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Ihre Bemerkung ist sehr richtig," er­widerte der Fremde.Tie menschliche Gesellschaft, die nach erstandener Strafe milde ist und sein soll, ist vor derselben unerbittlich. Aber haben Sie seitdem keine Nachrichten von Ihren armen Nachbaren erhalten?"

Anfangs wohl, aber in den letzten Jahren sind sie mir ganz ans dem Ge­sichte gekommen. ES ist ihnen dort, an dem neuen Aufenthaltsorte, gut ergangen. Der Mann hat den Militärdienst verlassen und andere Unternehmungen begonnen, die sehr günstig für ihn ausgefallen sind. Er ist jetzt einer der geachtelten Männer in der dortigen Gegend, ist Alkalde ge­wesen, hat noch andere Ehrenstellen be­gleitet und gilt so zu sagen für eine No- tabilüt. WaS die Frau betrifft, so hat sie in ihrer häuslichen Zurückgezogenheit auch ferner so glücklich gelebt, wie es mit jenen schrecklichen Erinnerungen möglich war."

So daß also," bemerkte der Fremde mit einem bittern Lächeln,nur das Haus noch den Eindruck bewahrt, der aus den Herzen der Menschen verschwunden ist."

Das HanS hat den Eindruck des Verbrechens bewahrt, in den Herzen ist der Eindruck des S ch m crze s erloschen. Kein Schmerz kann in dieser Welt ewig dauern, so hat es das barmherzige Wesen angevrdnet, das am besten weiß, was gut für unS ist. Jeder kommende Tag bringt eine neue Sonne und läßt die des vor­hergehenden vergessen; jede Blume, die sich öffnet, zieht den Blick von einer wel­kenden ab. Das Vergessen ist eine Wohl- that, ist der Lebcnsbalsam, den Gott uns Menschen schickt, sowie er den Pflanzen den erfrischenden Thau gibt. Was sollte ans uns werden, wenn wir nie vergessen könnten?"

(Joryedung folgt.)

Tic erste Forderung der socialen Reform.

Wer sich an der Lösung des socialen Problems mit Erfolg betheiligen will, darf vor Allem nicht vergessen, daß die Be­glückung der Menschheit mit der Erziehung des einzelnen Menschen beginnen muß. Diese Erziehung hat vor Allem die Per­sönlichkeit des Menschen ausbilden, ihn in ökonomischer, geisttger und sittlicher Hinsicht selbstständig zu machen. Die Verbesserung der leiblichen Gesundheit und materiellen Lebenshaltung steht dabei mit in erster Linie, weil ohne gehörige Nahrung, Kleidung und Wohnung auch die geistige und ethische Seite des mensch­lichen Wesens verkümmern muß.

Die einfachste Lösung des socialen Problems wird vielfach dadurch erschwert, daß mit der socialen Hilfeleistung zugleich politische oder kirchliche Nebenzwecke ver­bunden werden und die reine Menschen­freundlichkeit, die den Ausgangszweck aller- sozialen Hilfeleistung bilden muß, oft erst in zweiter oder dritter Linie zur Geltung kommt.

Wir behaupten, daß die socialen Be­strebungen nur dann nachhaltige Erfolge erzielen werden, wenn sic über dem kirch­lichen, politischen und socialistischen Partei­

wesen stehen. Man muß dem Arbeiter nnd jedem Armen helfen, weil er ein Mensch ist, der in Gemeinschaft mit uns hohe Lebensziele zu erfüllen hat. Wer dagegen zuerst nach der politischen oder kirchlichen Richtung fragt, der denkt mehr an den höheren Ruhm seiner kirchlichen Partei, als an die Hauptsache: an die rein menschliche Pflicht, einem Bruder zu Helsen, mag er Christ oder Jude, Prote­stant oder Katholik, Strenggläubiger oder Freisinniger, Conservativer oder Libcraler vder Svcialdemvkrat sein.

Wenn es in der Welt besser werden soll, muß vor Allem der Mensch dem Menschen näher treten und auch die schwächste Kraft ans dem Staube empor- gehoben werden. Wer außer der leib­lichen Nahrung auch geistige und seelische Speise spenden kann, wird doppelte Wohl- that erweisen; aber die ökonomische Aus­hilfe und persönliche Erziehung ist die nächste Aufgabe, welche innerhalb jeder communalen, staatlichen und kirchlichen Ordnung erfüllt werden kann.

Regierungen und Obrigkeiten sollen wirksame Helfer am Werke der socialen Emporhebung der Massen sein; aher die Hauptsache muß von der bürgerlichen Ge­sellschaft in allen ihren Berufs- und Alters­klassen ansgehen. Wer auch nur einem Individuum vorwärts hilft, fördert das Ganze und erfüllt durch Ucbung der all­gemeinen Menschenliebe die höchste aller Pflichten. Die Pflicht der Erziehung und des Erbarmens muß jedoch von einem Jeden so geübt werden, wie es allen Zeiten, Völkern und Glaubensrichtungcn in dem Gleichnis; von dem barmherzigen Samariter vorgcschrieben ist.

(Sozial-Corresp.)

Der Stockschnupfen (chronischer Nasenkatarrh) spottet oft jeder Behand­lung und kann mit wachsender Heftigkeit Jahre hindurch fortbcstchen. Am wirk­samsten ist das Bepinseln der Nasenschleim- Haut mit einer Lösung von Höllenstein oder das von Zeit zu Zeit wiederholte Tvnchiren derselben mit Höllenstein selbst; daneben Ausspritzungen mit der Nascn- douche, oft das Entziehen von warmen kochsalzhaltige» Wasserdämpsen. Empfeh­lenswert!) ist dabei täglich mehrstündige Bewegung in frischer Luft (Fußtouren).

Die Frage: Mit was könnte man die Erd­flöhe von Flachs abhalten, da sic ihn oft halb fressen? beantwortet das W. Wvchenbl. für Landw. damit: AuSgiebiges Bestreuen der Pflanze mit Chausseestanb, wenn dieser von kalkigen Wegen herrührt, ist eines der besten Mittel. Es muß angewandt werden wenn die Pflanzen von Regen, Thau oder vom Begießen naß sind. Wird der Staub durch einen Regen abgewaschen, so muß das Bestreuen wiederholt werden. Auch das Begießen mit Wcrmuth- oder Tabaksabsnd hilft viel.

Zur Befestigung von Messing ans Glas, z. B. von messingenen Brcn- >nern ans den Glasgefäßcn der Petro- > leumlampen empfiehlt Pnscher in Artus'

j Vierteljahrsschrift 1. Th. Kolophonium in einer Lösung von 1 Th. Natron in 5 Th. Wasser durch Kochen zu lösen und dann der Masse die Hälfte Gyps znzn- setzen. Wasser greift den Kitt nur ober­flächlich an.

(Gefährliche Jagd.) In dem Städtchen Spangenberg (Hessen) klagten vor zwei Jahren die Äckerbesitzer sehr über den großen Schaden, welchen die Wildschweine angeblich anrichtctcn. Eines Abends be­gab sich ein dortiger Einwohner an seinen am Walde liegenden Acker ans den An­stand, bewaffüet mit einer Dhnamit- patrvne. Mit dieser wollte er dem schwarzen Feind zu Leibe gehen. Nicht sehr lange nach seinem Weggange hörte man im Städtchen eine starke Detonation. Der Mann kehrte nicht wieder, seine Ange­hörigen fanden ihn in Stücke zerrissen.

(Jllustr. Jagdztg.,

Das diesjährige Osterfest ist ist insofern bemerkenswert!), als am 9. und 10. d. Bk. nicht nur die Evange­lischen und Römisch-Katholischen, sondern auch die Griechisch-Katholischen, trotzdem diese ihrer Zeitrechnung nach um zwölf Tage zurück sind, Ostern begiengcn; selbst der Schluß des jüdischen Passahfestes fiel in diesem Jahre mit den christlichen Feier­tagen zusammen.

Ein Natnrspicl.Wie kommt es Feldwebel, daß Ihre Nase immer so auffallend echaufsirt ist?"Ja, wissen S', Herr Lieutenant, sie rennt mir halt immer voraus."

ZcituiigSbefördcrung.

Das mit dem 1. Januar 1872 in Württemberg in Wirksamkeit getretene Ge­setz über das Postwesen des deutschen Reichs vom 28. Oktbr. 1871 bestimmt n. A. in § 1:Die Beförderung aller Zeitungen politischen Inhaltes, welche öfters als ein­mal wöchentlich erscheinen, gegen Bezah­lung von Orten mit einer Postanstalt nach anderen Orten mit einer Postanstalt des In- oder Auslandes auf andere Weise, als durch die Post, ist verboten. Hin­sichtlich der politischen Zeitungen erstreckt dieses Verbot sich nicht auf den zweimci- ligen Umkreis ihres Ursprungsortes."

Und K 2 besagt weiter:Die Beförder­ung von Briefen und politischen Zeitungen (8 1) gegen Bezahlung durch expressc Boten oder Fuhren ist gestattet. Doch darf ein solcher Expresscr nur von Einem Absender abgeschickt sein, und dein Post- zwangc unterliegende Gegenstände weder von Anderen mitnehmen, noch für Andere znrückbringen."

Und 8 27 endlich setzt die Strafe bei Post- und Porto-Defraudationen ans den vierfachen Betrag des defraudirten Portoö, jedoch niemals unter 3 c/lL fest.

Die Redaktionen der Zeitungen poli­tischen Inhaltes sind auf diese gesetzlichen Bestimmungen besonders und mit dem Ersuchen aufmerksam gemacht, durch genaue Einhaltung derselben die Pvstverwaltnng der Unannehmlichkeit des Einschreitens aus Grund des eingangserwähnten Gesetzes zu entheben.

Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Meeh in Neuenbürg.