Uhr Zakazik, sie nahmen 5 Eisenbahnzüge mit Lokomotiven weg. Die Bevölkerung hat sich unterworfen.
Jsmailia, 13. Sept. General Wol- seley hat Tcl-el-Kebir heute Morgen eingenommen. Er erbeutete 40 Geschütze und machte sehr zahlreiche Gefangene. Der Verlust der ägyptischen Truppen wird aus 2000 Mann geschätzt, der englische Verlust auf 200, einschließlich zahlreicher Offiziere. Tie Armee Arabi's ist vollständig zersprengt: dieJnfanterie flieht gegen die Wüste, von der engl. Kavallerie lebhaft verfolgt. — Die Vermuthung spricht dafür, daß die Engländer, ohne auf ernste Gegenwehr zu stoßen, Kairo erreichen werden.
Miszellen.
Der Tod der Irau Baronin.
(Fortsetzung.) . .
„Nachdem Helene mir oftmals ihr Lew geklagt, sagte ich ihr, daß ich den Grund ihres Unglücks in ihrer allzugroßen Einfachheit erblickte. Sie seien ein verwöhnter und ungewöhnlicher Mensch, und die langweilige Gewöhnlichkeit vermöge sie nicht zu fesseln, Sie seien aber im Grunde des Herzens ein guter Mensch und wenn Sie einmal die Ueberzeugung erlangt hätten, daß Helene Sie liebe, so würde auch für Sie die Stunde der Umkehr geschlagen haben. Man müsse Sie rühren, erschüttern. „Wie soll ich es ihm beweisen?" fragte mich Helene. „Versuchen Sie es mit einem Theatercoup", antwortete ich. „Ich bin Komödiantin gewesen und weiß, daß die schauspielerischen Mittel auch im gewöhnlichen Leben wirkungsvoll sind. Führen Sie eine Komödie ans, fürchten Sie nicht zu scharfe Effecte. Sagen Sie z. B. daß Sie sich das Leben nehmen wollen." Helene lächelte. „Er wird mir nie glauben. Er weiß ja, daß ich religiös bin." „Versuchen Sie es", sagte ich; und immer wieder und wieder kam ich auf den Vorschlag zurück, und nach und nach befreundete sich Helene mit dem Gedanken; sie befreundete sich nicht nur damit, sondern sie glaubte sogar, daß sie die Urheberin des Gedankens sei und bat mich, ihr bei der Ausführung behülflich zu sein.
„Ich machte ihr also den Vorschlag, zunächst einen Brief an ihren Vater zu schreiben, in welchem sie ihm mittheilte, daß sie sich entschlossen habe, sich das Leben zu nehmen. Diesen Brief solle sie wie zufällig liegen und von Ihnen auffinden lasse». Helene war damit ganz einverstanden; sie hätte eben Alles gethan, was ich ihr gesagt, vorausgesetzt, daß sie sich den leisesten Erfolg davon versprochen und daraus die Hoffnung hätte schöpfen können, Sie wieder an sich zu fesseln. Ich fühlte, daß ich sie vollkommen beherrschte und daß es mir in der That eine Kleinigkeit war, sie jede Handlung, die ich von ihr verlangte, begehen zu lassen.
„Durch eine Zeitungsnotiz über ein kürzlich stattgehabtes amerikanischis Duell kam ich auf den Gedanken, die Todesdrohung, welche in Ihre Hände zu fallen
bestimmt war, mit einem solchen amerika-j nischen Duell in Zusammenhang zu bringen. Es kostete mich wenig Blühe, Helene davon zu überzeugen, daß ein angedrohtes amerikanisches Duell -viel zweckentsprechender sein würde, als der angedrohte Selbstmord. Ich sagte ihr, daß wenn Sie einen solchen Brief fänden, Sie sich bittere Vorwürfe machen und Alles aufbieten würden, nm ihr die schwarzen Gedanken zu vertreiben, daß Sie ein neues Leben beginnen, von ihrer Liebe gerührt ein guter Gatte werden, die bisher Verkannte, endlich Erkannte auf den Händen durchs Leben tragen würden. Helene war bei diesen Gedanken io glücklich, daß ich sie nicht mehr zur Ausführung zu drängen brauchte, sondern vielmehr meine ganze Beredsamkeit auswenden mußte, um die Ausführung des „tollen Plans", wie wir ihn nannten, auf einen günstigen Zeitpunkt hinauszu- schicben. Das war kurz vor Ihrer Abreise.
(Fortsetzung folgt.)
Are Sparkassen.
Kurze Uebersicht
über Geschichte und Zweck der Sparkassen.
(Eingesendet)
(Fortsetzung.)
Nach dieser geschichtlichen Einleitung soll nun noch der Zweck und das Wesen der Sparkassen überhaupt näher beleuchtet werden. Die Sparkassen sind zunächst kaufmännische Geschäfte, tragen aber den Charakter einer Wohlthätigkeits-Anstalt, da ihre Zweckbestimmung nicht darin liegt, dem Unternehmen wirthschaftliche Vortheile zn gewähren, vielmehr einzig den ökonomischen Interessen ihrer Mitglieder also Spar-Gläubiger zu dienen.
Die Vortheile, im engeren Sinn, welche durch die Sparkassen erreicht werden, bestehen darin: daß Geldbeträge, welche sonst consnmirt worden wären, für Fälle dringenderen Bedarfs aufbewahrt werden, daß solche Betrüge, welche außerdem einen Ertrag nicht gewähren würden also tvdtlägen, durch verzinsliche Anlegung nutzbringend gemacht werden, daß die Einleger der Sparkassen zn besseren Wirthschaftern herangezvgen werden, da das kleinste Kapital geeignet ist, auf den Besitzer aneifernd und ermunternd einzuwirken und schließlich darf der weitere Vortheil nicht unbeachtet bleiben, der darin liegt, daß die Sparkasse auch der öffentlichen Ordnung insofern zu Gute kommt, als jeder Kapitalist nothwendigerweise ein Interesse an der Erhaltung der bestehenden Ordnung, welche ihm den Kapitalbesitz sichert, haben muß, und so in dem Thcil bestrebt sein wird, der bestehenden Ordnung freundlich gegenüberzustehen und sich deren Festigkeit und Beständigkeit angelegen sein zu lassen. Die Sparkassen stellen ihre Dienste hauptsächlich den ärmeren Schichten der Bevölkerung zur Verfügung, da sie vorwiegend, wenn nicht ausschließlich bestimmt sind, den Bedürfnissen derselben zu dienen, daher es nicht zu ihrer Aufgabe gehören kann, den Vermögenden irgendwie sich dienstbar zu machen, da letztem zur Anlage ihrer Kapitalien vielfache Gelegenheiten zu Gebot stehen, die Sparkassen laden sich um ihres Zweckes willen Eifer und Anstreng-
I ungen auf, welche häufig von Ehrenbe- amten ohne Entgeld geleistet werden, wobei es als selbstverständlich erscheint, daß solche Ehrenbeamte sich nicht zur unent- geldlichen Bedienung vermögender Personen herbeilassen werden, daher solche Personen von der Betheiligung auszuschließen sind.
(Schluß solgt.)
Hleue Moden.
(Von Marie v. R.)
Auch in dem weiten Reiche, darin Königin Mode den Herrscherstab führt und Geschmack und Laune als verantwortliche Minister ihr zur Seite stehen, streiten die Parteien, suchen sich der öffentlichen Meinung zu bemächtigen und einander vom gewonnenen Terrain zu verdrängen.
Auch dort haben Conservatismus und Fortschritt ihre Anhänger, auch dort gibt's eine Umsturzpartei, wenn auch ihre Ziele harmlos genug sind und all' ihre Wünsche momentan nur dem Reifrock zufliegen.
Sie aber und ich, meine Freundin, wir bekennen uns zum maßvollen Fortschritt, nicht an den engen Kleidern hängen wir, die der Füße Bewegung unleidlich hemmten, nicht der Crinoline streben wir zu. die hie und da schon in den Schaufenstern die vielbespvttete Glockenform entfaltet, dem angenehm und anmuthig weiten Gewände, so wollen wir, soll die Zukunft gehören.
Momentan scheint's allerdings, als hätte das Futteralkostüm wieder etwas an Raum gewonnen. Mit Herbstesanfang sollen die gepufften, pannierumbauschten Roben verschwinden und der bewährte Plisseerock, der spitze oder runde, bald mehr, bald weniger tief herabreichende Uebcrwurf an ihre Stelle treten.
Doch das „scheint" eben nur so! Wer genauer hinschaut oder etwa ein papiernes Modebild von vor zwei oder drei Jahren mit einem wandelnden von heute vergleicht, der muß zugeben, daß die ganze Erscheinung stetig an Rundung gewonnen hat, mit Ausnahme der armen, neuerdings immer mehr gemißhandelten Taille.
Im Salon wird die Pannicrtoilette auch unbestritten weiter dominiren, nur die Straße gehört wieder mehr dem „Her- rencostüm", das aus England und Amerika zu uns importirt worden, und dem sein eigenthümlicher Reiz kaum abzustreiten ist.
Wie eigens für dies Fagon geschaffen, erscheinen die schottischen Muster, die sich in allen Größen, in allen Farben und Zusammenstellungen über Wolle, Seide und Sammet breiten. Die Fabrikanten sind eifrig, fast übereifrig im Herstellen carrirter Gewebe gewesen, vielleicht wäre es besser, den Kleidermarkt nicht so damit zn überschwemmen!
(Fortsetzung folgt.)
In Köln erhielt ein Einwohner, welcher einen Arbeiter fragte, ob er sich bei einem Neubau beschäftigen wolle, und welchen Lohn er beanspruche, von dem Angeredeten zur Antwort: „Einen Thaler 10 Silbergroschen im Schatten und zwei Thaler zwanzig Silbergroschen in der Sonne."
Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Me eh in Neuenbürg.