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in kleinerem Format (Visitenkartenformat re.) sind infolge Einschieben» in größere Sendungen (Druck­sachen re) der Verschleppung und dem Verlust aus- gesetzt und erschweren überdies den Dienstbetrieb. Nicht eilige oder umfangreichere Drucksachen (Preis­listen, Kataloge, Kalender, Zirkular« re) sollten in den letzten Tagen des alten und zum Anfang de» neuen Jahre» in größerer Anzahl nicht eingeliefert werden.

fAmtliches aus dem Staatsanzeiger.) Von der K. Regierung de» Neckarkreise« wurde unterm 2l. ds. MtS. di« Wahl des Vrrwaltungskandidaten Wilhelm Graz« von Möttlingen OA. Calw, zum Schultheißen der Gemeinde Nehren, OA. Tübingen, bestätigt.

T Liebenzell. ES bestätigt sich, daß die Witwe des in der Nacht zum 3. Oktober 1893 er­mordeten Löwenwirt Carl FaaS von hier, nämlich die am 3. Juli 1867 zu Gleiszellen (Rheinpfalz, Bezirksamt Bergzabern) geborene Anna Maria Hoff- mann, wegen Gattenmords bezw. Beihilfe abermals verhaftet wurde. Ebenfalls verhaftet wurde der Ackerer und Weingärlner Hoffmann, Vater der Ge­nannten; beide sind nach Tübingen eingeliefert worden. Bekanntlich wurde die M. FaaS s. Z. noch am Morgen der That unter dem dringenden Verdacht der Thäter- schaft, verhaftet, aber nach 156tägiger Inhaftierung zu Folge Verneinung der beiden Schuldfragen seiten» der Geschworenen freigesprochen und auf freien Fuß gesetzt. In letzter Zeit war sie als Haushälterin bedienstet in Neustadt a. H, und stand vor ihrer Wiederverheiratung. Dort hat sie nun Aeußcrungen gethan, die sie und auch ihren Vater aufs Neue ver­dächtigten. Ein Geständnis liegt noch nicht vor, auch bestreiten beide ihre Schuld. Schon früher hat man sich gesagt, daß di« Angeklagte wohl einen Mit­helfer gehabt hat, wenn die That ihrerseits begangen worden.

Stuttgart, 21. Dezbr. Die Kammer de« Abgeordneten beriet heute nachmittag noch­mals die Preßgesetznoaelle (Flugblätter) nach den Beschlüssen der ersten Kammer. Die Kommission beantragte, den jenseitigen Beschlüssen nicht beizu- treten, sondern an den früheren Beschlüssen dieses Hauses festzuhalten. F. Haußmann führte namens der Kommission au», nachdem das andere Haus srlbst bei Wahlzeiten Ausnahmen gestatten wolle, habe die Aufrechtrrhaltung der Vorschrift in den übrigen Fällen keinen praktrschen Wert. Der Herr Staatsminister de« Innern empfahl zu dem Kommissionsantrag, daß bei Vorlegung eines Exemplars nicht der Wohnort des Verlegers, sondern der Ausgabeort des Flug­blattes maßgebend sein solle, und erklärte im übrigen seine Zustimmung. Mit dieser Neuerung wurden die Kommissionsanträge bei namentlicher Abstimmung mit 73, allen abgegebenen Stimmen, angenommen. ES folgte die Beratung des Antrags Eckard betr. die Wahlen zu den Handwerkskammern. Für den er­krankten Berichterstatter v. Abel referierte Haffner- Calw. Nach längerer Debatte wurde derjenige Teil des Antrags Eckard, welche« nicht nur allgemeine und

direkte, sondern auch geheime Wahl vorgeschrieben sehen will (während nach der Verfügung der Regier­ung daS geheime Verfahren den Wahlkörpern frei­gestellt bleibt), mit den Stimmen de« Zentrums und her Volkspartei angenommen, der weitere Teil des Antrags, eine fünfte Kammer in Ravensburg zu errichten, gegen die Stimmen des Zentrums ab- gelehnt. Letzter Gegenstand der Tagesordnung war die Eingabe des FleischrrverbandS, die Fleischsteuer nach dem Lebendgewicht und nicht nach Stücksätzen zu erheben. Auf Antrag des Referenten Frhr. v. Gaisberg beschloß das Haus Nebergang zur Tagesordnung.

Württ. Postfreimarken. Im nächsten Jahr wird die Württ. Postoerwaltung weitere Post­freimarken zu 30 iZ und zu 40 ausgeben. Die­selben werden mit demselben Markenbild wie die übrigen Freimarken in zweifarbigem Buchdruck auf weißem Papier hergestrllt werden, und zwar die Marken zu 30 --K orangefarbig, diejenigen zu 40 karmin- farbig, je mit schwarz aufgedruckter Wertzahl.

S> Pforzheim. Große Entrüstung herrscht hier über einen Raubmord, welcher am verg. Sonntag Abend vor der Lindenwirtschaft in der Nähe des Städtischen Gaswerks verübt wurde. Kurz vor der ruchlosen That saß der 30 Jahre alte Gürtler Bott bei zwei mit ihm befreundeten hier in Urlaub befindlichen Soldaten. Als er zur Wirtschaft heraus- trat, wurde er in die Hauptader eines Schenkels ge­stochen und ihm da« Portemonaie mit ca. 30 ^ Inhalt geraubt. Infolge Verblutung trat rasch der Tod ein. Zwei der That dringend Verdächtige wurden noch in der Nacht festgenommen. Bei einem derselben soll man daS geraubte Geld gefunden haben.

Dresden» 23. Dez. In einem Eisenbahn­wagen IV. Klasse ist, einer amtlichen Bekanntmachung der Eisenbahn-Betriebrdirektion zufolge ein Reifender in Brand geraten. Der Verunglückte, der Schrift­setzer Jäckel aus Heidenau, füh te verbotener Weise eine mit Benzin gefüllte, schlecht verschlossene Flasche in der Tasche mit sich. Der Inhalt entleerte sich unbemerkt über die Kleider Jäckel« und den Fußboden der Wagens. Als ein in der Nähe Jäckels stehender Mitreisender kurz vor Dresden ungeachtet der War­nung der übrige« Fahrgäste (im Coups hatte sich starker Aethergeruch bemerkbar gemacht) ein Streich­hölzchen anzündete, um seine Pfeife wieder in Brand zu setzen, schlugen sofort die Flammen an Jäckel empor. Unter den Mitreisenden entstand große Auf­regung, sie flüchteten entsitzt auf di« Trittbretter deS Waggons, während Jäckel sich mit Hilfe eines Paffa- gieres unter furchtbaren SchmerzenSrufen die Kleider vom Leibe zu reißm versuchte. Mitreisende sowohl, wie der auf der Plattform des folgenden Wagens stehende Schaffner zogen in heftiger Weise die Not­leine, diese aber zerriß, wahrscheinlich in Folg« des allzu starken Zerrens, so daß der Lokomotivführer daS Haltesignal nicht erhielt. Der Zug, der wie gesagt, zum Glück nicht mehr weit von DreSden- Hauprbvhnhof entfernt war, fuhr weiter, und als sich

sein« Geschwindigkeit bei de« Einfahrt verringerte, sprang der noch immer von Flammen bedeckte Jäckel von seinem Wagenplotz aus dem Coupö in den Schnee. ES wurde ihm sofort ärztliche Hilfe zu Teil. Wäre der Zug nicht schon nahe der Haltestelle gewesen, so hätte das Zerreißen der Notleine schlimme Folgen haben können.

Berlin, 33. Dez. Die Morgenblätter melden: Das Eisenbahnministerium gab 600 Lokomotiven in Bestellung, wovon 5 für die Weltausstellung bestimmt sind.

Brüssel, 33. Dez. Di« Zeitung Peuple meldet: Eine, große Kinderschrar vergnügte sich heute auf der Eisdecke deS Lytflussis in der französischen Grenzgemeinde Frelinghien. DaS Eis brach plötzlich und viele Kinder versanken in der Flut, 33 Leichen wurden bis jetzt geborgen.

Wien, 36. Dez Nach hie« eingelaufenen Privatmeldungen aus einer Buren Quelle soll Lady- smith am 33. Dezember kapituliert haben. 9000 Eng­länder, 33 Kanonen und der ganze Eisenbahnpark sowie große ManitionSvorräte sollen in die Hände der Buren gefallen sein.

London, 36. Dez. Eine Bestätigung der Gerüchte über die Uebergabe von Ladysmith liegt hier nicht vor.

London, 36. Dez. Wie aus Lorenzo Mar- quez gemeldet wird, belaufen sich nach einem amtlichen Bericht der Transvaal-Regierung di« Verluste der Amen am Tugela-Fluffe auf 30 Tote und Verwundete. Am 16 dS. sind über 500 Engländer als Gefangene in Prätoria von Stormberg eing-troffen.

London. In Amerika ist eine große Bewegung im Gange gegen England. Verschiedene Gesellschaften halten geheime Sitzungen ab, in welchen ein Einfall in dem von Truppen entblößten Kanada geplant wird. Vielleicht sollen auch nur die nach Afrika beorderten Mannschaften zurückgehalten werden. General Gotacre depeschiert, daß Dordrecht ohne Ver­luste genommen sei. Die Buren zogen sich zurück. Aus Ladysmith meldet man den Verlust von 9 Toten 15 Verwundeten, worunter 5 Offiziere.

New-Dork, 26. Dez. Der Dampfer Ari­sto» ist an der Küste von Nord Karolina gescheitert. 21 Personen sind ertrunken. 9 konnten gerettet werden, darunter der Kapitän, welcher als letzter da» Sch'ff verließ.

Deutscher Schiffbau. Von dem groß­artigen Aufschwung, welchen die deutsche Schiffahrt und der deutsche Schiffbau in den l-tzten Jahren ge­nommen haben, geben unter Anderem auch die nach­stehenden Zahlen wieder ein beredtes Zeugnis. Seit dem 1. Bprrl 1893 bis zum 1. Dezember 1899 hat eine einzige Gesellschaft, der Norddeutsche Lloyd, mehr als 129 Mill onen Mark für Neubauten und Umbauten von Schiffen ausgegeben. Der weitaus größte Teil dieses Geldes, nämlich mehr als 117 Millionen Mark ist im Lande geblieben, wahrend nur

Toten da verübt war .... Er kehrte dem Orte des Schreckens den Rücken und hastete stolpernd und keuchend nach dem Hofe.

Atemlos langte er an, ohne Mütze, die er unterwegs verloren hatte, und bewirkte schon durch seinen Anblick, daß alles auf dem Hofe stockte. Hannes, der eben noch geknallt hatte, brachte mit einem ,Prrrr' die Pferde zum St-Herr, rutschte von der Plattform des Göpels und rief ein ,Sst Sst!' nach der Diele zu. Di« Leute standen schweigend erwartungsvoll auf ihren Posten, die Geräte und Garben noch in ihren Händen, und fühlten es sich kalt überrieseln, als der Unglückbote heiser und abgerissen ihnen seine erschütternde Kunde zurief: »Der Bauer-t . . t . . tot-M ... mord !"

ES dauerte Minuten, «he die Leute die plötzliche Lähmung zu überwinden vermochten, dann warfen sie die Arbeit hin, drängten sich um den Vorknecht und wollten sich eben berichten lassen, als in einer auf die Diele führe, dm Thür, durch die plötzlich« Stille aufmerksam gemacht und herbeipezogen, Anna Wichbern erschien, erst stutzte und dann rasch auf die G uppe zutrat. Di« Leute wichen zurück, und der Vorknecht stand gesenkten Haupt's und suchte nach einer Form, wie er der Mamsell die Echreckenskunde möglichst schonend Mitteilen könnte.

»WaS ist, Christian?" fragte das Mädchen bestürzt.

»M . . . Mamsell, drr Bauer ich ich glaube, der kommt noch nich," stieß der Gefragte hervor.

»Wa« soll daS heißen? Hast du ihn gesprochen ?" fragte Anna Wichbern

hastig.

»Ja nein," antwortete Christian verwirrt und fügte langsam hinzu: »Ihm iS nich gut ich ach, Mamsell, ich glaub«, den hat hat der Schlag getroffen"

Sie schrie nicht auf, aber ihr frisches, liebliches Gesicht deck« plötzlich Totenblässe.

»Wo ist er?" fragte sie.

Auf der Wisch. Und, Mamsell, krank, sehr krankging der Knecht einen Schritt weiter.

Mein Gott, krank, und ich sitze hier und warte. Komm, Christian, bring mich hin gleich! Und Jochen komm mit, wir müssen den Herrn hertrag'N"

»Ja," stimmte Chiistian zu. »Aber, Mamsell ach Gott, wie soll ich eS denn sag,», er ,ch glaube er iS ja oll tot l" stammelte er.

Die Thiänrn stürzten ihr in die Buxen, und d e Diele schien sich mit ihr zu drehen, so faßte sie ein plötzlicher Schwindel. Aber si welnte sich und hielt sich ouftlcht, und sie sanmelte sich zu rascher Umsicht, als der Entdecker der blutigen That auch bin R-st seiner erschütternden Botschaft stockend vorge­tragen hatte.

Hannes! zum Arzt, zu Doktor Berg!" ordnete sie an. »Und du" zu einem andern »zum Ortsvorpeher I Ich lasse beide herbitten, so schnell al» möglich. Sattst, und reitet, was die Tiere laufen können I Christian, Jochen, kommt mit ihr andern bleibt hier. Schickt mir den Arzt nach; wir halte» Wache bei dem Bauern, bis er kommt. Und wer weiß vielleicht ist noch Hilfe möglich. Christian, nimm Wasser mit; ich hole Leinen"

Eie eilte davon und kam mit Tüchern und Verbandszeug in wenigen Minuten wieder. Die beiden Leut« schloffen sich ihr mit einem Kübel frischen Wassers an, blieben aber, da si« vorsichtig gehen mußten, um daS Wasser nicht bi» auf den Grund zu verschütten, weit hinter ihr zurück ... .

(Fortsetzung folgt.)