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Die ungefähre Zahl der voraussichtlich an der Musterung teilnehmenden Militärpflichtigen ist ««fehlbar bi« SO. Ja««« hieher anzuzeigen. Calw, den 4. Januar 1900.
K. Oberamt. Voelter.
A« dle Orlsvorsteher. Aukeguug der Aekrutierrmgsstaramroller» betreffend.
E« wird ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht, daß in dir Stammrollen auch die im Ausland geborenen Militärpflichtigen aufzunehmen sind und daher da« Jamilieuregister und die Bürgerliste in der Richtung durchzusehen ist, ob nicht solche vorhanden find, welche außerhalb de« deutschen Reich« geboren find und dir Württ. Staatsangehörigkeit noch besitzen.
Calw, den 4. Januar 1900.
K Obrramt.
Voelter.
Kekauutmachrmg,
betr. die Zurückstellung der zum einjährig- freiwillige« Dienst Berechtigten.
Nach Z 93 Ziff. 3 der Wehrordnung haben sich di« zum einjährig-freiwilligen Drenst Berechtigten beim Eintritt in das militärpflichtige Alter» sofern sie nicht bereit« vorhrr zum aktiven Dienst eingetreten sind, sowie diejenigen Militärpflichtigen, welche die Berechtigung zum einjährig-freiwilligen Dienst bei der Prüfungskommission nachgesucht haben, bei der Grsatzkommisfion ihres Sestellnngsorts schriftlich oder mündlich unter Vorlegung ihre« Berechtigungsschein«, sofern ihnen derselbe bereits behändigt ist, zu melden und ihre Zurückstellung von der Aushebung zu beantragen, und zwar auch diejenigen, welche sich schon früher bei einem Truppenteil zum Diensteintritt gemeldet haben und au« irgend einem Grund abgewiesen worden sind.
Calw, 4. Januar 1900.
K. Oberamt.
Voelter.
Bekanntmachung.
Maul- und Klauenseuche betreffend.
Laut Mitteilung de« K Oberamts Herrenberg ist der Zutrieb und di« Zufuhr von Wiederkäuer« und Schweine« auf den am Dienstag, den 0. d. Mts., in Entringe« fälligen Biehmarkt aus Orten» in welchen dir Maul- und Klauenseuche wenn auch nur in einem Gehöfte herrscht» Verbote«.
Calw, den 5. Januar 1900.
K. Oberamt.
Voelter.
Tagesneuigkeilen.
* Calw, 5. Jan. Die Mitglieder des Ge- meinderatS hielten gestern Abend im Gasthaus
zur Kanne bei ihrem Kollegen Frohmmyer eine gemütliche Abschiedsfeier anläßlich der Einführung de« bürgerlichen Gesetzbuches und der dadurch bedingten Aenderungen in der Thätigkeit und den Geschäftsaufgaben der bürgerlichen Kollegien ab. Alte Einrichtungen machen neuen Platz. E« war somit ein Abschied vom alten G-schäftSbereich und Kollegium und eine Feier zum Wendepunkt de« neuen Jahrhundert«. Seit 1867 fand kein AbschiedSeffen mehr statt. Die Feier, in deren Verlauf Hr. Stadtschultheiß Haffner der Stadt Calw ein Hoch weihte, verlief in anregender Unterhaltung auf« schönste.
* Calw, 5. Januar. Bei dem andauernd wesentlich erhöhten Bankzinsfuß und der erheblichen Inanspruchnahme der Kaffe hat sich die Credit- bank für Landwirtschaft und Gewerbe genötigt gesehen, den Zinsfuß in laufender Rechnung vom 1. Januar 1900 bis auf Weitere« um V» Prozent zu erhöhen.
* Calw, 5. Jan. Auf etwa« ungewöhnliche Weise mußte gestern im hiesigen Schlachthaus« ein Ochse vom Leben zum Tod befördert werden. Al« der Ochse vom Stalle in die Schlachthalle geführt werden sollte, gebärdete sich da« Tier so wild und wütend, daß «S den Boden stampfte und auf die Metzgerburschen unter sürchterlichcm Gebrüll loSging. E« war ganz unmöglich, dem durch den Lärm der Hackmaschine und wohl auch durch Todesangst unruhig gewordenen Tiere beizukommen. E« wurde deshalb Hr. Bierbrauereibesitzer Dreiß herbeigerufen, der durch einen wohlgezielten Schuß da« wütende Tier zu Boden streckte.
Berlin, 4. Jan. Von der Firma H. D. I. Wagner in Hamburg wird der Deutschen Warte mitgeteilt, daß die Bark „Franz Wagner" in Port Elisabeth von dem britischen Kanonenboot Fearxero aufgesordert worden sei, die ganze für die Delagoa- Bai bestimmte Ladung in Port Elisabeth zu löschen, welche als Krieg«-Contrebande angesihm werden könne, widrigenfalls Beschlagnahme erfolgen soll«. „Han« Wagner" ist also nicht beschlagnahmt, sondern dloS unter der Drohung der Beschlagnahme an der Weiterfahrt von Port Elisabeth nach der Delagoa- Bai verhindert worden.
Berlin, 4. Jan. Wie die National-Ztg. hört, ist auch heute hier noch kein« Erklärung der englischen Regierung auf die deutsche in der Form eines Promemoria erfolgten völkerrechtlichen Beschwerde wegen der Beschlagnahme de« Dampfers „Bunde-rat" eingegangrn.
Berlin, 4. Jan. Nach einer in Hamburg eingegangenen Meldung aus Aden ist dort der deutsche Postdampfer „General" von der englischen Hafenbehörde militärisch besetzt worden. Dieselbe verlangt die Löschung der angeblich KriegS-Contrebande enthaltenden Ladung.
Pari«, 4. Jan. Der Staatsgerichtshof verurteilt« den Secretär des Herzog« von Orleans, Buffet, mit 115 gegen 58 Stimmen zu 10 Jahren Verbannung, Döroulöde mit 115 gegen 31 Stimmen ebenfalls zu 10 Jahren Verbannung.
Guörin zu 10 Jahren Festunghaft und den Baron de Lur-Saluce« m contumaciam ebenfalls zu 10 Jahren Verbannung.
Rom, 4. Jan. Der englische General-Consul m Neapel verständigte den Kapitän de« Dampfer« Herzog, auf welchem sich eine Abteilung des holländischen und ruffischen Roten Kreuzes befindet, die sich nach der Delagoa-Bai einschifften, daß ihre Landung nicht gestattet werden wird.
Brüssel, 4. Jan. Nach hier eingetroffenen authentischen Nachrichten stellt sich der sogenannte Sieg de« Generals French al« eine regelrechte Niederlage heraus. General French besetzte kein« einzige Buren-Stellung, mußte sich vielmehr mit einem Verlust von 140 Mann zurückziehen.
London, 3. Jan. Das Kriegsministerium macht bekannt, daß Oberst Pilcher ein« Buren-Ab- teilung bei Surwyside in der Nähe von Belmont ge, schlagen und ihr Lager erobert habe. 40 Buren wurden gefangen genommen. Drei englische Offizier« wurden verwundet.
London, 3. Jan. Die Buren kehrten Dienstag Nacht in ihre Stellungen bei Colenso wieder zurück. Sie erhielten Nacht» bedeutende Artillerie- Verstärkungen und eröffneten ein heftiges Feuer auf die Engländer, welches diese jedoch kalt ließ.
London, 4. Jan. Üebrr den Zwischenfall, der den nach Colesberg-Junction geratenen, mit Lebensmitteln beladenen Eisenbahnzug betroffen hat, wird dem Reuter'scheu Bureau au« Naauw-Port vom 3. Januar gemeldet: Auf der Bahnlinie ereignet« sich ein unglücklicher Zufall. 26 mit Lebensmitteln beladene Güterwagen, dir im Bahnhof zu BendSberg standen, gerieten bergabwärts in der Richtung auf ColeSberg-Junktim ins Rollen. Bei der zerstörten Bahnüberführung zwischen Bensberg und Colksberg zerschellten die Wagen, worauf die Buren dis Ladung zu plündern begannen. Daraufhin ging aus Bendsberg ein Zug mit einer Kompagnie des Suffolkregiments und einer Anzahl Kapnngeborener ad, um die Rettung der Vorräte zu versuchen. Der Feind «öffnete auf die Suffolkabteilung von VauderwaltSfontein aus da» Feuer mit einem Geschütz und zwang sie, in einem Waffer- lauf Schutz zu suchen. Darnach richteten die Buren ihr Feuer auf beide Züge und töteten mehrere Eingeborene. Die Buren feuerten 20 Geschosse ab. Schließlich kehrte der Entsatzzug nach BendSberg zurück. Die Verlust« auf englischer Seite sind nicht bekannt.
London, 4. Jan. Die heutigen Morgen» blätte« beschäftigen sich noch immer mit dem Sieg« vor ColeSberg und stellen denselben als befriedigend dar, obgleich sie zugeben, daß dieser Coup nur einen schwachen Erfolg gegen die Buren gehabt habe. — Aus dem Lager von Frere berichtet dir Daily Mail, daß die Buren große Thätigkeit an den Tag legen, besonders im Süden des Tugela-Fluffes. Ein Angriff wird stündlich erwartet. — Daily Mail meldet au« Ladysmith, daß die Buren die Beschießung der Stadt neuerdings wieder begonnen haben, daß aber
Hochdruck «erbotm.
Der Advokatenbauer.
Kriminalroman von Dietrich Theben.
(Fortsetzung.)
Frau Wichbern zog ein« Geldtasche und zählte ihm langsam fünf Hundertmarkscheine hin.
„Sie geben mir ein« Quittung und zahlen den Betrag nach Antritt der Erbschaft zurück-"
„Gnädigste Frau, wie gern — und wie dankbar!"
„Schweigen Sie davon. Wan» fahren Sie?"
Er wich au«.
„Ich habe nach Reickendorf geschrieben und erwarte schleunige Antwort."
„Wozu da«?"
„Soll ich, wenn ich gegen alle Erwartungen doch nicht der Erbe bin, mich auf den Hof drängen?" fragte e, mit Haltung und Betonung de» letzten Wortes.
Sie lachte kurz auf.
„Dazu find wir zu stolz, Detlev Oldekop."
Er fühlt« die Ironie.
„Stolz oder nicht," eiferte er, kämpfen würde ich bi« zum letzten Atemzug; aber mich »«höhnen zu lassen, würde mir nicht «infallen. Wird mir mein Recht nicht morgen, so wart« ich bis übermorgen oder überS Jahr, oder so lang« eü sein muß. Aber als der Besitzer will ich kommen, nicht al» der da fragt und anpocht, ob er «intreten darf — gehorsamer Diener, da« würde mir paffen!"
Frau Wichbern überlegt« sekundenlang.
„Meine Nichte steht wird« allein. Soll ich hinfahren?" fragte sie plötzlich lauernd.
Die Frag« kam ihm überraschend.
„Warten Sie noch," riet er unwillkürlich ab und sucht« nach Gründen. „Hat sie wirklich Anhänglichkeit für den Toten, so wird sie gerade in dem frischen Schmerz« unzugänglich sein. Und Sie Hinfohren? So weit dürfen Sie Ihre» Stolz nicht unterordnen. Zu Ihnen muß da« Mädchen kommen und dankbar sein, wenn Sir sie noch ausnrhmen wollen . .
Dazwischen grübelte er, ob und wie weit die Reise ihm schaden könne, und kam zu dem Schluffe, daß er die Fäden in der Hand behalten und ein diriktrü Eingreifen und Auftreten der Frau am Schauplatz selbst verhindern müsse. Die wiederholt berechneten Reisen, die vorgespiegelten Besprechungen mit dem Mädchen kamen ihm in den Sinn und ließen ihn rasch sich klar werden, daß die Dame bei der Durchschauung seine« Lügengewebe« sich mit Recht, ab« vielleicht unbequem und vorzeitig, von ihm zurückziehm würde. Trat er die Erbschaft an, so mochte sie erfahren, was sie wollte; ihn wegen Vorspiegelung falsch« Thatsachen und Betruges gerichtlich zu belangen, würde sie sich hüten; wie sie über ihn denken mochte, sollte ihm keine Minute Kopfzerbrechen machen.
„Die Feststellung, ob ein Testament vorhanden ist oder nicht," redete er zu, „wird nicht auf sich warten lassen. Habe ich die Verneinung in den Händen, so führe ich soglerch und wirk« energisch darauf hin, daß Ihr« Wünsche erfüllt werden. Im gegebenen Falle ist e« dann immer noch Zeit, auch Sie persönlich zu bemühen."
Die Dame erhob sich reserviert. „Ich werde thun, was ich für put befinde," erklärte sie hochmütig und hatte im gleichen Aug-nbl ck den Entschluß gefaßt, gerade nach dem Gegenteil de« ihr pegebenen RateS zu handeln. Ihr Mißtrauen gegen den Vermittler hatte den Höhepunkt «reicht, und sie verabschiedete sich frostiq.
Der Zurückbleibende konnte sich eines leisen Unbehagen» nicht «wehren, aber er schüttelte e« ab in dem Gedanken an di« unverhofft neu gewonnenen Mittel, die ihn über den Augenblick und seinem materiellen Druck abermal« hinaushoben.
Die Dienerschaft der Frau Wickbern war am nächsten Tage verwundert, daß die Herrin reisen wollte. Frau Wichbern ließ sich einen Handkoffer packen und befahl den Wagen zu einer Stunde, in der sie sonst nie da« Hau« zu verlassen pflegte. Da« Ereignis ließ den Diener und da« Hausmädchen die Köpfe zusammenstecken und vergnügt tuscheln. Eie war herrisch, di« Gnädige, und ihre Abwesenheit versprach eine kurze Zeit der Erholung. Eine Stunde vor der an- gesetzten Zeit kam d« Befehl, daß der Wagen sofort vorzufahren habe.
Frau Wichbern nannte dem Kutscher ein« bekannte Juwelinfirma al» nächstes Ziel, wrüt« längere Zeit in dem Laden und ließ sich dann nach dem Bahnhof in Altona fahren.
Am Nachmittag war sie in Reickendorf.
(Fortsetzung folgt.)