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Deutschland.
Die Mittheilungen über den Gesundheitszustand unseres Kaisers waren in letzter Zeit etwas beunruhigend. Doch arbeitet Seine Majestät wieder in gewohnter Weise, führt aus und wohnt Abends kleineren Theezirkeln an.
Prinz August von Württemberg, welcher in der letzten Zeit weder Festlichkeiten besuchen, noch den Trnppenbesich- tigungen beiwohnen konnte, sondern seines noch immer leidenden Zustandes wegen das Zimmer hütete, hat letzten Freitag wieder eine kurze Spazierfahrt unternehmen können.
Mehmcd Pascha, ein Schwager des Sultans, wird in nächster Zeit in Berlin erwartet, um die deutsche Sprache zu erlernen.
Berlin, 10. April. An den Oster- sciertagen war die Witterung hier überaus
unfreundlich und namentlich heute Vormittag kalt, sodaß viele Pläne vereitelt wurden.
lieber eingetretenen Frost berichten Blätter ans Bayern, Norddentschland, Oesterreich u. s. w. So meldet die Deutsche Z. in Wien: Frost mit Eisbildung ist an vielen Punkten der Monarchie cinge- treten; die Umgegend von Wien, Preß- burg, Pest, Temesvar, Großwardcin, Fünfkirchen, Krakau ist von dem Unglück betroffen worden.
Angesichts der sich mehrenden Stimmen, welche zur Wiederaufnahme der in Deutschland gegenwärtig allzu wenig gepflegten Leibesübungen mahnen, fragt die „N. A. Ztg." nach den Ursachen des Verfalls des deutschen Turnens, dieser dem deutschen Bolkscharakter angemessensten und populärsten Form der Lcibcs- übung. Das Blatt antwortet:
Schuld am Verfall des deutschen Turnens ist nichts Anderes als die Vereins- spielerci, die in keinem Lande so sehr grassirt, wie in den deutschen Gauen. Ein jeder dieser Turnvereine, deren es zahllose gab, fühlte das Bedürfnis;, jeden Moment Gau-, Kreis- und Landesturnfeste zu veranstalten, bei welchen es sich viel weniger um wetteifernde Leibesübungen, als um wetteifernde Festreden und Schaustellungen handelte. In den Vereinen wurde, statt geturnt, Bierbankpolitik getrieben, und wer sich am zungenfertigsten erwies, der führte die Oberhand im Vereine und bald sanken viele dieser Vereine zur Abhaltung von Leibesübungen zu ganz gewöhnlichen Bicrphilister-Vereinen zurück, in welchen das Turnen immer mehr in den Hintergrund trat. Wie die Vereine im Einzelnen, so erblickten die größeren Tnrnverbünde ihre Aufgabe in der Abhaltung von Festen mit obligaten schönen Festreden, von welchen Veranstaltungen sich die Masse der Bevölkerung fernhiclt. Im Grunde sind somit die Ursachen des Verfalls des deutschen Turnens keine anderen, als die Sucht nach öffentlichem Ruhm und nach Festen und Aufzügen und ferner der Hang zum Politischen, der sich treibhausartig besonders in den Vereinen entwickelt. Wenn, wofür Tradition, nationale Erziehung und die noch nicht erloschene Erinnerung an den bei allen seinen Eigenheiten unvergeßlichen Vater
Jahn mit seiner patriotischen Aufgabe der turnerischen Erziehung sprechen, daS Turnwesen nochmals als nationale körperliche LeibeSübung anflcben sollte, .dann wird diese Regeneration nur daun möglich sein, wenn die Thorheiten, an denen das Turnwesen zu Grunde ging, das Kindheitö- stadium der turnerischen Entwickelung in Deutschland bilden und die neue turnerische Epoche frei bleibt von allen Schlacken des Vereins- und Festc-UnwesenS.
Aus Elsaß-Lothringen 6. April. Im Reichseisenbahndienst von Elsaß-Lothringen, sowie im Betrieb der Luxemburger Bahn wird durch die am 1. Juni statt- findende Eröffnung der St. Gotthardbahn eine große Umänderung vor sich gehen.
In Straß bürg i. E. sind vor einiger Zeit die Blattern auSgcbrochen; wie mau dem Elf. Jvurn. schreibt, sind dieselben Anfangs Febr. aus Russisch-Polen von Israeliten eingeschleppt worden.
Aus Schweighansen im Elsaß wird eine sonderbare Zigennergeschichte berichtet: Vor einigen Wochen hatte man dort ein Zigennerkind beerdigt. Dieser Tage nun sind die Zigeuner wieder gekommen, haben bei einem Wirthe angeklopft und gefragt, ob das Kind nicht wieder auferstanden und ob es nicht gekommen sei, um zu trinken zu verlangen. Der Wirth lachte und verneinte diese Frage, worauf die Zigeuner fünf Liter des besten Weines kauften und damit ans den Friedhof * gingen. Hier machten sie ein Loch ins Grab nnd horchten, indem sie sich mit dem Tvdten zu unterhalten suchten. Da sie keine Antwort erhielten, gossen sie den Wein in das Loch, hängten einen Kranz mit prächtigen Bändern an das Kreuz und zündeten Wachskerzen an den vier Enden des Grabes a». Am folgenden Tage baten sie die „Fanfare" von Schweighausen vergeblich, an dem Grabe zu blasen, fuhren alsdann mit ihren Wagen nach Thann und brachten 3 Musiker zurück, welche Trauerweisen spielten, während die Mutter betete und das Kreuz umarmte. Hieraus schütteten sie abermals drei Schoppen Wein in das Loch. Sodann begab sich der Zug ins Wirths- haus, wo die ganze Familie der Zigeuner und die Musikanten auf die Gesundheit des kleinen Todten tranken. Die Feierlichkeit wurde mit einer Polka geschlossen, welche der Vater des Verstorbenen vortanzte; derselbe führte mit außerordentlicher Gewandtheit und Gelenkigkeit weitere Tänze auf. Die Lustbarkeit würde bis tief in die Nacht gedauert haben, wenn die Gemeindebehörde nicht eingeschritten wäre.
sUnschuldig verurtheilt,j Im Jahre 1870 wurde ein Arbeiter Names Holz von dem Kreisgericht in Schönlanke zu zwei Jahren Zuchthaus verurtheilt, die er auch verbüßen mußte. Jetzt hat sich, wie wir der Dauz. Ztg. entnehmen, zur Evidenz herausgestellt, daß Holz diese Strafe unschuldig erlitten hat. Seine Verurtheilnng war mit auf Grund einer eidlichen Anssage einer Frau Wilhclmine Klotz von dort geschehen. Dieselbe stand am 29. Mürz vor dem Schwurgericht in Schneidemühl. Sie räumte ein, daß sic für 50 Pf. den falschen Eid geleistet habe,