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Tafle als ein Gleichniß nimmt des Streites, der jedem Menschen, vor allem dem Christen, obliegt, als das Sinnbild sllr eine höhere Gymnnst k, deren Z>el und Preis nichts anderes ist, der über dem Gleichmaß und dem Gleichgewichl der gesammle» Kräfte waltende, s,liier selbst bewußte und seiner selbst mächtige. in sich und mit Gott geeinte Menschengeisi!
Ungelöste RätlM der Geschichte.
Die Trauung zu Riirwig.
Zu den unaufgeklärtesten geheimnißvollen Vorgängen gehört die na., folgende wahrheitsgemäße Erzantung von der „Trauung zu Rörmig", einem jetzt vom Flugsande verichütleten Dorse an der nordwestliche» Küste der dänstchen Insel Seeland. Von den verichütleten Dorf steht nur noch die auf einem Hügel erbaute Kirche mitten in trauriger Flugsandei,>öde. Die Kirche ist der Schauplatz unserer Erzählung, die den Gegenstand eines bekannten Gedichtes des Philosophen Schel- ling bildet und die wir in der Darstellung von Heinrich Stessens hier wiedergeben.
In der einsamril Llube saß, in der ersten Halste des vorigen Jihlhundeits, der alle ehrwürdige Prediger des Orts, in fromme Betrachtungen versunken. Es war gegen Mitternacht. Las Haus lag am Ende des Dorfes, und die einfachen Sitten der Einwohner kanine» das wech el festige Vertrauen so wenig, daß Schloß und Riegel ihnen fremd waren und jede Thür offen blieb. Die nächtliche Lampe brannte trübe, die feierliche Stille ward nur von dem Rauschen des Meeres unter krochen und der blosse Mono spiegelte sich in seine» Wellen. Da böue er die Tvüi unten öffnen, mriluhm starte Manmrlcttle aus der Treppe und erwartete schon die Aufforderung irgend einem Sterbenden mit geistlichem Tröste beizustehen. Zwei fremde Manuel treten schnell herein, in weiße Mantel gehüllt. Der eine näherte sich ihm höflich. „Mein Herr'", sagte er, „Sie werden uns sogleich folgen. Sie muffen eine Trauung verrichten; das Brautpaar wartet icho» in der entfernten Kiiche. — Diese Summe", sprach er ferner und zeigte dem Greis eine volle Goldbörse, „wird Sie für die Mühe uud sür Schrecken über eine so unerwartete Aufsoiderung hinlänglich entschädigen. Der Greis starrte die fremden Gestalten, die ihm etwas Furchtbares, ja Gespenstiges, zu haben schienen, stumm und erschrocken an. Der Fremde wiederholte seinen Antrag dringend und gebieterisch. Als der Greis sich erholt halte, sing er milde an, den Fremden vor- zustelle», wie sein Amt ihm nicht erlaubte, eine solche feierliche Handlung, ohne Kennl- niß der Personen und ohne diejenigen Förmlichkeiten, welche die Gesetze fordern, zu begehen. Da trat der Andere drohend hervor. „Mein Herr, Sie haben die Wahl, folgen Sie und nehmen Sie die angeborene Summe, oder bleiben Sie hier, aber van» fährt eine Kugel durch Ihren Kopf." Er yieli ihm rin Pistol vor die Stirn uud erwartete die Antwort. Der alle Prediger erblaßte, erhob sich furchtsam und still schweigend, kleidete sich schnell an und sagte dann: „Ich bin fertig." Die Frem- den hatten zwar dänisch gesprochen, aber so, daß man die Ausländer nicht verkennen könnte. Die läihselhafien Männer gingen
schweigend in der nächtlichen Stille durch das Dorf; der Prediger folgte. Es war eine völlig dunkle Herbstnachl, denn der Mond war schon untergegangen. Als sie aus dem Dorfe traten, sah der von Schrecken und Erstaunen betäubte Greis di, kerne Kirche bell erleuchtet, und noch immer stillschweigend schritte» seine Begleiter, in ihre weißen Mäntel gehüllt, durch die öde sandige Fläche, während er mühsam und nachdenklich zu folgen strebte. Als sie die Kirche erreicht hatten, verbanden sie ihm die Aupen. Die dem Prediger wohlbe kannte Nedenlhür eröffnete sich knarrend und er ward in ein dichtes Gedränge von Mensckenz gewaltsam hineingeftoßen. Um sich Hörle er durch die ganze Kirche ein Gemurmel, in seiner Nähe Gespräche in einer ihm völlig unbekannten Sprache. Wie er vermutbete, war eS Russisch. Und als er nun mit verbundenen Augen, von ollen Seilen gedrängt, rathlos und in großer Verwirrung dostand, suhlte er sich von einer Hand ergriffen und ward mit durch das dichte Gedränge gezogen. Endlich war das Volk, wie es schien, zurück gew chen; man löste die Binde, er erkannte den Einen seiner nächtlichen Begleiter, und kond sich vor dem Altar siebend. Eine Reihe großer brennender Wachslichter, in prächtigen silbernen Leuchtern, zierten den Altar; die Kirche selbst war durch viele Lichter so hell erleuchtet, daß man die e»t tristesten Gegenstände erkannte; und war kurz vorher, als er. erblindet, in das Gewühl des dichten Haufens gedrängt war, bas Gemurmel ihm fürchterlich, so erfüllte jetzt die furchlbare Stille unter der großen Menge die bange Seele mit Entsetzen. Obgleich die Nebeiigänge und Stühle dicht mit Menscben besetzt waren, so war dennoch der mittlere Gang völlig leer und der Prediger erkannte lies unten ein frisch aufgewühltes Grab. Der Stein, der es onst bedeckte, stand a» einen Stuhl gelehnt. Der Prediger sah nichts als Männer, nur in einem entfernten Stuhle glaubte er eine Frau undeutlich zu er kennen. Die Stille dauerte eineige Minuten, ohne daß Jemand sich rührte. So mag in der verirrten Seele ein stilles, dumpfes Brüten jeder entsetzlichen Thal vorangehen.
(Fortsetzung folgt.)
Hute Antwort.
Ein Bäuerlein fuhr mit einem Wagen voll Waizen zur Stadt. Unterwegs holte er einen geistlichen Herren ein, der in keinem Brevier las und des Weges nicht Acht hatte, so daß der Bauer rufen mußte: „He, Achtung da vornen!" und hielt die Pferde an. „Guten Morgen, Hochwürden", sagte der Mann zu dem Geistlichen, der erschrocken auf die Seile gesprungen war, und lüpste freundlich den Dreispitz, und >etzte hinzu: „Wollen der Herr Pfarrer vielleicht eine Strecke mitfahren? Wir haben Platz für zwei, u»d der Weg -st so schmutzig."
Der geistliche H-rr dankte freundlich, schob das Brevier in die Tasche und setzte 'ich neben das Bäuerlein.
A-s sie eine Strecke Weges gefahren waren, sagte der Geist iche:
„Ihr seid gewiß ein gut katholischer Christ?"
Da schaute der Bauer verwundert auf und fragte: „Warum glauben Sie dos Hochwürden?" '
„Nun, weil Ihr Euch gegen mich, einen katholischen Priester, so freundlich er« wiesen habt."
Da lachte das Bäuerlein: „Ew. Hoch, würden, glauben Sie denn, wir Eoan» gelische sind keine höflichen Leute? Ich di» evangelisch."
Der Geistliche sagte nichts, aber er rückte abseits. Nach einer Weile aber dachteer: „der Mann war freundlich gegen mich, ich will sehen, ob ich ihn nicht be< kehren kan», aus Dankbarkeit." Also fing der Geistliche an den Bauer zu bekehren. Er schilderte ihm die Herrlichkeiten des Himmels und die Schrecken der Hölle, so genau als wenn er selber schon dort gewesen wäre, und wie es eben in diesen Himmel nur einen einzigen Weg gäbe, die römisch - kalholiiche Kirche, und wie alle andern Wege zur ewigen Verdammmß führen. Und deßwegen heiße die kalholiiche Kirche die Alleinseligmachende, und sie sei aber auch die barmherzige und nehme die verirrte» Schafe wieder auf in ihren Schooß, und da er, der Bauer, auch so em verirrtes Schaf sei. so . . . ."
(Schluß folgt.)
sDie Bienen als Wetterpropheten.) Mekrjährige Beobachtungen haben uns gt lehrt, daß, wenn die Bienen bis spät in die Dunkelbeit hinein sortarbeiten, es am nächsten Tage regnet. Ist bei schönem Wetter ihr Flug irrend und unsicher, daß V man glauben muß, sie können bas Flugloch nicht treffen, so erfolgt gemöbnlich auch Regen. Laufen sie bei der Rückkehr vom Felde ängstlich vor dem Flugloch hin und her, daß man annehmen möchte, die Völker seien weffellos, so erfolgt gewöhnlich Nässe.
Das frühe Abtreiben der Drohnen kann als sicheres Zeichen entweder von anbal- tender Nässe, oder anch von großer Trockenheit angesehen werden. Dal) die Bienen die Witterung, welche die nächsten Tage mit sich bringen, im Voraus fühlen, wird allgemein angenommen, daß sie aber schon im zeitigen Herbste ei» Vorgefühl über die Beschaffenheit des bevorstehenden Winters haben, das wollen Viele noch bezweifeln.
Und doch hatte man oft schon Gelegenheit gehabt, zu bemerken, daß das starke Verkitten der Fluglöcher als ei» sicherer Vorbote eines strengen Winters betrachtet werden kann. Ebenso hat die Erkahrung gelehrt, daß, wenn die Bienen srühzeilig Brut einschlagen, ohne daß sie durch Fütterung, öftere Störung, durch die Winter- sonne und milde Willerung da;» angeregt worden sind, man aus ein aüustiucs Bienen- jahr zählen darf. Setze» sie hingegen nur wenig Brut an, so ist ein Hungerjakr zu betürckten.
Aufträge sür den „Enzthälcr^ vermitteln: in Wikdvad : Hr. H. Schobert; in H'sorzyeim: Hr. Htto Kieltier;
Goldkurs der StoatSkafscnverwaltung vom 8. November 1881. 20-Frankenstücke . . . 16 12
Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Meeh in Neuenbürg.