277

Württemberg.

Stuttgart, 30. April. Ihre Kgl. Hoh. die Frau Prinzessin Wilhelm von Württemberg, geb. Prinzessin zu Wal- deck-Pyrmvnt ist, nachdem AllerhöchstDie- selbe vorgestern von einer todten Prinzessin entbunden worden war, heute früh 6 Uhr ans Villa Marienwahl bei Ludwigsburg nach schwerem Kampfe entschlafen. Die ganze Königl. Familie, insbesondere der schwergeprüfte Gemahl der Dahingeschie­denen, Prinz Wilhelm Königl. Hoheit und dessen Durchlauchtigste Mutter, Ihre Kgl. Hoheit die Prinzessin Friedrich von Würt­temberg, sind durch dieses so erschütternd rasch eingctretcne Ereigniß in die tiefste Trauer versetzt worden. (St.-Anz.)

Der Todeskampf der Prinzessin war schwer. Gegen 5 Uhr Morgens befahl sie, ihr Töchterchcu, die 4jährige Prinzessin Pauline zu wecken. Sie nahm zärtlichen Abschied von derselben, wie von dem Prinzen, der verzweifelnd an dem Sterbe­lager der heißgeliebten Gattin stand; sie sprach ihm noch tröstende Worte zu und hauchte gegen 6 Uhr ihre reine Seele aus.

Ein Telegramm, das in der Nacht vom Samstag zum Sonntag um 3 Uhr an die Königin hier eintraf, lautete:Wenn Gott nicht hilft, Alles verloren." Auf die Kunde von der Katastrophe fuhr die Königin in Begleitung der Frau Herzogin Wera um 9 Uhr Vormittags nach Marien­wahl, wo sich auch Prinz Weimar bald einfand. Die Begegnung der Mitglieder des Königshauses an der Stätte der Trauer war, wie sich leicht vorstellen läßt, eine herzerschütternde. Ueber eine Stunde verweilten dieselben bei dem tief­gebeugten jungen Wittwer, der von der Aufregung und dem Schmerz der letzten Tage selbst unwohl ist. Von allen Kanzeln der Stadt wurde gestern die Trauerbotschaft verkündet. Die Eltern der hohen Verblichenen, der Fürst und die Fürstin Waldeck-Pyrmont, welche nach den Vermählungsfeierlichkeiten in Windsor noch in London verweilten, haben, wie wir hören, unverzüglich von dort die Reise hierher angetreten und treffen heute hier, beziehungsweise in Ludwigsburg, ein. Eine zarte Rücksicht auf ihre Schwester Heleue, welche ihre Vermählung feierte, war die Ursache, daß man erst am Sams­tag Abend von der bedenklichen Wendung, welche die Krankheit nahm, telegraphischen Bericht nach London erstattete. (N. T.)

Stuttgart, 1. Mai. Nach telegra­phischen Nachrichten aus Rom ist Seine Majestät der König durch die Kunde von dem jähen Hintritt Seiner Nichte, der Frau Prinzessin Wilhelm von Würt­temberg, aufs Tiefste erschüttert worden und lediglich die Rücksicht auf Seine Ge­sundheit, für welche ein allzu rascher Klimawechsel von den nachtheiligsten Fol­gen sein könnte, haben Seine Majestät abgchalten, sofort hierher zurückzukehren.

(St.-Anz.) .

Stuttgart, 1. Mai. Aus Anlaß des Ablebens der Frau Prinzessin Wil­helm haben sich die bürgerlichen Kollegien heute zu einer außerordentlichen Sitzung versammelt und nach einer Ansprache des

Oberbürgermeisters, in welcher derselbe den Gefühlen des tiefsten Schmerzes über den herben Verlust warmen Ausdruck gab, beschlossen: an Se. Majestät den König mit Ihrer Majestät der Königin, an Sc. Königl. Hoheit den Prinzen Wilhelm und an Ihre Königliche Hoheit die Frau Prinzessin Friedrich Beileids-Adressen zu richten. (St.-Anz.)

Auf die Nachricht von dem Ableben I. K. Hoh. der Frau Prinzessin Wilhelm hat Ministerpräsident v. Mittnacht als Minister des Königl. Hauses Berlin so­fort verlassen und ist heute früh hier an­gekommen. (S. M.)

Stuttgart, 30. April. Wegen Ab­lebens Ihrer Königl. Hoh. der Frau Prin­zessin Wilhelm von Württemberg ist Hof­trauer von heute auf vier Wochen, die erste Hälfte in dritter, die zweite in vierter Abstufung der Hoftrauer-Ordnung, ange- ordnct worden. K. Ober-Hofrath.

Stuttgart, 2. Mai. Seine Königl. Hoh. der Herzog von Albany, Prinz von Großbritannien, trifft heute ein um der Beisetzung zugleich als Abgesandter Ihrer Majestät der Königin Viktoria, beizu­wohnen. Der Erbprinz von Baden wird ebenfalls erwartet.

Stuttgart, 1. Mai. Seitens des Kgl. Oberhofraths sind die Anordnungen in Betreff der Beisetzung der irdischen Ueberreste Ihrer Königlichen Hoheit der Frau Prinzessin Marie von Württemberg, geb. Prinzessin zu Waldeck und Pyrmont, getroffen worden. Nachmittags 4 Uhr zieht eine Compagnie Infanterie als Ehren­wache vor der Villa auf. Um 5 Uhr wird in der Villa durch den Garnisons­prediger Schweizer von Ludwigsburg ein kurzer Trauergottesdienst gehalten, wozu sich diejenigen dort versammeln, welche an dem Leichenzuge zu Wagen Theil nehmen werden. Nach diesem Trauergottesdienste wird der Sarg durch die Dienerschaft S. K. H. des Prinzen Wilhelm auf den Leichenwagen getragen. Sodann setzt sich der Zug in Bewegung. Bei der Auf­stellung um die Gruft schließt sich der Zug den hohen Leidtragenden an. Nach einer Grabrede des Oberhofpredigers Prä­laten Dr. v. Gerok wird der Sarg unter Trauergesang in die Gruft versenkt. Nach der Versenkung wird die Feier mit einem Gebete geschlossen.

Rom, 30. April. Seine Majestät der König wurde durch die aus Ludwigsburg eingetroffenc Nachricht von der unglück­lichen Entbindung Ihrer Königl. Hoh. der Frau Prinzessin Wilhelm von Württem­berg tief ergriffen und hat sofort Ihren Königl. Hoh. Seine innige Thcilnahme ausgesprochen. Aus Anlaß der bevor­stehenden Abreise Seiner Maj. von Rom fand gestern bei Ihren Maj. dem König und der Königin von Italien ein größeres Diner statt, zu welchem auch die Ange­hörigen des K. Gefolges geladen waren. In der vergangenen Woche machten Se. Maj. Ausflüge nach dem Tivoli, sowie nach Genzano, Albano und Frascati. Gestern empfing der König den Besuch des vormaligen Khedive von Egypten Is­mail Pascha, welcher gegenwärtig hier lebt und vorgestern denjenigen des Kar- dinalsekrctärs Jacobini. Am nächsten Mitt­woch gedenken Se. Maj. von hier abzu­

reisen, um sich über die Riviera zunächst an den Genfer See zu begeben und von da nach Stuttgart zurückzukehrcn.

Cannstatt, 1. Mai. Die vorzüg­lichsten und erfrischendsten Bäder des gan­zen THalbcckeus sind bekanntlich die sog. Sulzbädcr in der Nähe des hiesigen Bahnhofs; gegenwärtig werden an den­selben die nöthigen Reparaturen vvrge- nommen, um sie mit Beginn der Saison 15. Maizum allgemeinen Gebrauch fertig zu stellen.

Wildbad, 1. Mai. Mit dem heu­tigen Tag hat unsere Badcsaisvn be­gonnen. In das Programm des ersten Konzerts unseres Kurorchesters hat Ka­pellmeister Kühner einen von ihm kom- ponirten Marsch,Neu-Wildbad", ausge­nommen. Und mit allem Recht kann man von einem Neu-Wildbad sprechen, denn nach Vollendung der König Karlstraße im vorigen Jahre ist die Korrektion der Hauptstraße genehmigt und diesen Winter in Angriff genommen worden. Dieselbe sieht ihrer Vollendung im Laufe dieses Monats entgegen. Das holperige Pflaster ist nun ganz entfernt; für Fuß­gänger und solche Kurgäste, die Fahrscssel benützen, ist durch bequeme Trottoirs aufs Beste gesorgt; eine Wasserleitung führt unser gutes Schwarzwaldwasser in alle Stadttheile und die neue Kanalisation wird bewirken, daß auch in den heigesten Sommertagen nichts von unangenehmen Dünsten zu verspüren ist. In dem sog. Pfarrgarten erbaute der Staat ein neues, für Einzelbäder bestimmtes Gebäude, wodurch vielen Wünschen entsprochen wor­den ist. Hoffen wir, daß ein recht zahl­reicher Besuch unseres Bades für die ge­brachten Opfer entschädige. (S. M.)

Ausland.

Dem Czas zufolge sind aus Warschau bisher 2100 Juden ausgewandert. Eine dort stattgehabte Versammlung von Rab­binern aus den Städten Kongrcßpolens hat sich für die Auswanderung nach Pa­lästina erklärt.

Paris, 29. April. Ueber den Ucbcr- fall einer französischen wissenschaftlichen Expedition wird derAgence Havas" aus Oran gemeldet: Zwei Compagnien der Fremdenlegion begleiteten unter dem Com- mandanten de Castries eine telegraphische Recognoscirungs - Abthcilung mit einem Lebensmitteltransport für zwei Tage. Dieselben wurden bei Tigri von 6000 von ihren Frauen begleiteten Fußgängern und 1800 Reitern angegriffen. Die Kompag­nien kämpften heldcnmüthig, tödtctcn mehrere Hundert der Angreifer und be­haupteten das Kampffcld, mußten aber, da die Begleitungsmannschaften des Trans­ports geflohen waren, letzteren verlassen. Ihr Verlust besteht in 37 Todten und 30 Verwundeten.

MisjeUcn.

Lin Glückskind.

(Fortsetzung.)

Etwas verlegen erhob ich mich und stammelte ungefähr:Habe ich die Ehre, den Herrn Baron von Linden zu sprechen?"

Den Baron von Linden höchstselbst," lautete die Antwort,nebst seinen Söhnen